T 0274/90 () of 9.12.1991

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1991:T027490.19911209
Datum der Entscheidung: 09 Dezember 1991
Aktenzeichen: T 0274/90
Anmeldenummer: 84200745.2
IPC-Klasse: B09B 1/00
B01D 13/00
C02F 9/00
C02F 3/28
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 657 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Verarbeiten von Abfall sowie Mülldeponie mit Membranfiltrationseinheit
Name des Anmelders: Stork Friesland B.V.
Name des Einsprechenden: Hager + Elsässer GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Inventive step (no)
Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0056/87
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 21. Mai 1984 angemeldete und am 5. Dezember 1984 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 84 200 745.2 ist mit Wirkung vom 7. Oktober 1987 das europäische Patent Nr. 0 127 240 mit neun Ansprüchen erteilt worden.

II. Der am 5. Juli 1988 eingelegte Einspruch war gestützt auf die Artikel 54 und 56 EPÜ und führte in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vom 11. Januar 1990 zum Widerruf des europäischen Patents, vgl. Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 9. Februar 1990. Folgender Stand der Technik wurde dabei seitens der Parteien genannt:

(D1) Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, Band 6, Umweltschutz und Arbeitssicherheit, 1981, Seiten 576 bis 586 (Abfall).

(D2) Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, Band 6, Umweltschutz und Arbeitssicherheit, 1981, Seite 437 (Abwasser).

(D3) DE-A-3 105 550

(D4) DE-C-3 041 209

(D5) Zeitschrift HLH, April 1983, Seiten 159 bis 165, "Nutzung der Gasemissionen aus Abfalldeponien als Energiequelle".

(D6) Zeitschrift Müll und Abfall, Dezember 1981, Seiten 344 bis 349, "Planung der Gasverwertung auf der Deponie Braunschweig".

(D7) Zeitschrift Müll und Abfall, November 1982, Seiten 314 bis 320, "Aspekte der Verdampfung von Sickerwasser aus Mülldeponien mit Hilfe von Deponiegas".

(D8) Zeitschrift Müll und Abfall, Juni 1982, Seiten 149 bis 151, "Energie aus Deponiegas/Vorstellung einer Verwertungsanlage".

(D9) Zeitschrift Müll und Abfall, Dezember 1981, Seiten 337 bis 341, "Sickerwasserbeseitigung durch Rückführung".

(D10) US-A-3 586 624

(D11) NL-A-7 905 923 und

(D12) Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, Band 6, Umweltschutz und Arbeitssicherheit, 1981, Seite 436.

Die Einspruchsabteilung kommt in der Widerrufsentscheidung zu der Schlußfolgerung, daß die Bedingungen der Artikel 52 und 56 EPÜ nicht erfüllt seien.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) am 9. April 1990 unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese mit dem am 8. Juni 1990 eingegangenen Schriftsatz begründet, wobei ein eingeschränktes Schutzbegehren mit den Ansprüchen 1 bis 4 und eine abgeänderte Beschreibung (Hauptantrag) vorgelegt wurden.

Die Ansprüche 1 bis 4 des Hauptantrages haben folgenden Wortlaut (unter Korrektur eines sprachlichen Fehlers im Anspruch 3):

"1. Mülldeponie (1) versehen mit einem wasserundurchlässigen Boden (2), wobei eine Flüssigkeitsabfuhr (20) für die sich an diesem Boden (2) sammelnde Flüssigkeit verbunden ist mit einer Behandlungsanlage für diese Flüssigkeit und eine Abfallgasabfuhr (7) anwesend ist zum Sammeln und Abführen des in der Mülldeponie (1) anaerob gebildeten Abfallgases, sowie eine mit diesem Abfallgas getriebenen Energiequelle zum Behandeln der sich am Boden der Mülldeponie sammelnden Flüssigkeit, dadurch gekennzeichnet, daß die Flüssigkeitsabfuhr verbunden ist mit einer mit einem druckerzeugenden Pumporgan (11, 21) versehenen Membranfiltrationseinrichtung (4), mit einer Permeatabfuhr (5) und mit einer Konzentratabfuhr (6) und die Abfallgasabfuhr (7) in Verbindung steht mit einem Gasverbrennungsmotor (9) zum Treiben des Pumporgans für die Membranfiltration.

2. Mülldeponie nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Gasverbrennungsmotor seinerseits in wirksamer Verbindung mit einem Generator (10) steht.

3. Mülldeponie nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein mit einer Flüssigkeitsabfuhr (20) und mit einer Verbrennungsgasabfuhr (12) verbundener Wärmeaustauscher (13) anwesend ist zum Durchleiten der Flüssigkeit aus der Flüssigkeitsabfuhr (20) unter Wärmeaustausch mit Verbrennungsgasen aus der Verbrennungsabfuhr (12).

4. Mülldeponie nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß eine Verbrennungseinrichtung (18) verbunden mit der Abfallgasabfuhr (7) zusammenwirkt mit einer Konzentratnachbehandlungszone (22, 18') und vorzugsweise die Abfuhr (19) der Konzentratnachbehandlungszone (18', 22) in oder über die Mülldeponie (1) ausmündet."

In der Beschwerdebegründung stellt die Beschwerdeführerin vor allem heraus, daß es sich bei "Sickerwasser" einer Mülldeponie nicht um ein "Abfallwasser" im allgemeinen handele und daß die Membranfiltration ein mechanisches Filterverfahren sei, das bislang nicht im Zusammenhang mit Sickerwasser angewendet worden sei. Aus der Zumischung von anderen Abwässern beim Gegenstand der (D1) folgert sie das Vorliegen eines Vorurteils gegen die Membranfiltration im Zusammenhang mit der Reinigung von Sickerwasser.

IV. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) widersprach diesem Vorbringen und verwies auf das Fehlen erfinderischer Tätigkeit, weil ihrer Meinung nach die Benennung der Wässer ("Sickerwasser" oder "Abfallwasser") nicht differenzierend sein könne, da es entscheidungswesentlich auf die Inhaltsstoffe ankomme, wobei die Inhaltsstoffe die Auswahl des geeignetsten Reinigungsverfahrens bestimmen würden. Sie beantragt demzufolge die Zurückweisung der Beschwerde.

V. In der Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 26. September 1991 hat die Kammer die entscheidungserheblichen Sachverhalte herausgearbeitet, nämlich Diskussion der beanspruchten Mülldeponie im Lichte der (D7), (D2), (D4), (D5) und (D8).

VI. In der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 1991 hat die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent entweder gemäß Hauptantrag vom 8. Juni 1990 oder gemäß 1. Hilfsantrag wie in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 1991 überreicht, d. h. Einfügung der Worte "derart, daß der Membranfiltrationseinrichtung (4) nur Sickerwasser zugeleitet wird" nach "einrichtung (4)" in Z. 11 des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, oder gemäß 2. Hilfsantrag mit den Ansprüchen 1 bis 3, Anspruch 1 dabei auf die Kombination der Ansprüche 1 und 3 gemäß Hauptantrag gerichtet und Anspruch 4 des Hauptantrages umbenannt in Anspruch 3, zu bestätigen.

Die Argumente der Beschwerdeführerin hielten sich dabei im Rahmen des schriftlichen Vortrages vor der Beschwerdekammer.

Die Beschwerdegegnerin war in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht zugegen, sie hatte ihr Nichterscheinen zunächst telefonisch angekündigt, wobei die Telekopie vom 9. Dezember 1991 diesen Sachverhalt bestätigt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Artikel 123 EPÜ

2.1. Hauptantrag:

2.1.1. Anspruch 1 stellt eine Merkmalszusammenfassung der ursprünglichen Ansprüche 7, 8 (Abführen/Sammeln des Abfallgases bzw. Zuführen desselben zu einem Gasverbrennungsmotor), 2 (anaerobe Gasbildung) sowie der ursprünglichen Fig. 1/2 und S. 7, Z. 16/17 (Behandlung der gesammelten Flüssigkeit bzw. Pumpe der Membranfiltration) dar und ist aus der Sicht des Artikels 123 (2) EPÜ nicht angreifbar.

2.1.2. Die geltenden Ansprüche 2 bis 4 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 8 (Teilmerkmal), 9 und 10 und verstoßen ebenfalls nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

2.1.3. Anspruch 1 entspricht - abgesehen von der anderen Patentkategorie -weitgehend dem erteilten Anspruch 1 bzw. 6, da die Merkmale im Oberbegriff "für die sich ... sammelnde Flüssigkeit" bzw. "sowie eine mit diesem ... sammelnden Flüssigkeit" abgrenzungstechnischer Art sind, ohne den Schutzbereich des Anspruchs zu erweitern. Das Merkmal in Z. 6 des Anspruchs 1 bezüglich der "anaeroben" Gasbildung ist gegenüber dem erteilten Anspruch 1 bzw. 6 hinzugekommen, aber es ist eindeutig einschränkender Art und somit aus der Sicht des Artikels 123 (3) EPÜ nicht zu beanstanden.

2.1.4. Die geltenden Ansprüche 2 bis 4 entsprechen unmittelbar den erteilten Ansprüchen 7 bis 9, so daß auch sie nicht gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstoßen.

2.2. 1. Hilfsantrag:

2.2.1. Die Einfügung von "derart, daß der Membranfiltrationseinrichtung (4) nur Sickerwasser zugeleitet wird" ist nicht mehr als eine zusätzliche Verdeutlichung dessen, was der Anspruch 1 im Lichte der Beschreibung und der Zeichnungen gesehen (Artikel 69 EPÜ) ohnehin schon beinhaltete, nämlich Sickerwasser und nichts anderes wird über die Leitung "24" der Membranfiltrationseinrichtung "4" zugeführt. Die in Rede stehende Einfügung kann mithin nicht als Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ angesehen werden.

2.2.2. Die Einfügung in Anspruch 1 führt auch zu keiner Erweiterung des Schutzbereiches, so daß auch Artikel 123 (3) EPÜ erfüllt ist.

2.3.2. Hilfsantrag:

Da der Hauptantrag aus der Sicht des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ unangreifbar ist, gilt dies auch für den 2. Hilfsantrag, da dessen Anspruch 1 nur die Ansprüche 1 und 3 des Hauptantrages kombiniert, wodurch weder die ursprüngliche Offenbarung in Frage gestellt, noch der Schutzbereich erweitert wird.

Hauptantrag:

3. Nächstkommender Stand der Technik, Aufgabe und deren Lösung:

3.1. In Übereinstimmung mit den Ausführungen der angefochtenen Entscheidung, vgl. Entscheidungsgründe Punkt 3.1, stellt (D7) den nächstkommenden Stand der Technik dar. Da diese Frage nicht strittig ist, erübrigen sich weitere Ausführungen.

3.2. Die aus (D7) bekannte Mülldeponie stimmt mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 mit den Merkmalen von dessen Oberbegriff überein (Regel 29 (1) a) EPÜ), d. h. es wird sowohl das Sickerwasser aufgefangen und behandelt als auch das aus der anaeroben Gärung gewonnene Abfallgas innerhalb der Mülldeponie gesammelt, abgeführt und in einer Energiequelle verwertet, dergestalt, daß diese Energie zum Behandeln des Sickerwassers dient.

Gemäß (D7) wird die aus dem Abfallgas herrührende Energie zum Verdampfen bzw. Eindampfen des Sickerwasers verwendet. An diesem Punkt der bekannten Mülldeponie setzt die erfindungsgemäße Mülldeponie nach Anspruch 1 an, weil die Sickerwasserverdampfung bzw. -eindampfung als problematisch angesehen wird, nämlich dadurch, daß schädliche Inhaltsstoffe mit dem Abdampf entweichen können bzw. dadurch, daß Verkrustungserscheinungen, Emissions-und Korrosionsprobleme auftreten können. Es kommt hinzu, daß die Energiebilanz negativ sein kann, d. h. das Deponiegas liefert nicht die gesamte Verdampfungsenergie, vgl. S. 316 letzter Absatz der (D7).

3.3. Von vorstehenden Gegebenheiten der aus der (D7) bekannten Mülldeponie ausgehend, liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, vgl. S. 2 vorletzter Absatz der Beschwerdebegründung, bzw. den S. 1 und 1a der geltenden Beschreibung überbrückenden Absatz, das Sickerwasser "weitgehend von schädlichen Metallen zu befreien, und zwar unter Anwendung des durch anaerobe Zersetzung in der Mülldeponie geformten Abfallgases zum Treiben der Vorrichtung zum Reinigen des Sickerwassers, ohne Verdampfungsanlage und sogar ohne zusätzliche Energie" (Regel 27 (1) c) EPÜ).

3.4. Die gattungsgemäße Mülldeponie löst diese Aufgabe mit den Merkmalen des Kennzeichenteils des Anspruchs 1, also durch die Merkmale gemäß Regel 29 (1) b) EPÜ,

a) das Sickerwasser wird in einer mit einem Pumporgan versehenen Membranfiltrationseinrichtung behandelt und

b) das Abfallgas der Deponie wird in einem Gasverbrennungsmotor verbrannt, wobei dieser das Pumporgan der Membranfiltrationseinheit gemäß a) antreibt.

3.5. Damit wird erreicht, daß die Schadstoffe des Sickerwassers mechanisch herausgefiltert werden, wobei die dazu erforderliche Pumpenenergie der Filtereinheit von einem Gasverbrennungsmotor herrührt, der mit dem Abfallgas der Deponie gespeist wird.

Die bei (D7) auftretenden Probleme wie Entweichen der Schadstoffe beim Ver/Eindampfen des Sickerwassers, Auftreten von Verkrustungen, Emmissions- und Korrosiosproblemen sind damit ausgeschaltet (Regel 27 (1) (d) EPÜ).

4. Aus vorstehenden Punkten 3.2 und 3.4 ergibt sich die Neuheit der beanspruchten Mülldeponie. Die Frage der Neuheit ist nicht strittig, so daß hierauf nicht weiter einzugehen ist (Artikel 54 EPÜc).

5. Damit konzentriert sich die Frage der Patentfähigkeit des Gegenstandes von Anspruch 1 auf die Frage des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens erfinderischer Tätigkeit.

5.1. Im Stellen der zu lösenden Aufgabe der Erfindung vermag die Kammer keinen Beitrag erfinderischer Art zu erkennen, da es genügt, die Gegebenheiten der bekannten Mülldeponie - (D7) - zu studieren und, sofern diese als nachteilig angesehen werden sollten, diese gezielt zu beseitigen.

5.2. Die Kammer ist aber auch davon überzeugt, daß die Lösung der gestellten Aufgabe gemäß Anspruch 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht:

5.2.1. Zunächst muß unterstellt werden, daß der Fachmann, der an einer bekannten Mülldeponie erhebliche Unzulänglichkeiten feststellt auf die Suche nach Abhilfe geht.

5.2.2. Der erste in dieser Richtung vorzunehmende Schritt wird dabei der Eingrenzung des Sickerwassers gelten, indem sich der Fachmann davon Kenntnis verschafft, welcher Art die Schadstoffe sind, die aus dieser Flüssigkeit zu beseitigen sind. Das klassische Mittel hierzu ist unstrittig die Analyse des Sickerwassers, die das Spektrum der Schadstoffe aufzeigen wird.

5.2.3. Ist dieser Schritt getan, wird der Fachmann die ihm bekannten Reinigungsverfahren gezielt auf ihre Eignung bei dem ihm vorliegenden Schadstoff-Spektrum untersuchen. Als wesentliche Informationsquelle in dieser Richtung ist (D2) anzusehen, die in Abb. 29 eine Gegenüberstellung von Teilchengröße und Reinigungsmöglichkeiten aufzeigt, so z. B. die "Ultrafiltration" und "Reversosmose" (gleichbedeutend mit "Umkehrosmose"). Beide vorgenannten Trennverfahren sind unter dem Dach der Membranfiltration, d. h. mechanischen Filterung, anzusiedeln und fallen unter den Wortlaut des Anspruchs 1.

5.2.4. Die Auswahl des Trennverfahrens "Membranfiltration" geht für den Fachmann einher mit der Notwendigkeit hierfür die entsprechenden Randbedingungen wie Pumpenaggregat und dessen Antrieb zu schaffen, weil mechanische Filter der hier angesprochenen Feinheit nur unter Anwendung hoher Drücke betreibbar sind.

5.2.5. Unter dieser Voraussetzung zieht der Schritt a) (Membranfiltration) den Schritt b) (Energieversorgung des Pumpenaggregates) zwangsläufig nach sich, so daß aus der Tatsache, daß drei Druckschriften, nämlich (D7) als Ausgangspunkt der Erfindung, (D2) als Anleitung zur Auswahl eines geeigneten Trennverfahrens und (D8) als Beleg dafür, daß es gemäß deren S. 150 Abs. 2 bekannt war Deponiegas in einem Gasmotor zu verbrennen und gleichzeitig einen Generator zur Stromerzeugung anzutreiben, zu kombinieren waren, um den Gegenstand des Anspruchs 1 zu erhalten, nicht geschlossen werden darf, daß der Fachmann eine Vielzahl von Einzelüberlegungen anzustellen hatte, um zur Mülldeponie gemäß Anspruch 1 zu gelangen.

5.2.6. Im Grunde ist der Einsatz eines mechanischen Filters anstelle der Verdampfung des Sickerwassers das tragende Merkmal des Anspruchs 1, welches dessen Gegenstand zwar neu aber nicht erfinderisch macht, wie die Heranziehung von (D2) bzw. (D8) zeigt.

5.2.7. Die vorgenommene Interpretation der Druckschriftenkombination (D7/D2/D8) ist kein ex post- Ergebnis, da sich diese Kombination für den Fachmann auch ohne Kenntnis der Erfindung aus den vorstehend entwickelten Überlegungen von alleine ergibt.

Die Beschwerdeführerin hat zwar in diesem Punkte widersprochen und auf das Vorliegen eines Vorurteils beim Einsatz der Membranfiltration verwiesen - unter Hinweis auf (D1) und deren S. 585 Pkt. 2.8.2 und 2.8, aber auch auf (D5) bis (D9) - aber dieser Argumentation ist seitens der Kammer nicht zu folgen, da die Beschwerdeführerin andererseits zugestanden hat, daß "Sickerwasser" eine Flüssigkeit darstellt, deren Schadstoffe in weiten Bereichen variieren können.

Für die Kammer ist gerade diese Tatsache ein Beleg dafür, daß der Fachmann sich nicht an Ausdrücken wie Abfallwasser, Industriewasser, Sickerwasser, Schmutzwasser ... klammern wird, sondern bei einem variablen Medium sich Kenntnis verschaffen wird über das gesamte Spektrum von möglichen Schadstoffen. Das bedeutet aber nichts anderes als den Einstieg in eine Analyse des Sickerwassers und die dann folgende, gezielte Auswahl des Trennverfahrens.

Es darf in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, daß mechanische Filter (Membranfiltration) im Zeitraum vor dem Streitpatent eine erhebliche Ausweitung bezüglich Filtergrad und möglicher Einsatzgebiete erfahren haben, wie (D3), vgl. Fig. 1 Membrantrennstufen "E" und "H" bzw. (D4), vgl. Bezugszeichen "1" für "Umkehrosmose" bzw. (D11), vgl. Fig. 1 Membranfilter "6", verdeutlichen. Hieraus ist zu folgern, daß dem Fachmann diese Technologie auf einem Nebengebiet, nämlich Reinigung von Süß/Brack/ Meer/Abwasser, nicht verborgen bleiben konnte und er auch von daher Veranlassung hatte dieses mechanische Trennverfahren bei der Suche nach einer brauchbaren Lösung der Erfindungsaufgabe in Betracht zu ziehen.

5.2.8. Die Mülldeponie gemäß Anspruch 1 erfüllt damit nicht die Voraussetzungen des Artikels 56 EPÜ, so daß das nachgesuchte Patent auf dieser Basis keinen Bestand haben kann. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung ist somit zu bestätigen, auch wenn sich die Sachlage geringfügig geändert hat.

5.2.9. Die Beschwerdeführerin hat mit Blick auf (D1) noch ausgeführt, daß dort Sickerwasser nur nach vorheriger Zumischung von Zusatzwasser gereinigt würde. Diese Lehre ist insofern unbeachtlich, als vorstehend aufgezeigt wurde, daß (D1) nicht zu den Druckschriften gehört, die in Kombination gesehen zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen. Andererseits ist sie auch nicht geeignet ein Vorurteil zu stützen, da (D2) eine für sich fertige Lehre vermittelt und im Gegensatz zum Vortrag der Beschwerdeführerin isoliert zu sehen ist; ihr Hinweis auf die Entscheidung T 56/87, veröffentlicht in ABl. EPA 1990, 188, ist nicht stichhaltig, weil diese Entscheidung nicht auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist. Die Kammer ist der Auffassung, daß im vorliegenden Falle kein Raum für Semantik ist, da man ansonsten den Überlegungen, die ein mit vorliegendem Problem befaßter Fachmann anstellen würde, nicht gerecht würde. Die wesentliche Druckschrift ist somit (D2), da sie losgelöst von allen semantischen Aspekten klarlegt, daß es bei der Auswahl des geeigneten Trennverfahrens auf die Inhaltsstoffe eines zu reinigenden Wassers ankommt und nicht auf die Bezeichnung des zu reinigenden Wassers.

1. Hilfsantrag:

6. Der erste Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag, vgl. je deren Ansprüche 1, durch eine Einfügung, die besagt, daß nur Sickerwasser gereinigt wird. Substantiell hat sich damit gegenüber dem Hauptantrag nichts geändert, da der Anspruch 1 des Hauptantrages zumindest im Lichte der Beschreibung und der Zeichnung gesehen (Artikel 69 EPÜ) dieses Merkmal bereits umfaßt. Damit ist auch der erste Hilfsantrag zurückzuweisen (Artikel 56 EPÜ).

2. Hilfsantrag:

7. Dieser unterscheidet sich vom Hauptantrag durch die Hereinnahme des Anspruchs 3 des Hauptantrages in den Anspruch 1 des 2. Hilfsantrages.

Das in Rede stehende, in den Anspruch 1 zusätzlich aufgenommene Merkmal, das den Anspruch 1 weiter einschränkt, hat eine Vorwärmung des Sickerwassers als Hintergrund, bevor dieses in die Filterstation eintritt, d. h. Erhöhung des "Fluxes". Genau dieser Gedanke ist aber aus der gattungsnahen (D4) bekannt, vgl. S. 3, Z. 31 bis S. 4, Z. 7, so daß auch diese Zusatzmaßnahme die beanspruchte Mülldeponie nicht erfinderisch machen kann (Artikel 56 EPÜ). Somit ist auch der 2. Hilfsantrag keine Basis für den Rechtsbestand des Patents.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation