T 0056/87 (Ionisationskammer) of 20.9.1988

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1988:T005687.19880920
Datum der Entscheidung: 20 September 1988
Aktenzeichen: T 0056/87
Anmeldenummer: 81850075.3
IPC-Klasse: G01T 1/29
H01J 47/02
Verfahrenssprache: EN
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Scanditronix
Name des Einsprechenden: Siemens
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: Die technische Lehre eines zum Stand der Technik gehörenden Dokuments muss als ganzes betrachtet werden, so, wie dies ein Fachmann täte. Es ist nicht zulässig, Teile eines solchen Dokuments willkürlich aus ihrem Zusammenhang herauszulösen, um daraus eine technische Information herzuleiten, die von der Gesamtlehre des Dokuments abweicht oder sogar im Widerspruch zu ihr steht. Ein technisches Merkmal, das aus den einer schematischen Darstellung entnommenen Abmessungen abgeleitet wird oder sich auf diese stützt und das technisch im Widerspruch zur Lehre der Beschreibung steht, gehört daher nicht zur Offenbarung des Dokuments.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
Schlagwörter: Offenbarung von Merkmalen allein durch eine schematische Darstellung in einem Dokument des Standes der Technik (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
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T 0212/22
T 0702/22
T 2163/22

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des europäischen Patents Nr. 0 040 589 (mit der Anmeldenummer 81 850 075.3).

Das Patent besteht aus zwei unabhängigen Ansprüchen, die wie folgt lauten:

"1. Verfahren zur Steuerung eines divergierenden Strahlenbündels, das folgende Schritte umfaßt:

a) das Einbringen eines rotationssymmetrischen Primärkollimators (9) in das genannte Strahlenbündel;

b) die Anordnung einer Transmissions-Ionisationskammer (11) in das aus dem Primärkollimator austretende Strahlenbündel, wobei die genannte Ionisationskammer mindestens vier flache, innenliegende Ionenfangelektroden (15 bis 18) nahe des Zentrums der Ionisationskammer und mindestens vier flache, außenliegende Ionenfangelektroden (19 bis 22) nahe des Randes der Ionisationskammer aufweist;

c) die Anordnung der innenliegenden Elektroden in der Weise, daß das genannte Strahlenbündel ständig die gesamte Fläche der genannten innenliegenden Elektroden trifft;

d) die Anordnung der außenliegenden Elektroden in der Weise, daß das genannte Strahlenbündel ständig einen ersten Flächenabschnitt der genannten außenliegenden Elektroden trifft, wobei der verbleibende Abschnitt im Schatten des Primärkollimators liegt;

e) das Ableiten elektrischer Signale von den innen- und den außenliegenden Elektroden;

f) die Verwendung der genannten elektrischen Signale über Steuerelemente (3 bis 6; 23 bis 26) zur Korrektur von Ablenkungsfehlern im Strahlenbündel, d. h. Winkelabweichungen des Strahlenbündels in bezug auf die Richtung der Rotationssymmetrieachse des Primärkollimators, und zur Korrektur von Zentrierfehlern des Strahlenbündels, d. h. linearen Verschiebungen gegenüber der genannten Rotationssymmetrieachse in bezug auf den Emissionspunkt (8) des Strahlenbündels, wobei der Schritt f dadurch gekennzeichnet ist, daß die elektrischen Signale von den innenliegenden Elektroden (15 bis 18) zur Korrektur der genannten Ablenkungsfehler im Strahlenbündel und die elektrischen Signale von den außenliegenden Elektroden (19 bis 22) zur Korrektur der genannten Zentrierfehler des Strahlenbündels verwendet werden.

2. Ein Transmissions-Ionisationskammersystem zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 1, wobei ein rotationssymmetrischer Primärkollimator in ein divergierendes Bündel therapeutischer Strahlen eingebracht ist, die genannte Ionisationskammer (11) im Strahlenbündel zwischen dem Primärkollimator (9) und einer zu bestrahlenden Fläche (12) angeordnet ist und die genannte Kammer mindestens vier flache, innenliegende Ionenfangelektroden (15 bis 18) nahe des Zentrums der Ionisationskammer und mindestens vier flache, außenliegende Ionenfangelektroden (19 bis 22) nahe des Randes der Ionisationskammer einschließt, wobei die innenliegenden Elektroden so plaziert sind, daß ihre gesamte Fläche ständig vom Strahlenbündel getroffen wird, und die außenliegenden Elektroden so plaziert sind, daß ein erster Flächenabschnitt ständig vom Strahlenbündel getroffen wird und der verbleibende Flächenabschnitt im Schatten des Primärkollimators liegt, und die innen- und die außenliegenden Elektroden elektrische Signale aussenden, die ersten und zweiten Steuerelementen (3 bis 6; 23 bis 26) zugeführt werden, um Ablenkungsfehler im Strahlenbündel, d. h. Winkelabweichungen des Strahlenbündels in bezug auf die Richtung der Rotationssymmetrieachse des Primärkollimators, und Zentrierfehler des Strahlenbündels, d. h. lineare Verschiebungen gegenüber der genannten Rotationssymmetrieachse in bezug auf den Emissionspunkt (8) des Strahlenbündels, zu korrigieren, dadurch gekennzeichnet, daß die elektrischen Signale der innenliegenden Elektroden (15 bis 18) den ersten Steuerelementen (3, 4; 23, 24), die die genannten Ablenkungsfehler des Strahlenbündels korrigieren, und die elektrischen Signale der außenliegenden Elektroden (19 bis 22) den zweiten Steuerelementen (5, 6; 25, 26) zugeführt werden, die die genannten Zentrierfehler des Strahlenbündels korrigieren"

II. Die Beschwerdegegnerin legte gegen das europäische Patent Einspruch ein und beantragte, es in vollem Umfang zu widerrufen, da es gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere der Druckschrift

US-A-3 838 284 (D1),

und in Anbetracht der normalen Kenntnisse des Fachmanns keine erfinderische Tätigkeit aufweise.

III. Die Einspruchsabteilung widerrief das Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands der Patentansprüche.

Sie vertrat insbesondere die Ansicht, die in Schritt d des Anspruchs 1 und im entsprechenden Teil des Anspruchs 2 beschriebene Anordnung der außenliegenden Elektroden im Schatten des Kollimators sei bereits in der Abbildung 1 der Druckschrift D1 offenbart, da ohne weiteres erkennbar sei, daß die Verlängerung der in der Abbildung gezeigten Seitenlinien der Durchtrittsöffnung des Kollimators die außenliegenden Elektroden der Ionisationskammer durchschneiden würde. Der Gegenstand der Ansprüche unterscheide sich von dem in der Druckschrift D1 offenbarten Stand der Technik somit nur durch eine andere Verwendung der von den inneren bzw. äußeren Elektroden abgenommenen Signale zur richtigen Strahlausrichtung, wobei allerdings offensichtlich nur zwei mögliche Alternativen zur Wahl gestanden hätten, von denen eine bereits aus der Druckschrift D1 bekannt gewesen sei.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Patentinhaberin Beschwerde ein.

V. Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte ihrerseits die Zurückweisung der Beschwerde.

VI. Die Beschwerdegegnerin brachte zur Stützung ihres Antrags im wesentlichen folgende Argumente vor:

a) Das wesentliche Merkmal der vorliegenden Erfindung, das darin bestehe, die äußeren Elektroden einer strahlabwärts unterhalb eines Kollimators angebrachten Ionisationskammer so zu plazieren, daß sie teilweise im Schatten des Kollimators lägen, sei bereits aus der Druckschrift D1 bekannt, wobei insbesondere folgendes hervorzuheben sei:

i) Abbildung 1 der Druckschrift D1 zeige eine Vorrichtung, in der die äußeren Elektroden und der Kollimator wie bei der beanspruchten Erfindung angeordnet seien; dies lasse sich ohne Maßstab und spezielle Messungen einfach dadurch feststellen, daß man die Linien der Abbildung, die die Durchtrittsöffnung des Kollimators definierten, verlängere.

ii) Die Abbildung sei zwar eine rein schematische Darstellung; der Fachmann gehe aber in der Regel davon aus, daß zumindest die allgemeinen Größenverhältnisse und die Lage der wesentlichen Teile der Vorrichtung zueinander richtig wiedergegeben seien.

iii) Die in der Druckschrift D1 enthaltene Feststellung, daß die äußere Gruppe der auf Strahlung ansprechenden Elektroden so zu plazieren sei, "daß sie die äußersten Ränder des Photonenfeldes überwacht" (Spalte 2, Zeilen 43 bis 47), bestätige gegebenenfalls diese offensichtliche Auslegung der Abbildung.

b) Demnach unterscheide sich die beanspruchte Erfindung vom Gegenstand der Druckschrift D1 nur durch die Merkmale, die auf eine spezifische Verwendung der innen- bzw. außenliegenden Elektroden zur Korrektur von Winkelabweichungen bzw. seitlichen Verschiebungen des Strahlenbündels gerichtet seien. Eine erfinderische Tätigkeit könne aufgrund dieser Merkmale jedoch aus folgenden Gründen nicht anerkannt werden:

(...)

VII. Diese Argumente wurden von der Beschwerdeführerin im wesentlichen wie folgt angefochten:

a) Die in den Ansprüchen dargelegte Abschattung werde durch den Inhalt der Druckschrift D1 nicht vorweggenommen, und zwar insbesondere aus folgenden Gründen:

i) Die Beschreibung der Druckschrift D1 enthalte keinerlei Hinweis auf eine Nutzung des Kollimatorschattens zur Verbesserung der Strahlausrichtung.

ii) Die Druckschrift D1 enthalte die ausdrückliche Anweisung, daß die außenliegenden Elektroden im Strahlungsfeld anzuordnen seien (s. beispielsweise Zusammenfassung, Zeilen 11 bis 14). Eine solche Anordnung schließe eine Konstruktion aus, bei der die Elektroden vom Kollimator teilweise abgeschattet würden.

iii) In der Druckschrift D1 sei de facto ein Verfahren offenbart, wonach die außenliegenden Elektroden so plaziert würden, daß sie die äußersten Ränder des Photonenfeldes überwachten, um die Neigung der Strahlungskeule zu messen (Spalte 2, Zeilen 43 bis 47; Spalte 5, Zeilen 18 bis 21). Eine Neigungsmessung sei jedoch nicht möglich, wenn die äußeren Elektroden teilweise im Schatten des Kollimators lägen, da eine solche Anordnung die der seitlichen Verschiebung zuzuschreibende Fehlersignalkomponente selektiv verstärke und somit die Feststellung von Winkelabweichungen erschwere.

iv) Die in den vorliegenden Ansprüchen dargelegte Abschattung lasse sich aus der Druckschrift D1 nur durch Anlegen eines Lineals und Winkelmessung an der schematischen Darstellung in Abbildung 1 herleiten, die daher - wie bereits früher in der Entscheidung T 204/83 (ABl. EPA 1985, 310) festgestellt - keine wirksame Offenbarung der strittigen Merkmale darstelle. Der Fachmann würde es als reinen Zufall ansehen, daß eine gedachte Verlängerung der Linien, die in Abbildung 1 die Durchtrittsöffnung des Kollimators definierten, die außenliegenden Elektroden durchschneide, zumal die jeweiligen Schnittstellen weniger als 1 mm vom Rand der äußeren Elektroden entfernt seien. b) Der Gegenstand der Ansprüche weise gegenüber der Druckschrift D1 eine erfinderische Tätigkeit auf, da

(...)

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Kammer ist der Uberzeugung, daß das in Frage stehende Patent den beanspruchten Gegenstand so klar und vollständig offenbart, daß ein Fachmann die Erfindung danach ausführen kann. Nach Auffassung der Kammer kann ein Fachmann, ohne erfinderisch tätig zu werden, herausfinden, welche Korrelation zwischen seitlichen Verschiebungen und Winkelabweichungen und den entsprechenden Signalen der jeweiligen Elektrodengruppen bei der im Patent definierten Anordnung besteht. Abgesehen davon läßt sich diese Korrelation auch anhand einfacher Routineversuche feststellen. Es gehört zum normalen Fachwissen des Fachmanns auf dem Gebiet der Strahlsteuerung, daß er diese Korrelation dazu nutzt, den Strahl mittels der Elektrodensignale so zu steuern, daß Ausrichtungsfehler so gering wie möglich gehalten werden.

3. Neuheit

3.1. Die Druckschrift D1 offenbart unstreitig ein Verfahren zur Steuerung eines divergierenden Strahlenbündels, das die im Oberbegriff des vorliegenden Anspruchs 1 dargelegten Schritte a bis c, e und f umfaßt und von dem sich das beanspruchte Verfahren zumindest dadurch unterscheidet, daß gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs die elektrischen Signale von den innenliegenden Elektroden zur Korrektur von Ablenkungsfehlern (Winkelabweichungen) und die elektrischen Signale von den außenliegenden Elektroden zur Korrektur von Zentrierfehlern (seitlichen Verschiebungen) verwendet werden, während die entsprechenden Elektrodensignale laut Druckschrift D1 (Spalte 4, Zeile 57 bis Spalte 5, Zeile 24) umgekehrt verwendet werden.

Nicht vorweggenommen wird nach Auffassung der Kammer durch die Druckschrift D1 der Schritt d des beanspruchten Verfahrens, wonach die äußeren Elektroden der Ionisationskammer teilweise im Schatten des Primärkollimators liegen, da diese Merkmale, wie nachstehend im einzelnen erläutert, nicht allein dadurch als offenbart gelten können, daß in der schematischen Abbildung 1 die Segmente, die die außenliegenden Elektroden darstellen, in der Verlängerung der Linien liegen, die die Durchtrittsöffnung des Primärkollimators definieren.

Allgemein gilt, daß bei der Entscheidung über die Neuheit eines in einem Patent oder einer Patentanmeldung beanspruchten Merkmals festgestellt werden muß, ob dieses Merkmal für einen Fachmann unmittelbar und eindeutig aus einem zum Stand der Technik gehörenden Dokument herleitbar ist (s. T 204/83, Nr. 4 der Entscheidungsgründe). Nach Meinung der Kammer betrachtet der Fachmann beim Studium eines Dokuments die verschiedenen darin beschriebenen Einzelkomponenten nicht isoliert, sondern achtet auf ihr technisches Zusammenwirken, um die Funktionsweise des offenbarten Geräts oder Verfahrens zu verstehen. Der Fachmann sieht also gewöhnlich alle Einzelinformationen eines Dokuments in ihrem technischen Zusammenhang.

Daher muß die technische Offenbarung eines zum Stand der Technik gehörenden Dokuments als Ganzes betrachtet werden, so, wie dies ein Fachmann täte. Es ist nicht zulässig, Teile eines solchen Dokuments willkürlich aus ihrem Zusammenhang herauszulösen, um daraus eine technische Information herzuleiten, die von der Gesamtlehre des Dokuments abweicht oder sogar im Widerspruch zu ihr steht.

Im vorliegenden Fall steht außer Zweifel, daß die Abbildung 1 der Druckschrift D1 - zumindest was die Anordnung unterhalb des Targets anbelangt - praktisch identisch mit der Abbildung 1 des in Frage stehenden Patents ist. Unbestritten ist auch, daß es sich hierbei um rein schematische Darstellungen handelt, die "den Grundaufbau eines Hochenergie-Röntgensystems" veranschaulichen sollen (s. Druckschrift D1, Spalte 3, Zeile 34). Sofort ersichtlich wäre für den Fachmann auch, daß die Größenverhältnisse und Abmessungen in Abbildung 1 der Druckschrift D1 denen bekannter, in der Praxis verwendeter Geräte in keiner Weise entsprechen. Er würde insbesondere erkennen, daß der Maßstab der schematischen Darstellung in Strahlrichtung kleiner wird.

Schon deshalb müßte der Fachmann zur Auslegung der Abbildung 1 die übrigen Abbildungen und die Beschreibung der Druckschrift D1 zu Hilfe nehmen.

Bei der Lektüre dieser Druckschrift erfährt der Fachmann, daß ein Verfahren zur Steuerung der Ausrichtung eines Strahls geladener Teilchen vorgestellt wird, das darin besteht,

a) die Neigung der Strahlungskeule zu messen, indem man eine äußere Gruppe auf Strahlung ansprechender Elektroden so plaziert, daß sie die äußersten Ränder des Photonenfeldes überwachen (Spalte 2, Zeilen 43 bis 48),

b) Lageänderungen der Keule anhand einer gesonderten Gruppe innenliegender Elektroden festzustellen, mit der die den steilsten Flankenteil des Ausgleichsfilters durchlaufende Strahlung gemessen wird (Spalte 2, Zeilen 48 bis 51), und

c) die von jeder Elektrodengruppe abgenommenen Signale einem entsprechenden Positions-Servomechanismus zuzuführen (Spalte 5, Zeile 64 bis 68 und Spalte 6, Zeilen 1 bis 13).

Die Kammer stimmt mit der Beschwerdeführerin darin überein, daß der Fachmann der vorstehend zusammengefaßten Offenbarung entnehmen würde, daß die äußeren Elektroden ganz im Strahlungsfeld liegen müssen, um die durch die Neigung der Keule bedingte Intensitätsänderung ohne Beeinflussung durch den Kollimator feststellen zu können. Bei Abschattung der äußeren Elektroden durch den Kollimator würde die der seitlichen Fehlausrichtung zuzuschreibende Signalkomponente verstärkt und dadurch der Wirkungsgrad des Gesamtsignals der äußeren Elektrodengruppe bei der Steuerung der an sie angeschlossenen Winkelablenkspulen beeinträchtigt.

Die Kammer ist deshalb zu dem Schluß gelangt, daß die Abbildung 1 der Druckschrift D1 bei richtiger Auslegung unter Berücksichtigung des Wortlauts dieses Dokuments das Merkmal d in Anspruch 1 des Patents, wonach die außenliegenden Elektroden teilweise vom Kollimator abgeschattet werden, nicht offenbart.

Außerdem ist die Kammer entgegen dem unter Nummer IV a) ii) zusammengefaßten Vorbringen der Beschwerdegegnerin der Uberzeugung, daß die teilweise Abschattung der außenliegenden Elektroden aus der Abbildung 1 nur durch Auslegung der sichtbaren Abmessungen einer schematischen Darstellung herleitbar ist. Ein technisches Merkmal, das aus den einer schematischen Darstellung entnommenen Abmessungen hergeleitet wird oder sich auf diese stützt und technisch im Widerspruch zur Lehre der Beschreibung steht, gehört demnach nicht zur Offenbarung dieses Dokuments.

3.2. Die übrigen während des Prüfungs- oder Einspruchsverfahrens herangezogenen Dokumente des Stands der Technik kommen dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht näher.

3.3. Aus diesen Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 im Sinne des Artikels 54 EPU als neu anzusehen.

4. Erfinderische Tätigkeit

(...)

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Der Einspruch wird zurückgewiesen.

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