European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1990:T023788.19901108 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 November 1990 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0237/88 | ||||||||
Anmeldenummer: | 82810424.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | C09K 15/30 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Synergistisches Gemisch von niedermolekularen und hochmolekularen Polyalkylpiperidinen | ||||||||
Name des Anmelders: | Ciba-Geigy AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Hoechst AG | ||||||||
Kammer: | 3.3.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | synergetic mixture / CIBA-GEIGY inventive step (yes) erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA vom 14. April 1988, mit der ein Einspruch gegen das europäische Patent 80 341 zurückgewiesen worden ist, das auf die am 12. Oktober 1982 unter Beanspruchung der Priorität einer Voranmeldung in der Schweiz vom 16. Oktober 1981 eingereichte europäische Patentanmeldung 82 810 424.0 am 24. September 1986 aufgrund von 8 Patentansprüchen erteilt worden war.
II. Der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende unabhängige Anspruch 1 betrifft ein Stabilisatorsystem, enthaltend A) ein niedermolekulares sterisch gehindertes Polyalkylpiperidin, ausgewählt aus einer Gruppe von 12 durch ihre Strukturformeln definierten Verbindungen und B) ein hochmolekulares sterisch gehindertes Polyalkylpiperidin ausgewählt aus einer Gruppe von 10 formelmäßig definierten Verbindungen. Der unabhängige Anspruch 7 betrifft ein organisches polymeres Material, das ein solches Stabilisatorgemisch enthält.
In der angefochtenen Entscheidung wird unter anderem auf die folgenden, von der Einsprechenden genannten Druckschriften Bezug genommen:
(2) EP-A-13 665
(3) DE-A-2 944 729
(4) EP-A-17 617
(5) Linhart et al., Optimum Light Stabilisation of Polyolefins., Vortrag auf dem Residential Technical Seminar 1980 des Plastics Institute of Australia
(6) Aktuelle Tendenzen bei der Stabilisierung von Polyolefinen, F.K. Meyer et al., (Veröffentlichung von der 24. Internat. Chemiefasertagung vom 25.-27.09.85 in Dornbirn) und ausgeführt, daß keine dieser Druckschriften Mischungen von Verbindungen der Gruppen A und B gemäß Streitpatent offenbare oder nahelege. Druckschrift (5) betreffe eine Gegenüberstellung der Wirkung verschiedener Lichtstabilisatoren und den Einfluß hochmolekularer Polyalkylpiperidine (in der Literatur meist als HALS = Hindered Amine Light Stabilisers bezeichnet) auf die Lichtstabilität von Kunststoffen. Soweit die bekannten und auch im Streitpatent in Betracht gezogenen HALS bereits als Bestandteile synergistischer Mischungen verwendet worden seien, habe es sich bei den weiteren Komponenten dieser Mischungen jeweils um Lichtschutzmittel einer stark unterschiedlichen Struktur und Wirkungsweise gehandelt. Der im Erteilungsverfahren des Streitpatents glaubhaft gemachte synergistische Effekt von Stabilisatorgemischen, die lediglich HALS unterschiedlichen Molekulargewichts enthalten, sei daher nicht zu erwarten gewesen. Zwar habe die Einsprechende das Vorhandensein dieses synergistischen Effekts bestritten; dieser Vortrag sei jedoch nicht auf Experimente, sondern lediglich auf nicht ohne weiteres nachvollziehbare theoretische Betrachtungen gestützt worden. Das nachveröffentlichte Dokument (6) könne hierbei nicht berücksichtigt werden.
III. Die Beschwerde wurde am 4. Juni 1988 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr eingelegt. Am 2. August 1988 ist eine Beschwerdebegründung eingegangen. Am 8. November 1990 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden.
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat im wesentlichen vorgetragen, daß die Druckschriften (2) und (3) bereits gelehrt hätten, die darin beschriebenen HALS zusammen mit sterisch gehinderten Aminen zu verwenden. Aus Druckschrift (4) sei bekannt gewesen, daß die darin beschriebenen niedermolekularen HALS synergistische Effekte zeigten, wenn sie im Gemisch mit anderen Lichtschutzmitteln verwendet würden. Unter letzteren Begriff fielen auch die bekannten HALS der Formeln B-1 bis B-10 gemäß Streitpatent. Die Auswahl bestimmter Stoffe aus den Klassen der niedermolekularen und hochmolekularen HALS mit dem Ziel der Herstellung synergistischer Mischungen beruhe demgegenüber nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Bei der Untersuchung der Frage, ob der geltend gemachte synergistische Effekt überhaupt eintrete, habe die Einspruchsabteilung die nachveröffentlichte Druckschrift (6) zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Sie habe in dieser Hinsicht denselben Beweiswert wie jeder andere nachträglich durchgeführte Versuch. Angesichts des aus den Druckschriften (5) und (6) entnehmbaren Sachverhalts sei für die untersuchten HALS die Beziehung zwischen Konzentration und Wirkung nicht linear. Die Berechnung des synergistischen Effekts im Erteilungsverfahren sei daher von falschen Voraussetzungen ausgegangen und halte einer Überprüfung nicht stand. Bei dem Versuch, die Angaben des Streitpatents zu Vergleichszwecken nachzuarbeiten, habe sich im übrigen herausgestellt, daß die Prüfbedingungen in der Streitpatentschrift nicht reproduzierbar angegeben worden seien. Die Vergleichsversuche, aufgrund deren der synergistische Effekt geltend gemacht worden sei, seien daher auch nicht nacharbeitbar.
Schließlich wurde die Vorlage eigener Versuchsergebnisse angekündet.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) ist diesen Ausführungen entgegengetreten. Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, daß in den Druckschriften (2) und (3) lediglich erwähnt werde, die dort genannten HALS könnten zusammen mit üblichen Additiven eingesetzt werden, unter denen auch die Verbindungsklasse der sterisch gehinderten Amine bzw. Piperidinverbindungen neben einer Vielzahl anderer Stoffklassen aufgezählt worden sei. Demgegenüber betreffe das Streitpatent die Auswahl einer eng definierten Gruppe von niedermolekularen HALS, die zusammen mit einer ebenfalls eng definierten Gruppe von hochmolekularen HALS synergistische Effekte zeigten. Diese Auswahl sei durch die Entgegenhaltungen (2) und (3) nicht nahegelegt worden. Auch Druckschrift (4) könne sie nicht nahegelegt haben, weil dieser Druckschrift nur die von der Einspruchsabteilung bereits als an sich bekannt vorausgesetzte Lehre zu entnehmen sei, daß niedermolekulare HALS ganz allgemein beim Vermischen mit anderen Lichtschutzmitteln synergistische Effekte ergeben können. Daraus sei jedoch keine Anregung zu entnehmen, solche Synergisten für eine strukturell eng definierte Gruppe niedermolekularer HALS in der Klasse der hochmolekularen HALS zu suchen.
Der geltend gemachte synergistische Effekt trete auch tatsächlich ein. Diese Feststellung werde durch den Inhalt der Druckschriften (5) und (6) nicht widerlegt, da diese lediglich die Konzentrationsabhängigkeit der Lichtschutzwirkung einiger weniger HALS beschreiben. Über den Synergismus hoch- und niedermolekularer HALS werden darin keine Aussagen gemacht. Der im Streitpatent geführte Nachweis des Synergismus bediene sich einer allgemein anerkannten Methode und sei durch den Vortrag der Beschwerdegegnerin nicht in Frage gestellt worden. Zur weiteren Stütze dieses Vorbringens hat die Beschwerdegegnerin am 12. September 1990 schließlich noch auf zwei weitere Druckschriften hingewiesen sowie einen zusätzlichen Versuchsbericht vorgelegt.
V. In der mündlichen Verhandlung vom 8. November 1990 trug die Beschwerdeführerin zusätzlich vor, die am 12. September 1990 erstmals genannten Dokumente und Versuchsergebnisse seien verspätet eingereicht worden. Sie selbst habe auf die Vorlage eigener Versuchsergebnisse verzichtet, da sie diese ebenfalls erst kurz vor dem Termin der mündlichen Verhandlung hätte präsentieren können. Die Beschwerdegegnerin führte weiterhin aus, daß man von einem synergistischen Effekt nicht nur dann sprechen könne, wenn für die beteiligten Wirkstoffe lineare Beziehungen zwischen Konzentration und Wirkung bestünden und die gefundene Wirkung für eine Wirkstoffmischung den berechneten Wert der Summe der Wirkungen der einzelnen Komponenten übersteige, sondern auch dann, wenn - bei nichtlinearer Beziehung zwischen Konzentration und Wirkung - die Wirkung der Mischung höher sei als es der vernünftigerweise zu erwartenden Wirkung der Summe der Einzelkomponenten entspreche. In diesem Sinne wirkten die patentgemäßen Mischungen auch bei höheren Konzentrationen als den in den Vergleichsversuchen verwendeten synergistisch. Bei der Bewertung der Versuchsergebnisse und deren Nacharbeitbarkeit sei zu beachten, daß aussagekräftige Ergebnisse immer nur im direkten Vergleich zu erhalten seien, da die absoluten Zahlenwerte nur schlecht reproduzierbar seien. Für die Feststellung des synergistischen Effekts komme es jedoch nur auf die relativen Wirkungen an, die grundsätzlich in jeder gebräuchlichen Versuchsanordnung überprüfbar seien.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Angesichts der in Punkt III dargelegten Sachverhalte ist die Beschwerde zulässig (Art. 106 bis 108 EPÜ, Regel 64).
2. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß die Feststellungen der Einspruchsabteilung zur Neuheit zutreffen; dies wurde im Beschwerdeverfahren nicht bestritten, so daß sich ein näheres Eingehen hierauf erübrigt.
3. Erfinderische Tätigkeit:
3.1. Aufgabe und Lösung:
Dem Streitpatent kann entnommen werden, daß verschiedene nieder- und hochmolekulare Lichtschutzmittel auf Basis sterisch gehinderter Polyalkylpiperidine zum Stande der Technik gehören und daß demgegenüber Mischungen angegeben werden sollten, die einen synergistischen Effekt aufweisen (Seite 2, Zeilen 1 bis 37). Demgemäß kann die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe darin gesehen werden, Lichtschutzmittel mit gegenüber den bekannten Monosubstanzen verbesserter Wirksamkeit bereitzustellen.
Zur Lösung dieser Aufgabe werden die in Anspruch 1 angegebenen Mischungen aus einem niedermolekularen HALS der Formeln A-1 bis A-12 mit einem hochmolekularen HALS der Formeln B-1 bis B-10 vorgeschlagen.
Die Beschwerdegegnerin hat im Erteilungsverfahren die Beispiele 1 bis 3 der Patentschrift, die Ergebnisse von Schnelltests wiedergeben, dadurch ergänzt (siehe den am 16. August 1985 eingegangenen Versuchsbericht), daß den in den Tabellen 1 bis 3 enthaltenen gemessenen Werten für die Lichtschutzwirkung in Polypropylen, Polyurethan und Polystyrol "berechnete Werte" gegenübergestellt wurden, die das arithmetische Mittel der bei doppelter Konzentration gemessenen Lichtschutzwirkung der Einzelkomponenten darstellen. Bestand die Mischung zur Stabilisierung einer Polypropylenfolie beispielsweise gemäß Tabelle 1 aus 0.075 Gew.-% eines HALS des Typs A und 0.075 Gew.-% eines HALS des Typs B, und wurde als Maß für die Stabilisierungswirkung die Zeit gemessen, in der die Carbonylextinktion bei der Belichtung im Xenotest den Wert 0,1 erreichte, so war der "berechnete Wert" das arithmetische Mittel aus den für Polypropylenfolien mit einem Gehalt von je 0.15 Gew.-% des HALS Typ A bzw. B gemessenen Zeiten. Diese berechneten Werte sind jeweils niedriger als die für die Mischung gefundenen. Wenngleich die Ergebnisse derartiger Schnelltests wegen bekannter Unzulänglichkeiten der hierzu benutzten Geräte nicht so verläßlich sind wie diejenigen von Langzeit- Praxisversuchen, so sind solche Schnelltests doch allgemein üblich (siehe z. B. die Dokumente (5) und (6)) und hinreichend aussagekräftig. Aus diesen Zahlenwerten ist, wie auch die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung nach Einsicht in den vollständigen Versuchsbericht eingeräumt hat, ein synergistischer Effekt und damit die Lösung der Aufgabe dann herzuleiten, wenn man annimmt, daß die Konzentrationsabhängigkeit der Lichtschutzwirkung für die Einzelkomponenten in den betrachteten Konzentrationsbereichen unter Berücksichtigung des Kontrollwerts linear ist (Additivitätsgesetz).
Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, daß von der Gültigkeit dieses Additivitätsgesetzes im vorliegenden Falle nicht ausgegangen werden kann. Sie hat sich hierbei auf Angaben in Dokument (5) (Tabelle 4) und (6), (Tabellen9 und 10) gestützt, die auf die Beschwerdegegnerin zurückgehen. Diese Daten lassen in der Tat einen nichtlinearen Anstieg der Lichtschutzwirkung unterschiedlicher HALS mit steigender Konzentration vermuten. Bei näherer Betrachtung ergibt sich jedoch, daß dies z. B. für den Stabilisator A-1 gemäß Streitpatent (in (5) als HALS 1 bzw. Tinuvin 770 bezeichnet) beim Xenotest in Polypropylenfolien nur im Konzentrationsbereich über 0,1 Gew.-% gilt, denn erst der Wert für 0,3 Gew.-% Stabilisator ist niedriger als er sich aus den Werten für 0,05 und 0,1 Gew.-% errechnen würde. Im Konzentrationsbereich bis 0,15 Gew.-%, in dem die in Tabelle 1 des Versuchsberichts vom 16. August 1985 enthaltenen Daten gemessen wurden, ist daher die Annahme einer linearen Beziehung nach Überzeugung der Kammer noch gerechtfertigt. Keine andere Folgerung ergibt sich aus Dokument (6), da dort bei fast allen Vergleichen höhere Stabilisatorkonzentrationen angewendet werden. Die einzige Tabelle mit mehreren Werten im Bereich 0 bis 0,15 Gew-% ist Tabelle 10, die zwischen den Werten 0, 0,03 und 0,1 Gew.-% Linearität zeigt, wobei nur der Wert für 0,05 Gew.-% deutlich abweicht. Diese Versuche wurden mit Polypropylenfäden durchgeführt, bei denen, wie die Beschwerdegegnerin glaubhaft ausgeführt hat, im Gegensatz zu Bändern oder Platten die Reproduzierbarkeit besonders schlecht ist.
Aufgrund des dargestellten Sachverhalts ist der geltend gemachte synergistische Effekt und damit die Lösung der bestehenden Aufgabe glaubhaft dargetan worden, ohne daß es noch eines näheren Eingehens auf die von der Beschwerdegegnerin in diesem Zusammenhang zusätzlich vorgelegten Druckschriften und Ergebnisse von Praxisversuchen bedürfte.
An dieser Feststellung vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß das Additivitätsgesetz nicht im gesamten hier in Betracht kommenden Konzentrationsbereich (z. B. für zu einen Gehalt an Stabilisatorgemisch von bis zu 5 %, siehe Anspruch 8 des Streitpatents) gilt. Es kann hierbei dahingestellt bleiben, ob in diesem Falle noch ein "Synergismus" im streng wissenschaftlichen Sinne vorliegt. Für die Lösung der bestehenden Aufgabe ist nämlich lediglich maßgeblich, daß der erzielte Effekt größer ist als derjenige, der bei Anwendung der entsprechenden Menge einer einzelnen Stabilisatorkomponente erzielt wird. Die Kammer hat keinen Anhaltspunkt dafür, daß die im unteren Konzentrationsbereich nachgewiesene Wirkungsverstärkung im höheren Konzentrationsbereich nicht eintritt. Jedenfalls hat die Beschwerdeführerin keine Tatsachen vorgetragen, die eine derartige Schlußfolgerung zuließen. Sie ist daran nach Überzeugung der Kammer nicht dadurch gehindert worden, daß die Angaben in der Streitpatentschrift bzw. dem genannten Versuchsbericht möglicherweise nicht alle Einzelheiten enthalten, die eine genaue Nacharbeitung der dort angestellten Vergleichsversuche sicherstellen. Es hätte der Beschwerdeführerin freigestanden, eigene Versuche unter ihres Erachtens üblichen Bedingungen durchzuführen. Es kommt hier auch nicht auf exakt reproduzierbare absolute Zahlenwerte, sondern lediglich auf relative Größen an, die weniger von den Einzelheiten der Versuchsdurchführung beeinflußt werden, solange der Stand der Technik und der Gegenstand des Streitpatents unter exakt vergleichbaren Bedingungen untersucht werden. Der Zeitraum zwischen der Einreichung der Beschwerdebegründung und der mündlichen Verhandlung war auch ausreichend, um solche Versuche durchzuführen.
3.2. Naheliegen der Lösung
3.2.1. Seitens der Beschwerdeführerin wurde das Vorbringen, die Lösung der Aufgabe gemäß dem Vorschlag des Streitpatents ergebe sich in naheliegender Weise aus dem Stande der Technik, zuletzt nur noch auf die Druckschriften (2) bis (4) gestützt. Die Angaben in den Dokumenten (2) und (3) lehren jedoch nur ganz allgemein, daß man Lichtschutzmittel, deren Struktur den Komponenten B gemäß Streitpatent ähnelt, mit weiteren Lichtschutzmitteln aus der Gruppe der sterisch gehinderten Amine bzw. Polyalkylpiperidine, deren Struktur nicht näher angegeben ist, mischen kann. Von einem synergistischen Effekt ist in diesem Zusammenhang nicht die Rede (siehe (2), Seite 15, Zeilen 1 bis 3 von unten und Seite 16, Zeile 13; (3), Seite 16, Zeilen 17 bis 22 und 30 bis 35).
Aus diesen Angaben konnte der Fachmann somit nichts entnehmen, was ihn zu der vorgeschlagenen Lösung der bestehenden Aufgabe hätte anregen können.
3.2.2. Die Beschwerdeführerin hat außerdem vorgetragen, die HALS- Gemische gemäß Streitpatent seien durch den Hinweis in Druckschrift (4), S. 8, letzter Absatz nahegelegt worden. Dort wird ausgeführt, daß synergistische Effekte auftreten können, wenn man bekannte Stabilisatoren, insbesondere andere Lichtschutzmittel oder organische Phosphite zusammen mit den in diesem Dokument beschriebenen niedermolekularen HALS verwendet, die eine ähnliche Struktur aufweisen wie die Verbindung A-9 gemäß Streitpatent. Diesem Dokument sind jedoch keine näheren Angaben darüber zu entnehmen, welche weiteren Lichtschutzmittel Synergismus hervorrufen können. Die Kammer hat keinen Grund zu der Annahme, daß der Fachmann angesichts der Vielzahl bekannter Lichtschutzmittel gerade die polymeren HALS der Formeln B-1 bis B-10 als hierfür tauglich angesehen hätte. Vielmehr ist die Auffassung der Beschwerdeführerin, unter diesen allgemeinen Begriff hätte der Fachmann ohne weiteres diese polymeren HALS subsumiert, als unzulässige ex-post-Betrachtungsweise zu werten.
3.2.3. Die Beschwerdeführerin hat ferner die Auffassung vertreten, die Verwendung der Stabilisatorgemische gemäß Streitpatent habe zumindest im Bereich höherer Konzentrationen nahegelegen, weil zu erwarten war, daß damit der bei der Verwendung der HALS vom Typ A bzw. Typ B gemäß Streitpatent als alleinige Lichtschutzmittel auftretende "Sättigungseffekt" vermieden werden konnte, der sich in einem Abflachen der zunächst geradlinig ansteigenden Dosis-Wirkungs-Kurve äußert. Diese Auffassung wurde damit begründet, daß der Fachmann generell von einem Gemisch nicht identischer Wirkstoffe erwarte, daß die Gesamtwirkung der Mischung der Summe der Einzelwirkungen der darin enthaltenen Komponenten entspreche.
Die Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung betont, daß ihres Erachtens eine solche generelle Erwartung nur dann bestehe, wenn es sich um Wirkstoffgemische handle, bei denen die Wirkprinzipien der einzelnen Komponenten unterschiedlich seien.
3.2.4. Keine Partei hat zur Stützung ihrer im Abschnitt 3.2.3 dargelegten Auffassungen Beweismittel vorgelegt. Die Kammer hält an ihrer früheren Rechtsprechung fest, daß bei Vorliegen sich widersprechender Tatsachenbehauptungen der Widerspruch zu Lasten derjenigen Partei geht, die sich auf die betreffende Tatsachenbehauptung stützt, wenn die Kammer den wahren Sachverhalt nicht von Amts wegen ermitteln kann (siehe die Entscheidung "Zeolithe/BASF, T 219/83, ABl. EPA 1986, 211, Punkt 12 der Entscheidungsgründe. Im vorliegendem Fall ist es die Beschwerdeführerin, die sich auf ein lediglich behauptetes, aber nicht glaubhaft gemachtes allgemeines Fachwissen beruft. Die Kammer kann aus eigener Sachkunde den wahren Sachverhalt nicht mit Sicherheit feststellen. Sie neigt jedoch mehr zur Auffassung der Beschwerdegegnerin, da kein vernünftiger Grund ersichtlich ist, ohne Kenntnis des Streitpatents für die darin genannten HALS-Typen, die alle den 2,2,5,5- Tetramethylpiperidylrest als wirksames Strukturelement enthalten, eine größere Gesamtwirkung zu erwarten als es dem Mittelwert der bei gleicher Gesamtkonzentration an HALS für die einzelnen Komponenten gemessenen Werte entspricht, gleichgültig, ob nun geringe oder hohe Gesamtkonzentrationen an HALS in den zu stabilisierenden Polymeren vorhanden sind. Die Beschwerde führerin kann daher mit dieser Argumentation keinen Erfolg haben.
3.2.5. Ein weiteres Anzeichen dafür, daß diese Beurteilung der Kammer zutrifft, ist schließlich darin zu sehen, daß einige der gemäß Streitpatent verwendeten Komponenten A und B nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin (siehe auch Dokument (5), S. 1, 1. Absatz der Einführung und S. 2, 4. Absatz) lange bekannte Handelsprodukte sind. Es liegt nämlich auf der Hand, daß die Fachwelt ständig bemüht ist, mit möglichst geringen Stabilisatormengen die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Wenn daher tatsächlich in Anwendung des allgemein bekannten Additivitätsgesetzes damit zu rechnen gewesen wäre, daß man die bei höheren Konzentrationen der Komponente A-1 (in Dokument (5) als HALS-1 bezeichnet) beobachtete Verminderung der Wirkung pro Gewichtsteil Stabilisator dadurch vermeiden könnte, daß man einen Teil der benötigten Menge dieser Komponente durch einen ähnlichen HALS, z. B. die Komponente B-5 (in Dokument (5) als HALS-2 bezeichnet) ersetzt, so hätte die Fachwelt sicher schon vor dem Anmeldetag diese Möglichkeit genutzt und wäre nicht an der Erfindung vorbeigegangen.
4. Die Patentierbarkeit des Gegenstandes des unabhängigen Anspruchs 7 und der Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 6 und 8 leitet sich von derjenigen des Anspruchs 1 ab, da die Gegenstände aller genannten Ansprüche auf demselben nicht naheliegenden Grundgedanken beruhen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.