T 0766/89 () of 12.3.1993

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1993:T076689.19930312
Datum der Entscheidung: 12 März 1993
Aktenzeichen: T 0766/89
Anmeldenummer: 82105631.4
IPC-Klasse: B65B 41/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verpackungs-Vorrichtung zum Herstellen von Zuschnitten und Zuführen derselben zu einer Verpackungsstation
Name des Anmelders: FOCKE & CO.
Name des Einsprechenden: Körber AG
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Inventive step (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0219/83
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0885/97

Sachverhalt und Anträge

I. Auf den Gegenstand der am 25. Juni 1982 angemeldeten europäischen Patentanmeldung Nr. 82 105 631.4 wurde das sechzehn Ansprüche umfassende europäische Patent Nr. 71 736 erteilt.

II. Gegen das erteilte Patent wurde ein Einspruch eingelegt mit dem Antrag, das Patent zu widerrufen. Der Einspruch stützte sich auf Artikel 100 (a) EPÜ.

III. Mit der am 16. Oktober 1989 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde das Patent in geändertem Umfang aufrechterhalten.

IV. Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Einsprechende (Beschwerdeführerin I) als auch die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin II) Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdeführerin I bzw. II hat am 9. bzw. 16. Dezember 1989 unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr die Beschwerde eingelegt und diese am 15. bzw. 14. Februar 1990 begründet.

V. Nach einer Mitteilung der Beschwerdekammer hat die Beschwerdeführerin II mit Schreiben vom 23. Februar 1993 neue Unterlagen eingereicht, die sich auf einen neun Ansprüche umfassenden Hauptantrag und auf einen sieben Ansprüche umfassenden Hilfsantrag beziehen.

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 6 gemäß dem Hauptantrag lauten wie folgt:

"1. Verpackungs-Vorrichtung zum Herstellen von Zuschnitten (11) durch Abtrennen von einer Materialbahn (14) und Zuführung derselben zu einer Verpackungsstation durch einen Zuschnittförderer (26), der aus umlaufenden, seitlichen, aufrechten Lochbändern (27, 28) mit einem durch rückseitig angeordnete Saugkammern (32, 33) unter Unterdruck stehenden Fördertrum (31) zum geradlinigen Transport der Zuschnitte (11) besteht, und dem eine Saugtrommel (17) vorgeordnet ist, in deren Bereich die Zuschnitte (11) von der Materialbahn (14) abtrennbar sind,

gekennzeichnet durch

folgende Merkmale:

a) die Zuschnitte (11) sind durch die Saugtrommel (17) den Lochbändern (27, 28) des Zuschnittförderers (26) unmittelbar zuführbar,

b) die Saugtrommel (17) liegt im Bereich einer (oberen) Umlenkwalze (29) für die Lochbänder (27, 28) an diesen an, derart, daß die Zuschnitte (11) in einem mit Saugluft beaufschlagbaren Umfangsbereich der Umlenkwalze (29) den Lochbändern (27, 28) zuführbar sind,

c) die Umlenkwalze (29) für die Lochbänder (27, 28) ist über radiale Saugbohrungen (46) mit Saugluft wenigstens in einem dem Transport des Zuschnitts (11) dienenden Umfangsbereich beaufschlagt,

d) die Saugbohrungen (46) sind über eine vorzugsweise axial verlaufende Zentralbohrung (49) in der Umlenkwalze (29) mit Saugluft beaufschlagt."

"6. Verpackungs-Vorrichtung zum Herstellen von Zuschnitten (11) durch Abtrennen von einer Materialbahn (14) und Zuführung derselben zu einer Verpackungsstation durch einen Zuschnittförderer (26), der aus umlaufenden, seitlichen, aufrechten Lochbändern (27, 28) mit einem durch rückseitig angeordnete Saugkammern (32, 33) unter Unterdruck stehenden Fördertrum (31) zum geradlinigen Transport der Zuschnitte (11) besteht, und dem eine Saugtrommel (17) vorgeordnet ist, in deren Bereich die Zuschnitte (11) von der Materialbahn (14) abtrennbar sind,

gekennzeichnet durch

folgende Merkmale:

a) die Zuschnitte (11) sind durch die Saugtrommel (17) den Lochbändern (27, 28) des Zuschnittförderers (26) unmittelbar zuführbar,

b) die Saugtrommel (17) liegt im Bereich einer (oberen) Umlenkwalze (29) für die Lochbänder (27, 28) an diesen an, derart, daß die Zuschnitte (11) in einem mit Saugluft beaufschlagbaren Umfangsbereich der Umlenkwalze (29) den Lochbändern (27, 28) zuführbar sind,

c) im Bereich der oberen Umlenkwalze (29) sind zwei feststehende, sich in Umfangsrichtung der Umlenkwalze (29) erstreckende Saugsegmente (54, 55) vorgesehen, die auf der radial nach außen weisenden Seite ganz oder teilweise offen sind,

d) ein dem Transport des Zuschnitts (11) dienender Umfangsbereich der Umlenkwalze (29) ist durch die Saugsegmente (54, 55) mit Saugluft beaufschlagt, e) die Saugsegmente (54, 55) erstrecken sich in einer in Umfangsrichtung der Umlenkwalze (29) verlaufenden Umfangsnut (56, 57) und schließen mit der Umfangsfläche der Umlenkwalze (29) im wesentlichen bündig ab,

f) die Saugsegmente (54, 55) sind mit den zugeordneten Saugkammern (32, 33) bzw. mit einem gemeinsamen Saugkasten (34) verbunden bzw. Teil derselben, nämlich Fortsetzungen."

VI. Während des Beschwerdeverfahrens sind u. a. die folgenden Druckschriften erwähnt worden:

D1: DE-B-1 169 361

D4: DE-A-1 586 120

D5: DE-C-1 303 470

D7: GB-A-967 491

D9: FR-A-2 204 537.

VII. Am 12. März 1993 wurde mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin I hat im wesentlichen vorgetragen, daß ausgehend von dem aus der Druckschrift D4 bekannten Stand der Technik, der dem Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag am nächsten komme, der Erfindung die technische Aufgabe zugrunde liege, die Halterung der abgetrennten Zuschnitte während der Förderung, insbesondere bei der Übergabe der Zuschnitte von der Saugtrommel zum Zuschnittförderer, zu verbessern. Zur Lösung dieser Aufgabe sei die Druckschrift D1 heranzuziehen, die sich mit einer ähnlichen Aufgabe befaßt. Durch die Verknüpfung der den Druckschriften D4 und D1 zu entnehmenden Lehren und durch Heranziehung der Fähigkeiten und Kenntnissen des Fachmannes, wie sie sich insbesondere aus der Druckschrift D9 ergeben, werde der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag nahegelegt.

Die Beschwerdeführerin II hat den Ausführungen der Beschwerdeführerin I widersprochen und darauf hingewiesen, daß das angefochtene Patent sich auf eine Vorrichtung beziehe, bei welcher der aus Saugbändern bestehende Zuschnittförderer einen saugenden Abschnitt nicht nur zwischen den Umlenksorganen, sondern auch im Bereich eines (oberen) Umlenkorgans aufweise und bei welcher dieses als Umlenkwalze ausgebildete Umlenkorgan als Zwischenförderer fungiere. Die Lehre, die Zuschnitte in einem saugenden Umfangsbereich der Umlenkwalze zuzuführen, welche nicht nur die Umlenkung der Saugbänder bewirke, sondern auch zum gesicherten Transport der Zuschnitte mitwirke, sei der Druckschrift D1 nicht zu entnehmen. Diese Druckschrift offenbare die Verwendung von Förderscheiben als Zuschnittförderer. Die Druckschrift D4 zeige einen Zuschnittförderer, der Umlenkscheiben als Umlenkorgane für die Saugbänder aufweist. Bei der Verwendung von parallel angeordneten Scheiben zur Förderung von dünnen Zuschnitten werde eine ballige Ausformung der Zuschnitte durch die Zentrifugalkräfte hervorgerufen. Die Umlenkwalze, auf welche der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 6 gemäß dem Hauptantrag sich bezieht, biete die Möglichkeit, die ballige Ausformung der Zuschnitte zu vermeiden.

VIII. Die Beschwerdeführerin I hat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents beantragt.

Die Beschwerdeführerin II hat die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patentes mit den dem Hauptantrag - hilfsweise mit den dem Hilfsantrag - entsprechenden Unterlagen, beantragt.

Die folgenden Unterlagen liegen dem Hauptantrag zugrunde:

Patentansprüche: 1 bis 9, eingereicht mit Schreiben vom 23. Februar 1993 (gekennzeichnet als Hauptantrag);

Beschreibung: Seiten 1 bis 4, eingereicht mit Schreiben vom 23. Februar 1993 (gekennzeichnet als Hauptantrag); Seiten 4 bis 7, eingereicht mit Schreiben vom 7. September 1988

Zeichnungen: Figuren 1 bis 8, eingereicht mit Schreiben vom 7. September 1988.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerden beider Beschwerdeführerinnen entsprechen den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ; sie sind daher zulässig.

Die Beschwerdeführerin II wurde durch die angefochtene Entscheidung insofern beschwert, als ihr Hauptantrag zurückgewiesen wurde.

2. Zulässigkeit der Änderungen (Hauptantrag)

2.1. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 6

2.1.1. Der Anspruch 1, der sich auf das Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 1 bis 5 bezieht, sowie der Anspruch 6, der sich auf das Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 6 bis 8 bezieht, wurden in bezug auf den erteilten Anspruch im wesentlichen durch Hinzufügen von Merkmalen geändert.

Dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 wurden die Merkmale (b), (c) und (d) hinzugefügt. Diese Merkmale sind in den ursprünglichen Ansprüchen 2, 5, 7 und 8 offenbart.

Dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 6 wurden die Merkmale (b), (c), (d), (e) und (f) hinzugefügt. Diese Merkmale sind in den ursprünglichen Ansprüchen 2, 5, 7 und 12 bis 14 offenbart.

Dem ersten Teil des Anspruchs 1 bzw. 6 wurde nicht nur das Merkmal "aufrechte Lochbändern", sondern auch das die Funktion des Fördertrums des Zuschnittförderers beschreibende Merkmal hinzugefügt: "...zum geradlinigen Transport der Zuschnitte". Diese Merkmale sind in der ursprünglichen Beschreibung (Seite 5, Zeilen 9 bis 19 und 28, 29; und Seite 7, Zeilen 30 bis 35) offenbart.

2.1.2. Die Formulierung des Merkmals (a) im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 bzw. 6 wurde dadurch geändert, daß der im erteilten Anspruch 1 enthaltene Ausdruck "unter Anlage an die Lochbänder" weggelassen wurde.

Der geänderte Anspruch 1 bzw. 6 enthält aber im Merkmal (b) die Angabe, daß die Saugtrommel an den Lochbändern anliegt. Diese Angabe - in Verbindung mit dem Merkmal (a) - impliziert das Merkmal, nach welchem "die Zuschnitte unter Anlage an die Lochbänder an diesen zuführbar sind".

Eine solche Änderungen bewirkt daher keine Erweiterung des Schutzbereiches.

2.2. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 und 7 bis 9 entsprechen im wesentlichen den Ansprüchen 4, 9 bis 11, 13, 15 und 16 des erteilten Patents.

2.3. Die Änderungen der Beschreibung betreffen ihre Anpassung an die geänderten Ansprüchen sowie die Würdigung des Standes der Technik (Druckschriften D4, D7 und D9).

2.4. Deshalb erfüllen nach Auffassung der Kammer die Änderungen die Bedingungen des Artikel 123 EPÜ.

Im übrigen wurde die formelle Zulässigkeit dieser Änderungen vom Beschwerdeführerin I nicht mehr beanstandet.

3. Neuheit (Hauptantrag)

Die Prüfung des vorliegenden Standes der Technik hat ergeben, daß die Verpackungsvorrichtung nach Anspruch 1 bzw. 6 neu ist im Sinne des Artikels 54 EPÜ.

Die Beschwerdeführerin I hat während der mündlichen Verhandlung die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gegenüber der Druckschrift D1 insofern beanstandet, als sie die in dieser Druckschrift offenbarten Saugförderscheiben und die allgemein bekannte Saugförderbänder als Äquivalente betrachtet hat.

Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen, denn es ist nicht zulässig, die Lehre einer Druckschrift derart auszulegen, daß sie äquivalente Merkmale einschließen würde, die in der Druckschrift weder explizit noch implizit offenbart sind.

4. Der nächstkommende Stand der Technik

Beide Parteien und die Kammer sehen als nächstkommenden Stand der Technik denjenigen an, der sich aus der Druckschrift D4 ergibt.

Diese Druckschrift bezieht sich auf eine Vorrichtung, die einen die Zuschnitte zu der Verpackungsstation zuführenden Zuschnittförderer aufweist, der die Zuschnitte geradlinig transportiert.

5. Aufgabe und Lösung (Hauptantrag)

5.1. Die Druckschrift D4 entspricht dem Oberbegriff des Anspruchs 1 bzw. 6.

Die Saugförderbänder (23 bzw. 106) des Zuschnittförderers weisen als Umlenkorgan Förderscheiben (24, 25 bzw. 107, 108) auf.

Im Bereich der Übergabe der Zuschnitte von der Saugfördertrommel zu den Saugförderbändern des Zuschnittförderers ist eine Übergabebrücke angeordnet, durch welche die Zuschnitte im Bereich des ebenen, dem geradlinigen Transport der Zuschnitte dienenden, Fördertrums der Saugbänder diesen zugeführt werden.

Bei dieser bekannten Vorrichtung werden außerhalb dieses Übergabe-Bereichs sowohl die Materialbahn als auch die Zuschnitte während der Förderung durch Saugwirkung fixiert. Nachteilig bei diesem Stand der Technik ist, daß die Saugfixierung der Zuschnitte im Bereich der Übergabe von der Saugfördertrommel zu den Saugförderbändern des Zuschnittförderers unterbrochen ist, so daß die Gefahr einer ungeordneten Förderung besteht.

5.2. Die zu lösende Aufgabe kann somit darin gesehen werden, Maßnahmen vorzuschlagen, die die der Vorrichtung nach dem nächstkommenden Stand der Technik zugeschriebenen Nachteile beseitigen, d. h. Maßnahmen, welche die Fixierung der abgetrennten Zuschnitte während deren Förderung von der Saugtrommel bis zur Verpackungsstation verbessern und einen einfachen, funktionssicheren Aufbau gewährleisten.

5.3. Die Kammer ist davon überzeugt, daß diese Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 1 bzw. 6 gelöst wird, insbesondere durch die im kennzeichnenden Teil der Ansprüche enthaltenden Merkmale ((a) bis (d) bzw. (a) bis (f)), wodurch eine ununterbrochene Fixierung der Zuschnitte während der Förderung erreicht wird. In der Tat dienen jetzt die mit Saugluft beaufschlagbaren Umfangbereiche der Umlenkwalze dem gesicherten Transport der Zuschnitte.

6. Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag)

6.1. Die Druckschrift D1, die zum technischen Gebiet der Verpackung sowie des Transportes von aus einer Materialbahn abgetrennten Zuschnitten gehört, befaßt sich mit der Aufgabe, Zuschnitte für die Verpackung von Zigarettenpäckchen störungsfrei mit hoher Leistung zu fördern (siehe hierzu Spalte 1, Zeile 34 bis Spalte 2, Zeile 31). Die Druckschrift D1 weist auf die ununterbrochene Fixierung der Zuschnitte während der Förderung hin: "Das Hüllmaterial wird bereits beim Zuführen bis zur Verpackungsbahn an seinen Enden festgehalten" (Anspruch 3), so daß beim Zuführen der Zuschnitte keinerlei freie oder unkontrollierte Bewegungen möglich sind (Spalte 5, Zeilen 45 bis 50).

Die dort offenbarte Verpackungs-Vorrichtung weist einen Zuschnittförderer auf, der aus zwei parallel angeordneten Saugscheiben (4, 5) besteht, die über radiale Saugbohrungen mit Saugluft beaufschlagt werden. Diesem Zuschnittförderer ist eine Saugtrommel (9) vorgeordnet, die an den Saugscheiben anliegt und durch welche die Zuschnitte den Saugscheiben unmittelbar und in einem mit Saugluft beaufschlagbaren Umfangsbereich zuführbar sind (siehe insbesondere Figuren 1 und 2).

Der sich mit der Lösung der obengenannten Aufgabe (Abschnitt 5.2) befassende Fachmann könnte durch die in der Druckschrift D1 hervorgehobenen Vorteile angeregt werden, die in der Druckschrift D1 vorgeschlagene Lösung auch in der Vorrichtung gemäß der Druckschrift D4 anzuwenden, und damit versuchen die eigene Aufgabe zu lösen.

Ohne weiteres vermittelt die Druckschrift D1 die spezifische Lehre, wie die Zuschnitte durch die Saugtrommel den Saugscheiben unmittelbar zugeführt werden. Da diese Druckschrift auch auf "endlose Saugförderer" als Zuschnittförderer hinweist (siehe Spalte 3, Zeile 60 und ff. und Anspruch 10), vermittelt sie auch die verallgemeinerte Lehre, die Zuschnitte durch die Saugtrommel einem anderen (d. h. unterschiedlich von Saugscheiben), endlosen Saugförderer unmittelbar zuzuführen. Eine solche naheliegende Alternative könnte ein endloses Saugförderband sein.

Die Saugscheiben der Vorrichtung nach der Druckschrift D1 fungieren als Förder- und Fixierorgan für die Zuschnitte. Diese Saugscheiben sind mit den, dieselbe Funktion ausübenden, Saugförderbändern der Vorrichtung nach der Druckschrift D4 zu vergleichen, wobei nur die Saugbänder eine Saug-Funktion haben. Die Lehre aber, Umlenkorgane für Saugförderbänder auch als Saugscheiben zu benutzen, kann aber dem gesamten Inhalt der Druckschrift D1 nicht entnommen werden.

Wenn der Fachmann die durch die Druckschriften D1 und D4 vermittelten Lehren verknüpfen würde, so wie es die Beschwerdeführerin I vorschlägt, könnte er wahrscheinlich ohne erfinderische Leistung zu einer Vorrichtung gelangen, bei welcher die Saugtrommel im Bereich des ebenen Fördertrums der Saugförderbänder anliegt, so daß eine kontrollierte Bewegung der abgetrennten Zuschnitte, durch das ständige Festhalten der Längskanten, gewährleistet wird. Eine solche Vorrichtung entspricht aber nicht dem Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 6.

Damit der Fachmann zu einer Vorrichtung nach Anspruch 1 bzw. 6 gelangt, d. h. zu einer Vorrichtung, bei welcher die Saugtrommel im Bereich des Umlenkorgans für die Saugförderbänder an diesen anliegt, derart, daß die Zuschnitte in einem Umfangsbereich dieses Umlenkorganes zugeführt werden, der mit Saugluft beaufschlagbar ist und der dem Transport der Zuschnitte dient, braucht er noch eine zusätzliche Lehre, die darin besteht, daß das Umlenkorgan für die Saugförderbänder als zusätzliches Förder- und Saugorgan ausgebildet sein sollte und daß die Zuschnitte in diesem Umlenkbereich der Saugförderbänder diesen zuführbar sind. Diese zusätzliche Lehre kann der Fachmann weder der Druckschrift D1 noch der Druckschrift D4 entnehmen.

6.1.1. Eine solche Lehre kann nicht einmal der Druckschrift D7 entnommen werden. Die in den Figuren 1, 8 und 9 der Druckschrift D7 dargestellte, ein Saugförderband enthaltende Fördervorrichtung weist zwar eine Umlenkwalze auf, die nicht nur radiale Bohrungen (154, 140) hat, sondern auch Umfangsnuten (136). Der Inhalt dieser Druckschrift steht aber in keiner Beziehung zu der Aufgabe, Zuschnitte von einer Fördertrommel zu einem Bandförderer zu übergeben, so daß der sich mit der Lösung der obengenannten Aufgabe befassende Fachmann nicht angeregt wird, diese Druckschrift zu berücksichtigen.

6.1.2. Es ist außerdem zu bemerken, daß der Zuschnittförderer nach dem Anspruch 1 bzw. 6 eine Umlenkwalze aufweist, die mit der gesamten Fläche der an den Enden festgehaltenen Zuschnitte in Kontakt sein kann. Die Anordnung einer Umlenkwalze könnte somit die Möglichkeit eines zusätzlichen Vorteils darstellen, nämlich die Vermeidung der balligen Ausformung der Zuschnitte (vgl. Abschnitt VII.).

Sowohl die Druckschrift D1 als auch die Druckschrift D4 offenbaren nur die Anordnung von Förderscheiben als Förder- bzw. Umlenkorgan. Die Anordnung einer Walze als Umlenk- bzw. Förderorgan kann keiner dieser Druckschriften entnommen werden. Bei der Vorrichtung nach der Druckschrift D1 wäre die Anordnung einer Förderwalze anstatt der Förderscheiben sowieso unmöglich, weil die Verpackungsstation im Raum zwischen den Förderscheiben angeordnet ist.

6.1.3. Deshalb ist die Kammer nicht in der Lage, der Argumentation der Beschwerdeführerin I zu folgen, nach welcher es dem Fachmann keinerlei Schwierigkeiten bereitet haben dürfte, die Zuschnitte über die oberen Förderscheiben (Umlenkscheiben) (24, 107) der Vorrichtung gemäß der Druckschrift D4 zu legen, so wie es in der Figur 1 der Druckschrift D1 gezeigt wird.

Ein solches Vorgehen, ohne Basis in den vorliegenden Druckschriften, kann aus den oben genannten Gründen nur als Folge einer ex post facto-Analyse der Druckschrift D1 betrachtet werden. Darüber hinaus geht es nicht darum, ob ein Fachmann etwas hätte tun können, sondern darum, ob er dies auch getan hätte, in Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils. Solches ist aber aus der vorliegenden Druckschrift nicht ersichtlich, so daß ein Fachmann durch diese Druckschriften nicht zur beanspruchten Lösung hingeführt wird.

6.2. Die Druckschrift D9 beschreibt die Anordnung eines mit Saugbändern versehenen Blattförderers, bei welchem ein Greiferzylinder, der die Einzelblätter mechanisch erfaßt, diese Blätter im Bereich der Umlenkwalze des Blattförderers an die Saugbänder anlegt, derart, daß die Blätter an die Saugbänder unmittelbar überführt werden, und bei welchem der mit Saugluft beaufschlagte Umfangsbereich der Umlenkwalze dem Transport der Blätter dient (siehe insbesondere Figuren 1 und 2). Bei dieser Vorrichtung wird nur die vordere Kante jedes Blattes auf dem Greiferzylinder mechanisch fixiert, so daß die seitlichen Enden jedes Blattes auch während der Übergabe an die Saugbänder nicht fixiert sind. Diese Druckschrift hat somit keine Beziehung zu der dem Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 6 zugrunde liegenden Idee, nämlich, die ununterbrochene Fixierung der Zuschnitte während der Förderung.

Ein Fachmann, der gerade versucht, die Zuschnitt-Fixierung zu verbessern, würde deshalb nicht durch diese Druckschrift angeregt werden, in ihr ein Verbesserungs- oder Lösungsvorschlag zu suchen.

6.3. Die Lehre, daß eine Zufuhrtrommel die Zuschnitte an die Saugscheiben anlegt, derart, daß die Zuschnitte unmittelbar den Saugscheiben übergeben werden, ist nicht nur der Druckschrift D1 sondern auch der Druckschrift D5 (siehe insbesondere Figur 3) zu entnehmen.

Diese letztgenannte Druckschrift offenbart auch eine Vorrichtung mit einem aus Saugförderbändern (Luftgurten 8) bestehenden Zuschnittförderer (siehe insbesondere Figur 1). Bei dieser zweiten Vorrichtung ist aber eine Zufuhrtrommel der Zuschnitte im Sinne des angefochtenen Patents nicht vorhanden.

Es ist für die Kammer auch wesentlich, daß in dieser Druckschrift, die eine andere Aufgabe zu bewältigen hat, Ausführungsbeispiele gezeigt werden, und zwar einerseits eine unmittelbare Zuschnitts-Übertragung bei der Verwendung von Saugscheiben (Figur 3 : 108), und andererseits die einfache Verwendung von Luftgurten (ohne unmittelbare Zuschnitts-Übertragung (Figur 1 und 2 : 8), die es nicht erlauben, die Lehre einer Übergabe zwischen Fördertrommel und Umlenkwalze eines aus Lochbändern bestehende Zuschnittsförderers im Sinne des angefochtenen Patents, d. h. - eine Verwendung dieser Umlenkwalze als Saugwalze, abzuleiten.

6.4. Die in der Beschreibung des erteilten Patents zitierte Druckschriften DE-A-2 530 992 und DE-A-2 949 685 sowie die den nächstliegenden Stand der Technik darstellende Druckschrift D4 offenbaren je eine Vorrichtung, bei welcher die Zufuhrtrommel die Zuschnitte nicht an die Saugförderbänder anlegt, so daß ein Fachmann auch hier keinen Hinweis bekommen kann, die beanspruchten Lösungen zu verwenden.

6.5. Das Auffinden des Gegenstands des Anspruchs 1 bzw. 6, der die Lehre enthält, wie die Saugtrommel an den Saugförderbändern anliegt, derart, daß die Zuschnitte unmittelbar den Saug-Umlenkwalzen übergeben werden können, erfordert somit die Abkehr von einem mehrmals bisher verfolgten Lösungsweg. Auch dies stellt ein positives Anzeichen für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit dar.

6.6. Die Kammer ist daher zu dem Ergebnis gekommen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 6 gemäß dem Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.

7. Das Patent kann deshalb gemäß Hauptantrag aufrechterhalten werden.

8. Die Prüfung des Hilfsantrags der Beschwerdeführerin II erübrigt sich daher.

9. Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung abschließend sachlich zu den Änderungen des Patents äußern können. Daher ist die Kammer der Auffassung, daß eine Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ nicht erforderlich ist (vgl. Entscheidung T 219/83, ABl. EPA 1986, 211).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten.

Ansprüche: 1 bis 9, eingereicht mit Schreiben vom 23. Februar 1993 (Hauptantrag);

Beschreibung: Seiten 1 bis 4, eingereicht mit Schreiben vom 23. Februar 1993 (Hauptantrag); Seiten 4 bis 7, eingereicht mit Schreiben vom 7. September 1988;

Figuren: 1 bis 8, eingereicht mit Schreiben vom 7. September 1988.

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