European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1990:T030889.19900723 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 23 Juli 1990 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0308/89 | ||||||||
Anmeldenummer: | 82101671.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16D 23/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Gleichlaufeinrichtung, insbesondere für das Wechselgetriebe eines Kraftfahrzeuges | ||||||||
Name des Anmelders: | Klöckner-Humboldt-Deutz AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 1)Daimler 2) Zahnradfab | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Amendment - inadmissible Inventive step Unzulässige Änderung nein Erfinderische Tätigkeit ja |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 82 101 671.4, die am 4. März 1982 eingereicht worden war, wurde am 29. April 1987 das europäische Patent Nr. 0 063 227 mit 3 Ansprüchen erteilt.
II. Gegen das erteilte Patent haben die Beschwerdegegnerin I (Einsprechende I) und Beschwerdegegnerin II (Einsprechende II) Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen, da dessen Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Durch Entscheidung vom 2. März 1989 hat die Einspruchsabteilung das Patent mit der Begründung widerrufen, daß der Gegenstand des mit Schreiben vom 30. Juni 1988 vorgelegten neuen Anspruchs 1 durch die Lehren der Dokumente:
Loomann, Zahnradgetriebe, Konstruktionsbücher, Band 26, Springer Verlag, 1970; Seite 184, Abbildung 6.28, (D8) und Werkstatt-Handbuch, Getriebe Nutzfahrzeuge, Band 2, Daimler-Benz AG, Stuttgart-Untertürkheim Werk Wörth, Kundendienst; Titelblatt, Impressum, 26 Einbauübersicht, Seite 1 und 26.4, Bilder-Schnittbilder, Seiten 002/3 bis 002/5, (D16) oder DE-A-2 922 658 (D2) und dem einem Fachmann zu unterstellenden Wissen nahegelegt sei.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 2. Mai 1989 unter Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerdebegründung wurde am 6. Juli 1989 eine geänderte Anspruchsfassung eingereicht.
V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 14. März 1990 wurde seitens der Kammer die vorläufige Meinung vertreten, daß der Gegenstand des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchs 1 in unzulässiger Weise geändert worden sei und nicht den Erfordernissen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ entspreche.
Auf entsprechende Hilfsanträge der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerinnen hin wurden die Parteien zur mündlichen Verhandlung am 23. Juli 1990 geladen.
VI. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und während der mündlichen Verhandlung folgendes vorgetragen:
Ausgehend von D8 als gattungsbildendem Stand der Technik beziehe sich die von der Erfindung zu lösende Aufgabe auf eine verbesserte Schmierung und Kühlung der Reibflächen des Kupplungs- und Gleichlaufringes. Aufgrund der Förderwirkung der konisch ausgebildeteten Reibflächen werde in D8 das Schmiermittel in Richtung größter Durchmesser gefördert. Damit bleibe der Bereich von der Mündung der Stichbohrung zur Zufuhr von Öl auf die Reibflächen bis zum Ende des Reibkonus mit dem kleinsten Druchmesser ungekühlt und ungeschmiert.
Die durch die Erfindung vorgeschlagenen taschenförmigen Aussparungen würden dagegen einen vorteilhaften hohen Schmiermitteldurchsatz gewährleisten, der gezielt durch Bohrungen im Schaltmuffenträger in die Aussparungen geleitet werde.
Keines der entgegengehaltenen Dokumente offenbare solche taschenförmigen Aussparungen mit direkter Ölzufuhr, noch enthielten sie einen Hinweis hierauf.
Sie beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Aufrechterhaltung des Patents mit den während der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen zu beschließen.
VII. Die Beschwerdegegnerin I, welche während der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war, hat im schriftlichen Verfahren vorgebracht, daß beim gattungsbildenden Stand der Technik (D8 oder D16) die Bohrungen bereits am kleinsten Konusdurchmesser der Reibflächen mündeten und allenfalls in den zum Schaltmuffenträger hin offenen Aussparungen der Gleichlaufringe eine zu den Bohrungen beim Stand der Technik äquivalente Lösung ohne erfinderisches Zutun gesehen werden müsse.
Sie beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
VIII. Die Beschwerdegegnerin II hat im schriftlichen Verfahren und während der mündlichen Verhandlung folgendes vorgetragen:
Das Merkmal des kennzeichnenden Teils des neugefaßten Anspruchs 1, wonach die Aussparungen zum Schaltmuffenträger hin offen sein sollen (also nicht nur in Richtung der Reibflächen und in Richtung des Ringraumes, wie auf Seite 4, Zeile 11 bis 15 der Anmeldung angegeben), sei weder den bisherigen Patentansprüchen noch der Beschreibung zu entnehmen. Darüber hinaus gebe die Zeichnung dem Fachmann auch keine klare Information über die exakte Ausbildung dieser Ausnehmungen.
Voraussetzung für eine Aufnahme dieses Merkmals in den Patentanspruch sei, daß das Merkmal bezüglich Struktur und Funktion vollständig und unmittelbar in klarer und eindeutiger Weise durch den Fachmann der Zeichnung entnommen werden könne und daß durch die Aufnahme dieses der Zeichnung entnommenen Merkmals eine Präzisierung der in der Patentschrift beanspruchten Lehre eintrete. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung T 169/83 - 3.2.1. (ABl. EPA 1985, 193).
Der Anspruch 1 verstoße insofern gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
Was das Fehlen einer erfinderischen Tätigkeit anbetrifft, wurde seitens der Beschwerdegegnerin II im wesentlichen folgendes geltend gemacht:
Nach der Druckschrift D8 (Lohmann, Zahnradgetriebe, Abb. 6.28) werde aus Ringräumen den Reibflächen Schmier- und Kühlmittel über Bohrungen zugeführt, die in der jeweiligen Schulter des Kupplungsringes angeordnet sind. Der Darstellung sei deutlich zu entnehmen, daß bei den drei dargestellten Gleichlaufeinrichtungen der Abstand dieser Bohrungen zum Rand der Schultern unterschiedlich sei. Der Fachmann erhalte durch diese Druckschrift somit bereits die Anweisung, die Lage der Bohrungen zu variieren.
Aus der Druckschrift D11 (ZF-Synchroma-Getriebe 5 S 110 GP) und D13 (Demontage- und Montageanleitung Einbau-Anleitung 5 S 110 GP, Januar 1974, Seiten 1, 3 und 121-126) entnehme der Fachmann eine andere Ausbildung der Schmier- bzw. Kühlölzuführung. In der Abb. 1 der D11 sei am rechten Ende des im Längsschnitt dargestellten Getriebes 5 S 110 GP eine Gleichlaufeinrichtung für eine Planetengruppe dargestellt. Danach weise der Schaltmuffenträger eine Bohrung auf, die mit ihrem oberen Ende in einen stirnseitig des Kupplungsringes liegenden Ringraum münde. Eine von diesem Ringraum ausgehende taschenförmige Ausnehmung zwischen Kupplungsund Gleichlaufring sei durch eine gestrichelte Linie dargestellt.
Betrachte man nun die das gleiche Getriebe betreffende Druckschrift D13, so erkenne man auf den Seiten 125 und 126 die Ausbildung der taschenförmigen Ausnehmungen. Diese Ausnehmungen seien demnach sowohl offen in Richtung des Ringraumes und der Reibflächen als auch des am Ende der Schulter liegenden Schaltmuffenträgers. Diese Art der Kühl- und Schmiermittelzufuhr ergebe sich zwangsläufig, da der Ringraum stirnseitig des Kupplungsringes angeordnet sei.
Wenn es der Patentinhaberin nunmehr also darauf ankäme, daß die Ausnehmungen auch in Richtung des Schaltmuffenträgers geöffnet seien, so sei festzustellen, daß sich diese Ausgestaltung der Ausnehmungen für den Fachmann ohne weiteres aus diesen beiden Druckschriften ergebe.
Die Beschwerdegegnerin II beantragte ebenfalls die Zurückweisung der Beschwerde.
IX. Der geltende Anspruch 1 lautet wie folgt:
" Gleichlaufeinrichtung (1) für ein Wechselgetriebe, insbesondere für das Wechselgetriebe eines Kraftfahrzeugs, bei der auf einer Getriebewelle (3) drehfest ein ringförmiger Schaltmuffenträger (2) angeordnet ist, an den ein mit einer konischen Reibfläche (13, 14) versehener und mit einem auf der Getriebewelle (3) lose gelagerten Zahnrad (19, 20) einstückig ausgebildeter oder drehfest verbundener Kupplungsring (15, 16) angrenzt, der über seine Reibfläche (13, 14) mit einer angepaßten konischen Reibfläche (10, 11) eines Gleichlaufringes (8, 9) zusammenwirkt, und bei der durch Hohlräume zwischen dem Schaltmuffenträger (2) und dem angrenzenden Kupplungsring (15, 16) ein Ringraum (27, 28) gebildet ist, der mit Schmiermittel versorgt wird, wobei der Kupplungsring (15, 16) Öffnungen aufweist, die die Reibflächen (13, 14) mit dem Ringraum (27, 28) verbinden, dadurch gekennzeichnet, daß am Kupplungsring (15, 16) als Öffnungen mehrere sowohl zur Reibfläche (10, 11) des gegenüberliegenden Gleichlaufringes (8, 9) als auch zu dem Ringraum (27, 28) sowie zum Schaltmuffenträger (2) hin offene taschenförmige Aussparungen (29, 30) angeordnet sind und daß der Ringraum (27, 28) ferner durch Bohrungen (31, 33) in der Getriebewelle (3) mit dem Schmiermittelkreislauf des Wechselgetriebes verbunden ist."
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1. Der nun geltende Anspruch 1 basiert auf dem erteilten Anspruch 1 und unterscheidet sich von diesem dadurch, daß in den ersten Teil des Anspruchs das Merkmal aufgenommen wurde, a) daß der Kupplungsring Öffnungen aufweist, die die Reibflächen mit dem Ringraum verbinden und der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 durch die Merkmale b) daß die taschenförmigen Aussparungen ausschließlich am Kupplungsring angebracht sind, c) daß die Aussparungen auch zum Schaltmuffenträger offen sind und durch Streichen der Alternativlösung "Bohrungen oder dergl." zu den taschenförmigen Aussparungen präzisiert wurde.
2.2. Das Merkmal a) findet seine Stütze in der ursprünglich eingereichten Anmeldung auf Seite 2, dritter Absatz, wobei statt "Aussparungen" der übergeordnete Begriff "Öffnungen" für die Verbindung zwischen den Reibflächen des Kupplungsringes und dem Ringraum, welche Verbindung im gattungsbildenden Stand der Technik (D8) von Bohrungen gebildet wird, gewählt wurde.
Das Merkmal b) und die Streichung der Alternativlösung "Bohrungen oder dergl." bewirken eine ebenfalls nicht zu beanstandende Einschränkung des Gegenstandes des Anspruchs 1 auf die ursprünglich offenbarte konkrete Ausführungsform.
Das Merkmal c) kann nach Auffassung der Kammer vom Fachmann direkt aus der Zeichnung (weil kein Material am Rand der Aussparung übersteht) und dem auf Seite 5, Zeile 3 bis 11 enthaltenen Text der Anmeldung, nach welchem die Aussparungen an den Schultern der Kupplungsringe angeordnet sind, mit hinreichender Deutlichkeit abgeleitet werden. Auch die Tatsache, daß der ursprüngliche Anspruch 1 als Alternative zu den Aussparungen Bohrungen oder dgl. enthielt, gibt nach Auffassung der Kammer einen klaren Hinweis darauf, daß die Aussparungen nicht mit Bohrungen gleichzusetzen sind, und läßt den Fachmann zusammen mit der obengenannten Offenbarung zweifelsfrei erkennen, daß es sich hier um Aussparungen handelt, bei denen das Material am Rande des Kupplungsringes weggenommen wurde.
2.3. Dieser Auffassung bezüglich des Merkmals c) widerspricht weder die von der Beschwerdegegnerin II aufgegriffene Textstelle auf Seite 4, Zeile 11 bis 15 der ursprünglichen Beschreibung, wonach die taschenförmigen Aussparungen sowohl zur Reibfläche als auch zum Ringraum hin offen sind, noch steht ihr die von der Beschwerdegegnerin II angesprochenen Entscheidung T 169/83 - 3.2.1 (ABl. EPA 1985, 93) entgegen, da - wie oben gezeigt - kein Widerspruch zwischen dem Text der Anmeldung und der Zeichnung besteht.
2.4. Anspruch 1 erfüllt somit das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ und weil der Gegenstand des veröffentlichten Patents weiter eingeschränkt wurde, bestehen auch keine Bedenken bezüglich Artikel 123 (3) EPÜ.
Die sich an den Anspruch 1 anschließenden Ansprüche 2 und 3 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 3 und 4 bzw. den erteilten Ansprüchen 2 und 3.
Da auch sonst keine formalen Einwände bestehen, sind die geltenden Ansprüche zulässig.
3. Neuheit Die dem ersten Teil des Anspruchs 1 zugrundeliegende Druckschrift D8 stellt nach übereinstimmender Ansicht der Parteien und der Kammer den dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten kommenden Stand der Technik dar.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich mit seinen kennzeichnenden Merkmalen von diesem Stand der Technik und ist somit neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ. Da die Neuheit nicht bestritten wurde, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese Frage.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Ausgehend von dem aus D8 bekannten Stand der Technik ist die dem Gegenstand des Anspruchs 1 objektiv zugrundeliegende Aufgabe in Übereinstimmung mit den betreffenden Angaben in der Streitpatentschrift (siehe Spalte 1, Zeile 43 bis 49) darin zu sehen, die Reibflächen des Kupplungs- und Gleichlaufringes mit Sicherheit stets ausreichend mit Schmiermittel zu versorgen.
4.2. Die aus D8 bekannten Stichbohrungen im Kupplungsring für die Ölzufuhr vermögen nicht die gesamte Längserstreckung der Reibfläche zu erfassen. Aufgrund der "Förderwirkung" der konisch ausgebildeten Reibflächen wird das Schmiermittel in Richtung größter Durchmesser gefördert und damit bleibt der Bereich von der Mündung der Stichbohrung bis zum Ende des Reibkonus mit dem kleinsten Durchmesser weitgehend ungeschmiert und ungekühlt.
Durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 des Streitpatents vorgeschlagenen, nach drei Seiten offenen Aussparungen, welche ständig über im Schaltmuffenträger und in der Getriebewelle vorgesehene Bohrungen mit Schmiermittel versorgt werden, ist dagegen immer eine genügende Schmierung und Kühlung der gesamten konischen Reibfläche sichergestellt.
4.3. Als Argument für das Naheliegen dieser Lösung, hat die Beschwerdegegnerin II vorgebracht, daß schon in der Abbildung 6.28 der D8 zu erkennen sei, daß bei den drei dargestellten Gleichlaufeinrichtungen der Abstand der Bohrungen zum Rand der Schultern der Kupplungsringe unterschiedlich sei, und daß der Fachmann durch diese Druckschrift bereits die Anweisung erhalte, die Lage der Bohrungen zu variieren.
Die Vorrichtung nach dieser Abbildung läßt jedoch nach Auffassung der Kammer, entgegen der Behauptung der Beschwerdegegnerin II, keine solche unterschiedlichen Abstände erkennen,sondern - soweit überhaupt wegen der diesbezüglich sehr undeutlichen zeichnerischen Darstellung eindeutige Schlüsse zu ziehen sind - bei allen drei dargestellten Gleichlaufeinrichtungen nur etwa in der Mitte der Reibflächen angeordnete Bohrungen.
4.4. Ausgehend von der D8 vertritt die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung in Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin I die Ansicht,daß es für den Fachmann nahelag, die Lage der bekannten Ölzufuhrbohrungen zu den Reibflächen noch weiter in Richtung auf das Konusende mit dem kleinsten Durchmesser zu verschieben und so im Grenzfall zu den taschenförmigen Aussparungen nach Anspruch 1 zu gelangen. Sie wies dabei außer auf die D8 auch noch auf die D16 hin.
Die D16 beschreibt eine Gleichlaufvorrichtung, bei der in der Zeichnung auf Seite 002/5 eine Schmiermittelzufuhr- Bohrung zu erkennen ist, die gegenüber der Bohrung aus der D8 in Richtung des kleinsten Durchmessers des Reibkonusdurchmessers hin versetzt angeordnet ist.
Diese Tatsache kann jedoch nach Auffassung der Kammer aus sich selbst heraus dem Fachmann noch keine Lehre vermitteln, die Bohrungen durch nach drei Seiten offene Aussparungen zu ersetzen. Wie von der Beschwerdeführerin überzeugend vorgebracht wurde, unterscheidet sich die Wirkung einer Bohrung gegenüber den taschenförmigen Aussparungen nach Anspruch 1 des Streitpatents dadurch, daß die bekannten Stichbohrungen im Kupplungsring, im eingerückten Zustand der Synchronisiereinrichtung den Schmiermitteldurchfluß und damit auch die gewünschte Schmiermittelzufuhr und Wärmeabfuhr unterbrechen, während im Gegensatz dazu die durch die Erfindung vorgesehenen taschenförmigen Aussparungen einen vorteilhaft hohen Schmiermitteldurchsatz gewährleistet, der gezielt durch Bohrungen im Schaltmuffenträger in die taschenförmigen Aussparungen geleitet wird, mit der Folge, daß eine Teilmenge bei sich mit Relativgeschwindigkeit zueinander bewegendem Kupplungs- und Gleichlaufring über die Reibflächen zum größten Reibkonusdurchmesser gefördert wird und der restliche Schmier- und Kühlmittelstrom zur äußeren Wärmeabfuhr insbesondere auf der in Richtung Schaltmuffenträger weisenden Seite vom Gleichlauf- und Kupplungsring dient, wobei die letztgenannte Wirkung auch in eingerücktem Zustand der Gleichlaufrichtung erhalten bleibt.
Nach Auffassung der Kammer spricht diese vom Erfinder erkannte vorteilhafte Wirkung der nach drei Seiten offenen Aussparungen für eine erfinderische Tätigkeit, weshalb diese Ausführung der Schmiermittelzufuhr ohne näheren Hinweis aus dem Stand der Technik nicht als naheliegend betrachtet werden kann.
4.5. Die Beschwerdegegnerin II hat weiter vorgebracht, daß der Fachmann aus den Druckschriften D11 (ZF-Synchroma-Getriebe 5 S 110 GP) und D13 (Demontage- und Montageanleitung Einbau-Anleitung 5 S 110 GP) noch eine der beanspruchten Erfindung nahekommende Ausbildung der Schmier- bzw. Kühlölzuführung entnehme. In der Abb. 1 der Druckschrift D11 sei am rechten Ende des im Längsschnitt dargestellten Getriebes 5 S 110 GP eine Gleichlaufeinrichtung für eine Planetengruppe dargestellt. Danach weise der Schaltmuffenträger eine Bohrung auf, die mit ihrem oberen Ende in einen stirnseitig des Kupplungsringes liegenden Ringraum münde. Eine von diesem Ringraum ausgehende taschenförmige Ausnehmung zwischen Kupplungs- und Gleichlaufring sei durch eine gestrichelte Linie dargestellt. Diese Ausnehmungen seien demnach sowohl in Richtung des Ringraumes und der Reibflächen offen als auch zum Schaltmuffenträger hin. Wenn es nunmehr darauf ankäme, daß die Ausnehmungen auch in Richtung des Schaltmuffenträgers geöffnet seien, ergebe sich aus diesen beiden Druckschriften diese Ausgestaltung der Ausnehmungen für den Fachmann ohne weiteres.
Hierzu ist zu bemerken, daß abgesehen davon, ob die D11 und D13 in der Tat genau dieselbe Konstruktion beschreiben und daher als eine zusammengehörige Offenbarung gelten können oder nicht, die dort gezeigten Aussparungen, welche am deutlichsten in Bild 37 auf Seite 126 von D13 zu erkennen sind, in den Kupplungsring (8) eingearbeitete halbkreisförmige Nuten betreffen, welche zwar zwangsläufig in Richtung des Schaltmuffenträgers offen sind, aber nicht in Richtung des Ringraumes wie dieser in Anspruch 1 des Streitpatents definiert ist.
Da im Falle der D13 also eine andere Lösung zur Verbesserung der Schmierölzufuhr gewählt wurde, kann die Behauptung, daß der Fachmann bei Kombination der Lehren der D11 und D13 und Anwendung bei der aus D8 bekannten Vorrichtung ohne erfinderisches Zutun zu der Gleichlaufvorrichtung nach Anspruch 1 des Streitpatents gelangen würde, nicht überzeugen, zumal keines dieser Dokumente Öffnungen oder Aussparungen zeigt, die in alle drei im Anspruch 1 definierten Richtungen offen sind, und auch die beanspruchte direkte Ölzufuhr zu dem Ringraum nicht offenbart oder nahegelegt ist.
4.6. Was die Ölzufuhr zum Ringraum betrifft, wurde von der Beschwerdegegnerin II noch vorgebracht, daß die Formulierung der Schmiermittelzufuhr nach Anspruch 1 des Streitpatents nicht ausschließe, daß auch Lagerstellen zwischen den genannten Bohrungen in Getriebewelle und Schaltmuffenträger liegen, und daß deshalb kaum ein Unterschied zu der aus D13 und D16 bekannten Schmiermittelzufuhr bestehe.
Diese Auffassung widerspricht jedoch der sinngemäßen Interpretation des beanspruchten Gegenstands, denn nach Anspruch 1 ist der Schaltmuffentäger auf der Getriebewelle drehfest montiert; somit können die Merkmale bezüglich der Schmiermittelzufuhrkanäle nur so aufgefaßt werden, daß die Bohrungen in der Getriebewelle und dem darauf montierten Schaltmuffenträger aneinander anschließen.
4.7. Es besteht keine Veranlassung auf die im Prüfungs- und Einspruchsverfahren entgegengehaltenen und im Beschwerdeverfahren nicht wieder aufgegriffenen Druckschriften einzugehen, da sie dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht näher kommen als das in der Beschwerde behandelte Material.
4.8. Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß D8, D11, D13 und D16 weder für sich noch in Kombination sowie in Verbindung mit dem einem Fachmann zu unterstellenden Wissen dem Gegenstand des Anpruchs 1 im Hinblick auf das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit patenthindernd entgegenstehen (Artikel 56 EPÜ), so daß das Patent auf der Basis des vorliegenden, eingeschränkten Anspruchs 1 Bestand haben kann.
5. Bestandsfähig sind auch die abhängigen Ansprüche 2 und 3, die vorteilhafte Ausgestaltungen des Gegenstandes des Anspruchs 1 beinhalten (Regel 29 (3) EPÜ).
Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Beschreibung entspricht den Vorschriften des EPÜ, Regel 27 EPÜ, und ist für die Aufrecherhaltung des Patents im geänderten Umfang geeignet.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Anprüche 1 bis 3, Beschreibung Spalte 1 bis 3 und Zeichnung 1/1 wie in der mündlichen Verhandlung vorgelegt.