Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung 78 100 878.4 ist am 04. November 1981 das europäische Patent 0 008 592 mit 8 Patentansprüchen erteilt worden.
II. Gegen die Erteilung dieses europäischen Patents hat die
Aluminium Press- und Walzwerk
Münchenstein AG
CH-4142 Münchenstein 2
am 29. Juli 1982 frist- und formgerecht Einspruch erhoben und den Widerruf des Patents gemäß Art. 100 a) EPÜ sowohl wegen mangelnder Neuheit (Art. 54 EPÜ) als auch mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Art. 58 EPÜ) beantragt. Die Begründung wurde auf den im Recherchenbericht genannten Stand der Technik (US-A-3 363 383, CH-A-396 370, GB-A-1 215 523) sowie auf drei neu genannte Vorveröffentlichungen (DE-C-876 124, DE-U-7 205 855, DE-A-2 700 626) gestützt. Die Einspruchsabteilung hat durch die in der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 1983 verkündete und am 08. August 1983 mit der Begründung zugestellte Entscheidung das europäische Patent gemäß Art. 102(1) EPÜ mangels erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf DK-A-102 841 bzw. GB-A-1 215 523 in Verbindung mit DE-C-878 124 widerrufen.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin am 30. September 1983 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese mit dem am 08. Dezember 1983 eingegangenen Schriftsatz im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Neuheitsschädlichkeit der Entgegenhaltungen sei nicht gegeben, und bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei von der durch die DE-C-878 124 offenbarte Wandkonstruktion als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen, bei der es sich um nach außen exponierte Verkleidungsbleche und ein als Verbindungsorgan Teil der Außenverkleidung bildendes Skelettprofil handle. Der als Klemmfeder für die abgekanteten Verbindungsbleche dienende nachgiebige Blechstreifen könne sich unter dem Einfluß der Zug- und Verwindungskräfte verformen und keinen sicheren Zusammenhalt der Bleche gewährleisten. Ferner sei kein glatter Übergang zu den Verkleidungsblechen zu erzielen.
Eine diese Nachteile überwindende Lehre sei durch die in der DK-A-102 841 bzw. der GB-A-1 215 523 offenbarten Ausführungsformen weder zu entnehmen noch daraus herleitbar, weil die hieraus bekannten Klemmleisten die ebenen Ränder der inneren Verkleidungsbleche nur durch Reibungsschluß halten und sich über die Ebene derselben erheben, mithin weder eine zugfeste Verbindung noch eine glatte Wandfläche zu bilden vermögen.
Um vom nächstliegenden Stand der Technik gemäß der DE-C-876 124 zusammen mit der aus der DK-A-102 841 entnehmbaren Lehre zum Gegenstand des Anspruches 1 zu gelangen, hätte es demnach einer erfinderischen Tätigkeit bedurft.
IV. Den in der Beschwerdeschrift gestellten Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Basis der neu eingereichten, gegenüber der DE-C-876 124 besser abgegrenzten Patentansprüche aufrechtzuerhalten, hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 1984 durch den Antrag ersetzt, das Patent in geändertem Umfang mit den in der Verhandlung überreichten Unterlagen sowie der mit Bezugszeichen ergänzten Figur 1 der am 08. Dezember 1983 eingegangenen Zeichnung aufrechtzuerhalten.
Sie beantragt ferner hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents mit den erteilten Unterlagen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
Wand- oder Dachelement, insbesondere von Fahrzeugaufbauten, mit einem Skelettprofil (1) mit etwa V-förmigen Ausnehmungen (5) zur formschlüssigen Aufnahme von entsprechend abgekanteten Rändern (4) von Verkleidungsblechen (3), einer aus einem Steg (8) und seitlichen Fixierorganen, die die in die Ausnehmungen (5) eingelegten Ränder (4) formschlüssig übergreifen, bestehenden metallischen, selbsthemmenden Klemmleiste (2) sowie mit Einschnappeinrichtungen zum Festhalten der Klemmleiste im Skelettprofil, dadurch gekennzeichnet, daß
a. das Skelettprofil (1) aus den Seitenwänden (1') und einem Basissteg (1") eine U-Form bildet,
b. an den Enden dieser Seitenwände (1') die Ausnehmungen (5) ausgebildet sind,
c. die Klemmleiste (2) mit ihren vom Steg (8) in das U-förmige Skelettprofil hineinstehenden Leistenschenkeln (8') ebenfalls U-förmigen Querschnitt aufweist,
d. die Enden der Leistenschenkel (8') von den Seitenwänden (1') des Skelettprofiles vorstehenden Nasen (7') elastisch hinterhaken,
e. der als Zugband wirkende Leistensteg (8) seitlich über die Leistenschenkel (8') vorstehende Fortsätze (8") aufweist, an derart Enden die Fixierorgane ausgebildet sind, und
f. Leistensteg (8) und Fortsätze (8') mit den zu verbindenden Verkleidungsblechen (3) eine glatte Ebene bilden.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet wie folgt:
Wand- oder Dachelement, insbesondere von Fahrzeugaufbauten, mit U-förmigen Skelettprofilen (1), in welche die gekanteten Ränder (4) von Verkleidungsblechen (3) durch einschnappbare, selbsthemmende metallische Klemmleisten (2) fixiert sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Klemmleisten (2) etwa U-förmigen Querschnitt aufweisen, ihr als Zugband wirkender Steg (8) seitlich über die Leistenschenkel vorsteht, diese Fortsätze die Ränder (4) der gekanteten Verkleidungsbleche (3) als formschlüssig übergreifen, Steg und Fortsätze mit den zu verbindenden Verkleidungsblechen (3) eine glatte Ebene bilden und ihre Schenkelenden im Skelettprofil (1) hervorstehende Nasen elastisch hinterhaken.
V. Die Einsprechende beantragt, dort Widerruf des Patentes zu bestätigen und die Beschwerde zurückzuweisen. Sie tritt dem Vorbringen der Patentinhaberin entgegen und macht geltend, der neuvorgelegte Patentanspruch 1 sei allein aus formalen Gründen unzulässig, da er über die ursprüngliche Offenbarung und über den Umfang des erteilten Anspruches hinausgehe (Art. 123 (2) und (3)) sowie Merkmale enthalte, die weder offenbart (Art. 83) seien noch in der Beschreibung eine Stütze fänden (Art. 84). Zudem sei der Anspruch in sachlicher Hinsicht durch die DE-C-878 124 und die DK-A-102 841 nach wie vor nahegelegt.
Aus der DE-C-878 124 sei es nämlich bekannt, abgekantete Verkleidungsbleche von Wand- und Dachelementen mittels einer als Zugband wirkenden Klemmleiste, ausgebildet in Form einer beidseitig an den Enden abgebogenen Feder, V-förmige Ausnehmungen eines Skelettprofils mit darin eingelegten Verkleidungsblechrändern formschlüssig zu übergreifen und mit letzteren eine glatte Ebene zu bilden und die Klemmfeder zum Festhalten im Skelettprofil einschnappbar zu gestalten. Andererseits besitze das Skelettprofil nach der DK-A-102 841 eine U-Form mit Basissteg und Seitenwände als auch eine U-förmige Klemmleiste, deren Schenkel in Ausnehmungen der Seitenwände elastisch einhaken und damit auf die Verkleidungsbleche eine einem Zug entgegenstehende Festhaltekraft ausüben. Durch Übertragung dieser Lehre auf jene nach der DE-C-878 124 ergebe sich gleichsam zwangsläufig der Anmeldungsgegenstand, und es bedürfe somit keinerlei erfinderischer Bemühungen, um zu diesem zu gelangen.
VI. Nach Beratung der Kammer in der mündlichen Verhandlung teilte der Vorsitzende den Beteiligten mit, die Kammer beabsichtige, das europäische Patent mit den Unterlagen gemäß dem Hauptantrag der Patentinhaberin aufrechtzuerhalten, und daß die Frist nach Regel 58 (4) EPÜ mit dem Tag der mündlichen Verhandlung zu laufen beginne.
VII. Die Einsprechende hat in einem am 31. Oktober 1984 eingegangenen Schriftsatz zu dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung Stellung genommen. Sie macht insbesondere noch folgendes geltend:
a) Die Patentinhaberin habe zur Präzisierung des Anspruches 1 willkürlich einige allein aus der Zeichnung entnehmbare Merkmale benutzt und diese in den erfindungswesentlichen Rang erhoben. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 83 EPÜ dar. Die vollständige und deutliche Offenbarung müsse so erfolgen, daß der Fachmann erkennen könne, auf welche Merkmale es zur Ausführung der Erfindung ankomme. Hierzu sei die alleinige Offenbarung von Merkmalen in der Zeichnung nicht geeignet, weil dem Fachmann nicht zuzumuten sei, herauszufinden, welche Merkmale der Zeichnung schließlich in erfinderischen Rang erhoben werden könnten. Daher entstehe große Rechtsunsicherheit.
b) Die Zulassung von derartigen Merkmalen gestatte dem Anmelder, eine Vielzahl unterschiedlicher Erfindungen einer einzigen Anmeldung zu entnehmen, was bei Inanspruchnahme des Teilungsrechtes zu einer Vielzahl von Patenten führen könne.
c) Die Aufnahme von allein in der Zeichnung offenbarten Merkmalen widerspreche dem Prioritätsprinzip, was eine Verschiebung des Anmeldetages erfordere.
d) Der Aufnahme derartiger Merkmale stehe der Erteilungsantrag entgegen, der darauf gerichtet sei, auf die in den Ansprüchen gekennzeichnete Erfindung ein Patent zu erteilen.
e) Durch Aufnahme von nur der Zeichnung entnehmbaren Merkmalen im Einspruchsverfahren werde die Zäsurwirkung der Patenterteilung nicht berücksichtigt, da sich der Patentinhaber nach Regel 51(4) auf den Patentgegenstand festgelegt habe. Es sei daher unzulässig, anstelle dessen einen anderen Gegenstand, ein Aliud, mittels der genannten, in den erfindungswesentlichen Rang erhobenen Merkmale zu setzen.
f) Die Aufnahme der Merkmale der genannten Art widerspreche auch der Regel 29, welche die Angabe des Gegenstandes des Schutzbegehrens zum Zeitpunkt der Anmeldung in den Patentansprüchen und nicht in der Zeichnung fordere.
g) Die Zulassung der Praxis der Aufnahme von lediglich in der Zeichnung offenbarten Merkmalen in den Patentanspruch widerspreche der gefestigten Rechtsprechung in mindestens einem Mitgliedsland. Würde dies zugelassen, setze man sich in Widerspruch mit der gefestigten Rechtsprechung mindestens eines Mitgliedslandes, durch welche die Richtsätze festgelegt wurden, unter welchen Bedingungen die Erfindungsoffenbarung anzuerkennen ist. Dies würde von vornherein zur Erteilung von in jenem Mitgliedsland vernichtbaren Patenten führen, was unzweckmäßig sei.
h) Die Einsprechende macht die Forderung der Erfüllung der in g) genannten Richtsätze auch zum Gegenstand des Verfahrens, indem sie lediglich auf die entsprechenden nationalen Entscheidungen verweist.
VIII. Wegen des Wortlauts der erteilten Patentansprüche und der Beschreibung wird auf die europäische Patentschrift 0 008 592 verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Art. 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Im Patentanspruch 1 der neuen Fassung vom 25. Oktober 1984 sind Merkmale aufgeführt, die sich, entgegen der Meinung der Einsprechenden, zwar für den Fachmann nicht unmittelbar, jedoch aus dem Zusammenhang der in der Beschreibung geschilderten Sachverhalte mittelbar ergeben.
2.1. Hierzu gehört das im Oberbegriff hinzugefügte Merkmal der "V-Form" der Ausnehmungen des Skelettprofils. Dieses ergibt sich für den Fachmann zwangsläufig aus der Patentschrift, Spalte 2, Zeilen 34 bis 37. Hiernach kommen die V-förmigen Ränder der Verkleidungsbleche formschlüssig in entsprechende Ausnehmungen die entsprechende Form, d.h. ebenfalls V-Form aufweisen müssen. Das Merkmal der "abgekanteten Ränder" der Verkleidungsbleche läßt sich ebenfalls zweifelsfrei aus der V-Form der Ränder ableiten, denn ohne Abkantung ist eine solche Form nicht denkbar.
Der "Steg" der Klemmleiste erschließt sich aus dem ihm entsprechenden oberen Gurt aus Spalte 3, Zeile 27. Das weitere neu aufgenommene Merkmal der "seitlichen Fixierorgane" läßt die Beschreibung, Spalte 2, Zeilen 35 - 41 insofern erkennen, als die angegebene Funktion der der eingesetzten Klemmleiste zugehörigen Rippen in der Fixierung der Verkleidungsblechränder besteht. Diese sind nunmehr als Fixierorgane entsprechend der ihnen zukommenden Funktion definiert. Ihre "seitliche" Lage erschließt sich aus der Unmöglichkeit der Unterbringung im Innern des Steges, da dieser dergestalt nicht mehr als Zugband wirken könnte (Spalte 2, Zeile 43).
Das ebenfalls neu aufgenommene Merkmal der "Einschnapp- Einrichtung" ergibt sich zweifelsfrei aus der in Spalte 2, Zeilen 55-59, erwähnten selbsthemmende Schnappverbindung.
Das "Übergreifen" der Ränder dient lediglich der Klarstellung des technischen Sachverhaltes, denn die Ränder der Verkleidungsbleche werden notwendigerweise durch die eingreifenden Rippen überlappt.
Mithin ergeben sich sämtliche Merkmale des Oberbegriffes aus dem beschriebenen Sachverhalt.
Der Anspruch 1 ist ferner ordnungsgemäß gegenüber der im Einspruch neu eingewendeten, nächstliegenden DE-C-878 124 abgegrenzt. Der Oberbegriff enthält alle jene Merkmale, die in Verbindung miteinander zum Stand der Technik gehören (Regel 29(1) a)).
2.2. Auch eine Reihe von Merkmalen des Kennzeichens lassen sich aus der Beschreibung herleiten. Im Merkmal a) läßt sich der "Basissteg" des Skelettprofils aus dem in Spalte 3, Zeile 53 aufgeführten "untern Gurt" entnehmen, der dem im ursprünglichen Anspruch 9 (Anspruch 6 der erteilten Fassung) erwähnten "Steg" entspricht. Dieser ist somit zurecht als "Basissteg" präzisiert. Die seitlich über den Steg vorstehenden Fortsätze der Klemmleiste (in Merkmal e)) erschließen sich aus der notwendigerweise seitlichen Verlängerung des oberen Gurtes (vgl. Spalte 3, Zeile 26).
Das Merkmal f) wiederum findet seine Stütze im Hinweis auf die auf das Skelettprofil aufgebrachte Verspannung, und die Zugbandwirkung der Klemmleiste, welche die Verbindungsbleche straff und eben halten sowie auf die sich aus dieser Bauart ergebende glatte Außenhaut (vgl. Spalte 2, Zeile 44 sowie Spalte 3, Zeilen 1, 15, 31, 43 und 44).
Alle diese Merkmale ergeben sich mithin mittelbar aus dem beschriebenen Sachverhalt. Es bestehen somit seitens der Kammer keinerlei Bedenken gegen deren Aufnahme in den Anspruch 1.
2.3. Wie von der Einsprechenden eingewendet, enthält der Anspruch 1 außerdem in der Tat eine Reihe von allein aus der Zeichnung entnehmbaren, die spezifischen Querschnittformen beider Profile betreffenden Merkmalen, nämlich die U-Form des Skelettprofils, deren Seitenwände (als Teil des Merkmals a)), die Ausbildung der Ausnehmungen an den Enden der Seitenwände (in Merkmal b)), die U-Form der Klemmleiste und deren Leistenschenkel sowie das Hineinstehen der Leistenschenkel in das Skelettprofil (als Teil des Merkmals c)), das Vorstehen der Nasen bei den Enden der Leistenschenkel (als Teil des Merkmals d), und die Ausbildung der Fixierorgane an den Enden der Fortsätze (als Teil des Merkmals e). Gegen die vorgenommene Verschiebung des Merkmales des U-förmigen Skelettprofils vom Oberbegriff der erteilten Fassung ins Kennzeichen des geltenden Anspruchs 1 bestehen seitens der Kammer ebenfalls keine Bedenken, da dieses, wie in Absatz 7 erörtert, nicht zum nächstliegenden Stand der Technik gehört, sondern diesem gegenüber zweifelsohne neu ist. Außerdem erfährt der Schutzbereich hierdurch keine Änderung.
2.4. Die in den Ansprüchen 2-7 vorgenommenen Änderungen werden durch die Beschreibung Spalte 3 gestützt, oder sie stellen Klarstellungen dar, wie z.B. in Anspruch 2 die Umbenennung des in der Beschreibung offensichtlich irrtümlich mit Rippe 16 bezeichneten Schenkels, der den Schenkel 16 des Skelettprofils verschieblich führt.
2.5. Da die Kammer in Absatz 4 zum Schluß gekommen ist, daß aus der Zeichnung allein entnehmbare Merkmale zur Präzisierung in die Ansprüche aufgenommen werden dürfen, bestehen gegen deren Wortlaut keine formalen Bedenken. Diese sind nunmehr durch die entsprechend ergänzte Beschreibung vom 25. Oktober 1984 ausgeräumt; die Erfordernisse des Art. 84 sind mithin erfüllt. Sie sind auch konform mit der Regel 29 sowie den Art. 123 (2) und (3).
2.6. Die Patentinhaberin hat eine neue Figur 1 vorgelegt, ohne den sachlichen Inhalt der zeichnerischen Wiedergabe irgendwie zu ändern, sondern es sind nur bestimmte, ursprünglich offenbarte Profilteile mit Bezugszeichen bedacht worden. Am Offenbarungsgehalt der Zeichnungen ist dadurch überhaupt nichts verändert worden. Es handelt sich mithin um der Klarheit dienende rein formale Ergänzungen. Da diese auch in der geltenden Beschreibung und den Ansprüchen nachgetragen worden sind, genügen die Zeichnungen den Erfordernissen von Regel 32(2)(i), so daß seitens der Kammer gegen diese Änderung keine Bedenken bestehen.
3. Angesichts der von der Einsprechenden (Beschwerdegegnerin) vorgetragenen, gegen die Zulässigkeit der Aufnahme von allein aus der Zeichnung entnehmbaren Merkmalen gerichteten Argumente erscheint es wünschenswert, daß sich die Kammer zu bestimmten Aspekten der Auslegung der Art. 83, 84, 123(2) und 123(3) und den Regeln 27 und 29 äußert.
3.1. Bei der Auslegung des Art. 83 ist folgendes von Bedeutung: Die Rechtfertigung des Patentschutzes beruht auf der Überlegung, daß der Erfinder durch Preisgabe seiner Erfindung, d.h. der Veröffentlichung, der Allgemeinheit ermöglicht, daraus insofern Nutzen zu ziehen, als deren Kenntnisse erweitert werden und die Fachwelt zur Weiterentwicklung angeregt wird. Der Erfinder leistet dadurch einen Beitrag zur Bereicherung der Technik. Als angemessenen Lohn für seine Offenbarung stellt das Patentrecht dem Erfinder die Erlangung eines zeitlich begrenzten, ihm reservierten Schutzes in Aussicht. Voraussetzung hierzu ist allerdings die Erfüllung der Erfordernisse der Patentfähigkeit, die im Europäischen Patentübereinkommen in den Artikeln 52 bis 57 niedergelegt sind.
Damit der berechtigte Anspruch der Öffentlichkeit auf vollständige Veröffentlichung der Erfindung sichergestellt wird, sieht das Übereinkommen in Art. 83 vor, daß letztere in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren ist, daß ein Fachmann sie ausführen kann. Der hinreichenden Offenbarung kommt somit im Hinblick auf die Belohnungstheorie eminente Bedeutung zu. Folgerichtig stellt mangelnde Offenbarung (Art. 100) auch einen Einspruchs- bzw. Nichtigkeitsgrund dar (Art. 100 bzw. Art. 138).
3.2. Da laut Art. 78 die europäische Patentanmeldung neben dem Antrag, der Beschreibung, den Ansprüchen und der Zusammenfassung dann über Zeichnungen verfügen muß, wenn sich die Beschreibung oder die Ansprüche auf diese beziehen, bestehen keinerlei Zweifel, daß die Zeichnungen, falls vorhanden, als integraler Bestandteil der die Erfindung offenbarenden Unterlagen der Anmeldung zu betrachten sind. Ob aus dem nicht zwingenden, sondern fakultativen Erfordernis der Beifügung von Zeichnungen der Schluß gezogen werden könnte, daß einmal vorhandenen Zeichnungen bei der Offenbarung etwa untergeordnete Rangordnung zukommen soll, ist das Übereinkommen und die Ausführungsordnung (Art. 78(3)) nach allenfalls vorhandenen, geeigneten Aufschluß gebenden Bestimmungen oder Anhaltspunkten zu überprüfen.
3.2.1. Gegen eine Nachrangigkeit der Zeichnung spricht jedenfalls die Tatsache, daß das Fehlen von solchen nach Regel 43, Absatz 1, eine Neufestsetzung des Anmeldetages oder die ersatzlose Streichung von Bezugnahmen auf diese (d.h. auf die Bilderläuterung) zur Folge hat. Es wird mithin eingeräumt, daß dem Fachmann mit der Zeichnung Sachverhalte vermittelt werden können, die gegenüber der Beschreibung einen Überschuß an Offenbarungsgehalt beinhalten. Nur unter dieser Voraussetzung erhalten die durch die Regel 43 drohenden Rechtsfolgen überhaupt ihren Sinn.
3.2.2. Es ist bemerkenswert festzuhalten, daß das Übereinkommen lediglich hinsichtlich der Zusammenfassung eine Wertung vornimmt, indem diese ausschließlich nur der technischen Information und nicht für andere Zwecke dienen soll (Art. 85). Es wäre demnach zu erwarten gewesen, daß die Urheber des Übereinkommens in analoger Weise der Stellung der Zeichnung eine spezielle Vorschrift gewidmet hätten, falls dies beabsichtigt gewesen wäre. Das Fehlen einer solchen widerspiegelt zumindest die Absicht der Urheber, sich der Zuordnung einer Rangfolge der übrigen Bestandteile der Anmeldung nach Art. 78(1) a) bis d) zu enthalten.
3.2.3. Weder der Wortlaut noch der Sinn des Art. 69 noch jener des Art. 64 kann dieser Auslegung entgegentreten. Art. 69 befaßt sich mit der Festlegung des Schutzbereiches, in dem der Inhalt des Anspruchs maßgebend ist. Dabei sind die Beschreibung und die Zeichnungen als Auslegehilfen beizuziehen. Beide sind mithin einander gleichgestellt. Das gleiche gilt für das Protokoll zur Interpretation des Art. 69, das gemäß Art. 164(1) Bestandteil des Übereinkommens ist.
3.2.4. Art. 84 regelt subsidiär, daß die Ansprüche den Erfindungsgegenstand, also die zur Lösung eines technischen Problems dienenden Merkmale deutlich und knapp wiederzugeben haben, was im Hinblick auf die den Ansprüchen nach Art. 69 zukommende Funktion folgerichtig ist. Dadurch, daß sie auch noch durch die Beschreibung gestützt sein müssen, soll der spekulativen Formulierung von Ansprüchen, die über den Umfang der Beschreibung hinausgehen, Einhalt geboten werden. Eine Antwort auf die Frage, ob allein der Zeichnung entnehmbare Merkmale zur Stützung eben solcher Merkmale in den Ansprüchen in die Beschreibung aufgenommen werden dürfen, ist jedenfalls hieraus nicht zu gewinnen. Daraus erhellt, daß Art. 84 keinen Beitrag zur Klärung der Frage der Zulassung der Offenbarung von derartigen Merkmalen und demnach auch nichts zur Feststellung einer allfälligen Nachrangigkeit der Zeichnung zu leisten vermag.
3.2.5. Weder bei den in der Anmeldung noch bei den im erteilten Patent vorgenommenen Änderungen, deren Zulässigkeit Art. 123 regelt, widerfährt den Zeichnungen eine von den Ansprüchen und der Beschreibung abweichende Sonderbehandlung.
3.2.6. Art. 138 (2) regelt die Beschränkung eines europäischen Patents im nationalen Nichtigkeitsverfahren und bestimmt, daß unter gewissen Voraussetzungen die Beschränkung durch Änderung der Ansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnung erfolgen kann. Auch hierin verzichtet das Übereinkommen auf jedwede Rangordnung zum Nachteil der Zeichnung.
3.3. In der Regel 27 (1) e) der Ausführungsordnung betreffend den Inhalt der Beschreibung wird erwähnt, daß die Abbildungen der Zeichnungen, falls vorhanden, kurz zu beschreiben sind. Aus dieser Formulierung erschließt sich lediglich die zur Herstellung der Verbindung zu den beigefügten Zeichnungen sich ergebende Notwendigkeit der Aufzählung der numerierten Figuren mit einer kurzen Angabe der Darstellungsform und des veranschaulichten Gegenstandes. Daß Zeichnungen nicht unbedingt erforderlich sind, steht durchaus in Übereinstimmung mit dem Wortlaut von Art. 78 (1) (d), wonach dann Zeichnungen verlangt sind, wenn auf sie in der Beschreibung verwiesen wird. Eine Wertung des Ranges derselben läßt sich hieraus nicht ableiten.
3.3.1. Gemäß Regel 27(1) f) ist wenigstens ein Ausführungsweg der beanspruchten Erfindung anzugeben. Wenn angebracht, so soll dies durch Beispiele und gegebenenfalls unter Bezugnahme auf Zeichnungen geschehen. Diese Regel verlangt somit zumindest keine vollständige Schilderung aller Einzelheiten des zeichnerisch dargestellten Gegenstandes in der Beschreibung. Auch hieraus läßt sich mithin keine Wertung der Zeichnung herleiten, sowenig wie aus der Regel 32, die sich ausschließlich mit den Formvorschriften der Zeichnungen befaßt.
3.3.2. Sogar die Regel 33, welche die Form und den Inhalt der nur informativen Zwecken dienenden Zusammenfassung vorschreibt, nennt die Zeichnung neben der Beschreibung und den Patentansprüchen als gleichrangig. Auch bei der Zulässigkeit von vom Amt geforderten (Regel 51(2)) oder vom Anmelder von sich aus vorgenommenen Änderungen oder Berichtigungen der Unterlagen (Regeln 86 und 88) ist zwischen der Beschreibung, der Zeichnung und den Ansprüchen keinerlei Wertungsunterschied feststellbar. Das gleiche gilt für die Regel 87.
3.3.3. Da auch aus der entstehungsgeschichtlichen Entwicklung der Artikel des Übereinkommens und der Regeln der Ausführungsordnung nichts auf eine abweichende Wertung der Zeichnung hindeutet, kommt die Kammer zum Schluß, daß diese als gleichrangiger Bestandteil der Anmeldung nach Art. 83 zu werten ist.
3.4. Dem Interesse der Öffentlichkeit ist demnach dann im Sinn von Art. 83 genüge getan, wenn der Fachmann in die Lage versetzt worden ist, der Anmeldung in ihrer Gesamtheit die für den Nachvollzug der Erfindung notwendigen Angaben zu entnehmen. Diese müssen sich daher nicht unbedingt aus dem Wortlaut der Beschreibung und den Ansprüchen ergeben, denn für den Fachmann ist es zum Nachvollzug im Prinzip gleichgültig, ob sie sich aus den vorgenannten Unterlagen allein oder zusätzlich noch aus den vorhandenen Zeichnungen erschließen lassen.
3.5. Es steht daher dem Art. 83 in keiner Weise entgegen, wenn Merkmale, die ursprünglich nur in der Zeichnung offenbart worden sind, dieser entnommen und sowohl in die Ansprüche und in Erfüllung von Art. 84 zur Stützung derselben auch in die Beschreibung aufgenommen werden. Selbstverständlich ist hierfür Voraussetzung, daß diese Merkmale bezüglich Struktur und Funktion vollständig und unmittelbar in klarer und eindeutiger Weise durch den Fachmann der Zeichnung entnommen werden können und weder Widersprüche mit den übrigen Offenbarungsstellen bestehen noch Verzichte ausgesprochen worden sind.
3.6. Die Einsprechende hat in keiner Weise geltend gemacht, die Struktur als auch die Wirkungsweise der allein aus der Zeichnung offenbarten Merkmale des Skelettprofils und der Klemmleiste sei nicht bereits in der Zeichnung in der in Absatz 3.5 genannten Weise offenbart. Die Einsprechende hat lediglich behauptet, die neu in den Anspruch aufgenommenen Merkmale seien nicht aus der Beschreibung und den Ansprüchen zu entnehmen gewesen. Es kann daher unterstellt werden, daß keine über die in unmittelbarer und eindeutiger Weise aus der Zeichnung hervorgehenden Merkmale hinausgehenden Merkmale in die Beschreibung bzw. Ansprüche eingeführt worden sind. Auch sind keine Verzichte seitens der Patentinhaberin noch Widersprüche mit dem Offenbarungsgehalt der übrigen Anmeldungsunterlagen nachgewiesen worden.
Die Kammer hält daher die Aufnahme der unter Punkt 2.3 aufgezählten Merkmale in die Beschreibung und in die Ansprüche im vorliegenden Fall für zulässig, vorbehaltlich der Erfüllung der Erfordernisse der Art. 123(2) und (3).
3.7. Um beurteilen zu können, ob im vorliegenden Verfahren gegen die in Art. 123 (2) und (3) niedergelegten Bedingungen verstoßen worden ist, bedarf es daher einer eingehenden Untersuchung, inwiefern allenfalls der Gegenstand der Erfindung gegenüber der Offenbarung der ursprünglichen Unterlagen durch Hinzufügen, Austauschen oder Weglassen von Sachverhalten in einer Weise geändert worden ist, daß der Fachmann dabei neue Angaben erhalten hat, die nicht aus der ursprünglichen Beschreibung, den Ansprüchen oder der Zeichnung unmittelbar hervorgehen.
Die Einsprechende hat nicht geltend gemacht, daß die allein in der Zeichnung offenbarten Merkmale des Skelettprofils als auch der Klemmleiste nicht bereits in den ursprünglichen Zeichnungen vollumfänglich und in unmittelbar klarer und eindeutiger Weise enthalten sind. Wie die Kammer bereits festgestellt hat, sind irgendwelche über die Hinzusetzung von Bezugszeichen zu ursprünglich dargestellten einzelnen Teilen der Profile hinausgehende Änderungen in der Zeichnung nicht vorgenommen worden. Es muß mithin füglich festgehalten werden, daß deren Inhalt nicht über die ursprünglich eingereichte Fassung hinausgeht. Das gleiche trifft für die zur Stützung der Ansprüche in analoger und zulässiger Weise aus den Zeichnungen in die Beschreibung aufgenommenen Merkmale zu. Sie können folgerichtigerweise auch nicht über den Umfang der ursprünglichen Fassung der Anmeldung hinausgehen. Mithin liegt auch kein Verstoß gegen die Erfordernisse des Art. 123 (2) vor.
Wie die Einsprechende in ihrer Eingabe vom 29. Oktober 1984 selbst festgestellt hat, werden die aus der Zeichnung entnommenen Merkmale zur Präzisierung verschiedener Merkmale des kennzeichnenden Teiles des Anspruches 1 benutzt, so daß sie sich selbst widerspricht, wenn sie andererseits meint, durch die Hinzufügung dieser Merkmale sei der Schutzbereich erweitert oder verändert worden.
Nach Prüfung der einzelnen in den Anspruch 1 eingeführten Merkmale kommt die Kammer jedenfalls zum Schluß, daß es sich lediglich um qualitativ gestalterische Merkmale der im erteilten Anspruch schon enthaltenen Profile handelt und um keineswegs etwa den Schutzbereich verschiebende Merkmale. Auch ist kein Austausch von Merkmalen vorgenommen worden. Mithin kann nicht von einem Verstoß gegen die Erfordernisse des Art. 123 (3) gesprochen werden, der zur Beurteilung der Zulässigkeit von Änderungen der Patentansprüche maßgeblich ist.
4.1. Die Einsprechende hat gemäß Punkt VII a) geltend gemacht, Art. 83 sei so auszulegen, daß der Fachmann in die Lage versetzt werden müsse, zu erkennen, welche Merkmale als erfindungswesentlich zu gelten hätten, was sich allein in den Zeichnungen offenbarten Merkmalen verschließe. Einer solchen Auslegung kann nicht beigepflichtet werden. Es ist dem Anmelder nicht zuzumuten, bereits bei der Einreichung der Anmeldung alle jene Merkmale besonders hervorzuheben, auf die er sich gegebenenfalls im Laufe des Anmelde- bzw. Einspruchsverfahrens berufen muß, um sich gegenüber einem eingewendeten, näherliegenden Stand der Technik besser abgrenzen zu können. Die Regel 27, die den Inhalt der Beschreibung bestimmt, fordert lediglich, daß neben einer erkennbaren Angabe der Aufgabe und der beanspruchten Lösung wenigstens ein Weg zur Ausführung im einzelnen anzugeben ist. Die Notwendigkeit, unter den vorerst nicht in Ansprüche gekleideten übrigen offenbarten Merkmalen eine bestimmte endgültige Auswahl zu treffen, kann jedenfalls aus der Regel 27 nicht hergeleitet werden. Auch die Regel 29, die sich mit den Ansprüchen als weiterem schriftlichen Offenbarungsbestandteil der Anmeldung befaßt, verlangt von den Ansprüchen zunächst nur die Angabe der im Lichte des am Anmeldungstag dem Anmelder bekannten Standes der Technik als erfinderisch gehaltenen Merkmale als vorläufige Auswahl, die im Laufe des Prüfungsverfahrens geändert bzw. ergänzt werden kann. Einem solchen Vorgehen kann der Erteilungsantrag nach Regel 26 keinesfalls entgegenstehen (vgl. VII (d)).
Da eine Beschreibung eine Vielzahl von undifferenzierten Merkmalen enthalten kann, von denen im Lauf des Anmeldeverfahrens einzelne als erfindungswesentlich ausgewählt werden müssen, besteht in jedem Fall bis zum Zeitpunkt der Vornahme dieser Auswahl durch Aufnahme in den Anpruch eine nicht zu vermeidende Rechtsunsicherheit. Der Umfang der Rechtsunsicherheit hängt mithin von der Gesamtzahl der zur Erhebung in den erfinderischen Rang zur Verfügung stehenden Merkmale ab. Es ist demzufolge nicht zu bestreiten, daß die Rechtsunsicherheit durch die Zulassung der Schöpfung von Merkmalen aus der Beschreibung und der Zeichnung um so mehr erhöht wird, je mehr Merkmale auf diese Weise zur Auswahl anstehen. Aus Billigkeit dem Anmelder gegenüber wird man indessen in Abwägung der Interessen der Öffentlichkeit bei der Entnahme von Merkmalen aus der Zeichnung eine allerdings in erträglichen Grenzen zu haltende geringfügig erhöhte Rechtsunsicherheit in Kauf nehmen müssen.
Diese Grenze ist nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall nicht überschritten, weil es sich, gemessen an der Gesamtzahl, nur um eine geringe Anzahl hinzukommender und überdies qualitativ ausgestaltender Merkmale bereits beanspruchter Elemente handelt.
4.2. Die Kammer kann auch keinen Verstoß gegen das Prioritätsprinzip (vergl. VII c)) erkennen, denn nur die Hinzufügung von nicht aus der Gesamtheit der Anmeldung zu schöpfenden Sachverhalten müßte eine Datumsverschiebung zur Folge haben.
In diesem Zusammenhang sei auf Artikel 88 (4) verwiesen, der eine Verweigerung der Inanspruchnahme der Priorität verbietet, wenn in den Patentansprüchen der Prioritätsunterlagen später in den Ansprüchen aufscheinende Merkmale nicht enthalten, diese jedoch in der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen deutlich offenbart worden sind. Ein Unterschied, ob die Offenbarung in der Beschreibung oder in der Zeichnung erfolgt ist, besteht somit für diesen Fall nicht.
Aus diesem Grund ist es dem Europäischen Patentamt verboten, die Aufstellung von Patentansprüchen zu verweigern, die sich lediglich auf allein den Zeichnungen entnehmbaren Merkmalen der Prioritätsunterlagen stützen. Eine Mißachtung der Rechtsgleichheit wäre die Folge, wenn ein europäischer Erstanmelder schlechter als ein Nachanmelder in einem nationalen Verfahren gestellt würde, das sich bei der Inanspruchnahme der Priorität von Merkmalen der Erfindung, die in den Patentansprüchen sind, nach dem Art. 4H der PVÜ richtet und ebenfalls deren Übernahme in die Ansprüche zuläßt, sofern sie in der Gesamtheit der Erstanmeldungsunterlagen deutlich offenbart sind.
4.3. Die gleichen Argumente dienen analog der Zurückweisung der in VII b) vorgetragenen Behauptung, die Zulassung derartiger Merkmale eröffne die Möglichkeit der Einreichung unzulässiger Teilanmeldungen.
4.4. Zur Beurteilung der Frage, ob durch die Aufnahme von Zeichnungsmerkmalen im vorliegenden Verfahren die Zäsurwirkung (vergl. VII e)) der Patenterteilung mißachtet worden sei, ist lediglich zu prüfen, ob die vorgenommenen Änderungen im Widerspruch mit den in den Art. 123 (2) und (3) niedergelegten Rechtssätzen stehen. Sie legen im wesentlichen fest, daß der Gegenstand eines europäischen Patents nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehend geändert und der Schutzbereich, wie er durch die Patentansprüche des Patents bestimmt wird (Art. 69), im Einspruchsverfahren nicht erweitert werden darf. Damit hat das Übereinkommen den Raum für den nach dem Erteilungsbeschluß liegenden Verfahrensabschnitt für den Bedürfnissen entsprechende Änderungen auch eines erteilten Patentes offengelassen. Ist diesen Bedingungen Genüge getan worden, wie im vorliegenden Verfahren (siehe Absatz 3.7), so kann der Einwand der Einsprechenden gegen die Nichtberücksichtigung der Zäsur nicht durchgreifen, denn das nach der Regel 51(4) gegebene Einverständnis zur erteilten Fassung kann im Hinblick auf die Bestimmungen des Art. 123 keineswegs endgültig sein.
4.5. Der in VII f) erhobene Einwand greift daneben, weil die Regel 29 lediglich fordert, den Gegenstand des Schutzbegehrens im Patentanspruch mit Hilfe der wesentlichen technischen Merkmale anzugeben (siehe Absatz (1) und (3)). Da die Regel 29 fortschreitend für das sich fortentwickelnde Anmelde- bzw. Einspruchsverfahren gilt, ist es zulässig, die wesentlichen zur Erfindung gehörenden Merkmale im Verlaufe des Anmeldeverfahrens aus dem Offenbarten herauszuarbeiten und in den Anspruch aufzunehmen.
4.6. Die Einsprechende weist sodann darauf hin (vergl. VII g), daß die Zulassung der Aufnahme von allein der ursprünglichen Zeichnung entnehmbaren Merkmalen in die Ansprüche und damit in den erfindungswesentlichen Rang eine Abkehr von der gefestigten Rechtsprechung in zumindest einem Mitgliedsland bedeute. Dies allein kann jedoch kein triftiger Grund für die hier befindende Kammer sein, sich von jener durch die Gegebenheiten der nationalen Praxis bestimmten Rechtsprechung leiten zu lassen, zumal die meisten übrigen Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens eine entsprechende restriktive Praxis nicht kennen.
4.7. Zur Begründung von in einem Verfahren vor dem Europäischen Patentamt vorgetragenen Argumenten (vergl. VII (h)), lediglich auf die nationale Rechtsprechung zu verweisen, hält die Kammer für unzulässig. Die Einsprechende hätte zumindest die Richtsätze, auf die sie sich berufen will, nennen und im Zusammenhang mit den vorliegenden Streitpunkten begründen müssen. Da sie dies unterlassen hat, braucht die Kammer auf diesen Einwand nicht einzutreten.
5. Obwohl die Vorinstanz die DK-A-102 841 als nächstliegende Entgegenhaltung betrachtet hat, bestehen seitens der Kammer keine Bedenken, der Patentinhaberin zu folgen und nunmehr von der DE-C-878 124 auszugehen. Im Gegensatz zur DK-A-102 841 offenbart diese zweifelsohne ein Wandelement, dessen Profilstab mit etwa V-förmigen Längsrillen zur formschlüssigen Aufnahme der komplementär abgekanteten Ränder der zu verbindenden Verkleidungsbleche versehen ist. Letztere werden durch seitliche Fixierorgane einer im Profilstab einschnappbaren, den Rändern angepaßten Klemmleiste ebenfalls formschlüssig übergriffen und somit gehalten. Hierzu ist die als Klemmleiste wirkende Feder aus einem zweifach umgebogenen Blechstreifen gefertigt. Sie ist somit elastisch und nachgiebig. Unter dem Einfluß von auftretenden Zug- und Verwindungskräften kann sie sich deshalb bis zum Ausklinken der umgebogenen Federenden verformen, so daß die Fixierung der Blechränder aufgehoben wird. Außerdem bewirkt die Umbiegung der Federränder beim Herstellen die Bildung von seitlichen Abrundungen, mit denen kein glatter, fugenloser Übergang zu den Verkleidungsblechen zu erreichen ist. All dies sieht die Patentinhaberin als nachteilig an.
6. Nach dem angegriffenen Patent liegt daher der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Wandelement der durch die DE-C-878 124 bekanntgewordenen Gattung vorzuschlagen, bei dem die Verkleidungsbleche zugfest festsitzen, die Verbindung zwischen diesen dennoch leicht montier- und demontierbar ist und die die Bleche haltende Klemmleiste mit diesen eine glatte Ebene bildet.
7. Das als Lösung dieser Aufgabe vorgeschlagene Wandelement nach dem Patentanspruch 1 ist weder durch die im Recherchenbericht aufgeführten noch von der Einsprechenden zusätzlich genannten Vorveröffentlichungen bekannt geworden, denn der dem Skelettprofil der Erfindung entsprechende Profilstab nach der DE-C-878 124 besitzt, entgegen den Behauptungen der Einsprechenden, einen W-förmigen und nicht einen U-förmigen Querschnitt. Außerdem ist keine U-förmige Klemmleiste zu erkennen, sind doch die freien Enden der Feder zweifach nach innen im entgegengesetzten Sinn umgebogen. Da weder die DK-A-102 841 noch die inhaltlich vergleichbare GB-A-1 215 523 abgekantete Verkleidungsbleche und daher auch keine diese aufnehmende Ausnehmungen in den Dachbügeln auszuweisen haben, wird der Gegenstand des Anspruchs 1 durch keine dieser Vorveröffentlichungen neuheitsschädlich getroffen. Da die Neuheit aufgrund der weiter entfernten übrigen Entgegenhaltungen nicht bestritten worden ist, erkennt die Kammer mithin den Gegenstand des Patentanspruchs 1 als neu an (Art. 54 EPÜ).
8. Es ist daher zu prüfen, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 des angegriffenen Patentes auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
8.1. Wie bereits erörtert, unterscheidet sich dieser von dem in der DE-C-878 124 offenbarten Wandelement im wesentlichen durch die im Kennzeichen aufgeführten Merkmale a) bis f), so daß sich die Frage erhebt, ob diese aus der DK-A-102 841 klar und folgerichtig hergeleitet werden können. Dabei braucht auf die Wandkonstruktion nach der GB-A-1 215 523 nicht näher eingetreten zu werden, den diese unterscheidet sich inhaltlich hinsichtlich der hier relevanten Merkmale nur unwesentlich von der DK-A-102 841.
Nach dem Vorschlag dieser Druckschrift trägt der Oberteil eines, ein umgekehrtes U-förmiges Profil aufweisenden Rahmens (Dachbügels) eine in nicht näher beschriebener Weise befestigte, gespannte Außenverkleidung eines Fahrzeugaufbaues. Außerdem befinden sich an den Enden einer jeden Seitenwand des genannten U-Profils je ein Auflageflansch für die Ränder von planen Innenverkleidungsblechen, die von seitlichen Fortsätzen einer Klemmleiste gehalten werden.
Letztere besitzt ferner elastische Schenkel, welche die über die Schenkel des U-Profils leicht nach innen vorstoßenden Auflageflansche hinterhaken, um dergestalt die zur Halterung der Innenverkleidungsbleche notwendigen Kräfte zur Erzielung eines Reibungsschlusses zwischen den Flanschen, Fortsätzen und Blechen erzeugen.
8.2. Die Einsprechende hat behauptet, der Fachmann habe nach Erkennen der Mängel bei Verwendung der bekannten Wandverbindung nach der DE-C-878 124 im Hinblick auf die aus der DK-A-102 841 entnehmbaren Lehre nahezu zwangsläufig zur Lösung nach der Erfindung gelangen müssen. Demnach ergebe sich das Wandelement nach Anspruch 1 durch Zusammenfügen der in den zwei Entgegenhaltungen bekannten Merkmale gleichsam von selbst.
Zum Nachweis dieser Behauptung vollzieht sie den Entwicklungsgang der Erfindung in mehreren Schritten nach, indem sie einzelne Merkmale der DK-A-102 841 aus ihrem Zusammenhang herauslöst und in die Ausführung nach dem DE-C-878 124 unter gleichzeitiger weitgehender Abänderung der wesentlichen Bestandteile einfügt. Zunächst stellt die Einsprechende das bekannte U-Profil nach der DK-A-102 841 um 180°C um, damit die Innenwand zur Beanspruchungen ausgesetzten Außenwand wird. Ein Vorbild hierzu findet sich jedoch in der genannten Entgegenhaltung nicht. Im Gegenteil, die Innenverkleidung ist zur Übernahme der Funktion der auf Zug beanspruchten Außenverkleidung vollkommen ungeeignet. Ein auf diese Weise herbeigeführtes Vertauschen der Wände muß demzufolge geradezu als widersinnig erscheinen.
Die Einsprechende hat zwar behauptet, der Fachmann müsse nach Erkenntnis des Mangels der Verletzlichkeit des W-Profils beim Durchtrennen der Klemmfeder zwecks Demontage bei der bekannten Wandverkleidung zwangsläufig zu dieser Umstellung gelangen, denn die Wahl eines außen offenen U-förmigen Skelettprofils dränge sich dem Fachmann gerade wegen der dabei eintretenden Beschädigung des mittig hochstehenden Federanschlagwulstes auf. Dem vermag die Kammer nicht zu folgen, vielmehr sieht sie den logischen Schritt zur Beseitigung dieses Mangels in der naheliegenden und einfachen Verminderung der Höhe des Wulstes, ein Vorgehen, das lediglich eine entsprechende Verlängerung der seitlichen Schenkel erfordert. Die in abwegiger Weise vorgenommene Umstellung entspringt ganz einfach der durch die Erfindung beeinflußten Phantasie der Einsprechenden, genau so wie die weiteren angeblich zur Erfindung hinführenden Schritte, wie z.B. das nirgends angedeutete mittige Durchsägen des W-Profils, das lediglich dem Zweck dient, das umgestellte bekannte U-Profil zwischen die beiden nun getrennten Teile des ersteren einfügen zu können.
8.3. Sodann trennt die Einsprechende als nächsten Schritt die Klemmfeder in analoger aber ebenso wenig sinnvoller Weise mittig durch und vereinigt die erhaltenen Teile mit der bekannten, allerdings der Fortsätze entledigten Klemmleiste, damit die in der Feder zusammengelegte Funktion der formschlüssigen Zugkraftaufnahme und der Sicherung der Blechränder wie bei dem Erfindungsgegenstand getrennt werden kann. Hierzu besteht in keiner Entgegenhaltung weder ein Hinweis noch ein Vorbild. Vielmehr wird durch diese dem Fachmann eine andere Richtung gewiesen. Denn selbst wenn die Trennung der in der bekannten Feder zusammengefaßten Funktionen durch den Stand der Technik nachgewiesen wäre, was, wie die Kammer feststellt, nicht der Fall ist, so würde die Übernahme der Klemmleistensicherung nach der DK-A-102 841 in das bekannte W-förmige Skelettprofil folgerichtigerweise zu einer Klemmleiste mit kurzen senkrechten Schenkeln führen, deren gegeneinandergerichtete Nasen in die seitlichen Ausnehmungen an dem in der Ausführung der DE-C-878 124 offenbarten Wulst einrasten müßten. Eine solche Lösung entspricht nicht der Erfindung. Überdies hätte der Fachmann auch aus praktischen Erwägungen von einer derartigen klemmleistenkonstruktion Abstand genommen, führte diese doch unweigerlich zu einem größeren Abstand der Blechränder und somit zu einer unakzeptablen Längenveränderung der Blechverkleidung.
8.4. Auch das aufgabenhaft formuliere Merkmal f), mit dem eine ebene und glatte, d.h. fugenlose äußere Wandoberfläche angestrebt wird, kann mit der bekannten, zu den Schenkeln umgebogenen Feder nicht erreicht werden, weil bei einer Umbiegung eines Blechstreifens notwendigerweise eine Krümmung entsteht, die nach dem Einpressen der Feder an den Verkleidungsblechen eine Fuge entstehen läßt. Der Fachmann kann übrigens auch aus der durchgehenden Außenblechbespannung eines Fahrzeugaufbaues nach der DK-A-102 841 keine Anregung zur Lösung dieses Problems erwarten.
8.5. Die Kammer gelangt nach eingehender Analyse zum Schluß, daß die DK-A-102 841 dem Fachmann nichts anderes lehrt, als an den den Schenkeln des U-Profils längstverlaufenden Flanschen Innenwandplatten anstelle einer Verschraubung mittels einer Klemmleiste zu befestigen. Die folgerichtige Übertragung dieser Lehre auf das Wandelement gemäß DE-C-878 124 führt indessen zu dem Ergebnis, die in die Längsrille zwischen den unteren W-Schenkeln einzusetzende, zur Befestigung der Innenplatten dienende Schraubverbindung durch eine einschnappbare Klemmleiste zu ersetzen. Von einer Anregung, abgekantete Ränder von Zugspannungen unterworfenen Verbindungsbleche durch eine Klemmfeder zusammenzuhalten, kann daher nicht die Rede sein. Im bekannten und im zu entscheidenden Fall liegen demzufolge gänzlich unterschiedliche Aufgaben vor, was eindeutig dagegen spricht, die bekannte Klemmleiste in einem anderen Zusammenhang und dazu noch in modifizierter Weise zu verwenden.
8.6. Abschließend kann festgestellt werden, daß keine einzige der entgegengehaltenen Vorveröffentlichungen sich überhaupt mit dem Problem der zugfesten, eine glatte, dichte, formschlüssige Ebene bildenden Einfügung von Verkleidungsblechen befaßt. Keine enthält eine Anregung, wie nicht nur bei Verwindungen, sondern auch beim Spannen der Wand auftretende große Zugkräfte zu beherrschen sind. Kein Hinweis läßt sich auf die leichte Montier- und Demontierbarkeit der Außenwand bei Reparaturen finden, bei denen auf Nieten oder Reibungsschluß verzichtet werden kann. Und keine Vorveröffentlichung erwähnt, wie eine vollkommen ebene, beulenfreie Oberfläche zu erzielen ist, auf die eine witterungsbeständige Lackierungsschicht aufgetragen werden kann. Damit ist nachgewiesen, daß eine ganze Reihe von einzelnen Schritten, die vom nächstliegenden Stand der Technik zum Gegenstand des strittigen Patentes führen, durch die von der Einsprechenden genannten Vorveröffentlichungen nicht nahegelegt sind. Noch viel weniger ist die beanspruchte Gesamtkombination für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik klar und folgerichtig herleitbar.
8.7. Der Patentinhaberin ist daher darin beizupflichten, daß die beiden erörterten Entgegenhaltungen wegen ihrer unterschiedlichen Profilformen und Funktionen nicht in der von der Einsprechenden vollzogenen Weise in Zusammenhang gebracht werden können. Es handelt sich demnach beim Vorgehen der Einsprechenden um eine Synthese von Merkmalen, die sich weder direkt noch durch Anregungen oder Hinweise aus den Entgegenhaltungen vollziehen läßt, sondern deren Lehren geradezu widerspricht. Eine derartige Verknüpfung der Merkmale muß als die klassische, rückschauende Betrachtung (Ex-post-facto-Analyse) strikt abgelehnt werden.
8.8. Aus den genannten Gründen kann der Fachmann aus dem in Betracht gezogenen Stand der Technik keine Erkenntnisse gewinnen, die es ihm ermöglicht hätten, in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
9. Nach alledem beruht der Gegenstand des Anspruches 1 gemäß dem Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Art. 56 EPÜ. Er ist demzufolge patentwürdig und gewährbar (Art. 52(1) EPÜ).
10. Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2-7 betreffen besondere Ausführungsformen der Vorrichtung nach Anspruch 1. Sie sind daher ebenfalls gewährbar.
11. Bei dieser Sachlage brauchte auf den Hilfsantrag nicht eingegangen zu werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das europäische Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Beschreibung Seiten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.1984;
Beschreibung wie erteilt, Spalte 2, Zeilen 1-29;
Beschreibung Seite 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.1984;
Beschreibung wie erteilt, Spalte 2, Zeilen 42 bis Ende;
Patentansprüche 1-7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.1984;
Zeichnung mit Figur 1, eingegangen am 8.12.1983, Zeichnungen mit Figuren 2-8 des erteilten Patents.