T 0046/06 () of 27.11.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T004606.20071127
Datum der Entscheidung: 27 November 2007
Aktenzeichen: T 0046/06
Anmeldenummer: 97103722.1
IPC-Klasse: C08F 291/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wässrige Polymerdispersionen als Bindemittel für elastische block- und kratzfeste Beschichtungen
Name des Anmelders: Celanese Emulsions GmbH
Name des Einsprechenden: Rohm & Haas Company
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (bejaht) -
Product-by-Process
-Anspruch
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0150/82
T 0205/83
T 0219/83
T 0020/94
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 795 568 auf die europäische Patentanmeldung Nr. 97 103 722.1 der Clariant GmbH (jetzt Celanese Emulsions GmbH), angemeldet am 6. März 1997 unter Beanspruchung der Priorität der deutschen Voranmeldungen DE 19609509 (11. März 1996), wurde am 11. September 2002 bekannt gemacht (Patentblatt 2002/37).

Das erteilte Patent enthielt 10 Ansprüche, wobei Anspruch 1 wie folgt lautete:

"Polymerdispersion mit einer Mindestfilmbildetemperatur (MFT) im Bereich von 0 bis 40ºC, erhältlich durch stufenweise Emulsionspolymerisation, indem auf eine erste Stufe mit der Mononomerzusammensetzung I (sic) aus

50 bis 68,5 Gew.-% weichen Monomeren A, deren Homopolymerisate eine Glasübergangstemperatur (Tg) unter 0ºC besitzen,

30 bis 50 Gew.-% harten Monomeren B, deren Homopolymerisate eine Glasübergangstemperatur (Tg) über 65ºC besitzen,

0,5 bis 5 Gew.-% mit A und B copolymerisierbaren alpha,beta-ungesättigten Carbonsäuren und/oder Carbonsäureamiden C,

1 bis 7,5 Gew.-% Ketogruppen enthaltenden ethylenisch ungesättigten Monomeren D,

0 bis 10 Gew.-% sonstigen ethylenisch ungesättigten Monomeren E, die kein Stickstoffatom enthalten,

jeweils bezogen auf die Gesamtmenge des Polymerisats der ersten Stufe, eine zweite Stufe mit der Monomerzusammensetzung II aus

5 bis 45 Gew.-% weichen Monomeren A, deren Homopolymerisate eine Glasübergangstemperatur (Tg) unter 0ºC besitzen,

65 bis 95 Gew.-% harten Monomeren B, deren Homopolymerisate eine Glasübergangstemperatur (Tg) über 65ºC besitzen,

0 bis 4 Gew.-% mit A und B copolymerisierbaren alpha,beta-ungesättigten Carbonsäuren und/oder Carbonsäureamiden C,

0 bis 5 Gew.-% Ketogruppen enthaltenden ethylenisch ungesättigten Monomeren D,

0 bis 10 Gew.-% sonstigen ethylenisch ungesättigten Monomeren E, die kein Stickstoffatom enthalten,

jeweils bezogen auf die Gesamtmenge des Polymerisats der zweiten Stufe, in einem Gewichtsverhältnis der Monomerzusammensetzung I zur Monomerzusammensetzung II von 50:50 bis 75:25 polymerisiert wird."

Die abhängigen Ansprüche 2-5 betrafen bevorzugte Ausführungsformen der Polymerdispersion nach Anspruch 1. Anspruch 6 betraf ein Verfahren zur Herstellung der Polymerdispersion gemäß Anspruch 1 und die Ansprüche 7 bis 10 deren Verwendung als Bindemittel für die Beschichtung von Untergründen, als Bindemittel in Lasuren und als Bindemittel in Glanzfarben.

II. Gegen das Patent wurde am 5. Juni 2003, gestützt auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit), von Rohm and Haas Company Einspruch erhoben. Darüber hinaus wurde im Laufe des Verfahrens ein Einwand unter Artikel 100 b) EPÜ erhoben.

Der Einspruch stützte sich auf folgende Dokumente:

D1: EP-A-0 655 481;

D2: US-A-5 447 970; und

D3: JP-A-7-102 218 in einer englischen Übersetzung.

III. Mit der am 12. Oktober 2005 mündlich verkündeten und am 25. November 2005 schriftlich begründeten Entscheidung wies die Einspruchsabteilung den Einspruch zurück.

a) Der verspätet vorgebrachte Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ wurde nicht zugelassen, da die Unstimmigkeiten der Prozentangaben in Anspruch 1 (50 Gew.-% als Obergrenze für die Monomeren B der Monomerzusammensetzung I und 45 Gew.-% für die Monomeren A der Monomerzusammensetzung II führten zu Widersprüchen mit den anderen Gewichtsangaben) lediglich Artikel 84, nicht aber Artikel 83 EPÜ betrafen.

b) Die Mehrstufenpolymerisate gemäß Anspruch 1 des Streitpatents unterschieden sich in ihrer Struktur deutlich von den physikalischen Mischungen der D1, insbesondere Beispiel 1 von D1.

c) Nächstliegender Stand der Technik war D1. Dem Streitpatent lag eine ähnliche Aufgabe zugrunde wie D1, nämlich eine Polymerdispersion mit einer Mindestfilmbildetemperatur (MFT) im Bereich von 0 bis 40ºC bereit zustellen, die einen Polymerfilm bildet, der sowohl eine hohe Block- und Kratzfestigkeit als auch eine ausreichende Elastizität zur Beschichtung von nicht maßhaltigen Untergründen aufwies und die insbesondere zur Herstellung von Holzlacken, Lasuren und Glanzfarben geeignet war. D1 beschrieb einen anderen Lösungsweg, nämlich die Abmischung zweier unterschiedlicher Polymerdispersionen. D1 enthielt keinen Hinweis, dass eine Zweistufenpolymerisation die Aufgabe lösen würde. Im Gegenteil, mit dem Vergleichsbeispiel 5 wies D1 den Fachmann von der im Streitpatent gewählten Lösung weg, da dort ein Zweistufenpolymerisat mit einer MFT > 44ºC zu einer nicht ausreichenden Verfilmung geführt hatte.

Auch eine Kombination von D2 oder D3 mit D1 legte den Gegenstand des Streitpatents nicht nahe.

IV. Gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung legte der Beschwerdeführer (Einsprechender) am 16. Januar 2006 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 27. März 2006 eingereicht.

Die Argumentation des Beschwerdeführers kann wie folgt zusammengefasst werden:

a) Das Merkmal "erhältlich durch stufenweise Emulsionspolymerisation …" in Anspruch 1 hätte im normalen englischen Sprachgebrauch keine einschränkende Wirkung. Bei dieser Auslegung wäre jede Polymerdispersion mit einer MFT von 0 bis 40ºC für den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich, z. B. die in D1-D3 offenbarten Polymerdispersionen.

Falls aber dem Merkmal "erhältlich durch stufenweise Emulsionspolymerisation …" hinsichtlich des Schutzumfangs von Anspruch 1 eine Bedeutung beizumessen sei, müsste angenommen werden, dass auch Polymerdispersionen unter den Anspruch 1 fielen, die nach einem anderen Prozess hergestellt aber die gleichen Eigenschaften aufwiesen wie die durch stufenweise Emulsionspolymerisation hergestellten Dispersionen. Das Streitpatent führe nicht näher aus, welche Eigenschaften die Dispersion an sich habe, sondern verweise lediglich darauf, dass mit dieser Dispersion hergestellte Beschichtungen eine hohe Block- und Kratzfestigkeit sowie eine ausreichende Elastizität besäßen. Somit wäre Anspruch 1 so auszulegen, dass er alle Polymerdispersionen umfasst, die eine MFT von 0 bis 40ºC aufwiesen und Beschichtungen mit einer gleichen oder ähnlichen Blockfestigkeit, Kratzfestigkeit und Elastizität ergäben. Bei dieser Auslegung wäre der Gegenstand des Anspruchs 1 durch Beispiel 1 von D1 neuheitsschädlich getroffen. In diesem Zusammenhang reichte der Beschwerdeführer das Dokument D4 ein:

D4: Erklärung von Rosemarie P. Lauer datiert vom 27. März 2006.

D4 zeige, dass wegen der in Anspruch 1 des Streitpatents vorhandenen Unklarheiten (Unstimmigkeiten einzelner Gew.-%-Angaben bei den Monomeren), die in Beispiel 1 von D1 verwendeten Monomerzusammensetzungen unter den Anspruch 1 des Streitpatents fallen. Außerdem liefert die Dispersion aus Beispiel 1 von D1 eine Beschichtung mit guten Eigenschaften hinsichtlich Blockfestigkeit, Kratzfestigkeit und Elastizität, so dass auch in den Eigenschaften der Dispersionen keine Unterschiede bestehen.

b) Abgesehen davon beruhe der beanspruchte Gegenstand gegenüber D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. So zeigen die in D4 durchgeführten Versuche, dass ein Zweistufenpolymerisat gemäß Anspruch 1 mit einer MFT von 30ºC zu schlechteren Beschichtungen hinsichtlich Blockfestigkeit, Kratzfestigkeit und Elastizität führe als eine gemäß der Lehre von D1 hergestellte Dispersion. Somit habe der Patentinhaber zumindest nicht über den gesamten beanspruchten Bereich eine erfinderische Tätigkeit nachgewiesen.

V. Die Erwiderung des Beschwerdegegners (Patentinhabers) vom 16. Oktober 2006 kann wie folgt zusammengefasst werden:

c) Durch Anspruch 1 des Streitpatents würden nur Mehrstufenpolymerisate umfasst, die sich von den in D1 beschriebenen Dispersionen aus vernetzten Polymermischungen eindeutig unterscheiden ließen.

d) Durch den nächstliegenden Stand der Technik D1 werden Dispersionen offenbart, die aus einer Mischung zweier separat hergestellter Polymere und deren Vernetzung mit polyfunktionellen Hydrazidverbindungen hergestellt werden. Weiterhin werde im Vergleichsversuch 5 in D1 eine Dispersion offenbart, die zwar ein Mehrstufenpolymerisat enthält, aber eine unzureichende MFT von über 44ºC aufweise. D1 gebe somit keinen Hinweis auf den im Streitpatent gegangenen Weg zur Herstellung von Dispersionen mit einer MFT von unter 40ºC sondern weise davon weg.

Im Streitpatent werden durch die Auswahl geeigneter Monomerzusammensetzungen neue Mehrstufenpolymerisate bereitgestellt, die durch Emulsionspolymerisation in einem "Ein-Topf"-Verfahren hergestellt werden können. Solche Dispersionen führen zu Filmen mit ähnlich guten mechanischen Eigenschaften wie die in D1 beschriebenen Dispersionen. Dieser Sachverhalt werde auch durch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Versuche nicht überzeugend widerlegt.

e) Hilfsweise wurde die Erteilung eines Patents gemäß dem im Einspruchsverfahren vorgelegten Hilfsantrag 1 beantragt.

VI. In der Mitteilung vom 26. September 2007 wies die Kammer bezüglich der Auslegung von "Product-by-Process"-Ansprüchen auf die Sonderausgabe Nr. 2 zum Amtsblatt 2003, 20-42 hin. Außerdem stelle sich die Frage, welchen strukturellen Unterschied das Merkmal "erhältlich durch stufenweise Emulsionspolymerisation …" im Polymer bewirke, und wie dieser strukturelle Unterschied nachgewiesen werden könne.

VII. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 reichte der Beschwerdegegner die Hilfsanträge 2-4 ein. Er wies auch darauf hin, dass die erfindungsgemäß hergestellten Zweistufenpolymerisate eine heterogene Partikelmorphologie aufweisen, welche z. B. mit Hilfe des Elektronenmikroskops bestimmt werden könne. Zum Beleg dafür wurden folgende Dokumente vorgelegt:

D5: I. Segall et al, "Core-Shell Structured Latex Particles, II. Synthesis and Characterization of Poly(n-butyl acrylate)/Poly(benzyl methacrylate-styrene) Structured Latex Particles", J. Appl. Polymer Sci., 58 (1995), 401-417;

D6: N. Eidam, "Strukturierte Latices", 15. Kolloquium über Chemie und Technologie makromolekularer Stoffe, FH Aachen (25. November 1994), FH Texte, 66, 7-19; und

D7: R. Baumstarck et al, "Mehrphasige Polymerpartikel für lösungsmittelfreie Dispersionslacke", Farbe & Lack, 106, 11/2000, 125-147.

VIII. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 reichte der Beschwerdeführer folgende Dokumente ein:

D8: Zweite Erklärung von Rosemarie P. Lauer datiert vom 25. Oktober März 2007; und

D9: EP-A-0 254 467.

D9 zeige, dass unter bestimmten Bedingungen auch bei der stufenweisen Emulsionspolymerisation neue Polymerteilchen entstehen können, die nicht an vorher gebildete Polymerteilchen gebunden sind (durch Pfropfung oder eine andere Technik). Daher können auch bei der stufenweisen Emulsionspolymerisation bimodale Systeme entstehen.

IX. Am 27. November 2007 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, bei der zunächst die Auslegung eines "Product-by-Process-Anspruchs" diskutiert wurde, insbesondere die Bedeutung der Worte "erhältlich durch".

f) Der Beschwerdeführer hielt seinen Neuheitsaufwand im Hinblick auf Beispiel 1 von D1 aufrecht und verwies diesbezüglich auf seinen schriftlichen Vortrag. Im Hinblick auf D2 und D3 wurden keine Neuheitseinwände erhoben.

Der Beschwerdegegner wies darauf hin, dass die erfindungsgemäß hergestellten Dispersionen Polymerteilchen enthielten, die sich hinsichtlich ihrer heterogenen Morphologie von den physikalischen Mischungen der D1 unterschieden. Die Dispersionen der D1 enthielten zwei Arten von Polymerteilchen, aber jede Art weise eine homogene Phase auf.

g) Der Beschwerdeführer argumentierte, dass die Versuche in D4 zeigen, dass die Aufgabe nicht über den gesamten beanspruchten Bereich gelöst werde. Ein anspruchsgemäßes Zweistufenpolymerisat mit einer MFT von 30ºC würde nicht ausreichend verfilmen.

Der Beschwerdegegner wies darauf hin, dass, obwohl das in D4 hergestellte Zweistufenpolymerisat eine MFT von 30ºC habe, nur bei 25ºC getrocknet worden sei. Es sei daher nicht verwunderlich, dass man bei Trocknungsbedingungen unterhalb der MFT keinen guten Film erhalten habe. Somit können die Versuche in D4 die erfinderische Tätigkeit des Streitpatents nicht in Frage stellen.

X. Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 795 568.

Der Beschwerdegegner beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) oder hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage eines der folgenden Anspruchssätze:

Ansprüche 1-10 eingereicht mit Schreiben vom 12. August 2005 als Hilfsantrag 1,

Ansprüche 1-10 eingereicht mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 als Hilfsantrag 2,

Ansprüche 1-10 eingereicht mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 als Hilfsantrag 3, oder

Ansprüche 1-9 eingereicht mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 als Hilfsantrag 4.

Entscheidungsgründe

2. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ und der Regel 64 EPÜ und ist daher zulässig.

3. Neuheit (Hauptantrag)

3.1 Die Polymerdispersion gemäß erteiltem Anspruch 1 (Punkt I, oben) wird durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

(1) Mindestfilmbildetemperatur (MFT) von 0-40ºC,

(2) erhältlich durch stufenweise Emulsionspolymerisation von I und II, und

(2a) Monomerzusammensetzung I,

(2b) Monomerzusammensetzung II,

(2c) Gewichtsverhältnis von I zu II von 50:50

bis 75:25.

Somit ist ein wesentliches Merkmal des Anspruchs 1 die Herstellungsweise der Polymerdispersion: sie ist erhältlich durch stufenweise Emulsionspolymerisation, indem auf eine erste Stufe mit einer Monomerzusammensetzung I eine zweite Stufe mit der einer Monomerzusammensetzung II polymerisiert wird. Bei Anspruch 1 handelt es sich daher um einen sogenannten "Product-by-Process-Anspruch".

3.2 Nach gängiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern müssen Product-by-Process-Ansprüche in einem absoluten, d. h. verfahrensunabhängigen Sinn interpretiert werden (T 219/83, ABl. EPA 1986, 211, Punkt 10 der Entscheidungsgründe) und sind nur dann gewährbar, wenn das Produkt als solches die Voraussetzungen für Neuheit und erfinderische Tätigkeit erfüllt (T 150/82, ABl. EPA 1984, 309). So bedarf es z. B. zur Neuheitsabgrenzung des Nachweises, dass die Abwandlung der Verfahrensparameter zu anderen Erzeugnissen führt (T 205/83, ABl. EPA 1985, 363).

Ein Patentanspruch, der ein Erzeugnis durch ein Herstellungsverfahren kennzeichnet, gehört eindeutig zur Kategorie "Gegenstände" und ist immer auf das Erzeugnis als solches gerichtet, und zwar unabhängig davon, ob die Formulierung "direkt erhalten", "erhalten" oder "erhältlich" im Anspruch verwendet wird (z. B. T 20/94 vom 4 November 1998, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Punkt 4.4 der Entscheidungsgründe). Dass dabei ein Anspruch auf eine Art und Weise ausgelegt wird, bei der im Falle des Wortes "erhalten" ausdrücklich die offensichtliche und gewöhnliche Bedeutung des im Anspruch verwendeten Wortes außer acht gelassen wird, ist nur scheinbar ein Nachteil dieser Rechtsprechung. Wird ein Erzeugnis nämlich durch das Verfahren zu seiner Herstellung "geprägt", werden die Verfahrensmerkmale so aufgefasst, dass sie zwangsläufig zu bestimmten (nachweisbaren) Erzeugnismerkmalen führen. Mit anderen Worten, in einem Product-by-Process-Anspruch sind die Verfahrensmerkmale indirekte Erzeugnismerkmale. Diese indirekten (nachweisbaren) Erzeugnismerkmale werden durch das im Anspruch genannte Herstellungsverfahren verursacht, und zwar unabhängig von der gewählten Formulierung "direkt erhalten", "erhalten" oder "erhältlich".

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei der absoluten, verfahrensunabhängigen Interpretation von Product-by-Process-Ansprüchen die offensichtliche und gewöhnliche Bedeutung des Wortes "erhalten" in den Hintergrund tritt. Das ganze Augenmerk richtet sich bei dieser Art von Ansprüchen auf die Frage, welche (nachweisbaren) Erzeugnismerkmale durch die Herstellungsweise auf das Erzeugnis übertragen werden.

3.3 Der Beschwerdeführer hat seine Neuheitseinwände auf das Dokument D1 gestützt, insbesondere auf Beispiel 1 von D1. D1 offenbart eine wässrige Dispersionen mit einer MFT von 0 bis 50ºC, die mindestens ein Carbonylgruppen-haltiges weiches Latexpolymer A mit einer MFT unterhalb von 20ºC, mindestens ein hartes Latexpolymer B mit einer MFT oberhalb von 25ºC und mindestens ein polyfunktionelles Carbonsäurehydrazid C enthält (Anspruch 1). Gemäß Seite 3, Zeilen 21-23 von D1 wird die Dispersion durch Abmischen mindestens einer ein Latexpolymer A enthaltenden Dispersion, mindestens einer ein Latexpolymer B enthaltenden Dispersion und mindestens eines polyfunktionellen Carbonsäurehydrazids hergestellt. Somit handelt es sich bei den Dispersionen gemäß D1 um physikalische Mischungen zweier Latexpolymere.

3.4 Beispiel 1 zeigt die getrennte Herstellung der Dispersion A1 und der Dispersion B1 und deren anschließende Abmischung im Verhältnis 1:1 mit einer geringen Menge an Adipinsäuredihydrazid. Die resultierende Polymerdispersion besitzt eine MFT von ca. 20ºC. Somit besitzt die in Beispiel 1 von D1 offenbarte Polymerdispersion die Eigenschaften (1) und (2c) der im erteilten Anspruch 1 definierten Polymerdispersion.

3.4.1 Der Beschwerdeführer war der Auffassung, dass die Monomerzusammensetzungen der Latexpolymere A1 und B1 in Beispiel 1 von D1 den anspruchsgemäßen Monomerzusammensetzungen I und II entsprechen (Merkmale (2a) und (2b)). Dabei hat der Beschwerdeführer wegen der im erteilten Anspruch 1 bezüglich der Monomerzusammensetzungen enthaltenen Unklarheit (50 Gew.-% als Obergrenze für die Monomeren B der Monomerzusammensetzung I und 45 Gew-.% für die Monomeren A der Monomerzusammensetzung II führen zu Widersprüchen mit den anderen Gewichtsangaben) eine Umrechnung in Gewichtsteile vorgenommen, um diese Unklarheiten der Prozentangaben in Anspruch 1 technisch sinnvoll auszulegen (D4).

3.4.2 Wenn man zugunsten des Beschwerdeführers annimmt, dass die Monomerzusammensetzungen der Dispersionen A1 und B1 aufgrund der angesprochenen Unklarheiten in die in Anspruch 1 angegebenen Monomerbereiche fallen, bleibt weiter zu untersuchen, ob das im Anspruch 1 enthaltene Product-By-Process-Merkmal "erhältlich durch stufenweise Emulsionspolymerisation …" eine geeignete Abgrenzung zu Beispiel 1 in D1 darstellt.

Im Gegensatz zur Lehre von D1 und dem Beispiel 1 von D1 verlangt Anspruch 1, dass die beanspruchte Polymerdispersion durch stufenweise Emulsionspolymerisation erhältlich ist, indem auf eine erste Stufe mit der Monomerzusammensetzung I eine zweite Stufe mit der der Monomerzusammensetzung II polymerisiert wird. Dies bedeutet, dass die einzelnen Monomerzusammensetzungen nacheinander dem Emulsionsansatz zugegeben werden, wobei zunächst die Monomerzusammensetzung I polymerisiert wird und auf das gebildete Polymer (erste Stufe) die Monomerzusammensetzung II polymerisiert wird. Dies wird durch Absatz [0018] des Streitpatents bestätigt. Dort wird ausgeführt, dass die Monomerzusammensetzung I der ersten Stufe und die Monomerzusammensetzung II der zweiten Stufe nacheinander in wässriger Phase polymerisiert werden. Eine getrennte Polymerisation der Monomerzusammensetzungen I und II und ein anschließendes Abmischen der Dispersionen wie in D1 wird durch Anspruch 1 nicht mit umfasst und in der Patentschrift selbst auch nicht beschrieben.

Das unterschiedliche Herstellungsverfahren gemäß Anspruch 1 führt aber auch zwangsläufig zu einer Dispersion mit Produktmerkmalen, die eine nach der Lehre von D1 erhaltene Dispersion nicht aufweist: die durch die stufenweise Emulsionspolymerisation erhältlichen Polymerteilchen haben eine andere Morphologie als die Polymerteilchen in den physikalischen Mischungen von D1. Gemäß Anspruch 1 weist die zuerst polymerisierte Phase mindestens 50 Gew.-% an weichen Monomeren auf, während sich die danach auf die erste Phase polymerisierte zweite Phase überwiegend von harten Monomeren ableitet. Da sich unterschiedliche Polymere in der Regel nicht miteinander mischen, führen diese unterschiedlichen Phasen des Polymeren zu einer heterogenen Partikelmorphologie, d. h. bei den Polymerpartikeln in einer Dispersion gemäß Anspruch 1 handelt es sich um mehrphasige Polymerpartikel. Im Gegensatz dazu enthalten die durch Abmischen hergestellten Dispersionen gemäß D1 zwei unterschiedliche Arten von Polymerpartikel, nämlich weiche Polymerpartikel und harte Polymerpartikel, aber beide Arten von Partikeln weisen jeweils nur eine einzige Phase auf.

Abhängig von den Polymerisationsparametern können durch stufenweise Emulsionspolymerisation Teilchen mit unterschiedlicher Struktur hergestellt werden. So zeigt z.B. D7 (Seite 128), dass durch eine stufenweise Emulsionspolymerisation zweier Monomermischungen Partikel mit einer Kern-Schale-Struktur entstehen können. Die Kern-Schale-Struktur ist jedoch nur eine mögliche Teilchenmorphologie für zweistufig hergestellte Emulsionspolymerisate. Neben halbmond-artigen sind auch eichel-, himbeer- oder erdbeer-artige Strukturen bekannt (Abbildung 3 von D7). Anspruch 1 macht keine näheren Angaben über die Art der inneren Struktur des Teilchens oder ob die beiden Phasen kovalent miteinander verbunden sind. Dies spielt aber keine Rolle, da eine stufenweise Emulsionspolymerisation immer zu irgendwie gearteten, mehrphasigen Polymerteilchen führt, dessen heterogene Partikelmorphologie mit unterschiedlichsten Methoden bestimmt werden kann, beispielsweise mit Hilfe des Elektronenmikroskops. Zum Beleg dafür hat die Beschwerdegegnerin die Dokumente D5 bis D7 vorgelegt.

3.4.3 Daneben zeigt auch D1 selbst, dass sehr wohl ein Unterschied zwischen getrennt hergestellten Dispersionen, die danach abgemischt werden, und den entsprechenden durch Zweistufenpolymerisation erhaltenen Dispersionen besteht. Wie bereits erwähnt, werden im Beispiel 1 von D1 die Polymerdispersionen A1 und B1 getrennt voneinander hergestellt und anschließend abgemischt. Das Ergebnis ist eine physikalische Mischung, d. h. eine Dispersion mit den Polymerteilchen A1 und B1. Im Vergleichsbeispiel 5 von D1 werden die gleichen Monomerzusammensetzungen wie in Beispiel 1 einer Zweistufenpolymerisation unterzogen. Die erhaltenen Dispersionen sind nicht identisch wie sich an der unterschiedlichen MFT ablesen lässt (Beispiel 1: MFT 20ºC / Vergleichsbeispiel 5: MFT > 44ºC). Folglich ist auch schon aus der D1 ersichtlich, dass sich Zweistufenpolymerisate von den in der D1 als erfindungsgemäß beschriebenen Dispersionsmischungen unterscheiden.

3.4.4 Auch das vom Beschwerdeführer zitierte Dokument D9 lässt an dieser Schlussfolgerung keine Zweifel aufkommen. D9 zeigt nämlich nicht, dass durch eine mehrstufige Emulsionspolymerisation eine Dispersion hergestellt werden kann, die mit einer physikalischen Mischung gemäß D1 identisch ist. Der vom Beschwerdeführer zitierte Absatz auf Seite 5 von D9 besagt lediglich, dass bei der konventionellen mehrstufigen Emulsionspolymerisation die Neubildung von Teilchen in der zweiten Stufe vermieden wird. Selbst wenn nun durch Zugabe hoher Mengen an Emulgatoren und/oder Schutzkolloiden zusätzliche Teilchen in der zweiten Phase ausgebildet würden, hat der Beschwerdeführer nicht gezeigt, dass durch diese Vorgehensweise Dispersionen erhalten werden, die mit den Dispersionen gemäß D1 identisch sind. Dies wurde vom Beschwerdegegner sogar bestritten, da trotz einer möglichen Neubildung von Teilchen weiterhin auf die Polymerteilchen der ersten Stufe polymerisiert wird und dadurch mehrphasige Polymerteilchen entstehen.

3.4.5 Aus den obigen Ausführungen geht eindeutig hervor, dass (a) das Product-by-Process-Merkmal in Anspruch 1 "erhältlich durch stufenweise Emulsionspolymerisation …" zu einem nachweisbaren Produktmerkmal führt (mehrphasiges Polymerteilchen in der erhaltenen Polymerdispersion), und (b) dieses aus dem Herstellungsverfahren resultierende Produktmerkmal auch zur Abgrenzung des beanspruchten Gegenstandes gegenüber den nach der Lehre von D1 hergestellten physikalischen Mischungen dient, insbesondere auch gegenüber der Polymerdispersion des Beispiels 1 von D1.

3.5 An dieser Stelle soll noch einmal hervorgehoben werden, dass der beanspruchte Gegenstand auch durch das im Vergleichsbeispiel 5 von D1 offenbarte Zweistufenpolymerisat nicht neuheitsschädlich getroffen wird, da dies eine MFT > 44ºC aufweist. Anspruch 1 des Streitpatents verlangt eine MFT von 0 bis 40ºC.

3.6 Auch D2 und D3 offenbaren keine Polymerdispersion mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1, was der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung auch nicht bestritten hat.

3.7 Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1, und damit auch der Gegenstand der Ansprüche 2-10 gegenüber dem zitierten Stand der Technik, insbesondere Beispiel 1 von D1, neu ist.

4. Aufgabe/Lösung

4.1 Gegenstand des Streitpatents sind Polymerdispersionen, die als Bindemittel bei Herstellung von Holzlacken, Lasuren und Glanzfarben verwendet werden. Aus ökologischen Gründen wird eine Verfilmung des Bindemittels im Bereich von 0 bis 40ºC angestrebt, so dass keine oder nur geringe Mengen eines Filmkonsolidierungsmittels benötigt werden (Paragraph [0002] des Streitpatents). Aufgabe des Streitpatents war es daher, eine Polymerdispersion mit einer MFT im Bereich von 0 bis 40ºC bereit zustellen, die einen Polymerfilm bildet, der sowohl eine hohe Blockfestigkeit und Kratzfestigkeit besitzt als auch eine ausreichende Elastizität zur Beschichtung von nicht maßhaltigen Untergründen aufweist und die insbesondere zur Herstellung von Holzlacken, Lasuren und Glanzfarben geeignet ist (Paragraph [0006]).

4.2 Durch D1 werden Dispersionen bereitgestellt, welche die gleiche Aufgabe wie das Streitpatent lösen. So wird auf Seite 2, Zeilen 1-5 von D1 auf die Verwendung der Dispersionen als Bindemittel für blockfeste, kratzfeste und chemikalienbeständige Beschichtungen, insbesondere für Holz und Kunststoffe, hingewiesen. Die Kammer sieht daher, im Einklang mit beiden Parteien, in D1 den nächstliegenden Stand der Technik.

Im Hinblick auf D1 kann die objektive Aufgabe dann auch nur in der Bereitstellung einer alternativen Dispersion gesehen werden, die ebenfalls die aus D1 bekannten Beschichtungseigenschaften aufweist.

4.2.1 Der Beschwerdeführer hat unter Hinweis auf die vorgelegten Versuche in D4 argumentiert, dass diese Aufgabe nicht über den gesamten beanspruchten Bereich gelöst wird. In D4 wurde durch eine stufenweise Emulsionspolymerisation eine Dispersion (Versuch AP8788) mit einer MFT von 30ºC hergestellt, die alle Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents erfüllt. Zur Prüfung der Blockfestigkeit, Kratzfestigkeit, Konig-Härte und Reißdehnung wurden Beschichtungen auf verschiedenen Untergründen hergestellt, die anschließend bei 25ºC getrocknet wurden. Es hat sich aber kein intakter Film gebildet, so dass keine verlässlichen Messungen vorgenommen werden konnten.

4.2.2 Dieser Versuch ist aber nicht geeignet, um Zweifel daran aufkommen zu lassen, ob die oben definierte Aufgabe über den ganzen beanspruchten Bereicht gelöst wird. Es ist nämlich nicht verwunderlich, dass eine Dispersion mit einer MFT von 30ºC bei einer Trocknungstemperatur von 25ºC noch nicht ausreichend verfilmt. Die MFT ist ja gerade die Temperatur, bei der ein Anstrichstoff noch in der Lage ist, einen zusammenhängenden, geschlossenen, fehlerfreien Film zu bilden (die wässrige Phase verdampft während der Trocknung und die Emulsionsteilchen verschmelzen, d. h. koaleszieren). Wird aber eine Dispersion mit einer MFT von 30ºC unter dieser Temperatur (im vorliegenden Fall bei 25ºC) getrocknet, muss man sogar erwarten, dass sich kein zusammenhängender Film ausbildet. Daher kann D4 auch keine Aussagen über die "Filmeigenschaften" der hergestellten Dispersion machen.

4.2.3 Das Argument, dass in den Beispielen des Streitpatents oder im Vergleichsbeispiel 5 von D1 auch nur bei 25ºC getrocknet wurde, erhöht nicht die Aussagekraft des Versuchs in D4. Die Beispiele 1-3 im Streitpatent haben eine MFT < 20ºC, so dass eine Trocknung bei Raumtemperatur zur Verfilmung ausreichend ist. In Beispiel 4 ist die MFT sogar unter 0ºC. Falls diese Angabe richtig ist (was bei einer wässrigen Dispersion zumindest fraglich ist), dann fällt dieses Beispiel lediglich nicht mehr in den beanspruchten Bereich, kann aber nicht die Lösung der Aufgabe in Frage stellen. Das Vergleichsbeispiel 5 in der D1 hat eine MFT > 44ºC (der genaue Wert ist nicht angegeben). Zugegebenermaßen ist auch in diesem Fall bei einer Trocknung von 25ºC kein zusammenhängender Film zu erwarten. Aber die MFT dieses Beispiels liegt außerhalb des beanspruchten Bereichs, so dass dieses Beispiel keine Rückschlüsse darauf zulässt, ob die Aufgabe des Streitpatents im gesamten beanspruchten Bereich gelöst wird.

4.2.4 Im Gegensatz zu D4 zeigen die Beispiele im Streitpatent, dass die Aufgabe, alternativ zu D1 Dispersionen bereitzustellen, die Polymerfilme mit guten Beschichtungseigenschaften ausbilden, gelöst wird. Die obigen Ausführungen machen außerdem deutlich, dass kein Zweifel daran besteht, dass diese Aufgabe im gesamten beanspruchten Bereich gelöst wird.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1 Es bleibt daher zu untersuchen, ob die in Anspruch 1 vorgeschlagene Lösung, Zweistufenpolymerisate mit einer bestimmten Monomerzusammensetzung, durch den Stand der Technik nahe gelegt wird.

5.2 Der Beschwerdeführer hat seinen Einwand wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausschließlich auf D1 gestützt. Wie in Punkt 3.3, oben gezeigt, schlägt D1 zur Bereitstellung von Polymerdispersionen mit einer MFT von 0ºC bis 50ºC, die einen Polymerfilm mit hoher Block- und Kratzfestigkeit bei ausreichender Elastizität ausbilden, das Abmischung von verschiedenen Dispersionen vor (physikalische Mischung). Gemäß D1 sollen gerade keine Mehrstufenpolymerisate eingesetzt werden. So zeigt Vergleichsbeispiel 5 in D1, dass durch eine zweistufige Emulsionspolymerisation gegenüber einer getrennten Herstellung und anschließendem Abmischen der Dispersionen nur eine Dispersion mit einer unzureichenden MFT > 44ºC erhalten wird. Folglich enthält der Offenbarungsgehalt von D1 für den Fachmann keine Anregung, Dispersionen gemäß Anspruch 1 des Streitpatents herzustellen. Ganz im Gegenteil, D1 scheint den Fachmann davon abzuhalten. Abgesehen davon kann die D1 auch keinen Hinweis auf die Monomerzusammensetzung solcher Zweistufenpolymere enthalten, da sich D1 mit diesem Polymertyp, abgesehen vom Vergleichsbeispiel 5, nicht befasst. Das Argument, dass das Vergleichsbeispiel 5 zumindest einen Anlass zu weiteren Versuchen mit Zweistufenpolymerisaten hätte bieten können, scheint daher auf einer nicht erlaubten, rückschauenden Betrachtungsweise zu beruhen.

Ausgehend von D1 ist es überraschend, dass mit den Monomerzusammensetzungen gemäß Anspruch 1 Dispersionen mit einer MFT von 0 bis 40ºC erhalten werden können, die eine gute Block- und Kratzfestigkeit und eine ausreichende Elastizität besitzen obwohl sie ein zweistufiges Emulsionspolymerisat enthalten.

5.3 Keine der anderen Entgegenhaltungen D2 oder D3 legt zur Lösung der oben definierten Aufgabe ein Zweistufenpolymerisat mit der in Anspruch 1 geforderten Monomerzusammensetzung nahe. Auch der Beschwerdeführer hat keine Argumente vorgebracht, die auf diesen Dokumenten basieren.

5.4 Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1, und damit auch der Gegenstand der Ansprüche 2-10 durch den zitierten Stand der Technik, insbesondere D1, nicht nahe gelegt wird.

6. Da keiner der angezogenen Einspruchsgründe den erteilten Ansprüchen entgegensteht, erübrigt sich eine Diskussion der Hilfsanträge des Beschwerdegegners.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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