T 1787/14 () of 30.10.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T178714.20151030
Datum der Entscheidung: 30 October 2015
Aktenzeichen: T 1787/14
Antrag auf Überprüfung: R 0002/16
Anmeldenummer: 05782792.5
IPC-Klasse: A23J 3/08
A23L 1/00
A23C 9/142
A23J 1/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VORRICHTUNG UND EIN VERFAHREN ZUR MIKROPARTIKULIERUNG VON FILTRATIONSRETENTATEN
Name des Anmelders: Tetra Laval Holdings & Finance S.A.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsantrag (nein)
Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
R 0009/10
T 0169/83
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin Tetra Laval Holdings & Finance S.A. richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 05 782 792.5 zurückzuweisen.

II. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung basierte auf den Anspruchssätzen gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3. Die Zurückweisung der Anmeldung wurde damit begründet, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 9 aller Anträge im Lichte des Standes der Technik

D6 DE 199 06 379 A1

D9 DE-AS 1 113 928 und

D10 U 2004/0042336 A1

nicht erfinderisch sei.

Darüber hinaus wurde der jeweilige Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 und 3 als nicht klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ angesehen.

III. Die Ansprüche 1 und 9 des Hauptantrags lauteten wie folgt:

"1. Vorrichtung (1) zur eine mechanische Behandlung und eine Wärmebehandlung umfassenden Mikropartikulierung von Filtrationsretentaten, insbesondere von Molkenproteinen in Ultrafiltrationsmolkenkonzentraten, wobei eine separate Wärmebehandlungsvorrichtung (5) sowie eine separate mechanische Behandlungsvorrichtung (9) vorgesehen sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß die mechanische Behandlungsvorrichtung (9) als Homogenisator (9) ausgebildet ist, wobei der Homogenisator (9) einen Spaltdurchgang (26) für das Filtrationsretentat mit einer über dessen Ausdehnung konstanten Breite aufweist, wobei der Spaltdurchgang (26) ringförmig ausgebildet ist und wobei die Breite des Spaltdurchgangs (26) variabel einstellbar ausgestaltet ist."

"9. Verfahren zur Mikropartikulierung von Filtrations­retentaten, insbesondere von Molkenproteinen in Ultrafiltrationsmolkenkonzentraten, umfassend eine mechanische Behandlung und eine Wärmebehandlung, wobei die Wärmebehandlung und die mechanische Behandlung räumlich und zeitlich getrennt voneinander durchgeführt werden,

dadurch gekennzeichnet,

daß die mechanische Behandlung in einem Homogenisator (9) mit ringförmigem Spaltdurchgang (26) durchgeführt wird."

Die Ansprüche 2 bis 8 waren vom Anspruch 1 und die Ansprüche 10 bis 16 vom Anspruch 9 abhängig.

Die Vorrichtungsansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 waren gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrags durch Einfügung von zusätzlichen Merkmalen geändert worden. Diese Änderungen wurden in die Verfahrensansprüche 9 durch entsprechende Rückbeziehung übernommen. Die Änderungen in den Ansprüchen 1 sind im folgenden fettgedruckt wiedergegeben.

Hilfsantrag 1

"1. Vorrichtung (1) zur eine mechanische Behandlung und eine Wärmebehandlung umfassenden Mikropartikulierung von Filtrationsretentaten, insbesondere von Molkenproteinen in Ultrafiltrationsmolkenkonzentraten, wobei eine separate Wärmebehandlungsvorrichtung (5) sowie eine separate mechanische Behandlungsvorrichtung (9) vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet,

daß die mechanische Behandlungsvorrichtung (9) als Homogenisator (9) ausgebildet ist, wobei der Homogenisator (9) einen Spaltdurchgang (26) für das Filtrationsretentat mit einer über dessen Ausdehnung konstanten Breite aufweist, wobei der Spaltdurchgang (26) ringförmig ausgebildet ist und wobei die Breite des Spaltdurchgangs (26) variabel einstellbar ausgestaltet ist, wobei der Mittelwert der Teilchengrößenverteilung über einen Bereich verschiebbar ist, der durch die Einstellung der Breite gegeben ist."

Hilfsantrag 2

"1. Vorrichtung (1) zur eine mechanische Behandlung, nämlich eine mechanische Zerkleinerung, und eine Wärmebehandlung umfassenden Mikropartikulierung von Filtrationsretentaten, nämlich von Molkenproteinen in Ultrafiltrationsmolkenkonzentraten, um Molkenproteine in einem Größenbereich von wenigen Mikrometern herzustellen, wobei eine separate Wärmebehandlungs­vorrichtung (5) sowie eine separate mechanische Behandlungsvorrichtung (9) vorgesehen sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß die mechanische Behandlungsvorrichtung (9) als Homogenisator (9) ausgebildet ist, wobei der Homogenisator (9) einen Spaltdurchgang (26) für das Filtrationsretentat mit einer über dessen Ausdehnung konstanten Breite aufweist, sodass jegliches Filtrationsretentat, welches durch den Homogenisator gegangen ist, eine durch die Breite des Spaltdurchgangs (26) vorgegebene maximale Teilchengröße hat, welche unabhängig ist von dem Ort, an dem das jeweilige Teilchen durch den Spaltdurchgang (26) getreten ist, wobei der Spaltdurchgang (26) ringförmig ausgebildet ist und wobei die Breite des Spaltdurchgangs (26) variabel einstellbar ausgestaltet ist, wobei der Mittelwert der Teilchengrößenverteilung über einen Bereich verschiebbar ist, der durch die Einstellung der Breite gegeben ist."

Hilfsantrag 3

Anspruch 1 ist identisch zum Anspruch 1 des Hilfsantrags 2, wobei jedoch folgende Einfügung am Ende des Anspruchs vorgenommen worden ist:

"...wobei der Homogenisator 9 im Wesentlichen aus einem Stempel (24) und einem Prallring (25) besteht, wobei zwischen dem Stempel (24) und dem Prallring (25) der Spaltdurchgang entsteht, und wobei der Stempel (24) in Richtung der Längsachse (27) relativ zu dem Prallring (25) verschiebbar ausgebildet ist."

IV. Die Gründe der Prüfungsabteilung für die Zurückweisung der Anmeldung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Erfinderische Tätigkeit

Als nächstliegender Stand der Technik sei D6 anzusehen, das eine Wärmebehandlungsvorrichtung zur Hitzedenaturierung von Molkenproteinen beschreibe. Dabei nehme D6 auf Seite 2, Zeilen 48 bis 56 Bezug auf einen technischen Hintergrund der Erfindung, der sich mit einer mechanischen Behandlung ultrafiltrierter hitzebehandelter Molkenproteine in einem speziellen Hochdruckhomogenisator befasse.

Der Unterschied der beanspruchten Vorrichtung und des beanspruchten Verfahrens gegenüber D6 sei daher in der Ausgestaltung des Homogenisators (9) mit einem ringförmigen Spaltdurchgang (26) mit einer über dessen Ausdehnung konstanten Breite, die variabel einstellbar ist, zu sehen.

Es seien jedoch schon aus D9 und D10 Homogenisatoren bekannt, die einen ringförmigen Spaltdurchgang mit einer über dessen Ausdehnung konstanten Breite aufweisen, welche variabel einstellbar sei.

Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 des Hauptantrags sei daher gegenüber einer Kombination von D6 mit D9 oder D10 nicht erfinderisch. Dies gelte auch für den Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 der Hilfsanträge 1 bis 3, da die zusätzlich eingefügten Merkmale nur Erläuterungen oder Umschreibungen von Teilchengrößen darstellen, die sich durch die bereits im Kennzeichen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beschriebenen technischen Merkmale des Homogenisators zwangsläufig ergeben. Diese Einfügungen seien daher keine Einschränkungen im technischen Sinne und könnten somit zur Stütze der erfinderischen Tätigkeit nichts beitragen.

Zudem sei der Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 und 3 im Hinblick auf das Merkmal "in einem Größenbereich von wenigen Mikrometern" nicht klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ.

V. Die Beschwerde der Anmelderin (nachfolgend: Beschwerdeführerin) ging am 30. April 2014 und die Beschwerdebegründung am 7. Juli 2014 ein. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Basis des der Entscheidung zugrundegelegten Hauptantrags, hilfsweise des der Entscheidung zugrundegelegten Hilfsantrags 1, weiter hilfsweise auf Basis eines der der Beschwerdebegründung beigelegten Hilfsanträge 2 oder 3 zu erteilen.

VI. Im Bescheid vom 29. Juli 2015 nahm die Kammer zu den strittigen Punkten vorläufig Stellung.

Die Kammer erhob einerseits Klarheitsmängel bezüglich Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 und äußerte zudem Zweifel, ob das Merkmal im Anspruch 1 des Hilfsantrags 3: "wobei der Stempel (24) senkrecht zur Strömungsrichtung eine plane Oberfläche aufweist", eine Stütze in den Ursprungsunterlagen im Sinne von Artikel 123(2) EPÜ habe, da es nicht explizit in den Ursprungsunterlagen offenbart, sondern offensichtlich nur aus der schematischen Darstellung in Figur 3 abgeleitet sei.

Bezüglich der Frage der erfinderischen Tätigkeit sah die Kammer nicht das Dokument D6, sondern das auf der Seite 2, Zeilen 48 bis 56 von D6 in Bezug genommene Dokument

D6a Paquin et al, "Microparticulation of milk proteins by high pressure homogenisation to produce a fat substitute" in: IDF Special Issue 9303: Protein & Fat Globule Modifications, 389-395 (1993)

als nächstliegenden Stand der Technik an. Das Dokument wurde dem Bescheid als Kopie beigefügt. Die Kammer vertrat die Auffassung, dass D6a eine Wärmebehandlung von Ultrafiltrationsretentaten von Molkenproteinen mit einer nachfolgenden, räumlich getrennten mechanischen Behandlung offenbare. Ferner wies sie darauf hin, dass für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit eine Kombination von D6a mit D9 oder D10 relevant sein könnte.

VII. Die Beschwerdeführerin reichte daraufhin mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 neue Anträge ein, nämlich einen Hauptantrag, Hilfsanträge 1 bis 3, Hilfsanträge 2A, 3A, Hauptantrag B und Hilfsanträge 1B, 2B, 2AB, 3B und 3AB, die alle früheren Anträge ersetzen sollten.

Ferner beantragte sie die Zurückverweisung der Sache an die Prüfungsabteilung wegen der Einführung des Doku­ments D6a durch die Kammer in einem späten Verfahrensstadium.

VIII. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 30. Oktober 2015 statt.

Nach der Diskussion des Antrags der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung der Sache an die Prüfungsabteilung verkündete die Kammer, dass dieser Antrag zurück­gewiesen werde.

Während der Diskussion strittiger Fragen bezüglich Klarheit (Artikel 84 EPÜ), Stütze der Änderungen in den Ursprungsunterlagen (Artikel 123(2) EPÜ) und erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) zog die Beschwerdeführerin die Hilfsanträge 2, 3, 2A, 3A, den Hauptantrag B und die Hilfsanträge 1B, 2B, 2AB, 3B, 3AB zurück.

Ferner wurden geänderte Hilfsanträge 2 (später ebenfalls zurückgezogen) und 3 eingereicht.

Somit sind für die vorliegende Entscheidung nur mehr der Hauptantrag und der Hilfsantrag 1 (beide eingereicht mit Schreiben vom 16. Oktober 2015) und der in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichte geänderte Hilfsantrag 3 (nachfolgend "Hilfsantrag 3") zu berücksichtigen.

Anspruch 1 des Hauptantrages und des Hilfsantrages 1 ist mit dem jeweiligen Anspruch 1 des Hauptantrages und Hilfsantrages 1, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen, identisch (siehe Punkt III oben). Anspruch 1 des Hilfsantrages 3 lautet wie folgt:

"1. Vorrichtung (1) zur eine mechanische Behandlung, nämlich eine mechanische Zerkleinerung, und eine Wärmebehandlung umfassenden Mikropartikulierung von Filtrationsretentaten, insbesondere von Molkenproteinen in Ultrafiltrationsmolkenkonzentraten, wobei eine separate Wärmebehandlungsvorrichtung (5) sowie eine separate mechanische Behandlungsvorrichtung (9) vorgesehen sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß die mechanische Behandlungsvorrichtung (9) als Homogenisator (9) ausgebildet ist, wobei der Homogenisator (9) einen Spaltdurchgang (26) für das Filtrationsretentat mit einer über dessen Ausdehnung konstanten Breite aufweist, wobei der Spaltdurchgang (26) ringförmig ausgebildet ist und wobei die Breite des Spaltdurchgangs (26) variabel einstellbar ausgestaltet ist,

wobei

der Homogenisator (9) im Wesentlichen aus einem Stempel (24) und einem Prallring (25) besteht, wobei zwischen dem Stempel (24) und dem Prallring (25) der Spaltdurchgang (26) entsteht, und wobei der Stempel (24) in Richtung der Längsachse (27) relativ zu dem Prallring (25) verschiebbar ausgebildet ist, wobei der Stempel (24) senkrecht zur Strömungsrichtung eine plane Oberfläche aufweist."

IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin können, soweit sie für die vorliegende Entscheidung relevant sind, wie folgt zusammengefasst werden:

Zurückverweisung der Sache an die Prüfungsabteilung

Mit der verspäteten Einführung des Dokuments D6a als nächstliegenden Stand der Technik durch die Kammer verbleibe der Beschwerdeführerin nur das Beschwerdeverfahren als einzige Instanz, Argumente bezüglich der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auf Basis von D6a vorzubringen. Eine Zurückverweisung sei nötig, damit die Prüfung bisher nicht diskutierter Punkte durch zwei Instanzen möglich bleibe.

Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

Gehe man von D6a als nächstliegendem Stand der Technik aus, so sei zunächst anzuzweifeln, dass darin eine Vorrichtung zur Mikropartikulierung von Molkenproteinen beschrieben sei, bei der die Wärmebehandlung und die Homogenisierung in räumlich voneinander getrennten Apparaturen durchgeführt werden. Die Figur 6.1.2 auf Seite 391 sei rein schematisch und offenbare lediglich ein Zeitschema, das keine Aussage über eine räumliche Trennung der Verfahrensstufen zulasse. Die räumliche Trennung beider Verfahrensstufen sei daher neben der Ausgestaltung des Homogenisators ein weiteres Unterscheidungsmerkmal der beanspruchten Vorrichtung.

Somit unterscheide sich die beanspruchte Vorrichtung von der in D6a beschriebenen Anordnung

- durch die räumliche Trennung von Wärmebehandlung und Homogenisierung und

- durch den völlig anderen Aufbau des Homogenisators mit einem in der Breite variabel einstellbaren ringförmigen Spaltdurchgang für das Filtrationsretentat.

Zum einen werde durch die räumliche Trennung von Wärmebehandlung und mechanischer Behandlung (Homogenisierung) die separate Optimierung beider Verfahrensstufen möglich, da sich diese Stufen nicht gegenseitig beeinflussen; und zum anderen gewährleiste die variable Einstellbarkeit der Breite des Ringspalts im Homogenisator die gezielte Optimierung der Teilchengrößenverteilung der Mikropartikel.

Für den Fachmann, der von D6a ausgehe, sei die beanspruchte Vorrichtung nicht nahegelegt. Zunächst bestand für ihn gar keine Veranlassung, den in D6a zur Homogenisierung eingesetzten Hochdruck-Mikrofluidizer durch einen Homogenisator mit einem anderen Funktionsprinzip zu ersetzen.

Aber selbst wenn der Fachmann auf die Druckschrift D9 gestoßen wäre, würde er nicht zu dem beanspruchten Homogenisator gelangen, da der ringförmige Durchgang in dem Homogenisator gemäß Figur 3 von D9 nicht als in der Breite einstellbarer Spaltdurchgang im Sinne des anspruchsgemäßen Homogenisators angesehen werden könne. Zum einen sei im Ruhezustand gar kein Spalt vorhanden, da die zylindrischen Flächen des gestuften Innenkegels (11) mittels einer Schraubenfeder bündig an die Ringflächen der äußeren gestuften Bohrung (3) gedrückt werden. Zum anderen stelle sich beim Betrieb des Homogenisators ein Kräftegleichgewicht zwischen dem Strömungsdruck auf der einen und der Federkraft auf der Gegenseite des Homogenisators ein, was zu einer periodisch variierenden Auslenkung des Kegels und damit einer ständig pulsierenden Spaltbreite führe. Dies entspreche jedoch nicht dem Konzept des anspruchs­gemäßen Homogenisators, das von einer Fixierung der Spaltbreite ausgeht.

Hilfsantrag 1 - Klarheit

Die Einfügung des Merkmals in den Anspruch 1: "wobei der Mittelwert der Teilchengrößenverteilung über einen Bereich verschiebbar ist, der durch die Einstellung der Breite gegeben ist" stelle eine Relation zwischen der Teilchengröße der Mikropartikel und der Spaltbreite des Homogenisators her und schränke daher den Homogenisator weiter ein. Anspruch 1 sei daher als klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ anzusehen.

Hilfsantrag 3 - Stütze der Änderung in den Ursprungs­unterlagen (Artikel 123(2) EPÜ)

Das Merkmal, dass "der Stempel (24) senkrecht zur Strömungsrichtung eine plane Oberfläche aufweist" sei der Figur 3 der Ursprungsunterlagen entnommen. Zwar fehle eine in Worten ausgedrückte Offenbarung des Merkmals "plane Oberfläche", jedoch habe die schematische Zeichnung als Teil der ursprünglichen Offenbarung durchaus einen Detaillierungsgrad, der es erlaube geometrische Einzelheiten des Zusammenwirkens von Stempel (24) und Prallring (25) zu erkennen. Der Detaillierungsgrad bewege sich nämlich zwischen dem der Beschreibung zu Figur 3 entnehmbaren Informationsgehalt und einer vollständigen Konstruktionszeichnung. Daraus könne abgeleitet werden, dass alle schematisch dargestellten Merkmale erfindungswesentlich seien, soweit es sich nicht um Abmessungen oder Größen­verhältnisse handele.

In diesem Zusammenhang wurde auf die Entscheidung T 169/83 Bezug genommen.

Hilfsantrag 3 - Erfinderische Tätigkeit

Gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 sei der Homogenisator zusätzlich durch die Merkmale des Stempels mit einer senkrecht zur Strömungsrichtung planen Oberfläche, den Prallring, der Verschiebbarkeit des Stempels in Richtung der Längsachse relativ zu dem Prallring und der durch diese Verschiebbarkeit einstellbaren Breite des Spaltdurchgangs charakterisiert.

In D9 sei weder ein Prallring noch ein Stempel mit planer Oberfläche beschrieben. Im Gegensatz zu der anspruchsgemäßen planen Struktur des Stempels seien die stirnseitigen kegelförmigen Innenflächen (11a) des Homogenisators gemäß Figur 3 von D9 als scharfkantige Schneiden ausgebildet, so dass die durch den Spalt durchtretenden Substratteilchen geschnitten und nicht beim Durchtritt zwischen der planen Oberfläche des Stempels und dem Prallring, wie beim anspruchsgemäßen Homogenisator, zerkleinert werden.

Die Kombination von D6a mit D9 lege daher die beanspruchte Vorrichtung nicht nahe.

X. Von der Kammer wurde in der mündlichen Verhandlung unter anderem auf Folgendes hingewiesen:

Zurückverweisung der Sache an die Prüfungsabteilung

Es bestehe kein grundsätzliches Recht auf zwei Instanzen. Außerdem sei das in D6 zitierte Dokument D6a bereits indirekt durch die Prüfungsabteilung behandelt worden, so dass der Einwand der Kammer nicht völlig neu sei.

Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

D6a stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Das einzige Unterscheidungsmerkmal bestehe in der Ausgestaltung des Homogenisators. Insbesondere stelle die anspruchsgemäße räumliche Trennung keinen Unterschied zu D6a dar, da eine solche räumliche Trennung aus Figur 6.1.1 in Verbindung mit dem Text auf Seite 391 sowie dem dort offenbarten Fließschema unmittelbar und eindeutig hervorgehe. Die Ausgestaltung des Homogenisators sei aus D9 nahegelegt, welches sich ebenfalls die Einstellung der Teilchengröße zum Ziel gesetzt habe. Hierbei werde durch die im Homogenisator der D9 gewählte Federspannung und den am Stempel anliegenden Strömungsdruck eine maximale, über dessen Ausdehnung konstante Spaltbreite festgelegt, so dass diesbezüglich kein Unterschied zum Anspruchsgegenstand vorliege.

Hilfsantrag 1 - Klarheit

Das hinzugefügte Merkmal schließe nichts aus, was nicht bereits ohne dieses Merkmal ausgeschlossen war. Es sei daher nicht deutlich, worin die von der Beschwerdeführerin postulierte Beschränkung liege.

Hilfsantrag 3 - Stütze der Änderung in den Ursprungs­unterlagen (Artikel 123(2) EPÜ)

Das Merkmal, dass der Stempel eine plane Oberfläche aufweise, könne der Figur 3 nicht unmittelbar und eindeutig entnommen werden und sei dort, wenn überhaupt, nur in Kombination mit weiteren spezifischen Merkmalen offenbart.

Hilfsantrag 3 - Erfinderische Tätigkeit

Die einzige Oberfläche, die im Homogenisator der D9 senkrecht zur Strömungsrichtung ausgebildet sei, sei eine plane Oberfläche. Somit stelle dieses Anspruchsmerkmal keine Unterscheidung zu D9 dar. Da der Homogenisator der D9 auch die übrigen in Anspruch 1 geforderten Merkmale aufweise, gelange der den Homogenisator der D9 in D6a einsetzende Fachmann zwangsläufig zum Anspruchsgegenstand.

XI. Schlussanträge

Die Beschwerdeführerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und

- die Sache zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Lichte von D6a an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen oder

- ein Patent zu erteilen im Umfang des Hauptantrags oder des Hilfsantrags 1, beide eingereicht mit Schreiben vom 16. Oktober 2015, oder des geänderten Hilfsantrags 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer.

Entscheidungsgründe

1. Antrag auf Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung

1.1 Die Beschwerdeführerin begründete ihren Antrag auf Zurückverweisung der Anmeldung an die Prüfungsinstanz damit, dass ihr die Möglichkeit offenstehen müsse, die Relevanz von D6a von zwei Instanzen überprüfen zu lassen (siehe Punkt IX oben).

1.2 Die Kammer kann sich der Auffassung der Beschwerde­führerin nicht anschließen.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach geltender Rechtsprechung eine Partei kein grundsätzliches Recht auf Zurückverweisung einer Sache an die Vorinstanz hat. Vielmehr ist die Zurückverweisung eine Ermessenssache, die seitens der Kammer zugunsten der Partei ausgeübt werden kann oder auch nicht (siehe z.B. R 9/10 Entscheidungsgründe, Punkt 8).

Zum anderen ist D6a kein neues Dokument, sondern bildet einen Stand der Technik, auf den bereits in D6 auf der Seite 2, Zeilen 48 bis 56 - auch inhaltlich - Bezug genommen wird. Zudem ergibt sich aus Punkt 3.1 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor der Prüfungsabteilung, dass der Inhalt von D6a, soweit er aus der Bezugnahme hervorgeht, während der Verhandlung diskutiert wurde. Auch ist die Prüfungsabteilung in Punkt 3.1.1 ihrer Entscheidung darauf eingegangen. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin bereits in der ersten Instanz zu der Frage, ob in D6a eine Wärmebehandlung und eine sich daran anschließende Homogenisierung denaturierter Molkenproteine mittels eines speziellen Hochdruckhomogenisators beschrieben ist, geäußert hat.

Die Einführung von D6a als eigenständigen nächstliegenden Stand der Technik rechtfertigt daher keine Zurückverweisung an die Vorinstanz. Dies umso mehr, als aus D6a nur Informationen für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit verwendet werden, die nicht wesentlich über den Informationsgehalt hinaus­gehen, der sich aus der Bezugnahme auf Seite 2, Zeilen 48 bis 56 von D6 ergibt.

1.3 Die Kammer hat daher entschieden, den Antrag auf Zurückverweisung abzulehnen.

2. Die Offenbarung der D6a

2.1 D6a offenbart ein Verfahren zur Herstellung kugelförmiger Teilchen, bei dem Molkeprotein einer

- Hitzedenaturierung, entsprechend der anspruchsgemäßen Wärmebehandlung, und

- einer Hochdruckhomogenisierung (in D6a auch als "microfluidisation" bezeichnet), entsprechend der anspruchsgemäßen mechanischen Behandlung in einem Homogenisator,

unterworfen wird (dritter Absatz der Seite 391).

Insbesondere wird im Fließschema in Figur 6.1.2 der D6a folgende Verfahrenssequenz offenbart:

"HEAT TREATMENT 80, 90, 95, 120°C

Time 3, 5, 10min or 4, 8, 16s

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

pH 6,7 (NaOH)

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

MICROFLUIDIZATION Temperature 25, 40°C

Pressure 5000, 10000 psi

Passes 1,2,3,5

2.2 In dem dem Fließschema vorausgehenden Text wird darauf hingewiesen, dass der nächste Schritt, nachdem das Produkt auf einen pH von 6.7 neutralisiert wurde, die Mikrofluidisierung ist ("The next step after the product has been neutralized to pH 6.7 is microfluidization). Somit weist das Verfahren der D6a das Anspruchsmerkmal der zeitlichen Trennung von Wärmebehandlung und Homogenisierung auf.

2.3 Der Beschwerdeführer bestritt jedoch, dass D6a eindeutig eine von der Wärmebehandlungsvorrichtung räumlich getrennte Homogenisierungsvorrichtung offenbare.

2.4 Die Kammer vermag dieser Auffassung jedoch nicht zu folgen. Betrachtet man die im Fliesschema 6.1.2 zu der Stufe der Wärmebehandlung ("Heat Treatment") und Homogenisierung ("Microfluidization") gegebenen Erläuterungen, so stellt man fest, dass beide Prozesse unter völlig verschiedenen Bedingungen ablaufen. So wird die Wärmebehandlung bei 80, 90, 95, 120°C durchgeführt, während bei der Homogenisierung deutlich niedrigere Temperaturen, dafür jedoch sehr hohe Drücke von 5000 bzw. 10.000 psi angewandt werden. Es ist der Kammer nicht ersichtlich, und auch von der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft dargelegt worden, wie Wärmebehandlung (ohne Druck) und Homogenisierung bei Hochdruck in demselben Reaktor in technisch sinnvoller Weise durchgeführt werden können.

Zudem ergibt sich aus dem Fließschema in Verbindung mit der in Figur 6.1.1 auf der Seite 390 von D6a gezeigten Mikrofluidisiervorrichtung, dass zum Zwecke der Homogenisierung ein "Mikronetzwerk" in Form zweier Strahlen in die Kammer des Mikrofluidizers unter einem Druck von 5000 oder 10000psi eingedüst wird, dergestalt, dass die beiden Strahlen aufeinanderprallen, so dass die gewünschten kugelförmigen Teilchen entstehen. Es ist technisch nicht vorstellbar, dass innerhalb der beiden Flüssigkeitsstrahlen im Mikrofluidizer eine mindestens 4 Sekunden dauernde Hitzedenaturierung (Figur 6.1.2) und anschließend eine Ansäuerung stattfindet.

2.5 Die einzig technisch sachverständige Lesart der D6a kann daher nur dahingehen, dass die Hitzedenaturierung in D6a außerhalb des Homogenisators (Mikrofluidizers) stattfinden muss. Eine räumliche Trennung von Wärmebehandlung und Homogenisierung ist daher in D6a für den fachkundigen Leser zumindest implizit offenbart.

3. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

3.1 Der Hauptantrag betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur eine mechanische Behandlung und eine Wärmebehandlung umfassenden Mikropartikulierung von Filtrationsretentaten, insbesondere von Molkenproteinen in Ultrafiltrationsmolkenkonzentraten (WO 2006/024395 A1, Seite 1, Absatz 1). Ziel ist es, eine Vorrichtung und ein Verfahren zu schaffen, welche(s) durch Kombination von (i) hitzeinduzierter Denaturierung und Aggregation von Molkenproteinen mit (ii) einer mechanischen Zerkleinerung eine hohe Ausbeute an Partikeln in einem vorwählbaren Größenbereich ermöglicht (Seite 1, Absatz 2 und Seite 3, Absatz 2 der WO-Schrift).

3.2 In gleicher Weise wie der Hauptantrag ist D6a auf die Bereitstellung eines Verfahrens gerichtet, welches zu hitzedenaturiertem, teilchenförmigem Molkeprotein führt (zweiter und dritter Absatz der Seite 391). Der nächstliegende Stand der Technik wird daher durch D6a repräsentiert. Darin wird eine Kombination von Hitzedenaturierung und Hochdruckhomogenisierung von Molkeproteinen beschrieben, die zur Bildung sphärischer Partikel führt (Seite 391, 2. vollständiger Absatz). Wie bereits in den Punkten 2.1 bis 2.5 oben ausgeführt, werden die in dem Fliesschema 6.1.2 von D6a dargestellten auf die Ultrafiltration folgenden Stufen der Hitzebehandlung und Homogenisierung in zeitlich und räumlich getrennten, apparativen Einrichtungen durchgeführt.

3.3 Das mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber D6a zu lösende Problem ist darin zu sehen, eine Vorrichtung bereitzustellen, mit der sich die Partikelgröße der Molkenproteine variabel einstellen lässt (Seite 13, Zeile 14-24 der WO-Schrift).

3.4 Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags im Unterschied zu D6a dadurch gelöst, dass der Homogenisator (9) einen ringförmigen Spaltdurchgang (26) für das Filtrationsretentat mit einer über dessen Ausdehnung konstanten Breite aufweist, wobei die Breite des Spaltdurchgangs (26) variabel einstellbar ist.

Auf der Seite 12, Absatz 3 der WO-Schrift wird ausgeführt, dass das Filtrationsretentat auf der Hochdruckseite durch den Druckgradienten zwischen Hochdruck- und Niederdruckseite durch den Ringspalt (26) gepresst und entsprechend der Breite des (variabel einstellbaren) Ringspaltdurchgangs zerkleinert wird, so dass auf der Niederdruckseite des Homogenisators (9) das Filtrationsretentat aus einer großen Zahl von Partikeln mit innerhalb des Durchmesserbereichs (des Ringspalts) liegenden Teilchengröße besteht. Es ist plausibel, dass obige Aufgabe durch dieses Funktionsprinzip gelöst wird.

3.5 Die Lösung dieser Aufgabe ist jedoch aus D9 nahegelegt. Dieses Dokument betrifft eine Vorrichtung zum Homogenisieren von flüssigen und breiigen Substanzen und hat sich eine gleichmäßige und zuverlässige Homogenisierung, und damit das Erzielen einer bestimmten Teilchengröße, zum Ziel gesetzt (Spalte 1, Zeile 24-31). Hierbei ist, wie unten gezeigt (Punkt 3.5.2) die Breite des Spaltes im Homogenisator der D9 und damit die Teilchengröße variabel einstellbar. Der von D6a ausgehende und mit der objektiven technischen Aufgabe konfrontierte Fachmann würde daher den Homogenisator der D9 in D6a einsetzen.

Der Homogenisator der D9 weist hierbei folgende Merkmale auf:

3.5.1 Zentraler Teil des Homogenisators der D9 ist ein in Figur 3 veranschaulichter zweiteiliger Homogenisierungskopf dessen äußerer Teil (3) eine gestufte, mit einer sich nach der Ausstoßseite hin erweiternden, Bohrung besitzt, in welche ein entsprechend gestufter innerer kegelförmiger Teil (11) mit einer durch eine Schraubenfeder einstellbaren Vorspannung angedrückt wird.

In Spalte 1, Zeilen 24 bis 49 von D9 wird hierzu erläutert, dass sich durch die stirnseitigen Ringflächen des axial verkantungssicher geführten inneren Teils Kegelflächen bilden, so dass eine Konzentrizität zwischen beiden Teilen des Homogenisierungskopfes gewährleistet ist. Durch diese Konzentrizität wird das Ziel erreicht, dass der Ringspalt an allen Stellen der Querschnittsebene gleich ist.

Aus dieser Offenbarung in D9 ergibt sich zweifelsfrei, dass der Homogenisator einen ringförmigen Spaltdurchgang mit einer über dessen Ausdehnung konstanten Breite gemäß dem Kennzeichen des Anspruchs 1 des Hauptantrags aufweist.

3.5.2 Die variable Einstellbarkeit der Breite des Spaltdurchgangs als weiteres Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 ergibt sich aus der Offenbarung in D9, Spalte 1, Zeilen 24-27: "Ziel der Erfindung ist es, eine Homogenisiereinrichtung zu schaffen, bei welcher der Ringkanal bei jeder Einstellung in jeder Querschnittsebene exakt konzentrisch liegt ..." (Hervorhebung durch die Kammer), in Verbindung mit Spalte 4, Zeilen 12 bis 41, woraus hervorgeht, dass mittels einer in der Vorspannung veränderbaren Schraubenfeder (15) der Andruck der ringförmigen Stufenflächen des inneren Teils (11) des Homogenisierungskopfes an die ringförmigen Stufenflächen des äußeren Teils (3) in gewolltem Ausmaß verändert werden kann. Daraus ist sofort ersichtlich, dass bei diesem variabel einstellbaren Anpressdruck bei gegebenem Strömungsdruck der in den Homogenisierungskopf eintretenden Homogenisierungsmasse auch die Breite des sich öffnenden Ringspaltes, wie in Anspruch 1 gefordert, variabel ist.

Die Beschwerdeführerin argumentierte diesbezüglich, dass sich mit dem in D9 beschriebenen Homogenisierungskopf keine exakt konstante Spaltbreite einstellen ließe, da sich durch das Kräfteverhältnis zwischen dem Strömungsdruck der Homogenisierungsmasse und der Vorspannung der Feder eine periodisch pulsierende Auslenkung des Spalts ergäbe. Diese Argumentation kann jedoch nicht überzeugen, da im Kennzeichen des Anspruchs 1 des Hauptantrags lediglich gefordert wird, dass die Breite des Spaltdurchgangs über dessen Ausdehnung konstant sein muss. Dies ist jedoch auch beim Homogenisierungskopf gemäß D9 aufgrund der Konzentrizität des beim Durchtritt der Homogenisierungsmasse entstehenden Ringkanals gegeben.

3.5.3 Somit weist der in D9 offenbarte Homogenisator alle in Anspruch 1 geforderten Merkmale auf. Der zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe den Homogenisator der D9 in D6a einsetzende Fachmann gelangt daher zwangsläufig zum Gegenstand des Anspruchs 1.

3.6 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Homogenisator gemäß D6a nach einem völlig anderen Prinzip arbeiten würde als der in D9 beschriebene Homogenisierungskopf, und dass daher der Fachmann, ausgehend von D6a, gar nicht auf D9 gestoßen wäre.

Dieses Argument vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Es ist davon auszugehen, dass der Fachmann erkennt, dass mit dem in D6a beschriebenen Mikrofluidizer die Teilchengröße der Mikropartikel nicht gezielt variiert werden kann und dass er sich daher zur Lösung der gestellten Aufgabe, die Größe der Mikropartikel von Molkenproteinen zu variieren, nach Alternativen umsehen würde. Dabei ist es nach gängiger Rechtsprechung für den Fachmann üblich, dass er sich nicht nur in einem eng begrenzten Umfeld der Homogenisierung von Molkenproteinen, sondern auch in benachbarten technischen Gebieten nach geeigneten Lösungsansätzen umsehe würde. Der Homogenisator gemäß D9 ist für die Homogenisierung flüssiger und breiiger Substanzen konzipiert. Da der Fachmann weiß, dass Molkenproteine nach Ultrafiltration gemäß D6a eine flüssige oder breiige Konsistenz haben, würde er auf D9 stoßen und in dem dort beschriebenen Homogenisator einen brauchbaren Lösungsansatz für das erfindungsgemäß zu lösende Problem sehen.

Die Kombination von D6a mit D9 legt daher die beanspruchte Vorrichtung nahe.

3.7 Der Hauptantrag ist somit mangels erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 nicht gewährbar.

4. Hilfsantrag 1 - Klarheit

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags durch folgende Einfügung am Ende des Anspruchs:

"... wobei der Mittelwert der Teilchengrößenverteilung über einen Bereich verschiebbar ist, der durch die Einstellung der Breite gegeben ist."

Die Beschwerdeführerin sieht in dieser Einfügung eine weitere Einschränkung des anspruchsgemäßen Homogenisators, da nunmehr eine Relation bestehe zwischen der Spaltbreite des Ringspalts (26) und der Teilchengröße der Mikropartikel.

Eine derartige Relation ergibt sich jedoch bereits zwangsläufig mit den Merkmalen des ringförmigen Spaltdurchgangs (26) und der variablen Einstellbarkeit der Spaltbreite des Spaltdurchgangs (26) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags, da ja die Teilchengröße und damit auch die Teilchengrößenverteilung der durch den Spalt durchtretenden Partikel durch die Spaltbreite des Homogenisators bestimmt werden. Es ist daher nicht deutlich, welche Einschränkung durch obige Einfügung in den Anspruch 1 bewirkt werden soll.

Das in Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal führt daher zur Unklarheit des Anspruchs (Artikel 84 EPÜ).

Somit ist der Hilfsantrag 1 ebenfalls nicht gewährbar.

5. Hilfsantrag 3

5.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Anfügung folgender Merkmale:

"... wobei

der Homogenisator (9) im Wesentlichen aus einem Stempel (24) und einem Prallring (25) besteht, wobei zwischen dem Stempel (24) und dem Prallring (25) der Spaltdurchgang entsteht, und wobei der Stempel (24) in Richtung der Längsachse (27) relativ zu dem Prallring (25) verschiebbar ausgebildet ist, wobei der Stempel (24) senkrecht zur Strömungsrichtung eine plane Oberfläche aufweist."

5.2 Stütze von Änderungen in den Ursprungsunterlagen (Artikel 123(2) EPÜ)

Das Merkmal "... wobei der Stempel (24) senkrecht zur Strömungsrichtung eine plane Oberfläche aufweist" ist explizit nicht in den Ursprungsunterlagen offenbart, sondern lediglich aus der Darstellung des Homogenisators gemäß Figur 3 abgeleitet. In dieser Figur ist der Stempel (24) zweidimensional schematisch gezeichnet, wobei die Frontseite senkrecht zur Strömungsrichtung durch eine gerade Linie dargestellt ist. Eine solche Linie sagt jedoch in der in Figur 3 gezeigten Draufsicht nichts über die dreidimensionale Oberflächenstruktur der Stempeloberfläche aus. Ferner ist aus der Erläuterung der Figur 3 in dem die Seiten 10/11 verbrückenden Absatz der ursprünglichen Beschreibung nichts zu entnehmen, was zumindest implizit auf die Oberflächenstruktur der Stempel­oberfläche hindeuten könnte.

Die Beschwerdeführerin argumentierte mit Bezug auf die Entscheidung T 169/83, dass es in dem dort behandelten Fall die Kammer als zulässig angesehen habe, Merkmale, beispielsweise die U-Form eines Skelettprofils, allein den Zeichnungen zu entnehmen. Dieser Fall ist jedoch nicht ohne weiteres auf die vorliegende Anmeldung übertragbar, da sich in dem der Entscheidung T 169/83 zugrundeliegenden Fall die U-Form des Skelettprofils (1) in der zweidimensionalen Draufsicht aus den Figuren der Ursprungsunterlagen ableiten ließ.

Die Kammer ist außerdem - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - der Ansicht, dass die in Figur 3 gezeigte relativ detailarme Darstellung des Homogenisators bei weitem nicht an den Detailreichtum einer Konstruktionszeichnung heranreicht und daher eher als Minimaldarstellung des Homogenisators angesehen werden muss. Dennoch zeigt sie, wenn überhaupt, die plane Oberfläche nur in Kombination mit mehreren spezifischen Merkmalen, die in Anspruch 1 fehlen, beispielsweise einer charakteristischen Geometrie des Stempels und Prallrings.

Die Kammer ist daher der Ansicht, dass das Merkmal "... wobei der Stempel (24) senkrecht zur Strömungsrichtung eine plane Oberfläche aufweist" keine Basis in den Ursprungsunterlagen hat, so dass die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ somit nicht erfüllt sind.

5.3 Erfinderische Tätigkeit

5.3.1 Selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin annehmen würde, dass obiges Merkmal durch die Ursprungsunterlagen im Sinne von Artikel 123(2) EPÜ gestützt ist, fehlt dem Gegenstand des Anspruchs 1 aus den folgenden Gründen die erfinderische Tätigkeit:

5.3.2 Zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist der Homogenisator (9) durch die Hinzufügung (siehe Punkt 5.1 oben) noch durch folgende Merkmale näher präzisiert:

a) er besteht aus einem Stempel (24) und einem Prallring (25);

b) zwischen dem Stempel (24) und dem Prallring (25) entsteht der Spaltdurchgang (26);

c) der Stempel (24) ist in Richtung der Längsachse (27) relativ zu dem Prallring verschiebbar ausgebildet;

d) der Stempel (24) weist senkrecht zur Strömungsrichtung eine plane Oberfläche auf.

5.3.3 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist, wie auch für den Hauptantrag, die Kombination von D6a mit D9 relevant.

Geht man weiterhin von D6a als nächstliegendem Stand der Technik aus, so ist zunächst zu untersuchen, welche der Merkmale a) bis d) den anspruchsgemäßen Homogenisator von dem in D9 offenbarten Homogenisator unterscheidbar machen.

5.3.4 Da im Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 die Form des Stempels nicht definiert ist, kann auch der innere, kegelförmige Teil (11) des Homogenisators gemäß Figur 3 von D9 als kegelförmiger Stempel angesehen werden.

Wenn man ferner, ungeachtet Punkt 5.2 oben, aus der Figur 3 der Ursprungsunterlagen aus der geraden Linie des Stempels eine Stütze für das Merkmal des Anspruchs 1 ableitet, dass der Stempel eine plane Oberfläche hat, lässt sich auch aus Figur 3 in D9 die der Strömung zugewandte innerste durch eine gerade Linie dargestellte Oberfläche des Innenkegels (Stempels) als plan interpretieren. Merkmal d) ist daher kein Unterscheidungsmerkmal zum Homogenisator gemäß D9.

Darüber hinaus sind die zylindrischen Ringflächen der gestuften Bohrung des äußeren Teils (3) in D9 als Prallring des Homogenisators anzusehen, wobei zwischen dem kegelförmigen Stempel (11) und dem Prallring bei der Öffnung des Stempels durch den Strömungsdruck ein Spaltdurchgang entsteht, durch den die Homogenisierungsmasse durchtritt. Die Merkmale a) und b) werden von der Kammer daher auch nicht als unterscheidende Merkmale zum Homogenisator gemäß D9 angesehen.

Durch die einstellbare Vorspannung der Schrauben­feder (15) kann der Anpressdruck des inneren Teils (11) des Homogenisierungskopfes an die ringförmigen Stufenflächen der Bohrung des äußeren Teils des Homogenisierungskopfes in gewolltem Ausmaß variiert werden (D9, Spalte 4, Zeilen 27 bis 41). Damit ist die Spaltbreite des Spaltdurchgangs, bei gegebenem Strömungsdruck, variierbar. Dies entspricht der im Merkmal c) des Anspruchs 1 geforderten Verschiebbarkeit des Stempels (24) in Richtung der Längsachse (27).

5.3.5 Die Beschwerdeführerin argumentierte in der mündlichen Verhandlung, dass der innere Kegel (11) des Homogenisators in D9 scharfkantige Schneiden (Figur 3, (11b)) aufweise, so dass die Homogenisierungsmasse an den Kanten zerschnitten und nicht, wie beim anspruchsgemäßen Homogenisator, an der planen Oberfläche des Stempels zerkleinert wird. Das gemäß D9 erhaltene Homogenisat habe daher andere Produkteigenschaften wie das erfindungsgemäß erhaltene Produkt.

Diese Argumentation kann nicht überzeugen, da der Anspruch 1 nicht-plane Elemente, zum Beispiel an den Rändern der Stempeloberfläche, nicht ausschließt. Insbesondere bedeutet das Merkmal in Anspruch 1, dass der Stempel "senkrecht zur Strömungsrichtung eine plane Oberfläche aufweist" (Hervorhebung durch die Kammer) nicht, dass die Oberfläche senkrecht zur Strömungsrichtung aus einer planen Oberfläche besteht und damit nicht-plane Elemente, beispielsweise scharfe Kanten an den Rändern der Oberfläche, ausgeschlossen sind.

Der in D9 offenbarte Homogenisator weist somit alle in Anspruch 1 geforderten Merkmale auf. Somit gelangt der den Homogenisator der D9 in D6a einsetzende Fachmann zwangsläufig auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3.

5.4 Aus den in 5.2 und/oder 5.3 genannten Gründen ist der Hilfsantrag 3 nicht gewährbar.

6. Aus Vorstehendem ergibt sich, dass kein gewährbarer Antrag vorliegt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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