European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1994:T110592.19940121 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 21 Januar 1994 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1105/92 | ||||||||
Anmeldenummer: | 87109910.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65G 13/071 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Rollenbahn für Fahrzeugkarosserie-Transportschlitten | ||||||||
Name des Anmelders: | Dürr GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | (E2) BLEICHERT Förderanlagen GmbH (E3) Mannesmann Aktiengesellschaft (E4) Carl Schenck AG |
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Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja) - nächstkommender Stand der Technik Inventive step (yes) - closest state of the art |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende E3) hat gegen die am 17. November 1992 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der die der Aufrechterhaltung in geändertem Umfang des Patents Nr. 0 255 620 zugrundeliegende Fassung festgelegt wurde, die am 11. Dezember 1992 eingegangene Beschwerde eingelegt. Sie hat gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt. Die Beschwerdebegründung wurde mit dem am 17. März 1993 eingegangenen Schriftsatz eingereicht.
Die Einspruchsabteilung war zur Auffassung gekommen, daß im Hinblick auf den vorgebrachten Stand der Technik das Patent in der Fassung gemäß dem Antrag der Patentinhaberin den Erfordernissen des Übereinkommens genüge.
II. Im Verfahren vor der Beschwerdekammer wurden folgende bereits im Einspruchsverfahren berücksichtigte Entgegenhaltungen zum Stand der Technik genannt:
D1: EP-A-9 508
D7: Zeichnung mit Nummer 13858342Z der Firma Demag vom 25.01.1979.
D8: Zeichnung mit Nummer 14821742 der Firma Mannesmann Demag
Hiervon betreffen die Zeichnungen D7 und D8 geltend gemachte offenkundige Vorbenutzungen.
Folgende Druckschriften wurden im Beschwerdeverfahren noch von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) zur Stützung ihrer Argumente angeführt:
D12: Leistungsschaubild für Rollenketten nach DIN 8187(Anlage A1)
D13: Auslegung von Rollenkettentrieben (Anlage A2)
D14: Zahnriemen, Berechnungsmethode, (Anlage A3)
D15: Einfach-Rollenketten nach DIN 8187 (Anlage A4)
D16: Teilkreisdurchmesser..... nach DIN 8187 und 8188 (Anlage A5)
III. Auf einen Bescheid der Beschwerdekammer hat die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) mit dem Schriftsatz vom 9. Dezember 1993 einen neuen Patentanspruch 1 und neue Beschreibungsseiten eingereicht.
Am 21. Januar 1994 fand eine mündliche Verhandlung statt. Die weiteren Verfahrensbeteiligten nach Artikel 107 EPÜ (Einsprechende E2 und E4) haben mit Schreiben vom 17. Januar 1994 bzw. 4. Januar 1994 mitgeteilt, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werden. Die mündliche Verhandlung wurde gemäß Regel 71 (2) EPÜ ohne sie durchgeführt.
IV. Der Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Rollenbahn für Fahrzeugkarosserie-Transportschlitten (28), mit einem sich in Transportrichtung erstreckenden Gestell (10) mit seitlichen Rahmenschenkeln (14), zwischen denen hintereinander mehrere Antriebswellen (22) drehbar gelagert sind, welche jeweils zwei Tragrollen (24, 26) zum Aufliegen und zwei Spurkränze (34) zum Führen von Transportschlittenkufen (28) aufweisen und paarweise über jeweils eine Triebverbindung (30, 32, 46, 48), die an den Antriebswellen, einer der Tragrollen benachbart, befestigte Ritzel (30, 32) umfaßt, miteinander gekoppelt und so insgesamt antreibbar sind, wobei die Ritzel (30, 32) und die Antriebswellen (22) einen kleineren Durchmesser als die Tragrollen (24, 26) aufweisen, sowie mit einer von mindestens einer Abdeckplatte gebildeten und sich über die Ritzel (30, 32) sowie die Antriebswellenbereiche kleineren Durchmessers erstreckenden Abdeckung (70) zum Abdecken von sich zwischen den Antriebswellen (22) befindenden Gestellfeldern, welche fensterartige Öffnungen (72) für den Durchtritt der Tragrollen (24, 26) sowie der neben diesen auf den Antriebswellen (22) angebrachten Spurkränze (34) aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß die Ritzel (30, 32) zwischen den in ihrer Breite derjenigen einer Transportschlittenkufe (28) entsprechenden Tragrollen (24, 26) der betreffenden Antriebswelle (22) angeordnet und als Zahnscheiben ausgebildet sind, über welche Zahnriemen (46, 48) der Triebverbindungen verlaufen, und daß die Spurkränze (34) den Außenseiten der Tragrollen (24, 26) der betreffenden Antriebswelle (22) benachbart angeordnet sind."
An diesen Anspruch 1 schließt sich der mit der Eingabe vom 28. August 1991 eingereichte abhängige Anspruch 2 an.
V. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen. Die Merkmale des Oberbegriffes des Anspruches 1 seien aus der offenkundigen Vorbenutzung nach der Entgegenhaltung D7 bekannt. Dieser Stand der Technik komme der Rollenbahn des angefochtenen Patents am nächsten. Die wesentlichen Merkmale des kennzeichnenden Teiles des Anspruches 1 seien aus der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nach der Entgegenhaltung D8 bekannt. Die Anordnung der Spurkränze an den Außenseiten der Tragrollen stelle eine übliche bauliche Maßnahme dar und sei zudem in der Druckschrift D1 angegeben. Dieses Merkmal der Anordnung der Spurkränze sei, verglichen mit den Spurkranzanordnungen nach den Entgegenhaltungen D7 und D8 nur eine weitere, im wesentlichen technisch gleichwirkende und somit leicht herleitbare Variante.
Der Fachmann könne ohne weiteres aus der Entgegenhaltung D7 sehen, daß es sich dort um eine Rollenbahn niedriger Bauweise handelt und er könne aus der Entgegenhaltung D8 sofort erkennen, daß dort die schmalste Bauform gewählt wurde. Sämtliche Teilaufgaben, nämlich die Vermeidung der Verschmutzungsgefahr, die Ausbildung einer niederen und die Ausbildung einer schmalen Bauweise seien bereits aus den Entgegenhaltungen D7 und D8 bekannt. Diese Entgegenhaltungen gäben auch Lösungen für diese Aufgaben an.
Überdies ist die Beschwerdeführerin der Ansicht, daß die angegebene Aufgabe der Erfindung durch die Merkmale des Patentanspruches 1 nicht gelöst werden könne. Der Durchmesser eines Zahnriementriebs sei bei gleicher Leistungsübertragung nicht kleiner als der eines Kettentriebes. Ein Kettentrieb sei daher ohne weiteres durch einen Zahnriementrieb austauschbar. Auch die Aufgabe die Verschmutzungsgefahr zu verringern könne die erfinderische Tätigkeit nicht begründen, da diese Aufgabe durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angegebenen Merkmale nicht gelöst werden könne. Die Beschwerdeführerin ist daher der Meinung, daß die Merkmale des kennzeichnenden Teiles des Anspruches 1 eine bloße nicht patentfähige Aggregation darstellten. Die eigentliche Lösung der Aufgabe eine sehr schmale Rollenbahn auszubilden seien durch die Merkmale der Entgegenhaltung D8 gelöst, da dort die Tragrollen außerhalb der Lager angeordnet sind. Alle anderen Ausbildungen führten zu einer breiteren Bauweise.
Auch wenn der aus der Druckschrift D1 bekannte Stand der Technik als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit genommen würde, käme der Fachmann unter Berücksichtigung des aus den Entgegenhaltungen D7 und D8 bekannten Standes der Technik zum Gegenstand des angefochtenen Patents. Die Rollenbahn des Anspruches 1 des angefochtenen Patents unterscheide sich von derjenigen nach der Druckschrift D1 lediglich darin, daß bei der bekannten Rollenbahn keine Abdeckung gezeigt sei und daß die Ritzel an beiden Tragrollen einer Antriebswelle angeordnet seien. Das die Lagerung zwischen den Rahmenschenkeln betreffende Merkmal des Anspruches 1 sei auch bei der Rollenbahn nach der Druckschrift D1 gegeben. Die Anordnung einer Abdeckung sei jedoch im Hinblick auf die aus den Entgegenhaltungen D7 und D8 gezeigten Rollenbahnen mit Abdeckungen für den Fachmann naheliegend. Auch wäre in der Anordnung der Ritzel auf der Seite nur einer Tragrolle nur eine einfache bauliche Maßnahme zu sehen.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen. Sowohl die Anordnung der Ritzel zwischen den Tragrollen, als auch die Ausbildung der Ritzel als Zahnscheiben über welche Zahnriemen verlaufen und die Anordnung der Spurkränze auf den Außenseiten der Tragrollen, tragen dazu bei die Rollenbahn möglichst schmal und nieder auszubilden. Durch die äußere Anordnung der Spurkränze könne die für den Transport der Fahrzeugkarosserien erforderliche Breite zwischen den Transportschlittenkufen voll ausgenutzt werden ohne daß der Förderweg durch Teile gestört sei, die über die Abdeckung herausragten. Auch wenn die geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen als Stand der Technik anerkannt würden, wäre durch die vorgebrachten Entgegenhaltungen D7, D8 und D1 die beanspruchte Rollenbahn nach Anspruch 1 weder vorweggenommen, noch nahegelegt.
VII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende E3) beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die weiteren Verfahrensbeteiligten haben keine Anträge gestellt.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche:
1, eingereicht mit Schreiben vom 9. Dezember 1993;
2, eingereicht mit Schreiben vom 28. August 1991;
Beschreibung:
Seiten 1, 4, 4a, 5, 6, Spalten 4 und 5, überreicht bei der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 1994, Seite 2, eingereicht mit Schreiben vom 12. März 1992, Seite 3, eingereicht mit Schreiben vom 9. Dezember 1993;
Zeichnungen:
Blatt 1 bis 3 der Patentschrift EP-B-255 620.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen der Unterlagen
Die Beschwerdekammer stellt fest, daß die geänderten Beschreibungsteile und Ansprüche dem Artikel 123 (2) und (3) EPÜ entsprechen. Die Zulässigkeit der geänderten Unterlagen ist im Hinblick auf Artikel 123 (2) und (3) EPÜ von den Verfahrensbeteiligten nicht bestritten worden.
3. Neuheit
Bei der Überprüfung der angeführten Entgegenhaltungen kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, daß keine davon eine Rollenbahn zeigt oder beschreibt, die sämtliche Merkmale aufweist, wie sie im vorliegenden Patentanspruch 1 angegeben sind. Die Neuheit wurde von den Verfahrensbeteiligten auch nicht bestritten.
4. Nächster Stand der Technik
4.1. Sowohl die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) als auch die Einspruchsabteilung gehen von der Entgegenhaltung D7 als nächstkommenden Stand der Technik aus. Die Beschwerdeführerin sieht zunächst ebenfalls die geltendgemachte offenkundige Vorbenutzung nach der Zeichnung D7 als nächstkommenden Stand der Technik an, weist jedoch auch auf die Möglichkeit hin, bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von der Druckschrift D1 auszugehen.
4.2. Obwohl grundsätzlich bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von jedem Stand der Technik ausgegangen werden kann, ist als zweckmäßigster Ausgangspunkt derjenige Stand der Technik zu wählen, der die größtmögliche Wahrscheinlichkeit bietet unter Hinzuziehung des weiteren Standes der Technik und des Fachwissens zum Gegenstand des angefochtenen Patents zu kommen.
Nach der Auswahl eines Standes der Technik als Ausgangspunkt muß aber stets die technische Realität dieses Ausgangspunktes bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit beibehalten werden, d. h. daß die Begründung bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dann unlogisch wird, wenn gattungsgemäß vom Ausgangspunkt abgewichen wird.
Damit, ausgehend von diesem gewählten nächstkommenden Stand der Technik, die objektive Aufgabe abgeleitet werden kann, muß er die im Vergleich mit der zu beurteilenden Erfindung wesentlichen Merkmale klar und eindeutig offenbaren (vgl. Entscheidung T 570/91, Abschnitt 4).
4.3. Während bei der Rollenbahn nach der Zeichnung D7 die Antriebswellen klar zwischen den seitlichen Rahmenschenkeln gelagert sind, ist bei der in der Druckschrift D1 offenbarten Förderrollenanordnung die Antriebswelle in Lagern angeordnet, die auf Stützsockeln (9) aufliegen. Bereits in diesem Merkmal, das von der Beschwerdeführerin als mit der Rollenbahn nach der Erfindung übereinstimmend angesehen wird, bestehen zwischen der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin unterschiedliche Auffassungen, wie sich bei der Diskussion während der mündlichen Verhandlung gezeigt hat.
Auch ist aus dem Inhalt der Druckschrift D1 nicht eindeutig zu erkennen, daß die dort angesprochenen Rollenbahnen für Fahrzeugkarosserie-Transportschlitten geeignet sind, da weder eine Rollenbahn gezeigt ist, noch Maße angegeben sind aus welchen sich diese Eignung eindeutig ableiten ließe. Die Druckschrift D1 befaßt sich damit, die Förderrolle gleichzeitig als Antriebsrolle auszubilden und spricht nur in diesem Zusammenhang Rollenbahnen an, wobei Förderstraßen für Stückgut und Schwerlastrollenbahnen in Gießereien erwähnt sind. In dieser Druckschrift D1 ist keine Anregung gegeben eine Abdeckung vorzusehen.
4.4. Die Beschwerdekammer ist daher der Ansicht, daß die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung nach der Entgegenhaltung D7, als Ausgangspunkt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen werden kann, nachdem sie bereits von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) als nächster Stand der Technik anerkannt worden ist und eine Rollenbahn für Transportschlitten mit sämtlichen Merkmalen des Oberbegriffes des Anspruches 1 zeigt.
Die Rollenbahn nach Anspruch 1 unterscheidet sich hiervon durch die Merkmale seines kennzeichnenden Teils.
5. Aufgabe und Lösung
5.1. Verglichen mit der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nach der Zeichnung D7, die der Rollenbahn nach Anspruch 1 am nächsten kommt, kann bei der beanspruchten Rollenbahn sowohl die Baubreite verringert werden als auch die gesamte Breite zwischen den Transportschlittenkufen bis hinab in den Bereich der Abdeckung voll ausgenutzt werden.
5.2. Ausgehend von dieser geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nach der Zeichnung D7, kann die Aufgabe der Erfindung darin gesehen werden, bei einer Rollenbahn mit den im Oberbegriff des Anspruches 1 angegebenen Merkmalen, die bereits eine geringe Bauhöhe ermöglicht und deren Abdeckung die Verschmutzungsgefahr aller Teile der Rollbahn bereits vermindern kann, die Baubreite der Rollenbahn zu reduzieren und eine sichere Förderung der Fahrzeugkarosserien in einer minimalen Höhe über dem Hallenboden zu gewährleisten, d. h. eine kompakte Bauweise anzustreben.
5.3. Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruches 1 gelöst.
Durch die Anordnung der Ritzel zwischen den Tragrollen und die Verwendung eines Riementriebes wird die Baubreite verringert ohne daß die Bauhöhe wesentlich vergrößert werden muß.
Es kann der Beschwerdegegnerin zugestimmt werden, daß Zahnriementriebe einen geringen Ritzeldurchmesser ermöglichen und daß dadurch eine geringe Bauhöhe erreicht werden kann.
Weiterhin ermöglichen die auf den Außenseiten der Tragrollen angeordneten Spurkränze eine vollkommene Ausnutzung des Bereiches zwischen den Transportschlittenkufen, da die aus der Abdeckung herausragenden sich drehenden Spurkränze den Förderweg in diesem Bereich nicht beeinträchtigen. Die Fahrzeugkarosserien können daher in einer minimalen Höhe über dem Hallenboden gefördert werden, ohne daß zwischen den Tragrollen angeordnete Spurkränze mit vorstehenden Karosserieteilen kollidieren.
6. Erfinderische Tätigkeit
6.1. Aus den vorliegenden Entgegenhaltungen ist nicht erkennbar, warum der Fachmann bei der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nach der Zeichnung D7, die als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausgewählt wurde, Zahnscheiben über welche Zahnriemen verlaufen, entsprechend dem gültigen Anspruch 1, zwischen den Tragrollen anordnen würde.
6.2. Die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung nach der Zeichnung D8 zeigt zwar Zahnscheiben für Zahnriemen die zwischen den Tragrollen angeordnet sind, doch ist daraus kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen diese Anordnung auf die Anlage nach der Zeichnung D7 zu übertragen.
Auch läßt die in der Zeichnung D7 konkret gezeigte Welle zwischen den Tragrollen infolge ihres großen Durchmessers und den geringen Abstand von der gezeigten Abdeckung, eine derartige Anordnung von Zahnscheiben nicht ohne weiteres zu. Die Anlage nach der Zeichnung D7 zeigt eine spezifisch gestaltete und dimensionierte Antriebswelle samt Tragrollen, Spurkränzen und Antriebsritzeln. Eine solche spezifisch dimensionierte Anlage läßt sich nicht ohne Grund abändern und dies um so mehr, als es aus der Zeichnung D7 nicht ersichtlich ist, warum bestimmte Abmessungen vorliegen, z. B. ob eine bestimmte Abmessung überdimensioniert ist oder nicht. Eine Abänderung einer vielleicht wichtigen Abmessung kann nicht als naheliegend angesehen werden. Weil die Zeichnung D7 einen Fachmann nichts anderes vermittelt, als das was sie zeigt, muß eine Verringerung des Antriebswellen-Durchmessers, um die Anordnung eines Ritzels zwischen den Tragrollen zu ermöglichen, als Folge einer rückschauenden Betrachtung angesehen werden.
Weiterhin spricht die Anordnung der Ritzel unmittelbar neben den gezeigten Lagern, die sowohl bei der Rollenbahn nach der Zeichnung D7 als auch bei der Rollenbahn nach der Zeichnung D8 gegeben ist, nicht dafür hiervon abzuweichen und die Ritzel so anzuordnen, daß zwischen den Ritzeln und den Lagern eine Tragrolle liegt.
Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft angeben, warum der Fachmann nur einzelne Teile aus der Rollenvorrichtung nach der Zeichnung D8 auswählen und sie auf die Rollenbahn nach der Zeichnung D7 übertragen würde, um zur Rollenbahn nach dem angefochtenen Patent zu kommen. Im Gegenteil, die Beschwerdeführerin kam sogar zu der Ansicht, daß der Fachmann, der beabsichtigt eine möglichst schmale Rollenbahn zu bauen, in Anlehnung an die aus der Zeichnung D8 zu erkennenden Lehre, die Tragrollen außerhalb der Lager anordnen würde. Bei der Rollenbahn nach dem angefochtenen Patent liegen die Tragrollen jedoch zwischen den Lagern und zwar im Bereich der Abdeckung.
6.3. Auch die Druckschrift D1 kann keine Anregung geben, die zur Rollenbahn nach dem Anspruch 1 führen könnte. Zwar ist es aus der Druckschrift D1 bekannt, daß ein Ritzel auf der Innenseite einer Tragrolle, d. h. auf der vom Lager entfernten Seite, angeordnet werden kann, doch würde bei der Anordnung einer gleichartigen Tragrolle an beiden Wellenenden, wie dies in dieser Druckschrift D1 vorgeschlagen ist (vgl. Seite 3, dritter Absatz), die Ritzel nicht entsprechend dem Anspruch 1 des angefochtenen Patents benachbart zu einer der Tragrollen liegen, sondern jede Tragrolle würde benachbart ein Ritzel aufweisen.
Die Druckschrift D1 zeigt überdies keine Abdeckung.
Weiterhin sind die Antriebswellen dort in Lagern gelagert, die auf seitlichen Rahmenschenkeln aufgesetzt sind und nicht zwischen den Rahmenschenkeln wie beim Anmeldungsgegenstand und wie dies auch aus der Zeichnung D7 hervorgeht.
Wenn der Fachmann die aus der Druckschrift D1 bekannten Merkmale auf die Rollenvorrichtung nach der Zeichnung D7 übertragen würde, so wäre es für ihn naheliegend von den zwei in der Druckschrift D1 gezeigten Möglichkeiten der Anordnung der Ritzel diejenige zu wählen, die der Ritzelanordnung nach der Zeichnung D7 am nächsten kommt, nämlich die Ritzelanordnung zwischen der Tragrolle und dem Lager.
Gegen eine Ritzelanordnung auf der vom Lager entfernten Seite der Tragrolle spricht bei der Rollenbahn nach der Zeichnung D7 darüber hinaus wiederum der geringe Abstand zwischen der Abdeckung und dem mittleren Wellenteil.
6.4. Selbst wenn die Druckschrift D1 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit genommen wird, kann der Fachmann nicht ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruches 1 gelangen. Der aus der Druckschrift D1 zu erkennende Grundgedanke liegt darin, die Förderrolle und die Antriebsrolle gleichzeitig auszubilden. Um zum Gegenstand des Anspruches 1 zu gelangen, nach dem die Ritzel einer der Tragrollen benachbart angeordnet sind, müßte der Fachmann von dem Grundgedanken der Druckschrift D1 abweichen. Dies kann jedoch nicht als naheliegend angesehen werden.
6.5. Auch bei der Anerkennung der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen nach den Zeichnungen D7 und D8 als Stand der Technik nach Artikel 54 (2) EPÜ kann der gesamte verfügbare Stand der Technik weder einzeln noch in Kombination die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 nahelegen, so daß dieser Patentanspruch nach Artikel 56 EPÜ gewährbar ist.
7. Angesichts der in den Abschnitten 2 bis 6 genannten Gründe kann das Patent mit den geänderten Patentansprüchen und der geänderten Beschreibung gemäß dem Antrag der Beschwerdegegnerin aufrechterhalten werden.
8. Da es sich bei den während des Beschwerdeverfahrens vorgenommenen Änderungen in der Patentschrift nur um Änderungen handelt, deren Bedeutung von den sachkundigen Vertretern der Parteien während der mündlichen Verhandlung überblickt werden konnten und die Vertreter in der mündlichen Verhandlung auch nicht zu erkennen gegeben haben, daß sie zur Prüfung eine längere Bedenkzeit benötigten, erübrigt sich die Zustellung einer Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ (vgl. Entscheidung T 219/83, ABl. EPA 1986, 211).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit den im Abschnitt VII genannten Unterlagen aufrechtzuerhalten.