T 0082/90 (Würzekochen/LENZ) of 23.7.1992

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1992:T008290.19920723
Datum der Entscheidung: 23 Juli 1992
Aktenzeichen: T 0082/90
Anmeldenummer: 82110910.5
IPC-Klasse: C12C 9/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum diskontinuierlichen Würzekochen bei der Biererzeugung
Name des Anmelders: Lenz, Bernhard
Name des Einsprechenden: 01) A. Ziemann GmbH
02) Maschinenfabrik GmbH Anton Steinecker
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 83
Schlagwörter: Ausführbarkeit der Erfindung (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Lösung
Enabling disclosure (yes)
Inventive step (yes) - non-obvious solution
Availability to the public - Burden of proof of alleged facts
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0014/83
T 0219/83
T 0381/87
T 0290/88
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0077/94

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung 82 110 910.5 wurde das europäische Patent 0 080 706 auf der Grundlage von drei Ansprüchen erteilt, wobei Anspruch 1 folgenden Wortlaut hat:

"1. Verfahren zum diskontinuierlichen Würzekochen bei der Biererzeugung, bei dem die geläuterte Würze, vorzugsweise unter geringem Druck, gekocht und nach dem Kochen in einem ersten Wärmeaustauschprozeß zur weiteren Verwendung für die Biererzeugung abgekühlt wird, wobei in diesem ersten Wärmeaustauschprozeß Kühlwasser auf die Temperatur von Brauwasser erwärmt wird, und wobei ferner die Energie des beim Würzekochen erzeugten Schwadens in einem zweiten Wärmeaustauschprozeß genutzt wird, dadurch gekennzeichnet, daß das erwärmte Brauwasser in dem zweiten Wärmeaustauschprozeß (Wärmeaustauscher 26) durch die Schwadenenergie weiter aufgeheizt wird, daß durch dieses weiter aufgeheizte Brauwasser in einem dritten Wärmeaustauschprozeß (Wärmeaustauscher 13) die geläuterte Würze vor dem Kochen weiter aufgeheizt wird und daß das im dritten Wärmeaustauschprozeß abgekühlte Brauwasser wieder im zweiten Wärmeaustauschprozeß (Wärmeaustauscher 26) durch die Schwadenenergie aufgeheizt wird, usw."

II. Gegen die Patenterteilung legten die Beschwerdeführerinnen (Einsprechende 01 und 02) Einspruch ein. Sie bezogen sich während des Einspruchsverfahrens auf vier Dokumente:

(1) Monatsschrift für Brauerei, 34. Jhrg., Nr. 11, Seiten 402 bis 407.

(2) Brauwelt 1981, Seiten 900 bis 910.

(3) Ziemann-Prospekt V 471/0871 3000 "Warmwasserversorgung im Sudhaus".

(4) Monatsschrift für Brauerei, 34. Jhrg., Nr. 11, Seiten 400/401.

III. Die Einspruchsabteilung hat den Einspruch zurückgewiesen und das Patent in geändertem Umfang aufrechterhalten.

Die Einspruchsabteilung begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Gegenstand des Streitpatentes im Lichte des genannten Standes der Technik neu sei und die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe darin gesehen werden könne, den Würzekochprozeß so weiterzubilden, daß die Wärmeenergie der beim Kochen anfallenden Schwaden wieder dem eigentlichen Würzekochprozeß zugeführt wird. Gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik nach Dokument (1), wonach immer Wasser aus dem Kaltwassernetz eingeführt und durch die Schwaden des Würzekochens von 20 °C auf 95 °C erhitzt werde und sich somit mehr und mehr Überschußwasser sammele, biete die jetzt beanspruchte Kreislaufführung zwischen dem Pfannendunstkondensator (im folgenden Pfaduko) und der Vorheizstufe der neuen Würzcharge den Vorteil, daß ein Zuführen von Wasser aus dem Kaltwassernetz im Idealfalle nicht mehr nötig sei und eine drastische Verminderung der Wassermenge in der Brauerei erreicht werde, was nicht ohne weiteres aus Dokument (1) abzuleiten sei und daher die erfinderische Tätigkeit des Patentgegenstandes stütze.

Ferner sei durch die geänderten Unterlagen der Mangel beseitigt, daß das Verfahren nicht durchführbar sei.

IV. Gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung haben die Beschwerdeführerinnen Beschwerde erhoben. Der Vortrag der Beschwerdeführerinnen in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung am 23. Juli 1992 kann wie folgt zusammengefaßt werden:

Ausgehend von dem Stand der Technik nach Dokument (1) in Verbindung mit den Angaben in der Veröffentlichung (4) sei klar, daß der Wärmetauschprozeß nach dem Merkmal des Anspruchs 1 gemäß dem die Würze nach dem Kochen Kühlwasser auf die Temperatur von Brauwasser erwärme, als übliche Maßnahme in Brauereien angesehen werden müsse. Ferner werde dort vorgeschlagen auch bei Pfaduko-Systemen am Würzekühler eine Wasseraustrittstemperatur von 95°C anzustreben; es sei also auch nahegelegt, in einem zweiten Wärmeaustauschprozeß das erwärmte Brauwasser durch die Schwadenenergie weiter aufzuheizen und zwischenzuspeichern, und diesen in Verbindung mit dem Verfahrensschritt der Würzekühlung durchzuführen. Schließlich sei der dritte Wärmetauschprozeß, d. h. die Temperatur der geläuterten Würze vor dem Kochen auf 95°C mit dem weiter aufgeheizten Brauwasser anzuheben, identisch aus (1) bekannt, so daß eigentlich nur das Merkmal, das Brauwasser dann noch einmal über den Pfaduko zu leiten, um den Kreislauf zu schließen, gegenüber diesem Stand der Technik, der das 80°C heiße Wasser in der Brauerei verbrauche, verbleibe; aber dies halte sich die Patentinhaberin offen.

Im übrigen sei aus der Abbildung 4 in (1) bekannt, das bei der Würzevorerhitzung auf 80°C abgekühlte Wasser in den oberen Teil eines Verdrängungsspeichers zurückzuführen und Wasser mit 15°C aus dem unteren Teil dieses Behälters über einen Kondensatkühler auf 20°C zu erwärmen und in den Pfaduko einzuleiten, also das Kühlwasser im Kreislauf zu führen. Hierbei sei klar, daß mit der Kühlwassereintrittstemperatur von 20°C in den Pfaduko sicherlich sogar besser Energie aus den Würzekochschwaden gewonnen bzw. genutzt werden könne als mit 80°C heißem Brauwasser beim Streitpatent. Anhand einer ergänzenden Skizze zu besagter Abb. 4 sei ferner leicht zu demonstrieren, daß man in nichterfinderischer Weise den Würzekühler derart zum Anlagenschema hinzufügen könne, daß das 15°C-Netz auf 80°C umgestellt werde. Darüber hinaus könne der Kondensatkühler allgemein als Wärmetauscher betrieben werden, was dann wiederum seine Verwendung als Würzekühler nahelege. Mit Bezug auf die beiden Möglichkeiten, konstant umlaufende Brauwassermenge, wobei man dann jedes beliebige wärmeübertragende Medium verwenden könne oder ein offenes System, bei dem Brauwasser abgezogen und Frischwasser zugeführt werde, würde aber nichts anderes geschehen als bei (1) bereits vorgeschlagen, nämlich die Energie aus den Schwaden herauszunehmen und letztendlich zur Würzevorerhitzung zu verwenden. Dies sei anhand wärmetechnischer Überlegungen nachvollziehbar, wobei sich unter Heranziehung der Angaben in einem nicht vorveröffentlichten Aufsatz aus Dokument

(5) Brauwelt, Nr. 20, Seiten 886 bis 890 (1984),

der das jetzt beanspruchte System als sogenanntes NDK- System beschreibe, herleiten lasse, daß gegenüber üblichen Verdampfungsziffern von 15 % dort bei Werten von nur 5.4 % mit Drücken von ca. 1 bar, also erheblich höher als die 50 mbar nach (1), gearbeitet werden müsse, um größere Anteile der Energie der Schwaden dem Würzekochprozeß selbst zurückzuführen. Bei üblichen Verdampfungsziffern von 15 % enthielten die Schwaden des Würzekochprozesses jedenfalls mehr Energie als für die Würzevorerhitzung erforderlich sei.

Da beim Streitpatent die unerwünschte Überschußenergie ausschließlich über den Betriebsdruck im Würzekochprozeß reduziert werde, müsse zur Abgrenzung gegenüber üblichen Würzekochprozessen der im Streitpatent offenbarte Druck von ca. 1 bar in Anspruch 1 und auch die Temperaturen der einzelnen Wärmeaustauschstufen aufgenommen werden. Nur so sei die gemäß Streitpatent als vermutlicher Kern der Erfindung anzusehende Maßnahme, nur genau die Wassermenge in den Würzekühler einzuspeisen, die für den nächsten Sud benötigt wird, zu realisieren. Insbesondere müsse im Lichte der Beschreibung, was das produzierte Brauwasser betreffe, aber auch beim Streitpatent von einem offenen System ausgegangen werden. Da jedoch der geltende Anspruch 1 lediglich allgemeine Angaben zum Verfahrensablauf enthalte, sei bei gleicher Zielsetzung in (1) und dem Streitpatent nicht zu erkennen, wo die erfinderische Tätigkeit liege. Alle von der Beschwerdegegnerin angeführten Vorteile fänden im geltende Anspruchswortlaut keinen Niederschlag.

Für Dokument (3), Ziemann-Prospekt V 471/0871/3000, könne zwar kein konkretes Veröffentlichungsdatum bewiesen werden, aber die allgemeine Lebenserfahrung zeige, daß ein Prospekt binnen 10 Jahren nach erfolgtem Druck, der durch die schriftliche Bestätigung des ausführenden Druckereibetriebes vom 27. Februar 1990 belegt sei, auch tatsächlich veröffentlicht worden sei. Eine entsprechende Auffassung werde auch in der Entscheidung T 381/87 vom 10. November 1988 vertreten.

V. Der Beschwerdegegner hat diesem Vorbringen widersprochen und dabei u. a. folgendes geltend gemacht:

Aus keinem der genannten Dokumente gehe die jetzt beanspruchte Verfahrensfolge in ihrer Gesamtheit hervor, insbesondere könne (1) nicht entnommen werden, die Würze in dem ersten Wärmetauschprozeß zur weiteren Verwendung für die Biererzeugung abzukühlen und hierbei Kühlwasser auf die Temperatur von Brauwasser zu erwärmen. Die hierfür erforderlichen Anlagenteile seien in dem entsprechenden Schaltschema überhaupt nicht gezeigt und auch nicht ein diskontinuierliches Würzekochen erwähnt. Unter Heranziehung von Dokument (4) sei klar, daß es beim Stand der Technik um zwei getrennte Systeme zur Erzielung von 95°C heißem Wasser gehe, nämlich einerseits im Pfaduko und andererseits im Würzkühler, was in jedem Falle zu einem Überschuß an Heißwasser führe.

Aufgrund getrennter Pfaduko- und Würzekühl- Wärmetauschsysteme könne daher auch keinesfalls vorbeschrieben sein, den Verfahrensschritt der Würzekühlung in Verbindung mit der Weitererhitzung des Brauwassers durch die Schwaden durchzuführen. Auch werde nach (1) die geläuterte Würze nur mittels eines zweiten Wärmetauschprozesses von 75°C auf 85°C aufgeheizt und nicht, wie jetzt beansprucht, durch einen dritten Austausch von 70°C auf 95°C. Gemäß (1) werde das dann 80°C heiße Wasser zwar auch in einen Speicher zurückgegeben, jedoch sei dort keine Möglichkeit vorgesehen, das Wasser mit 80°C anschließend durch den Pfaduko erneut auf 95°C oder höher im Kreislauf zu erhitzen, was den entscheidenden Unterschied zum Streitpatent darstelle. Bei einem technisch vertretbaren Verdampfen von ungefähr 5 % in der Würzpfanne befinde sich das patentierte Verfahren im Gleichgewicht, d. h. es werde kein heißes Überschußwasser wie bei (1) durch Einleiten immer neuer Mengen von 20°C kaltem Wasser in den Pfaduko produziert. Dieses Dokument beinhalte somit auch keine Hinweise darauf, das im dritten Wärmeaustauschprozeß abgekühlte Brauwasser zum Pfaduko zurückzuführen und erneut aufzuheizen. Die nunmehr erzielten Vorteile seien aus den Angaben im nachveröffentlichten Dokument zum sogenannten NDK-System ersichtlich. Die Ausführungen der Beschwerdeführer zur Verdampfungsziffer seien dahingehend nicht zutreffend, daß nach dem Streitpatent immer ein deutlicher Überdruck vorhanden sein müsse, vielmehr werde der Fachmann ausgehend von dem Hinweis im Streitpatent, die geläuterte Würze unter geringem Druck bis 1 bar zu kochen, eine optimale Verdampfungsziffer einfach finden. Die Unterbringung des im Überschuß nach (1) produzierten Heißwassers zum Beispiel in der Flaschenreinigung führe den Fachmann auch von der jetzt beanspruchten Verfahrensführung im Kreislauf weg.

Insgesamt habe der Patentinhaber erkannt, daß die in der Würze nach dem Kochen vorhandene Wärmeenergie ausreiche, um durch Aufheizen von Wasser von ca. 10°C im ersten Wärmetauschprozeß genügend Warmwasser von ca. 80°C zu erzeugen, so daß der darauffolgende Sud mit der notwendigen Warmwassermenge von dieser Temperatur versorgt werden könne, und zwar bei gleichbleibenden Volumenströmen an Brauwasser im Anlagensystem.

VI. Zu Beginn der mündlichen Verhandlung hat die Kammer den Parteien mitgeteilt, daß der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltene geänderte Anspruch 1 nicht als Antwort auf die Einspruchsgründe gesehen werden könne. Auch dürften die vorgenommenen Änderungen nicht zur Klar- stellung des Anspruchsgegenstandes geeignet sein. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammern sei das Einspruchsverfahren keine Fortsetzung des Prüfungsverfahrens: "Es könnte zu einem Mißbrauch des Einspruchsverfahrens führen, wenn dem Patentinhaber Änderungen gestattet würden, die nicht durch die Einspruchsgründe an sich bedingt sind, sondern lediglich zur Bereinigung und Verbesserung der Offenbarung dienen" (ausgeführt in der Entscheidung T 127/85, ABl. EPA, 1989, 271).

Als Folge dieser Ausführungen hat der Beschwerdegegner den im Einspruchsverfahren gestellten Antrag, der den geänderten Anspruch 1 umfaßte, zurückgezogen.

Eine Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) hat hiernach festgestellt, daß ihre zu den im Einspruchsverfahren geänderten Ansprüchen vorgetragene Argumentation gleichermaßen für die erteilten Ansprüche gelte.

Die zweite Beschwerdeführerin (Einsprechende 02) hat sich hierzu nicht geäußert.

VII. Die Beschwerdeführerinnen beantragten Aufhebung der angefochenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patentes Nr. 0 080 706.

Eine Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) beantragte weiterhin, die folgende Rechtsfrage der Großen Beschwerdekammer zur Entscheidung vorzulegen:

"Der Großen Beschwerdekammer wird folgende Frage gestellt:

Ist ein 10 Jahre vor dem Prioritäts-/oder Anmeldetag in einer Auflagenhöhe von 3000 Stück gedruckter Prospekt, der von einem Verfahrensbeteiligten herausgegeben wurde, ein Dokument des Standes der Technik, auch wenn nicht bewiesen ist, daß in den genannten 10 Jahren Prospekte tatsächlich vertrieben wurden ?"

Der Beschwerdegegner beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Obwohl im Einspruchsverfahren kein formeller Einwand unter Artikel 100 (b) EPÜ vorgetragen wurde und lediglich im Beschwerdeverfahren erstmalig, also verspätet auf Artikel 83 EPÜ verwiesen wurde, sieht sich die Kammer - auch weil teilweise keine Trennung der Argumentation bezüglich der Ausführbarkeit, gewerblichen Anwendbarkeit, Klarheit und sogar erfinderischer Tätigkeit (z. B. nichtgelöste Aufgabe) zu erkennen ist, und weil vermeintliche technische Schwierigkeiten bei der Durchführung des Würzekochprozesses auf der Grundlage des Anspruchswortlautes geltend gemacht wurden - veranlaßt, hierzu wie folgt Stellung zu nehmen.

Gemäß Artikel 83 EPÜ ist eine Erfindung deutlich und vollständig offenbart, wenn sie vom Fachmann ausgeführt werden kann. An welcher Stelle der europäischen Patentanmeldung die Erfindung offenbart ist, spielt keine Rolle (Artikel 78 (1) b), c), d)). Die Frage, ob eine Erfindung offenbart ist, darf daher nicht allein vom Inhalt der Patentansprüche her beurteilt werden (vgl. hierzu insbes. T 14/83, ABl. EPA 1984, S. 105 - 112). Im vorliegenden Falle offenbart die ursprüngliche Beschreibung, Seiten 4 bis 6 sowie die Patentschrift, Spalte 2, Zeile 35 bis Spalte 3, Zeile 64, eindeutige Angaben zum Verfahrensablauf unter Bezugnahme auf ein Fließschema. Es finden sich dort nicht nur Temperaturwerte zu den einzelnen Wärmeaustauschstufen, sondern auch der Hinweis, in der Würzepfanne z. B. unter einem Druck von 1 bar zu kochen. Obwohl gerade der Druck in der Würzepfanne als kritischer Parameter dargestellt und das Fehlen einer konkreten Druckangabe in Anspruch 1 als besonderer Mangel hervorgehoben wurde, haben die Beschwerdeführerinnen zu erkennen gegeben, daß von ihrer Seite bezüglich einer Durchführung des beanspruchten Verfahrens bei besagtem 1 bar Druck in der Würzepfanne aber keine Bedenken bestünden.

Da abgesehen von Behauptungen, die einen Energieüberschuß in den Schwaden des Würzekochens und somit einen Brauwasserüberschuß betreffen, keine zusätzlichen technischen Informationen vorgelegt werden konnten, aus denen eindeutig hervorgeht, daß andere Druckverhältnisse in der Würzekochstufe die Abfolge der beanspruchten drei Wärmeaustauschprozesse vom Verfahrensprinzip her unmöglich machen, sieht die Kammer jedoch keinen Grund, im vorliegenden Falle das Erfordernis des Artikels 83 EPÜ in Frage zu stellen. Da auch der konkrete Einsatz des beanspruchten Verfahrens in Brauereien nicht nur nicht bestritten, sondern sogar von den Beschwerdeführerinnen anhand des nachveröffentlichten Dokumentes (5) nachgewiesen wurde, erübrigen sich weitere Ausführungen zu dem getätigten Einwand unter Artikel 57 EPÜ.

3. Der Gegenstand des Streitpatentes betrifft ein Verfahren zum diskontinuierlichen Würzekochen bei der Biererzeugung.

3.1. Das zum Stand der Technik genannte Dokument (3), ein Firmenprospekt der Beschwerdeführerin Ziemann, hat die Einspruchsabteilung in ihrem Beschluß aufgrund des mangelnden Veröffentlichungsdatums nach Auffassung der Kammer zu Recht nicht berücksichtigt. Es verbleibt daher zu prüfen, ob die im Beschwerdeverfahren nachgereichte Bestätigung des Druckereibetriebes als Veröffentlichungsnachweis ausreicht. Die Kammer sieht in diesem Zusammenhang keinen Grund, die Angaben zum Druckdatum und der Höhe der Auflage des Prospektes, also dessen Existenz, anzuzweifeln. Natürlich ist auch die Kammer der Meinung, daß unter normalen Umständen bei 3000 Exemplaren eines Prospektes innerhalb von 10 Jahren davon auszugehen ist, daß diese zumindest zum Teil auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Wenn jedoch, wie im vorliegenden Falle, der Hersteller des im Prospekt angebotenen Produktes, der selbst die Herstellung des Prospektes in Auftrag gegeben hatte, nach seinen eigenen Angaben nicht einen Empfänger benennen kann, obwohl der Prospekt angeblich auf Fachmessen verteilt wurde und den Nachdruck einer bereits 1968 erschienenen Ausgabe darstellen soll, sieht sich die Kammer gehindert, aufgrund der Lebenserfahrung davon auszugehen, daß der Prospekt tatsächlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. In dieser Auffassung sieht sich die Kammer durch den Umstand bestärkt, daß in dem strittigen Prospekt ein Widerspruch zwischen den textlichen Erläuterungen und der Rohrleitungsführung im Fließschema zur Prozeßführung besteht. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß dieser Fehler ein Grund gewesen sein könnte, den Prospekt nicht zu verteilen. Aufgrund dieses Sachverhaltes kann sicherlich nicht von einer "Beweislage anhand der größeren Wahrscheinlichkeit" zugunsten einer Veröffentlichung die Rede sein, wie die Beschwerdeführerin Ziemann aus der Entscheidung T 381/87 (ABl. EPA 1990, S. 213 -223) glaubt herleiten zu können. Wenn Zweifel an der Verteilung eines Prospekts bestehen und der Einsprechende, der sich zur Begründung seines Vortrags auf dieses Dokument stützt, nicht in der Lage ist, die Verteilung des Prospekts nachzuweisen, obwohl es sich um seinen eigenen Prospekt handelt, so kann die Kammer über diese Zweifel nicht unter Berufung auf eine allgemeine Lebenserfahrung hinweggehen, und den Prospekt als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht ansehen. Da die Kammer nicht in der Lage ist, die Verteilung des Prospekts von Amts wegen festzustellen, muß der sich daraus ergebende Nachteil - nämlich, daß der Prospekt nicht als Stand der Technik angesehen wird - zu Lasten des Einsprechenden gehen, der sich auf diesen Prospekt als Stand der Technik stützt. Diese Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung der Beschwerdekammer seit langem anerkannt (vgl. T 219/83, ABl. EPA 1986, 211; T 290/88 vom 4. Dezember 1990 im ABl. EPA nicht veröffentlicht). Die Kammer hält es daher im Sinne des Artikels 112 EPÜ nicht für erforderlich, die von der Beschwerdeführerin formulierte Rechtsfrage, der Großen Beschwerdekammer vorzulegen. Ihr entsprechender Antrag wird daher zurückgewiesen.

3.2. Der nächstkommende Stand der Technik ist, wie von den Parteien auch nicht bestritten, Dokument (1) zu entnehmen, welches ebenfalls den Würzekochprozeß bei der Biererzeugung betrifft, und zwar unter dem Blickwinkel des Umweltschutzes und der Wärmerückgewinnung im Sudhaus.

Ausgangspunkt ist hierbei der Einsatz eines Pfaduko zur Wärmerückgewinnung aus den Schwaden des Würzekochens. Im konkreten Ausführungsbeispiel gemäß Fließschema in Abb. 4 auf Seite 407 wird den Schwaden in einem als Wärmeaustauschereinheit ausgebildeten Pfaduko die Wärme im indirekten Austausch mit zugeführtem Wasser entzogen, dessen Temperatur sich in Folge von 20°C auf maximal 95°C erhöht. Dieses Wasser entstammt einem 15°C-Netz und durchströmt vor Eintritt in den Pfaduko einen diesem nachgeschalteten Kondensatkühler, um die maximale Einleitungstemperatur von 30°C oder 35°C des Abwassers bzw. Schwadenkondensats in das Kanalnetz sicherzustellen, wobei das Kaltwasser sich geringfügig um 5°C erwärmt. Das den Pfaduko verlassende 95°C heiße Wasser ist in einem Leitungssystem einerseits mit dem oberen Teil eines Heißwasserverdrängungsspeichers verbunden, der unten an das 15°C Kaltwassernetz angeschlossen ist, und kann andererseits gleichzeitig einem Würzevorerhitzer zugeführt werden, so daß die geläuterte Würze in der Temperatur von 75°C auf 85°C angehoben und eine entsprechende Dampfmenge beim Kochen in der Pfanne eingespart werden kann. Das Wasser verläßt im konkreten Beispiel den Würzevorerhitzer mit 80°C und gelangt an eine durch den Temperaturgradienten über der Behälterhöhe vorgegebene Stelle in den Heißwasserverdrängungsspeicher zurück. Zur Funktion dieses Verdrängungsspeichers wird u. a. angegeben, daß beim Verbrauch von 80 grädigem Wasser im Sudhaus oder im Betrieb die Schicht des 80 grädigen Wassers dünner wird und von unten Kaltwasser nachströmt (siehe insbesondere die textlichen Erläuterungen zu Abb. 4 auf den Seiten 405 bis 407).

Gemäß den allgemeinen Ausführungen in (1) zum Einsatz eines Pfaduko, wird es als schwierig angesehen, die gegenüber bisherigen Betriebsweisen erhöhte Wärmerückgewinnungsmenge auch sinnvoll unterzubringen. Hierzu wird vorgeschlagen, die Flaschenreinigungsanlage, im speziellen die benötigte Lauge, in den Wärmekreislauf einzubeziehen (siehe Seite 405, linke Spalte). Im Ausführungsbeispiel nach besagter Abb. 4 ist der Pfaduko um ein zusätzliches Rohrbündel, das auf der Schwadenseite vorgeschaltet wird, zur Laugenaufheizung erweitert. Darüber hinaus ist noch vorgesehen, in den Kochpausen das aus dem Pfaduko gewonnene 95°C heiße Wasser als Heizmedium für einen Wärmetauscher, der an die Laugenzirkulationsleitung angeschlossen ist, zu nutzen. Dieser Wärmetauscher liegt im Leitungsnetz mit entsprechenden Absperrorganen versehen parallel zum Würzevorerhitzer. Da die beschriebenen Wärmetauschereinheiten intermittierend betrieben werden, erfüllt der bereits erwähnte Heißwasserverdrängungsspeicher aufgrund der über die Behälterhöhe und somit auch den Temperaturgradienten verteilten Anschlußstutzen die Funktion getrennter Speicher für das erwähnte 95 und 80 grädige Wasser.

In das Anlagenschema der Abb. 4 ist zwar keine Würzepfanne mit Würzekühler integriert, es finden sich jedoch in den einleitenden Betrachtungen zur Betriebsweise in Brauereien die Angaben, daß die Verdampfungsziffer im Durchschnitt bei 15 % der Ausschlagwürze und die in der Pfanne auftretenden Drücke nach den Erfahrungen im Bereich unter 50 mbar liegen (siehe Seite 402, linke Spalte und Seite 404, rechte Spalte).

3.3. Der Beschwerdegegner hat angeführt, daß es seiner Kenntnis nach sich in der konkreten Anwendung in einem Brauereibetrieb gezeigt habe, daß auch bei dem in (1) beschriebenen Verfahrensprinzip nicht unerhebliche Mengen an heißem Überschußwasser produziert werden. Die Beschwerdeführerinnen haben nach Auffassung der Kammer nichts Gegenteiliges vorgetragen, was diesen Sachverhalt hätte in Frage stellen können. Abgesehen von möglichen zusätzlichen Heißwasserverbrauchern im Brauereibetrieb oder externen Abnehmern, ist jedenfalls vom Verfahrensprinzip her vorgegeben, daß bei dem aus der Abb. 4 ersichtliche Anlagenschema als Betriebseinheit, selbst unter Einbezug der nicht dargestellten, aber betriebstechnisch dazugehörigen Anlagenteile Würzepfanne und Würzekühler, nicht ohne unerwünschte Produktion von überschüssigem Warmwasser gearbeitet werden kann.

3.4. Die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe kann daher darin gesehen werden, ein Verfahren zum Würzekochen bei der Biererzeugung bereitzustellen, bei dem die nach Dokument (1) zwangsläufig erhaltene Produktion an unerwünschtem heißen Überschußwasser vermindert wird.

Entsprechendes läßt sich auch aus der Streitpatentschrift, Spalte 1, Zeilen 13 bis 20 und 30 bis 37 sowie der Ursprungsoffenbarung Seite 1, Zeilen 26 bis 32 und Seite 2, Zeilen 9 bis 14 herleiten.

3.4.1. Diese Aufgabe soll gemäß Anspruch 1 durch eine spezielle Sequenz von Wärmeaustauschprozessen am Würzekühler, Pfannendunstkondensator und Würzevorerhitzer gelöst werden, und zwar fordert der Anspruchswortlaut ein Verfahrensprinzip, bei dem diese Einheiten in Form eines Wärmeverbundsystems in Serie geschaltet sind (siehe Punkt I oben).

Aufgrund der Erläuterungen im Streitpatent zur Verfahrensführung nach der Figur 1, insbesondere mit Bezug auf die konkreten Angaben zu den einzelnen Wärmeaustauschstufen, ist die Kammer davon überzeugt, daß die bestehende Aufgabe auch tatsächlich gelöst wurde.

3.4.2. Die Beschwerdeführerinnen haben zwar versucht, anhand von in dem nachveröffentlichten Dokument (5) enthaltenen wärmetechnischen Bilanzen aufzuzeigen, daß bei einem Arbeitsdruck von 0.4 bar in der Würzepfanne ein Wärmeüberschuß entsteht, d. h. vom Prinzip her nicht alle Wärme in den beanspruchten Austauschprozessen aufgezehrt werden kann und als Folge mit heißem Überschußwasser zu rechnen ist, sie haben aber gleichermaßen eingeräumt, daß bei dem im Streitpatent offenbarten Arbeitsdruck von 1 bar sich die herangezogene Energiebilanz entsprechend verbessere, also nicht ausgeschlossen ist, daß hierbei die Aufgabe gelöst werde. Der Vortrag zu diesem Stand der Technik ist somit nicht geeignet, die Lösung der Aufgabe bei dem einzigen im Streitpatent angegebenen Wert von 1 bar in Frage zu stellen (vgl. hierzu auch vorstehend Punkt 2).

4. Da die Beschwerdeführerinnen die Neuheit des geltenden Anspruchs 1 in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Frage gestellt haben und die Kammer auch keinen Grund sieht, diese anzuzweifeln, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.

5. Zu untersuchen bleibt somit, ob die beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Ausgehend von dem einleitenden Hinweis in Dokument (1), anstatt neue, kostspielige und komplizierte Wege über Brüdenverdichtung, Expansionsturbine und Absorptionskälteanlagen zur Wärmerückgewinnung im Sudhaus zu begehen, bestehende Systeme soweit zu verbessern, daß sie mit derartigen Verfahren in Wettbewerb treten können, wird der Fachmann sicherlich nicht zögern, auch das dort in Abbildung 4 beschriebene Anlagensystem genauer zu analysieren. Es stellt sich also die Frage, ob hierdurch Lösungswege aufgezeigt werden, die zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 führen. Ausgangspunkt jeglicher Betrachtung bei Wärmeverbundsystemen, denn als solches stellt sich auch die Anlage in Abb. 4 dar, sind die bestehenden Wassernetze und deren Temperaturniveaus.

Wenn man dann von der Betrachtungsweise ausgeht, daß der Einsatz eines Würzekühlers als Selbstverständlichkeit anzusehen ist und nicht zu übersehen ist, daß Dokument (1) bereits ein 80°C-Netz, das u. a. vom Würzevorerhitzer gespeist wird, neben einem 95°C-Netz auf dem Temperatur- niveau des Pfaduko aufweist, also ähnliche Temperaturverhältnisse, wie im Beispiel zum Streitpatent vorliegen und der Heißwasserverdrängungsspeicher als verfahrensmäßig zwei getrennte Speichersysteme für beide Netze aufzufassen ist, so verbleibt gegenüber dem jetzt beanspruchten Verfahrensprinzip, wie auch von den Beschwerdeführerinnen zu Recht festgestellt, rein formal der Einbezug des Würzekühlers in das 80°C-Netz und den Pfaduko aus diesem Netz anstatt aus einem 15°C-Netz zu speisen. Selbst die Beschwerdeführerinnen haben offensichtlich erkannt, daß sich in (1) nicht der geringste Hinweis findet, den Pfaduko mit einem anderen Temperaturgradienten zu betreiben, also nicht von der üblichen niedrigen Kühlwassereintrittstemperatur (15°C) vom Kaltwassernetz sondern von 80°C (ca. 78°C im Streitpatent) auszugehen und haben demzufolge u. a. argumentiert, daß vom Prinzip her mit einem größeren Temperaturgradienten am Pfaduko eine bessere Energieausbeute zu erzielen sei und somit aufgrund mangelnder Vorteile des Streitpatentes in dem bloßen Umschalten vom 15°C-Netzes auf das 80°C-Netz nichts Besonderes gesehen werden könne.

Es ist sicherlich nicht bestreitbar, daß, wie von den Beschwerdeführerinnen am Beispiel einer skizzenhaft veränderten Abbildung 4 demonstriert, das 15°C-Netz in (1) durch den bloßen Einbau eines Würzekühlers vor den Kaltwassereinspeisepunkt (auf halber Bildhöhe seitlich rechts oberhalb der Schwadenzufuhr) auf 80°C rein formal umgeschaltet werden könnte. Es stellt sich dann aber sofort die Frage, warum sollte der Fachmann ohne jegliche Anregung diesen Schritt aus wärmetechnischen Gründen unter Verschlechterung des Wirkungsgrades der Pfaduko- Wärmeaustauschereinheit überhaupt in Erwägung ziehen. Vollkommen wirkungslos wäre in der gezeichneten Anordnung dann der Kühler für das aus dem Pfaduko abfließende Kondensat in der Abwasserleitung und gleichfalls könnte der Heißwasserverdrängungsspeicher nicht in der beschriebenen Funktionsweise analog zum Streitpatent arbeiten, was von den Beschwerdeführerinnen in der ergänzenden Skizze offensichtlich außer Acht gelassen wurde. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, unter welchen Voraussetzungen der Kondensatkühler im Schema nach Abb. 4 als verfahrensmäßiges Äquivalent zum Würzekühler des Streitpatentes gesehen werden könnte. Der bloße Tatbestand, daß beide Einheiten eine Wärmetauscherfunktion erfüllen, kann dies jedenfalls nicht begründen. Alle weitergehenden Überlegungen würden, wie bereits aufgezeigt, voraussetzen, daß der Fachmann ohne jegliche Anregung Systemleitungen umschaltet und Temperaturniveaus abändert, wozu im vorliegenden Fall keinerlei Veranlassung bestand, da er davon ausgehen mußte, daß es - wie in (1) dargelegt - ein günstigeres System ohne Wärmerückgewinnung für Sudwerke mit chargenweiser Kochung nicht geben kann (siehe Seite 407, rechte Spalte, letzter Absatz).

5.2. Schließlich liegt auch die in den schriftlichen Eingaben der Beschwerdeführerinnen vorgetragene Argumentation, daß durch den Hinweis in (4), "auch aus dem Würzekühler (...) eine Wasseraustrittstemperatur von 95°C zu erreichen", die weitere Erhitzung des Brauwassers aus dem Würzekühler im Pfaduko vorgeschlagen werde, neben der Sache. Es wird in diesem Zusammenhang zwar die Möglichkeit nahegelegt, Teile des Kühlwassers aus der Mitte des Würzekühlers für das Einmaischen des folgenden Sudes zu verwenden und das im Würzekühler erzeugte 95 grädige Wasser in das 95°C-Netz von (1) einzuspeisen, dort zwischenzuspeichern und/oder weiteren Verbrauchern zuzuführen, jedoch ist der Erwiderung der Beschwerdegegnerin zuzustimmen, daß es sich hierbei eindeutig um zwei getrennte, also vom Prinzip her parallele Systeme zur Erzeugung von Heißwasser handelt, die allerdings aufgrund eines gleichen Temperaturniveaus in einem Netz zusammengeführt werden können. Aus dem aus diesen Hinweisen resultierenden Gesamtverfahrensschema einer Kombination von (4) und (1) ist aber keinesfalls eine auf Netzebene gesehene Serienschaltung von Würzekühler und Pfaduko, wie es das Streitpatent vom Verfahrensprinzip her fordert, herleitbar. Dokument (4) hat zur eigentlichen Zielsetzung die Optimierung von Würzekühlanlagen, wozu das Hauptaugenmerk des Fachmannes auf unterschiedliche Betriebszustände des Würzekühlers als solchen bei verschiedener Auslegung und Fahrweise gelenkt wird.

5.3. Auch das in der angefochtenen Entscheidung erwähnte Dokument (2) geht über den Offenbarungsgehalt von (1) und (4) nicht hinaus. Dort wird eine Palette an Wärmerückgewinnungsmöglichkeiten im Sudhaus, u. a. auch die Brauwasseraufheizung mittels des Würzekühlers und die Verwendung des Warmwassers aus dem Pfaduko als Brauchwasser für die Faßreinigung, Herstellung von Sterilisationswasser oder sanitäre Einrichtungen genannt. Das einzige konkrete Ausführungsbeispiel zeigt den Einsatz eines Pfaduko zur Raumheizung und zur Bereitung von warmem Betriebswasser als Wärmeverbundsystem (vgl. Seite 906, Abbildung 1 sowie die textlichen Erläuterungen auf den Seiten 906, 908 und 910). Anregungen für die jetzt beanspruchte Wärmeaustauschsequenz sind hieraus jedenfalls nicht zu erhalten.

5.4. Das Verfahren nach geltendem Anspruch 1 führt gegenüber dem diskutierten Stand der Technik aber nicht nur im allgemeinen zu einer unvorhersehbaren Minderung des überschüssigen Warmwassers beim Würzekochen, sondern durch besagte Wärmeaustauschsequenz lassen sich im Rahmen einer speziellen Betriebsweise zusätzliche energietechnische Vorteile und eine flexible Prozeßführung in einem Ausmaße erreichen, wie sie mit den bekannten Systemen bisher nicht möglich waren.

So führt die im Streitpatent beschriebene Maßnahme, in den Würzekühler insgesamt nur genau die Wassermenge einzuspeisen, die für den nächsten Sud benötigt wird, zum Grenzfall eines Gleichgewichtszustandes bezüglich einer konstant umlaufenden Brauwassermenge und Rückführung der ausgetauschten Energie im Pfaduko zum eigentlichen Würzekochprozeß, und zwar in dem Maße, daß eine Produktion von heißem Überschußwasser praktisch ausgeschlossen wird. Ein derartiger Gleichgewichtszustand ist durch die Konzeption des 15°C-Netzes in Dokument (1) in Verbindung mit der Erhitzung der Lauge für den Flaschenkeller, also einem externen Wärmeverbraucher, nicht möglich und wurde von den Autoren dort auch nicht angestrebt. Das Verfahrensprinzip nach geltendem Anspruch 1 ist auf besagte Randbedingung, in den Würzekühler genau nur die für den nächsten Sud benötigte Wassermenge einzuspeisen aber nicht eingeschränkt. Ohne Abänderung des beanspruchten Verfahrensprinzips, kann in den Würzekühler auch gezielt eine zusätzliche Wassermenge eingespeist werden, um im Bedarfsfall einen externen Wärmeverbraucher zu bedienen. Mit anderen Worten ausgedrückt, gemäß (1) besteht das Erfordernis, nach zusätzlichen Wärmeverbrauchern zu suchen, um einen zwangsläufig anfallenden Heißwasserüberschuß, also Überschußwärme abzufangen, wohingegen beim Streitpatent wahlweise der Würzekühlprozeß mit oder ohne externe Wärmeverbraucher betrieben werden kann, und zwar ohne wärmetechnische Nachteile.

5.5. Die Beschwerdeführerinnen haben in diesem Zusammenhang zu Recht argumentiert, daß "die Grundidee, die Energie des Schwadens durch entsprechende Wärmetauschprozesse in die Brauerei selbst zurückzuführen, so daß die gesamte Anlage dann ohne Wärmeabgabe an die Umwelt und damit unter Schonung der Umwelt betrieben werden kann", von Bilewsky, dem Autor von (1), bereits erkannt worden sei. Gemäß Streitpatent besteht hierfür aber, wie vorstehend aufgezeigt, nicht unbedingt das Erfordernis, die Brauerei als Gesamtanlage in ein Wärmeverbundsystem einzubeziehen, sondern die Wärme kann im Bedarfsfall ausschließlich im Würzekochprozeß unter Verminderung der Überschußwasserproduktion untergebracht werden.

5.6. Die Kammer ist deshalb zu dem Ergebnis gekommen, daß entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen, die an sich einfach gestaltete Lösung der Aufgabe nicht nahegelegen haben kann. Insbesondere können diese offensichtlich in Kenntnis des Streitpatentes geäußerten Zweifel an der erfinderischen Qualität der Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe nicht greifen, da bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit jede unzulässige rückschauende Betrachtungsweise zu vermeiden ist. Allein der Umstand, daß ein erfindungsgemäß erzielter Vorteil bei Kenntnis des Streitpatentes einleuchtet, besagt noch nicht, wie weiter oben dargelegt, daß sich die hierzu notwendigen Maßnahmen dem Fachmann anboten (vgl. T 388/89 vom 26. Februar 1991 und T 519/88 vom 8. März 1990).

5.7. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Das gleiche gilt für die abhängigen Ansprüche 2 ud 3, die lediglich weitere Ausgestaltungen des Gegenstandes von Anspruch 1 betreffen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben

2. Das patent wird in der erteilten Fassung aufrechterhalten.

3. Der Antrag, die große Beschwerdekammer mit der von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden 01) formulierten Rechtsfrage zu befassen, wird zurückgewiesen.

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