T 0219/83 (Zeolithe) of 26.11.1985

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1985:T021983.19851126
Datum der Entscheidung: 26 November 1985
Aktenzeichen: T 0219/83
Anmeldenummer: 79102315.3
IPC-Klasse: C01B
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: A
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Fassungen: OJ | Published
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: BASF
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: 1. Stellen die Beteiligten in einem Einspruchsverfahren entgegengesetzt Tatsachenbehauptungen auf, ohne sie belegen zu können, und kann das EPA den Sachverhalt von Amts wegen nicht ermitteln, so geht dieser Nachteil zu Lasten des Einsprechenden.
2. Eine Mitteilung und Aufforderung nach Regel 58(4) EPÜ, innerhalb eines Monats zur Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geändertem Umfang Stellung zu nehmen, ist in einem Einspruchsbeschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur dann erforderlich, wenn den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung eine abschliessende sachliche Stellungnahme zu der Änderung des europäischen Patents nicht zuzumuten ist.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 112
European Patent Convention 1973 Art 114
European Patent Convention 1973 R 58(4)
European Patent Convention 1973 R 66(1)
Schlagwörter: Mitteilung nach Regel 58(4) im Beschwerdeverfahren
Befassung der Grossen Beschwerdekammer
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
G 0001/88
G 0002/12
G 0002/13
J 0008/98
T 0011/87
T 0135/87
T 0201/87
T 0264/87
T 0303/87
T 0365/87
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T 0042/88
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T 1167/00
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T 0762/04
T 0083/05
T 0099/05
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T 1121/05
T 0046/06
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T 1087/06
T 1128/07
T 0976/08
T 1407/08
T 0147/09
T 0546/09
T 1113/10
T 1572/11
T 1036/18
T 2037/18
T 0203/20
T 1285/21
T 2095/21

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung 79 102 315.3, die am 09. Juli 1979 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der Voranmeldung vom 13. Juli 1978 (DE-2 830 787) angemeldet worden war, ist am 11. November 1981 das europäische Patent 7081 mit 10 Ansprüchen erteilt worden. Ansprüche 1, 4, 5 und 6 lauteten:

"1. Verfahren zur Herstellung von stickstoffhaltigen kristallinen Metallsilikaten mit Zeolithstruktur aus Siliziumdioxid und Metalloxiden und/oder Metallhydroxiden, dadurch gekennzeichnet, daß man die Kristallisation in Abwesenheit von Alkali in einer wäßrigen Lösung von Hexamethylendiamin vornimmt.

4. Aluminiumsilikatzeolithe, hergestellt nach Anspruch 1 bis 3.

5. Borosilikatzeolithe, hergestellt nach Anspruch 1 bis 3.

6. Metallsilikatzeolithe, hergestellt durch Kalzinieren der aminhaltigen Form aus Zeolithen gemäß Anspruch 4 und 5."

II. Gegen diese Erteilung des europäischen Patents hat die Einsprechende am 11. August 1982 Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents wegen mangelnder Neuheit beantragt. Die Begründung wurde unter anderem auf neue Entgegenhaltungen gestützt.

III. Durch Entscheidung vom 13. Oktober 1983 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sich in zwei wichtigen Merkmalen von dem relevanten Stand der Technik, d.h. DE-A-2 442 240 (1) und US-A-4 016 245 (6) unterscheide und daher neu sei. Es gebe auch im Stand der Technik keine Anhaltspunkte, die die Verwendung von Hexamethylendiamin bei der Herstellung von Zeolithen naheliegend erscheinen lassen. Es sei als überraschend anzusehen, daß durch das Verfahren des Streitpatents direkt ein alkalifreier Zeolith hergestellt werden kann. Die anderen Entgegenhaltungen seien im Prioritätsintervall veröffentlicht und daher - da die Priorität zu Recht beansprucht sei - nicht zu berücksichtigen; denn Prioritätsverlust trete nicht dadurch ein, daß die Analysenergebnisse in den Beispielen der Patentschrift einerseits und den Prioritätsunterlagen andererseits nicht identisch seien. Es bestehe kein Grundsatz, wonach die prioritätsbegründende Anmeldung und die Nachanmeldung im Wortlaut völlig übereinstimmen müßten. Das Patent wurde in geändertem Umfang mit dem folgenden und nach wie vor geltenden Anspruch 1 aufrechterhalten:

"1. Verfahren zur Herstellung von stickstoffhaltigen kristallinen Silikaten dreiwertiger Metalle mit Zeolithstruktur aus Siliziumdioxid und Metalloxiden und/oder Metallhydroxiden, dadurch gekennzeichnet, daß man die Kristallisation in Abwesenheit von Alkali in einer wäßrigen Lösung von Hexamethylendiamin vornimmt."

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende am 12. Dezember 1983 Beschwerde erhoben und diese am 12. Februar 1984 begründet. Nach einem Bescheid der Kammer vom 11. Februar 1985, in welchem die Gewährbarkeit der Ansprüche 4 bis 6 und der Verwendungsansprüche 7 bis 10 sachlich in Frage gestellt worden war, fand eine mündliche Verhandlung am 26. November 1985 statt.

V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich etwa wie folgt zusammenfassen:

a) Ein Patent könne keinen Bestand haben, dessen anspruchsgemäße Kernaussage im Widerspruch zu der zugehörigen Patentbeschreibung stehe, indem der Patentanspruch die Abwesenheit von Alkali fordere, die Beispiele aber gerade das Arbeiten in Gegenwart von Alkali belegen. Dies werde auch durch die übrige Beschreibung bestätigt, wonach die Verwendung natriumarmer, das heißt natriumhaltiger Chemikalien für die Zeolith herstellung empfohlen und festgestellt werde, daß Natriumspuren die Kristallisation beschleunigen.

b) Insbesondere habe die Patentinhaberin die prioritätstragenden Natriumwerte in den Beispielen des Streitpatents gegenüber denen der Voranmeldung um eine ganze Zehnerpotenz nach unten verschoben. Hierbei handle es sich nicht um die Korrektur von Schreibfehlern, sondern um eine durch die Offenbarung aus der Voranmeldung nicht gestützte wesentliche Korrektur eines technischen Sachverhalts; denn zu einer chemischen Anmeldung gehören stets die den Patentgegenstand belegenden Ausführungsbeispiele, die eben hier unrichtig und nicht nachträglich korrigierbar seien. All dies müsse den Prioritätsverlust für das Streitpatent nach sich ziehen.

c) Eindeutige und ohne weiteres verständliche Begriffe im Anspruch ließen keine widersprüchliche Auslegung auf grund abweichender Definitionen in der Patentschrift zu. Unter den gegebenen Umständen sei die Nacharbeitbarkeit des beanspruchten Gegenstandes nicht gegeben und das Patent offenbare keine für den Fachmann aus führbare Lehre.

d) Der Prioritätsverlust habe zur Folge, daß die DE-A-2 817 576 (2) und DE-A-2 817 577 (3), die die Verwendung von Hexamethylendiamin ausdrücklich erwähnen, das Streitpatent neuheitsschädlich treffen. Zudem seien das beanspruchte Verfahren und die Produkte nicht erfinderisch, weil sie im Vergleich zu den Ergebnissen nach (1) keine wesentliche Verbesserung erzielen. Eine weitere Verringerung des Alkaligehalts, unter 0,01 Gew %, habe bei Erhöhung des Amingehalts aufgrund einer Extrapolation der Angaben in den Beispielen von (1) erwartet werden können.

e) Wegen der Unklarheiten bezüglich des wirklichen Alkaligehaltes der Zeolithe in den Beispielen seien die Vorteile der dort mitgeteilten Ergebnisse zweifelhaft und nicht zu berücksichtigen. Obwohl es bekannt sei, daß die Verringerung des Alkaligehalts der Zeolithe mittels Ionenaustausch und Kalzinierung zu asymptotischer Annäherung an einen Grenzwert ("Plateau") führe, werde bestritten, daß die Erzeugnisse des Streitpatents mit niedrigem Alkaligehalt nicht auch nach üblichen Methoden erhalten werden könnten.

VI. Die Beschwerdegegnerin tritt diesem Vorbringen entgegen. Der Fachmann verstehe den Begriff "Abwesenheit" von Alkali ohne Zweifel als "im wesentlichen frei" von solchen Ionen, denn ein absoluter Ausschluß von Natrium lasse sich wegen dessen weiter Verbreitung als Verunreinigung in der Natur, und damit in den natürlichen Ausgangsstoffen für die Zeolithherstellung technisch nicht realisieren. Diese Interpretation ergebe sich auch aus der Beschreibung. Dort werde "Abwesenheit von" sinngemäß als "im wesentlichen frei von" definiert (S. 3, Z. 11-12). Das bedeute, daß der Fachmann einfach möglichst alkaliarme Chemikalien verwenden solle (S. 3, Z. 19-20). Dieselbe Interpretation sei auch von einem Gericht in den Vereinigten Staaten anerkannt worden. Dem gemäß sei das Verfahren ausführbar und führe zu wesentlich verbesserten Produkten, wie sie nach bekannten Methoden nicht herstellbar seien.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents. Hilfsweise beantragt sie, die Große Beschwerdekammer mit folgenden Rechtsfragen zu befassen:

1. Ist ein Anspruchsbegehren mit einer bestimmten technischen Aussage (hier: Abwesenheit von Alkali) haltbar, wenn die Beschreibung der Patentschrift durchgehend gegenteilige technische Anweisungen (hier: Anwesenheit von Alkali, bzw. Natrium) gibt, also deutlich nicht der Stützung des Anspruchsbegehrens dient?

2. Ist eine für das Anspruchsbegehren (im kennzeichnenden Teil des Hauptanspruchs) wesentliche technische Kernaussage durch die Priorität der Ursprungsanmeldung noch gedeckt, wenn diese Kernaussage gegenüber der Ursprungs anmeldung beträchtlich verändert (hier: Zehnerpotenz) worden ist?

VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent mit den von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Ansprüchen 1-5 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß der erste Satz in der Beschreibung auf Seite 3, Absatz 3, Zeilen 27 bis 28, durch den folgenden Absatz ersetzt wird: "Die erfindungsgemäß her gestellten Zeolithe sind als Katalysatoren zur Umwandlung von Kohlenwasserstoffen, z. B. Crack-und Hydrocrackverfahren, Oligomerisierung von Olefinen, Isomerisierungs- und Alkylierungsreaktionen und für die Umsetzung von Methanol und/oder Dimethyläther zu ungesättigten Kohlenwasserstoffen durch Spaltung bei erhöhter Temperatur geeignet." Hilfsweise beantragt sie, das Patent mit der weiteren Einschränkung aufrechtzu erhalten, daß Ansprüche 4 und 5 gestrichen werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

2. Der Einwand, der Hauptanspruch sei nicht klar, ist unbegründet; denn der patentgemäße Vorschlag, das Verfahren in Abwesenheit von Alkali durchzuführen, richtet sich an den Fachmann, der nicht am Wortlaut haftet, sondern sehr wohl weiß, daß es natriumfreie Chemikalien, wie sie in der Technik zum Einsatz kommen, nicht gibt. Die Lehre nach Anspruch 1 kann daher objektiv nur in dem Sinne verstanden werden, bei der Zeolithherstellung für weitestgehenden Ausschluß von Alkali dadurch zu sorgen, daß das Ausmaß der Alkaliverunreinigungen der zu verwendenden Ausgangsstoffe möglichst niedrig gehalten wird. Da nach Auffassung der Kammer jeder Fachmann die technische Lehre der Ansprüche in dieser Weise versteht, war eine dementsprechende Klarstellung des Anspruchswortlauts entbehrlich.

3. Sollte ein Fachmann gleichwohl durch den Anspruchswortlaut nicht hinreichend informiert sein, so würden seine etwaigen Zweifel durch die Beschreibung ausgeräumt. Dort wird ausgeführt, daß "alkalifrei" im Sinne der Erfindung "im wesentlichen frei von Natriumionen" bedeutet (vgl. Seite 3, Zeilen 11 -12). In diesem Zusammenhang wird eigens darauf verwiesen, daß der Restalkaligehalt der hergestellten Zeolithe grundsätzlich nur durch Verunreinigungen der als Einsatzstoffe verwendeten Chemikalien verursacht wird und daß ganz allgemein Na-arme Chemikalien bevorzugt werden (vgl. Seite 3, Zeilen 12 - 21). Die Tatsache, daß Na-Spuren auch die Kristallisation der Zeolithe beschleunigen können (vgl. Seite 3, Zeilen 17 -18), widerspricht dieser Empfehlung nicht, weil man eben möglichst nur Na-Spuren zulassen möchte. Nach Auffassung der Kammer stehen die Lehre nach dem Wortlaut des Anspruchs 1 des Streitpatents einerseits und die Beschreibung andererseits nicht im Widerspruch zueinander, sondern ergänzen sich für das Verständnis des Fachmanns zwanglos, weil ihm sein Fachwissen diese Auslegung nahelegt. Daher liegen die Voraussetzungen für die von der Beschwerdeführerin formulierte Rechtsfrage Nr. 1 nicht vor. Unter diesen Umständen kann die Ausführbarkeit des Verfahrens nicht in Frage gestellt werden; denn die Verfügbarkeit solcher "alkalifreier", sprich weitgehend alkalifreier Chemikalien steht außer Frage (vgl. auch Patentbeschreibung Seite 3, Zeilen 14 - 24). Die Erfindung ist daher so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie aus führen kann.

4. Gleichfalls ins Leere geht der Einwand, daß dem vorliegenden Patent das beanspruchte Prioritätsrecht nicht zukomme. Die Betrachtungsweise der Beschwerdeführerin, wonach die Korrektur des Natriumgehalts der nach einigen Beispielen der Voranmeldung hergestellten Zeolithe um eine Zehnerpotenz zum Prioritätsverlust führen müsse, verkennt zunächst, daß die Priorität für das Merkmal der alkalifreien Zeolithherstellung im vorliegenden Fall nicht durch diese Beispiele, sondern durch die breitere Offenbarung aus Anspruch 1 und Seite 6 der Voranmeldung getragen wird. Aber selbst wenn es auf das Ausmaß der Alkalifreiheit der Zeolithe entscheidend ankommen sollte, so sieht die Kammer keinen Anlaß, die Richtigkeit der gegenüber der Voranmeldung korrigierten Werte in Frage zu stellen; denn die Verfahrens maßnahmen, die das Verfahrensergebnis zwangsläufig fest legen, sind unverändert geblieben. Zudem hat die beweispflichtige Einsprechende und Beschwerdeführerin weder behauptet, noch glaubhaft gemacht, daß die korrigierten Wertetatsächlich nicht erhalten werden. Die gerügten Beispiele haben daher den Rahmen ihrer ursprünglichen Offenbarung nicht verlassen, sondern sind - derzeit unwiderlegbar - lediglich bezüglich eines einzigen Analysenwertes, gemessen am Verfahrensprodukt, berichtigt worden. Dies hat zur Folge, daß das vorliegende Patent in allen seinen hier zur Debatte stehenden Ausführungsformen den Altersrang der Voranmeldung genießt.

Nebenbei sei darauf hingewiesen, daß trotz Korrektur des Na2O-Werts um eine Zehnerpotenz die korrigierten Werte (0,002 oder 0,0035 %) nicht wesentlich unter dem unverändert gebliebenen Natriumgehalt von 0,004 Gew.-% aus Beispiel 1 der europäischen Patentanmeldung liegen, das mit dem der Voranmeldung inhaltsgleich ist.

5. Bei dieser klaren Sachlage konnte auch dem Antrag der Beschwerdeführerin, die Rechtsfrage Nr. 2 zur Priorität der Großen Beschwerdekammer vorzulegen, nicht entsprochen werden.

6. Von den beiden Entgegenhaltungen, die vor dem Prioritätstag des Streitpatents veröffentlicht wurden, kommt (1) dem Patentgegenstand am nächsten. Dieses Dokument beschreibt ein Verfahren zur Herstellung kristalliner, stickstoffhaltiger Zeolithe in Gegenwart primärer Amine, wie z.B: Propylamin Die so hergestellten synthetischen Zeolithe sollen bereits einen verringerten Alkaligehalt, und zwar nicht mehr als 0,2 %, aufweisen. Obwohl in Gegenwart von beträchtlichen Mengen von Natrium gearbeitet wird (bis zu einem Drittel im Verhältnis zum angewandten Siliziumdioxid; siehe Beispiele 1, 13, 15 und 23), schwanken die besten Ergebnisse mit n-Propylamin zwischen 0,01 und 0,07 % Na2O (mit Isopropylamin und Äthylamin zum Teil "weniger" als 0,01 %; siehe Zahlen werte für Beispiele 8 und 12 in Tabellen I, Seite 16, und II, Seite 17). Der Alkaligehalt steigt im Falle höherer Amine (Tabelle II, Beispiele 13 bis 26). Die Produkte sollen "direkt als Katalysator(en) ohne zwischengeschaltete Vorkalzinierung und Kationenaustausch verwendet werden" können (S. 3, Z. 17-19). Doch zeigt das einzige relevante Verwendungs beispiel nur die Verwendung eines Zeoliths, das zuvor einem Ionenaustausch mit Ammoniumchlorid unterworfen und dann kalziniert wurde (S. 17, letzter Absatz, und S. 18, Z. 1-4).

7. Gegenüber diesem Stand der Technik bestand die technische Aufgabe, ein Verfahren zur Herstellung von Zeolithen bereit zustellen, das in einem Zuge, d.h. ohne komplizierten Ionenaustausch zu Zeolithen mit weiter verringertem Alkaligehalt führt. Zur Lösung dieser Aufgabe wird vorgeschlagen, die Kristallisation des Zeoliths (im wesentlichen) in Abwesenheit von Alkali in einer wäßrigen Lösung von Hexamethylendiamin durchzuführen. Die durch Kalzinierung erhaltenen Weiterverarbeitungsprodukte zeigen ohne Ionenaustausch einen Natrium gehalt von 0,002 bis 0,004 Gew % bei Zusatz von Aluminium silikat (Beispiele 5 und 1) und einen solchen von 0,0035 bis 0,008 Gew % bei Zusatz von Boro-bzw. Arsensilikat (Beispiele 7 bzw. 9). Aufgrund dieser Resultate erscheint es glaubhaft, daß die bestehende Aufgabe auch tatsächlich gelöst wird.

8. Keines der hier vorgeschlagenen beiden Lösungsmerkmale ist in den relevanten Entgegenhaltungen offenbart. Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher neu.

9. Es ist daher zu prüfen, ob die vorgeschlagene Lösung auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

9.1. Hierfür ist von Bedeutung, daß der Stand der Technik die Anwendung beträchtlicher Mengen von Na2O vorschreibt, beispielsweise in Form von Natriumaluminat oder von Natriumsilikat, um das SiO2 in Lösung zu bringen und die Kristallisation zu fördern. So verwendet Entgegenhaltung (1) in allen Beispielen Na2O-Mengen von bis zu einem Drittel der SiO2-Mengen Auch Entgegenhaltung (6) folgt dieser Herstellungsweise, die der Bildung der Zeolithe in der Natur nachgebildet ist. Diese Besonderheit des gesamten Standes der Technik wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Demgegenüber stellt die Verfahrensweise nach dem vorliegenden Patent eine Abkehr vom bekannten Konzept der jahrzehntelang im großen Umfang ausgeübten und diesbezüglich unverändert gebliebenen Zeolith-Herstellung dar, was schon insofern ein Wagnis bedeutet, als zumindest ungewiß war, ob und unter welchen Bedingungen auf die Rolle des als Lösungsvermittlers für die zeolithbildenden Oxide und gleichzeitig als Kristallisations beschleuniger wirkenden Natriumoxids verzichtet werden könnte.

9.2. Aber selbst wenn man unterstellen wollte, daß der Fachmann im Hinblick auf die aufgabengemäß anvisierte Verringerung des Alkaligehalts der Zeolithe an dessen Reduzierung bereits in den Ausgangsstoffen gedacht und die schwerwiegenden Bedenken bezüglich der Doppelrolle des Alkalis beiseite gestellt hätte, wäre er aufgrund des Standes der Technik nicht zu der Erkenntnis nach dem Streitpatent gelangt, daß es hierzu gerade des gleichzeitigen Einsatzes von Hexamethylendiamin bedarf; denn hierzu gibt der Stand der Technik keine Anregung. Zwar war die Herstellung von Zeolithen in Gegenwart von Aminen in allgemeiner Form (allerdings in Gegenwart wesentlicher Alkalimengen) bekannt, doch konnten die bei Verwendung gerade von Hexamethylendiamin unstreitig auftretenden und aufgabengemäß anvisierten Vorteile nicht erwartet werden. Entgegenhaltung (1) zeigt, daß die Verlängerung der Methylenkette die Ergebnisse verschlechtert (vgl. Beispiele 13 - 26 in Verbindung mit Tabelle II, S. 17). Entgegenhaltung (6) verwendet Äthylendiamin mit dem Ergebnis eines Gehaltes von mehr als 0,02 Gew % Natrium (dies entspricht 0,01 Mol% Na2O, bezogen auf Al2O3, gemäß Tabelle 2A, Spalte 11, wie man dem Vergleich von Spalte 9, Zeilen 18 und 22, entnehmen kann). Die Werte mit diesem Diamin sind also viel schlechter als die mit dem entsprechenden Monoamin nach Beispiel 12 von (1). Der Fachmann hatte daher keinen Anlaß, bei Verwendung längerkettiger Diamine im Vergleich zu (1) günstigere Ergebnisse zu erwarten.

9.3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 und der darauf rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 beruht folglich auf erfinderischer Tätigkeit.

10. Die unmittelbaren Erzeugnisse des beanspruchten Verfahrens enthalten Hexamethylendiamin in den intrakristallinen Poren eingelagert (Seite 3, Zeilen 41 - 42). Zwei spezifische Varianten, die Aluminium- und die Borosilikatzeolithe sind ausdrücklich in Anspruch genommen (Ansprüche 4 und 5). Sie sind daher ebenso wie die zu ihrer Herstellung verwendeten Verfahren nach Anspruch 1 neu. Definition durch Verfahrensparameter ("product-by-process") ist gerechtfertigt, weil die genaue Struktur dieser Zeolithe unbekannt ist.

Solche Ansprüche müssen allerdings in einem absoluten, d.h. verfahrensunabhängigen Sinne interpretiert werden. Wenn, wie im vorliegenden Fall, die Gegenstände solcher Ansprüche als solche neu sind, so sind sie doch nicht schon deswegen erfinderisch, weil ihr Herstellungsverfahren erfinderisch ist (vgl. "Anspruchskategorien /IFF" T 150/82, ABl 7/1984, 309 sowie Entscheidung in T 248/85 vom 21. Januar 1986, wird veröffentlicht); vielmehr muß das beanspruchte Erzeugnis, um patentfähig zu sein, als solches eine gegenüber dem Stand der Technik nicht naheliegende Lösung einer eigenen technischen Aufgabe sein.

11. Nächstkommender Stand der Technik hinsichtlich der Zeolithe der Ansprüche 4 und 5 ist wiederum (1), worin kristalline, stickstoffhaltige Zeolithe mit einem verringerten Alkaligehalt offenbart sind, die nach Kalzinierung als Katalysatoren dienen können. Die technische Aufgabe gegenüber diesem Stand der Technik besteht darin, hinsichtlich ihres Alkaligehalts weiter verbesserte Vorprodukte für solche Katalysatoren bereitzustellen. Diese Aufgabe wird gemäß den beiden Stoffansprüchen dadurch gelöst, daß neue Vorläufer ("precursors") für kalzinierte Endprodukte geschaffen werden. Diese Vorläufer unterscheiden sich von den Erzeugnissen nach (1) außer der Art der eingelagerten Amine besonders hinsichtlich der Höhe ihres Alkaligehalts.

12. Die Beschwerdegegnerin hat vorgebracht, daß Zeolithe, die als Katalysatoren oder Vorläufer von solchen bekannt waren, bis her nicht in dieser Qualität, d. h. mit so niedrigem Alkaligehalt, zur Verfügung standen (vgl. Patentschrift S. 2, Z. 22 -25). Ferner wurde auf ihre erfolglosen Bemühungen hingewiesen, bekannte Zeolithe mit höherem Alkaligehalt durch wiederholten Ionenaustausch und anschließende Kalzination von Restalkali zu befreien. Auch im allgemeinen Fachwissen oder in der Literatur sei keine Methode bekannt, die so niedrige Alkaliwerte wie diejenigen des Streitpatents liefere. Die Beschwerdeführerin hat zwar eingeräumt, daß die üblichen Methoden, d.h. Ionenaustausch und Kalzinierung nur asymptotisch zu einem "Plateau", d.h. einem Grenzwert des Natriumgehalts, führen (vgl. (1), S. 7, Z. 17 - 21), sie bestreitet allerdings, daß keinerlei Möglichkeit zur Entfernung des Restalkalis bestanden habe. Sie war aber nicht in der Lage, eine konkrete hierfür geeignete Methode zu nennen oder mindestens in den Grundzügen zu entwerfen. Die Kammer vermag sich aus eigener Sachkunde weder die Behauptung der Beschwerdeführerin noch die Behauptung der Beschwerdegegnerin zu eigen zu machen. Immerhin neigt die Kammer mehr der Auffassung der Beschwerdegegnerin zu, denn wenn bereits der Stand der Technik in der Lage gewesen sein sollte, Zeolithe mit einem so niedrigen Alkaligehalt herzustellen, wie sie nach der Lehre des Streitpatents erhalten werden, so hätte dieses Wissen sicher seinen Niederschlag in der Fachliteratur oder in einem belegbaren Fachwissen gefunden. Aus der Tatsache, daß dieses nicht der Fall ist, glaubt die Kammer schließen zu können, daß erstmals die Lehre nach dem europäischen Patent 7 081 Zeolithe in der erwünschten Qualität herstellbar machte. Aber unabhängig hiervon reicht es in einem Einspruchsverfahren nicht aus, wenn der Einsprechende ein erteiltes Patent mit einer nicht belegbaren Behauptung angreift. Es ist zwar richtig, daß gemäß Artikel 114 (1) EPÜ in den Verfahren vor dem Europäischen Patentamt das Europäische Patentamt den Sachverhalt von Amtswegen ermittelt, wobei es weder auf das Vorbringen noch auf die Anträge der Beteiligten beschränkt ist. Wenn aber das Europäische Patentamt nicht in der Lage ist, den Sachverhalt im Wege der Amtsermittlung festzustellen, so trifft dieser Nachteil den Beteiligten, der sich auf die betreffende Tatsachenbehauptung stützt.

So liegt es im vorliegenden Fall. Beide Parteien stellen hinsichtlich des Erreichens der gewünschten Alkalifreiheit entgegengesetzte Behauptungen auf. In einem solchen Fall geht es zu Lasten des angreifenden Einsprechenden, wenn er seine Behauptung, die die erfinderische Tätigkeit erschüttern könnte, nicht zu belegen vermag. Es wäre Aufgabe der Einsprechenden gewesen, eine Methode des Standes der Technik zu benennen, nach der es vor dem Anmeldetag möglich gewesen ist, Zeolithe mit der gleichen Alkali freiheit wie nach dem vorliegenden Patent auf einem anderen Wege herzustellen. Eine solche geeignete Methode konnte die Einsprechende nicht nennen; sie ist auch für die Kammer nicht ersichtlich. Daher kann die Behauptung der Einsprechenden nur als eine unbewiesene Vermutung behandelt werden, die der Annahme nicht entgegenstehen kann, daß das erteilte europäische Patent auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

13. Die Kammer hat davon abgesehen, den Beteiligten eine Mitteilung gemäß Regel 58 (4) EPÜ zuzustellen. Nach dieser BEstimmung, die gemäß Regel 66 (1) EPÜ im Beschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden ist, hat die Beschwerdekammer, bevor sie die Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geändertem Umfang beschließt, den Beteiligten mitzuteilen, in welchem Umfang sie das Patent aufrechtzuerhalten beabsichtigt, und die Beteiligten aufzufordern, innerhalb eines Monats Stellung zu nehmen, wenn sie mit der Fassung, in der das Patent aufrechterhalten werden soll, nicht einverstanden sind.

Die Kammer hat das Patent im Umfang der Ansprüche 1 bis 5 sowie mit zwei geringfügigen Änderungen in der Beschreibung aufrechterhalten, während die Einspruchsabteilung das Patent im Umfang der Ansprüche 1 bis 10 aufrechterhalten hatte. Geht man von dem reinen Wortlaut der Regel 58 (4) EPÜ aus, so wäre zweifellos auch im vorliegenden Fall eine Mitteilung nach Regel 58 EPÜ an die Beteiligten erforderlich gewesen, da der Umfang des Patents durch Streichung der Ansprüche 6 - 10 - nämlich eines Stoffanspruchs und sämtlicher Verwendungs ansprüche und durch eine - wenn auch geringfügige - Änderung der Beschreibung geändert worden ist.

14. Die Kammer ist jedoch der Ansicht, daß Regel 58 (4) nicht nur gemäß ihrem Wortlaut, sondern entsprechend ihrem Sinn und Zweck im Einspruchsbeschwerdeverfahren anzuwenden ist. Die Kammer hat bereits Zweifel, ob Regel 58 (4) EPÜ auch dann immer anzuwenden ist, wenn vor der Kammer eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Diese Zweifel hat die Kammer, weil nach ihrer Auffassung durch Regel 58 (4) EPÜ sichergestellt werden soll, daß im Einspruchsverfahren dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der in Artikel 113 EPÜ niedergelegt ist, Rechnung getragen wird.

Die Kammer erkennt an, daß die Bestimmung der Regel 58 (4) EPÜ ihre generelle Berechtigung hat, wenn keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, das Patent vielmehr im schriftlichen Verfahren in geändertem Umfang aufrechterhalten werden soll. Im schriftlichen Verfahren erscheint es der Kammer generell erforderlich zu sein, die Parteien schrift lich über eine beabsichtigte Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang zu unterrichten.

Diese offensichtliche Notwendigkeit einer Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ besteht dagegen in einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung nicht in gleichem Maße; denn in einer mündlichen Verhandlung wird der Gegenstand des Verfahrens mit den Parteien ausführlich erörtert. Die mündliche Verhandlung ist daher die beste Form, das rechtliche Gehör den Parteien zu gewähren. Findet eine mündliche Verhandlung nicht statt, so müssen andere Garantien geschaffen werden, die sicher stellen, daß den Parteien das rechtliche Gehör in ausreichen dem Maße gewährt wird. Eine solche Garantie im schriftlichen Verfahren stellt die Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ dar. Sie erscheint daher im schriftlichen Verfahren unabweisbar notwendig, so daß in einem schriftlichen Verfahren eine Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ immer zu erfolgen hat.

15. In einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung besteht dagegen diese unabweisbare Notwendigkeit nicht generell, da die Parteien in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegen heit haben, zu einem Vorschlag der Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geändertem Umfang Stellung zu nehmen. Nur in den Fällen, in denen es den Parteien nicht zuzumuten ist, eine endgültige Stellungnahme zur Aufrechterhaltung in geändertem Umfang bereits in der mündlichen Verhandlung abzugeben, etwa weil die Änderungen so tiefgreifend oder so zahlreich sind, daß ihre Tragweite nicht sofort übersehen werden kann, wäre zur Gewährung eines ausreichenden rechtlichen Gehörs auch nach einer mündlichen Verhandlung eine Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ erforderlich. Handelt es sich dagegen um Änderungen, deren Bedeutung von der Partei oder ihrem sachkundigen Vertreter - notfalls nach einer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zum Zwecke der parteiinternen Beratung - überblickt werden können, so er übrigt sich die Zustellung einer Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ. Das Gleiche gilt, wenn die beabsichtigte Änderung zwar sehr weitreichend oder umfangreich ist, die Kammer aber diese Änderung den Parteien vor der mündlichen Verhandlung durch eine Zwischenverfügung bekannt gegeben hatte. In allen diesen Fällen kann nach Ansicht der Kammer auf eine Zustellung der Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ verzichtet werden, weil ihrem Sinn und Zweck bereits in geeigneter Weise Rechnung getragen ist.

16. Nach Auffassung der Kammer ist somit eine Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ nur dann erforderlich, wenn ohne diese Mitteilung den Parteien das rechtliche Gehör nicht ausreichend gewährt würde. Es bedarf daher in jedem Einzelfall der Prüfung, ob eine Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ geboten ist oder nicht. Diese Prüfung muß mit großer Sorgfalt erfolgen, da der Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs eines der wesentlichsten Prinzipien für ein gerechtes Verfahren darstellt. Für diese Prüfung ist die Kammer vom Europäischen Patentübereinkommen in besonderem Maße befähigt; denn anders als die in erster Instanz entscheidende Einspruchsabteilung ist die Richterbank der Kammer immer mit mindestens einem rechtskundigen Mitglied besetzt (vgl. Artikel 19 (2) und 21 (4) EPÜ). Diese Zusammensetzung der Kammer garantiert in denkbar hohem Maße, daß in einem Einspruchsbeschwerdeverfahren den Parteien das rechtliche Gehör ausreichend gewährt wird. Der Unterschied in der Besetzung von Einspruchsabteilung und Kammer rechtfertigt daher eine unterschiedliche Anwendung der Regel 58 (4) EPÜ. Vor einer Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geändertem Umfang sollte daher im Verfahren vor der Einspruchsabteilung regelmäßig auch dann eine Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ den Parteien zugestellt werden, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat; während im Einspruchsbeschwerdeverfahren die Kammer von Fall zu Fall entscheidet, ob die Zustellung einer Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ notwendig erscheint oder nicht. In Zweifelsfällen wird auch die Kammer der Zustellung einer Mitteilung nach Regel 58 (4) immer den Vorzug geben, damit sichergestellt ist, daß das rechtliche Gehör den Parteien in jedem Falle ausreichend gewährt wird. Diese unterschiedliche Anwendung der Regel 58 (4) EPÜ vor Einspruchsabteilung und Kammer steht auch mit dem Text des Übereinkommens in Einklang; denn Regel 66 (1) EPÜ schreibt nicht vor, daß Regel 58 (4) EPÜ im Beschwerdeverfahren anzuwenden sei, sondern bestimmt, daß die für die erste Instanz geltenden Vorschriften im Beschwerdeverfahren "entsprechend" anzuwenden sind. Das bedeutet, daß bei der Anwendung der gleichen Verfahrensvorschriften die dargelegten Unterschiede in der Besetzung der rechtsprechenden Organe berücksichtigt werden müssen.

17. Wendet man die vorstehend dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so konnte die Kammer auf die Zustellung einer Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ verzichten. Die Änderung des Umfangs des Patents bestand lediglich in der ersatzlosen Streichung der Ansprüche 6 - 10, wobei der wesentliche Inhalt der Verwendungsansprüche 7 - 10 fast wortgleich in die Beschreibung aufgenommen wurde. Diese Änderung ist in ihren Auswirkungen auf den Schutzbereich des Patents sehr leicht zu überblicken, so daß die mündliche Erörterung dieser Änderung in der mündlichen Verhandlung für die Gewährung des rechtlichen Gehörs ohne weiteres ausreicht. Auch die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen gegeben, daß sie zur Prüfung dieser Änderung eine längere Bedenkzeit - etwa eine Unterbrechung der mündlichen Verhandlung oder gar eine Frist zur Stellungnahme - benötigten. Eine solche Notwendigkeit war auch für die Kammer nicht ersichtlich. Von der Zustellung einer Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ ist daher zu Recht abgesehen worden.

18. Nach Artikel 112 (1) EPÜ befaßt die Beschwerdekammer von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten die Große Beschwerdekammer, wenn sie deren Entscheidung für erforderlich hält. Es ist bereits oben unter 3. bis 5. des Näheren dargelegt, daß die Kammer eine Entscheidung der Großen Beschwerdekammer für die von der Beschwerdeführerin formulierten Fragen nicht für erforderlich hält. Darüber hinausliegen aber die generellen Voraussetzungen für eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer nicht vor, denn die Große Beschwerdekammer kann nur zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung befaßt werden oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor, da die Rechtsanwendung im vorliegenden Fall im Rahmen einer bestehenden Rechtsprechung zur Frage des Verständnisses des Durchschnittsfachmannes erfolgt. Die Kammer weicht dabei nicht von der Rechtsprechung einer anderen Kammer ab, noch entscheidet sie eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse für die Zukunft bestünde. Die Kammer wendet vielmehr bewährte Rechtsgrundsätze auf einen einzelnen Fall an. Daher kommt eine Befassung der Großen Beschwerdekammer nicht in Betracht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird im Umfang der Ansprüche 1 bis 5, wie beantragt, sowie mit den folgenden Änderungen, aufrechter halten:

(a) In der Beschreibung, S. 3, Absatz 3 ist Satz 1, Z. 27 - 28, zu streichen und durch den unter VIII erwähnten Absatz zu ersetzen.

(b) Auf S. 3, Absatz 4, Zeile 43, ist hinter dem Wort "Vertrennen" einzufügen: "(Kalzinieren)".

3. Der Antrag, die Große Beschwerdekammer mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Rechtsfragen zu befassen, wird abgelehnt.

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