European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T036099.20020114 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 Januar 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0360/99 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94900748.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | F02M 25/08 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Ventil zum dosierten Einleiten von verflüchtigtem Brennstoff in einen Ansaugkanal einer Brennkraftmaschine | ||||||||
Name des Anmelders: | ROBERT BOSCH GMBH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Firma Carl Freudenberg | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Hauptantrag: Erfinderische Tätigkeit - (verneint) 1. Hilfsantrag: Änderungen - Anspruchserweiterung (bejaht) 2. Hilfsantrag: Änderungen - Anspruchserweiterung (verneint) Erfinderische Tätigkeit - (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die am 23. Februar 1999 zur Post gegebene Entscheidung über den Widerruf des Europäischen Patents 628 137 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr am 8. April 1999 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 16. Juni 1999 eingegangen.
II. Die Einspruchsabteilung war zur Auffassung gekommen, daß das Patent im Hinblick auf die Druckschriften
D1: DE-A-4 023 044 und
D2: JP-A-2 209 683 (einschließlich dem zugehörigen Patent Abstract in englischer Sprache)
den Erfordernissen des Artikels 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ nicht genügt.
III. Am 14. Januar 2002 wurde mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage eines der während der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag, 1. Hilfsantrag oder 2. Hilfsantrag aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"Ventil zum dosierten Einleiten von aus dem Brennstofftank einer Brennkraftmaschine verflüchtigtem Brennstoff in einen Ansaugkanal der Brennkraftmaschine, mit einem zwischen einem Ventilsitzkörper und einem Magnetkern eines Elektromagneten angeordneten Ventilschließglied, das eine Durchgangsöffnung aufweist durch die verflüchtigter Brennstoff bei geöffneter Ventilstellung durchströmt und das eine zum Ventilsitzkörper gerichtete erste Stirnseite und eine zum Elektromagneten gerichtete zweite Stirnseite hat und das von einer Ventilschließfeder in Ventilschließrichtung beaufschlagt und vom Elektromagneten in Ventilöffnungsrichtung betätigbar ist, wobei es bei unbestromtem Elektromagneten mit seiner ersten Stirnseite gegen wenigstens einen am Ventilsitzkörper ausgebildeten Ventilsitz mit wenigstens einer Ventilöffnung gepreßt gehalten wird und bei zunehmender Bestromung des Elektromagneten eine Ventilöffnungsstellung einnimmt, dadurch gekennzeichnet, daß am Ventilschließglied (37) wenigstens ein Dämpferelement (35) vorgesehen ist, das das Ventilschließglied (37) in axialer Richtung durchragt und das an der ersten Stirnseite (38) des Ventilschließgliedes (37) eine zum Ventilsitzkörper (27) gerichtete erste Dämpfungsfläche (40) sowie an der zweiten Stirnseite (39) des Ventilschließgliedes (37) eine zum Elektromagneten (13) gerichtete zweite Dämpfungsfläche (41) bildet, wobei es bei unbestromtem Elektromagneten (13) mit seiner ersten Dämpfungsfläche (40) an dem wenigstens einen Ventilsitz (32) anliegt und bei ausreichender Bestromung des Elektromagneten (13) mit seiner zweiten Dämpfungsfläche (41) an einer Anschlagfläche (55) anliegt, wobei die Dämpfungswirkung des Dämpferelementes (35) durch innere Reibung bei einer aufprallbedingten Verformung des Dämpferelementes (35) erzielt wird."
Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags unterscheidet sich hiervon durch das zusätzliche Merkmal, wonach das Ventilschließglied bei ausreichender Bestromung des Elektromagneten mit seiner zweiten Stirnseite (39) an dem Magnetkern (15) anliegt.
Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, daß die Wortfolge "dadurch gekennzeichnet, daß" durch "und wobei" ersetzt ist und ein zusätzliches Merkmal in den Anspruch aufgenommen wurde, wonach die zweite Dämpfungsfläche direkt an dem in axialer Richtung das Ventilschließglied (37) durchragenden Abschnitt des Dämpferelementes (35) vorgesehen ist.
V. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Der dem Gegenstand des angefochtenen Patents am nächsten kommende Stand der Technik gehe aus D1 hervor. Daraus sei ein Ventil bekannt, wie im Oberbegriff der Ansprüche 1 des Hauptantrags und des 1. Hilfsantrags beschrieben sei. Um bei einem solchen Ventil eine störende Geräuschbildung zu vermeiden und dessen Verschleißresistenz zu verbessern sei erfindungsgemäß am Ventilschließglied ein Dämpfungselement vorgesehen, welches das Ventilschließglied axial durchragt und auf jeder dessen Stirnseiten eine Dämpfungsfläche bildet, wobei das Dämpfungselement so ausgebildet sei, daß die Dämpfungswirkung durch innere Reibung erzielt werde, die bei der aufprallbedingten Verformung entstehe. Diese Lehre könne nicht durch D2 nahegelegt werden. Aus dieser Druckschrift sei zwar ein Dämpfungselement bekannt, das ebenfalls ein Ventilschließglied durchrage und auf jeder von dessen Stirnseiten eine Dämpfungsfläche bilde, der Fachmann würde D2 aber nicht berücksichtigen, weil sie ein anderes Fachgebiet betreffe als das angefochtene Patent und D1. Darüber hinaus würde die Dämpfung bei einem Dämpfungselement nach D2 nicht durch innere Reibung bewirkt, sondern durch eine Verbiegung der zum Dämpfungselement gehörigen, axial vorstehenden Erhebung 10A beim Anschlag am Magnetkern. Selbst wenn der Fachmann eine Kombination von D1 und D2 in Erwägung ziehen sollte, würde er daher nicht zum Gegenstand des angefochtenen Patents gelangen.
Das in Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags zusätzlich enthaltene Merkmal, wonach das Ventilschließglied bei ausreichender Bestromung des Elektromagneten nicht nur mit seiner zweiten Dämpfungsfläche an einer Anschlagfläche anliegt, sondern auch noch mit seiner zweiten Stirnseite am Magnetkern, sei den Ausführungen auf in Spalte 1, Zeilen 30. - 33 der Patentschrift (entsprechend Seite 1, letzter Absatz der WO-A-94/15091) und Spalte 4, Zeilen 47 - 54 der Patentschrift (entsprechend Seite 6, Zeilen 23 - 28) zu entnehmen. Die dort gemachten Angaben, daß beim patentgemäßen Ventil ein Aufeinanderprallen relativ zueinander bewegter metallischer Teile verhindert bzw. abgeschwächt wird und daß sich insbesondere ein metallischer Aufprall des Ventilgliedes mit seiner zweiten Stirnseite am Magnetkern verhindern bzw. dämpfen läßt, könne nämlich so interpretiert werden, daß ein Kontakt der zweiten Stirnseite des Ventilgliedes am Magnetkern ermöglicht werden solle. Der Ausdruck "dämpfen oder abschwächen des Aufpralls" lasse unmittelbar erkennen, daß ein Aufprall in gedämpfter oder abgeschwächter Form vorgesehen sei. Aber auch der Ausdruck "verhindern eines Aufpralls", könne so interpretiert werden, daß der beanspruchte Kontakt auftrete, weil bei einer Aufprallgeschwindigkeit von Null zwar gerade noch ein Kontakt erfolge, aber kein Aufprall mehr stattfinde. Die Auffassung, daß ein Kontakt zwischen dem Ventilschließglied und dem Magnetkern ausreichend offenbart ist, werde auch durch die ursprünglichen Figuren 2 und 3 gestützt, aus denen der Fachmann entnehmen könne, daß ein solcher Kontakt möglich sei, wenn das Dämpferelement nach dem Aufprall auf dem Anschlagkörper (entsprechend Figur 2) oder den Vorsprung des Magnetkerns (entsprechend Figur 3) ausreichend verformt werde.
Eine Anregung dazu, ein Dämpferelement für ein gattungsgemäßes Ventil so auszubilden, daß es sowohl einen Anschlag der zweiten Dämpfungsfläche an einer Anschlagfläche, als auch der zweiten Stirnseite des Ventilschließgliedes am Magnetkern zuläßt, sei aus dem nachgewiesenen Stand der Technik nicht zu entnehmen.
Das zusätzliche Merkmal gemäß Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags, wonach die zweite Dämpfungsfläche direkt an dem in axialer Richtung das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpferelementes vorgesehen ist, sei durch die Offenbarung in Spalte 4, Zeilen 39. - 46 und Spalte 5, Zeilen 29 - 36 der Patentschrift (entsprechend Seite 6, Zeilen 17 - 23 und Seite 7, Zeilen 23 - 28 der WO-A-94/15091) sowie durch die Figuren 2 und 3 abgedeckt.
Die diesem Merkmal entsprechende Ausgestaltung des Dämpferelements ermögliche, daß bei jedem Öffnungshub ein gleichbleibender Öffnungsspalt erzeugt werde, so daß mit dem Ventil gemäß Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags eine genaue Dosierung möglich sei. Auch für diese Maßnahme gebe es im Stand der Technik kein Vorbild. Bei dem aus D2 bekannten Dämpfungselement sei die zweite Dämpfungsfläche zu dem das Ventilglied durchragenden Abschnitt radial versetzt angeordnet und an einem axial relativ weit vorstehenden Vorsprung ausgebildet, so daß keine gleichbleibende Verformung dieses Vorsprungs und somit ein gleichbleibender Öffnungsspalt gewährleistet sei.
Zusammenfassend lasse sich daher feststellen, daß die geänderten Ansprüche aller vorliegenden Anträgen zulässig seien und daß deren Gegenstände auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen und hat folgendes vorgebracht:
Von dem aus D1 bekannten Ventil unterscheide sich der Gegenstand des angefochtenen Patents lediglich durch das Vorsehen eines speziellen Dämpfungselements, das eine Geräuschdämpfung und eine verbesserte Beständigkeit gegen Verschleiß bewirken solle. Ein derartiges Dämpfungselement sei aber für den gleichen Zweck bereits aus D2 bekannt. Da der Fachmann die Suche nach einer geeigneten Maßnahme zur Geräuschdämpfung und Verbesserung der Verschleißresistenz nicht auf eine spezielle Ventilart beschränken werde, sondern sie auf alle elektromagnetisch betätigten Ventile erstrecken werde, würde er auch D2 berücksichtigen. Das darin gezeigte Dämpfungselement umfasse einen Vorsprung 10A der beim Aufprall auf den Magnetkern elastisch verformt werde. Unabhängig davon welche Art der Verformung dabei auftrete, würde immer eine innere Reibung im Vorsprung 10A auftreten, die zumindest zur Dämpfungswirkung beitrage. Bei der naheliegenden Anwendung des aus D2 bekannten Dämpfungselements in einem Ventil nach D1, würde der Fachmann daher unmittelbar zum Gegenstand nach Anspruch 1 des Hauptantrags gelangen.
Die gegenüber dem Hauptantrag zusätzlich in den Ansprüchen 1 des 1. und 2. Hilfsantrags enthaltenen Merkmale seien ursprünglich nicht offenbart gewesen. Aus der ursprünglichen Offenbarung sei weder zu entnehmen, daß ein Kontakt der zweiten Stirnseite des Ventilschließgliedes mit dem Magnetkern stattfinde, noch wie ein solcher Kontakt zusätzlich zum Kontakt der zweiten Dämpfungsfläche mit der Anschlagsfläche erreicht werden könne. Im Hinblick auf das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 nach dem 2. Hilfsantrag könne den ursprünglichen Unterlagen nicht die verallgemeinerte Lehre entnommen werden, daß die zweite Dämpfungsfläche direkt an dem in axialer Richtung das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpferelementes vorgesehen sein soll. Vielmehr würden in bezug auf die zweite Dämpfungsfläche ausschließlich spezielle Merkmalskombinationen offenbart. Nach dem Ausführungsbeispiel wie es in Figur 2 gezeigt ist, bilde das Dämpferelement nicht eine zweite Dämpfungsfläche, sondern mehrere Dämpfungsteilflächen, und nach dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3 müsse das Dämpferelement axial bündig mit der zweiten Stirnfläche abschließen und der Magnetkern einen in axialer Richtung vorstehenden Absatz aufweisen, der als Anschlagsfläche diene. Eine Verallgemeinerung dieser speziellen Merkmalskombinationen könne aus den ursprünglichen Unterlagen des angefochtenen Patents nicht abgeleitet werden.
Selbst wenn die zusätzlichen Merkmale des 1. und 2. Hilfsantrags ursprünglich offenbart gewesen sein sollten, könnten sie keine erfinderische Tätigkeit begründen. Da ein Ventil gemäß D1 bereits einen genauen und reproduzierbaren Öffnungsspalt erfordere, sei es für den Fachmann selbstverständlich, das aus D2 bekannte Dämpferelement für einen Einsatz im Ventil nach D1 so auszugestalten, daß ein Kontakt zwischen der zweiten Stirnseite des Ventilschließgliedes und dem Magnetkern möglich werde, wie es nach dem 1. Hilfsantrag vorgesehen ist. Die in Anspruch 2 des 2. Hilfsantrags vorgeschlagene Anordnung der zweiten Dämpfungsfläche direkt an dem in axialer Richtung das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpferelementes umfasse auch die in D2 gezeigte Anordnung der vom Vorsprung 10A gebildeten zweiten Anschlagfläche, da diese auch über den Abschnitt 10a unmittelbar mit dem das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt verbunden sei.
Folglich beruhe keiner der Gegenstände nach Anspruch 1 der vorliegenden Anträge auf einer erfinderischen Tätigkeit und die Ansprüche 1 des 1. und 2. Hilfsantrags enthielten unzulässige Änderungen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Hauptantrag
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 lediglich durch das beschränkende Merkmal, wonach die Dämpfungswirkung des Dämpferelementes durch innere Reibung bei einer aufprallbedingten Verformung des Dämpferelementes erzielt wird.
Dieses Merkmal ist in der WO-A-94/15091 auf Seite 7, Zeilen 8 - 10 offenbart.
2.2. 1. Hilfsantrag
Das zusätzliche Merkmal vom Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags, wonach das Ventilschließglied bei ausreichender Bestromung des Elektromagneten nicht nur mit seiner zweiten Dämpfungsfläche an einer Anschlagfläche, sondern auch noch
- mit seiner zweiten Stirnseite an dem Magnetkern anliegt,
ist dagegen in den ursprünglichen Unterlagen bzw. WO-A-94/15091 nicht offenbart.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach dieses Merkmal aus den Ausführungen auf Seite 1, letzter Absatz und Seite 6, Zeilen 23 - 28 der WO-A-94/15091 in Zusammenhang mit den Figuren 2 und 3 abgeleitet werden könne, ist nicht überzeugend. Aus den dort enthaltenen Angaben geht nämlich lediglich hervor, daß ein Aufprallen relativ zueinander bewegter metallischer Teile "verhindert bzw. abgeschwächt" werden soll und daß ein metallischer Aufprall des Ventilgliedes mit seiner zweiten Stirnseite am Magnetkern "verhindert bzw. gedämpft" werden soll. Dieses "verhindern, abschwächen oder dämpfen" soll eine störende Geräuschbildung beim Ventilbetrieb vermeiden. Der Begriff "verhindern eines Aufpralls" macht eindeutig klar, daß kein Aufprall stattfinden soll und somit auch kein Kontakt zwischen dem Ventilglied und dem Magnetkern beabsichtigt ist. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Interpretation dieses Begriffs, daß damit auch der Fall eingeschlossen sei, bei dem bei einer Aufprallgeschwindigkeit von Null zwar kein Aufprall mehr erfolge, aber gerade noch ein Kontakt zwischen dem Ventilschließglied und dem Magnetkern, ist dagegen schon daher abwegig, weil es weder offenbart, noch ersichtlich ist, wie dies in dem, im angefochtenen Patent dargestellten Ventil technisch realisierbar sein könnte. Aus dem Begriff "verhindern eines Aufpralls" läßt sich daher nicht ableiten, daß ein Kontakt der zweiten Stirnseite des Ventilschließgliedes mit dem Magnetkern vorgesehen ist. Aber auch der Begriff "dämpfen oder abschwächen des Aufpralls" läßt nicht unmittelbar darauf schließen, daß ein solcher Kontakt vorgesehen ist. Wie auch aus dem angefochtenen Patent selbst zu entnehmen ist (siehe Spalte 4, Zeilen 28 - 35) wird das Wort "dämpfen" im Zusammenhang mit einem Zusammenprall zweier Körper üblicherweise so verstanden, daß der direkte Aufprall durch eine dämpfende Zwischenlage (nach den Ausführungen in Spalte 4, Zeilen 28. - 35 im angefochtenen Patent durch ein dichtendes Dämpferelement) verhindert wird. Gleiches gilt für das Wort "abschwächen", das im angefochtenen Patent offenbar als Synonym für das Wort "dämpfen" gebraucht wird. Aber selbst wenn bei den in den Figuren 2 und 3 des angefochtenen Patents gezeigten Ausführungsbeispielen ein direkter Kontakt zwischen Ventilglied und Magnetkern möglich sein sollte, obwohl es nicht gezeigt wird, und der Begriff "dämpfen oder abschwächen des Aufpralls" so interpretiert werden könnte, daß ein solcher Kontakt auftritt, würde daraus aber immer noch nicht folgen, daß genau diese Möglichkeit im angefochtenen Patent auch offenbart ist. Ein für die Erfindung als wesentlich angesehenes Merkmal sollte nämlich nicht nur aus einem interpretationsfähigen mehrdeutigen Begriff hervorgehen, sondern sollte in klarer und eindeutiger Weise offenbart sein. Im vorliegenden Fall gibt es aber keine ausreichend klare und eindeutige Offenbarung des Merkmals, wonach das Ventilschließglied mit seiner zweiten Stirnseite am Magnetkern anliegen soll.
2.3. 2. Hilfsantrag
Das zusätzliche Merkmal, das Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags aufweist, wonach
- die zweite Dämpfungsfläche direkt an dem in axialer Richtung das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpferelementes vorgesehen ist,
kann unmittelbar aus den ursprünglichen Figuren 2 und 3 entnommen werden.
Die von der Beschwerdegegnerin vorgebrachte Argumentation, nach der dieses Merkmal ursprünglich nicht offenbart gewesen sei, weil im Hinblick auf die zweite Dämpfungsfläche ausschließlich spezielle Merkmalskombinationen offenbart seien, nicht aber die allgemeine Lehre dieses Merkmals, konnte die Beschwerdekammer nicht überzeugen. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts ist es nämlich durchaus zulässig, einem Anspruch Merkmale hinzuzufügen, die unmittelbar und eindeutig aus Zeichnungen hervorgehen (siehe z. B. T 169/83, ABl. EPA 1985, 193). Im vorliegenden Fall zeigen alle in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiele klar und eindeutig (siehe Figuren 2. und 3), daß die zweite Dämpfungsfläche (41) direkt an dem in axialer Richtung das Ventilschließglied (37) durchragenden Abschnitt des Dämpferelementes (35) vorgesehen ist. Folglich kann dieses Merkmal ohne weiteres in einen Anspruch aufgenommen werden, unabhängig davon, ob es in Zusammenhang mit weiteren Merkmalen beschrieben ist oder nicht.
2.4. Die abhängigen Ansprüche 2 - 8 aller vorliegender Anträge entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 - 8 und die zum 2. Hilfsantrag vorgelegte Beschreibung unterscheidet sich von der erteilten Beschreibung lediglich durch eine Anpassung an den geänderten Anspruch 1 sowie durch einen Hinweis auf D2.
2.5. Während die vorgenommenen Änderungen gemäß Hauptantrag und 2. Hilfsantrag daher nach Artikel 123 (2) und (3) EPÜ zulässig sind, erfüllen die im Rahmen des 1. Hilfsantrags vorgenommenen Änderungen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ nicht.
Nachdem der 1. Hilfsantrag somit unzulässig ist, wird er bei der folgenden Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit nicht mehr berücksichtigt.
3. Stand der Technik
3.1. D1 offenbart ein Ventil zum dosierten Einleiten von aus dem Brennstofftank einer Brennkraftmaschine verflüchtigtem Brennstoff in einen Ansaugkanal der Brennkraftmaschine (siehe Spalte 1, Zeilen 6 - 11), mit einem zwischen einem Ventilsitzkörper (gebildet durch das Rückschlußjoch 27) und einem Magnetkern (15) eines Elektromagneten angeordneten Ventilschließglied (37), das eine Durchgangsöffnung aufweist (siehe Figur 1) durch die verflüchtigter Brennstoff bei geöffneter Ventilstellung durchströmt und das eine zum Ventilsitzkörper gerichtete erste Stirnseite und eine zum Elektromagneten gerichtete zweite Stirnseite hat und das von einer Ventilschließfeder (49) in Ventilschließrichtung beaufschlagt und von einem Elektromagneten (13) in Ventilöffnungsrichtung betätigbar ist, wobei es bei unbestromtem Elektromagneten mit seiner ersten Stirnseite gegen wenigstens einen am Ventilsitzkörper ausgebildeten Ventilsitz (32) mit wenigstens einer Ventilöffnung (35, 36) gepreßt gehalten wird und bei zunehmender Bestromung des Elektromagneten eine Ventilöffnungsstellung einnimmt.
Das in D1 gezeigte Ventilschließglied weist auf der zum Ventilsitzkörper gerichteten Stirnseite einen Dichtgummi (41) auf, der aufgrund seiner materialbedingten Eigenschaften als Dämpferelement aufgefaßt werden kann. Ein das Ventilschließglied in axialer Richtung durchragendes Dämpferelement mit je einer Dämpfungsfläche auf jeder der beiden Stirnseiten des Ventilschließgliedes, wie es in Anspruch 1 nach jedem der vorliegenden Anträge definiert ist, geht aus D1 aber nicht hervor.
3.2. D2 zeigt ein Ventil mit einem zwischen einem Ventilsitzkörper (rohrförmiges Element A) und einem Magnetkern (8) eines Elektromagneten angeordneten Ventilschließglied (9), das eine zum Ventilsitzkörper gerichtete erste Stirnseite und eine zum Elektromagneten gerichtete zweite Stirnseite hat und das von einer Ventilschließfeder (11) in Ventilschließrichtung beaufschlagt und von einem Elektromagneten (6, 8) in Ventilöffnungsrichtung betätigbar ist, wobei es bei unbestromtem Elektromagneten mit seiner ersten Stirnseite gegen wenigstens einen am Ventilsitzkörper ausgebildeten Ventilsitz mit wenigstens einer Ventilöffnung gepreßt gehalten wird und bei zunehmender Bestromung des Elektromagneten eine Ventilöffnungsstellung einnimmt, wobei am Ventilschließglied wenigstens ein Dämpferelement (10) vorgesehen ist, das das Ventilschließglied in axialer Richtung durchragt und das an der ersten Stirnseite des Ventilschließgliedes eine zum Ventilsitzkörper gerichtete erste Dämpfungsfläche sowie an der zweiten Stirnseite des Ventilschließgliedes eine zum Elektromagneten gerichtete zweite Dämpfungsfläche (gebildet vom Vorsprung 10A) bildet, wobei es bei unbestromtem Elektromagneten mit seiner ersten Dämpfungsfläche an dem wenigstens einen Ventilsitz anliegt und bei ausreichender Bestromung des Elektromagneten mit seiner zweiten Dämpfungsfläche an einer Anschlagfläche (gebildet von der Stirnseite des Magnetkerns 8) anliegt, und wobei die Dämpfungswirkung des Dämpferelementes durch innere Reibung bei einer aufprallbedingten Verformung des Dämpferelementes erzielt wird.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß die Dämpfung beim Dämpfungselement nach D2 nicht durch innere Reibung bewirkt würde, sondern nur durch eine Verbiegung des Vorsprungs 10A ist nicht überzeugend. Aus D2 und dessen Abstract geht nämlich nicht hervor, daß der Vorsprung 10A beim Aufprall auf den Magnetkern verbogen wird. Vielmehr ist daraus lediglich zu entnehmen, daß er dabei verformt wird (siehe D2, Abstract, Zeilen 7 - 10). Da aber jede Art der Verformung eines elastischen Körpers eine inneren Reibung bedingt, wird auch bei der aufprallbedingten Verformung des Vorsprungs 10A eine innere Reibung auftreten, die zumindest teilweise zur Dämpfungswirkung beiträgt.
Das Ventil nach D2 ist aber nicht zum dosierten Einleiten von aus dem Brennstofftank einer Brennkraftmaschine verflüchtigtem Brennstoff in einen Ansaugkanal der Brennkraftmaschine vorgesehen, sein Ventilschließglied weist keine Durchgangsöffnung auf, durch die verflüchtigter Brennstoff bei geöffneter Ventilstellung strömen könnte, und die zweite Dämpfungsfläche ist nicht direkt an dem in axialer Richtung das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpferelementes vorgesehen.
Die gegensätzliche Auffassung der Beschwerdegegnerin, wonach D2 auch das Merkmal offenbare, daß die zweite Dämpfungsfläche direkt an dem in axialer Richtung das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpferelementes vorgesehen sei, ist nicht stichhaltig. Es trifft zwar zu, daß der in D2 gezeigte Vorsprung 10A über den Abschnitt 10a mit dem das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpfungselementes verbunden ist. Daraus läßt sich aber allenfalls folgern, daß die am Vorsprung 10A vorgesehene Dämpfungsfläche mittelbar oder indirekt mit dem das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpfungselementes in Verbindung steht. Ein Vorsehen der zweiten Dämpfungsfläche direkt bzw. unmittelbar an diesem Abschnitt läßt sich daraus jedoch nicht ableiten.
3.3. Die Gegenstände der Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und 2. Hilfsantrag sind daher gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Der dem Patentgegenstand am nächsten kommende Stand der Technik ist unstrittig in D1 offenbart, da nur diese Entgegenhaltung ein Ventil zum dosierten Einleiten von aus dem Brennstofftank einer Brennkraftmaschine verflüchtigtem Brennstoff in einen Ansaugkanal der Brennkraftmaschine betrifft.
Hiervon ausgehend liegt dem Gegenstand des angefochtenen Patents die Aufgabe zugrunde, eine Geräuschbildung beim Betrieb des Ventils zu vermeiden und eine verbesserte Verschleißresistenz zu erzielen (siehe Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 26 - 33).
4.2. Hauptantrag
4.2.1. Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch gelöst, daß am Ventilschließglied wenigstens ein Dämpferelement vorgesehen ist, das das Ventilschließglied in axialer Richtung durchragt und das an der ersten Stirnseite des Ventilschließgliedes eine zum Ventilsitzkörper gerichtete erste Dämpfungsfläche sowie an der zweiten Stirnseite des Ventilschließgliedes eine zum Elektromagneten gerichtete zweite Dämpfungsfläche bildet, wobei es bei unbestromtem Elektromagneten mit seiner ersten Dämpfungsfläche an dem wenigstens einen Ventilsitz anliegt und bei ausreichender Bestromung des Elektromagneten mit seiner zweiten Dämpfungsfläche an einer Anschlagfläche anliegt, und wobei die Dämpfungswirkung des Dämpferelementes durch innere Reibung bei einer aufprallbedingten Verformung des Dämpferelementes erzielt wird.
4.2.2. Das Vorsehen eines Dämpfungselementes mit diesen Merkmalen am Ventilschließglied eines elektromagnetisch betätigten Ventils zur Reduzierung der Geräuschbildung beim Ventilbetrieb und zur Verbesserung der Verschleißresistenz ist jedoch bereits aus D2 bekannt (siehe Abschnitt 3.2 weiter oben und D2, Patent Abstract, Zeilen 10 - 16). Für den Fachmann ist es daher naheliegend, zur Lösung der dem angefochtenen Patent zugrundeliegenden Aufgabe das aus D2 bekannte Dämpfungselement bei einem Ventil gemäß D1 anzuwenden, wobei er zwangsläufig zum Gegenstand nach Anspruch 1 des Hauptantrags gelangt.
4.2.3. Die Argumente der Beschwerdeführerin, wonach eine Kombination der aus D1 und D2 zu entnehmenden Lehren nicht naheliegend sei, weil D2 ein anderes Fachgebiet betreffe als D1, ist demgegenüber nicht überzeugend.
Das dem angefochtenen Patent zugrundeliegende Problem störender Betriebsgeräusche und Verschleißes tritt bei allen Ventilen auf, die ein von einem Elektromagneten betätigtes Ventilschließglied aufweisen. Da dieses Problem nicht auf Ventile für einen bestimmten Zweck beschränkt ist, wird der Fachmann die Suche nach einer Lösung dafür auch nicht auf ein bestimmtes Einsatzgebiet von Ventilen beschränken, sondern sich auch auf Nachbargebieten umsehen. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, daß er hierzu nicht nur Lösungen aus dem Gebiet der Tankentlüftungsventile berücksichtigen wird, sondern auch aus dem Gebiet anderer, insbesondere im Kraftfahrzeugbau eingesetzter elektromagnetisch betätigter Ventile, zu denen auch D2 gehört.
4.2.4. Unter Berücksichtigung der vorangehenden Feststellungen ist die Beschwerdekammer zur Auffassung gelangt, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
4.3. 2. Hilfsantrag
4.3.1. Im Vergleich zum Hauptantrag wird die dem angefochtenen Patent zugrundeliegende Aufgabe gemäß Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags zusätzlich dadurch gelöst, daß das Dämpferelement die zweite Dämpfungsfläche direkt an dem in axialer Richtung das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpferelementes bildet.
4.3.2. Für eine derartige Ausbildung der zweiten Dämpfungsfläche, die die Möglichkeit einer genauen Kontrolle des Ventilschließgliedhubes eröffnet, gibt es im nachgewiesenen Stand der Technik kein Vorbild. Insbesondere D2 kann hierzu keine Anregung geben, da der die zweite Dämpfungsfläche bildende Vorsprung (10A) zu dem das Ventilschließglied durchragenden Abschnitt des Dämpfungselementes um die Länge des Wandabschnitts (10a) radial nach außen versetzt angeordnet ist.
4.3.3. Die Kammer ist daher überzeugt, daß das in Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags vorgeschlagene Ventil auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
5. Wie aus den vorangehenden Feststellungen hervorgeht, erfüllt der Anspruch 1 nach dem 2. Hilfsantrag sowie die darauf rückbezogenen Ansprüche 2 - 8 die Erfordernisse der Patentierbarkeit und bildet zusammen mit der daran angepaßten Beschreibung und den vorliegenden Zeichnungen eine geeignete Grundlage für eine Aufrechterhaltung des Patents im geänderten Umfang.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit den folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche:
1. gemäß dem 2. Hilfsantrag, wie in der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 2002 überreicht;
2. - 8, wie erteilt;
Beschreibung:
Spalte 1 einschließlich Einschub, wie in der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 2002 überreicht;
Spalten 2 - 5, wie erteilt;
Zeichnungen:
Figuren 1 - 3, wie erteilt.