T 0223/94 (Filtercigarette / B. A. T.) of 16.2.1996

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1996:T022394.19960216
Datum der Entscheidung: 16 Februar 1996
Aktenzeichen: T 0223/94
Anmeldenummer: 87110936.9
IPC-Klasse: A24D 3/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Filtercigarette
Name des Anmelders: British-American Tobacco (Germany) GmbH
Name des Einsprechenden: Filtrona Limited
H. F. & Ph. F. Reemtsma GmbH & Co.
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 106
European Patent Convention 1973 Art 107
European Patent Convention 1973 Art 108
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Zulässigkeit der Einsprüche
Inventive step (yes)
Opposition - admissibility
Appeal procedure - admissibility
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0002/83
T 0204/83
T 0056/87
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0338/00

Sachverhalt und Anträge

I. Auf den Gegenstand der am 28. Juli 1987 eingereichten europäischen Patentanmeldung Nr. 87 110 936.9, für die die Priorität einer früheren deutschen Anmeldung vom 29. Juli 1986 in Anspruch genommen wird, ist am 25. Juli 1990 das sechs Ansprüche umfassende europäische Patent Nr. 0 255 114 erteilt worden.

II. Gegen die Erteilung des Patents haben zwei Einsprechende Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Einsprüche wurden auf Artikel 100 a) und b) EPÜ gestützt und durch Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 28. April 1993, zur Post gegeben am 4. Februar 1994, zurückgewiesen.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende 02) am 10. März 1994 Beschwerde eingelegt und der Beschwerdegebühr entrichtet.

Die schriftliche Begründung ist am 3. Juni 1994 eingegangen.

In ihre Begründung hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen auf die offenkundige Vorbenutzung einer sogenannten "Superleichtzigarette R1" und die folgenden Druckschriften verwiesen:

- D1: EP-A-0 101 173 und

- D2: "Die Tabak Zeitung" vom 28. August 1984, Artikel "Leichtzigarette mit neuer Technologie", die die vorbenutzte "R1-Zigarette" betrifft.

Im Zusammenhang mit diesen Veröffentlichungen hat die Beschwerdeführerin die Auffassung vertreten, daß vor dem Prioritätsdatum alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 des angefochtenen Patentes aus D1 einerseits und durch die offenkundige Vorbenutzung der R1-Filterzigarette gemäß D2 andererseits bekannt waren.

Nach ihrer Meinung wußte der Fachmann vor dem Prioritätszeitpunkt, daß mit einem Filter nach D1 eine geschmackliche Verbesserung einer leichten Zigarette erzielt würde und daß sich mit einem Tabakstrang nach der Art der bekannten "R1" eine Zigarette mit geringem Nikotin/Kondensat-Verhältnis herstellen lasse.

Nach der Ansicht der Beschwerdeführerin kann es für den Fachmann, der wußte, daß der Tabakstrang der R1 günstige Ausbeute-Verhältnisse ergibt, nur naheliegend sein, den Filter der "R1" Zigarette mit dem Filter nach D1 auszutauschen, wenn er den Geschmackseindruck der Zigarette nach D1 noch verbessern will.

Die Beschwerdeführerin hat auch geltend gemacht, daß es gegenüber dem Stand der Technik und dem fachmännischen Wissen nicht erfinderisch war, die bekannte Zigarette "R1" durch Auseinanderrücken des Doppelfilters zur Bildung einer bekannten Hohlkammer zu verändern, um die Ventilierung zu verbessern.

IV. Der erteilte Anspruch 1 lautet :

"Filtercigarette mit einem Verhältnis Nicotin/Kondensat von maximal 1,0

a) mit einem durch ein Cigarettenpapier umgebenen Tabakstrang,

b) mit einem ersten, tabakseitigen Filterelement aus einem Fasermaterial mit geringem Einzeldenier und hohem Gesamtdenier und mit entsprechend hoher Retentionsleistung,

c) mit einer zweiten, mundseitigen Filterelement mit niedriger Retentionsleistung,

d) mit einer zwischen den beiden Filterelementen angeordneten Hohlkammer, die bei einer Gesamtlänge des Filters von 20 mm bis 30 mm eine Länge von 2 mm bis 6 mm hat,

e) mit einer die beiden Filterelemente und die Hohlkammer umgebenden Umhüllung,

f) mit einem luftundurchlässigen Belagpapier für die Befestigung der beiden Filterelemente am Tabakstrang, und

g) mit einer in Umfangsrichtung verlaufenden, an der fertigen Filtercigarette mechanisch oder durch Laserstrahlen hergestellten Filterventilationszone in der Umhüllung und dem Belagpapier, die sich in der Mitte der Hohlkammer befindet,

gekennzeichnet durch

die Kombination folgender Merkmale:

h) das erste, tabakstrangseitige Filterelement (16) hat eine Retentionsleistung von 60 bis 80 %;

i) das zweite, mundseitige Filterelement (18) hat eine Retentionsleistung von maximal 10 %;

j) das Strangausbeute-Verhältnis Nicotin/Kondensat des Tabakstrangs (12) liegt zwischen 0,5 und 0,75;

k) die Stopfdichte der Tabakmischung des Tabakstrangs (12) liegt zwischen 200 und 230 mg/ml;

l) der Zugwiderstand des Tabakstrangs (12) liegt zwischen 45 und 65 mm WS, geschlossen gemessen;

m) die Luftdurchlässigkeit des Cigarettenpapiers beträgt 15. bis 40 Coresta-Einheiten; und

n) der Filterventilationsgrad beträgt 50 bis 80 %."

V. Am 16. Februar 1996 fand eine mündliche Verhandlung statt. Für die weitere Verfahrensbeteiligte (Einsprechende 01) war, obwohl ordnungsgemäß geladen, niemand anwesend. Das Verfahren wurde, gestützt auf Regel 71 (2) EPÜ, ohne sie fortgesetzt.

Mit Bezug auf den erteilten Patentanspruch 1 hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen ihre schriftliche Argumentation mündlich wiederholt.

Die Beschwerdegegnerin ist diesem Vorbringen entgegengetreten und hat im wesentlichen geltend gemacht, daß es ohne ex-post facto-Analyse im Stand der Technik keinen Anlaß zur Kombination der Merkmale der sogenannten "R1" Filterzigarette nach D2 mit denen der Zigarette gemäß D1 gäbe.

VI. Am Schluß der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des angefochtenen Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Einsprüche als unzulässig zu verwerfen oder hilfsweise die Beschwerde zurückzuweisen.

Während des ganzes Beschwerdeverfahrens hat sich die weitere Verfahrenbeteiligte (Einsprechende 01) nicht geäussert und keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

1.1. Im schriftlichen Verfahren hat die Beschwerdegegnerin die Zulässigkeit der Einsprüche bestritten aus dem Grund, daß im Hinblick auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPü keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen worden seien.

Weil für den Ausgang des vorliegenden Falls nur die Zulässigkeit des Einspruches der jetzigen Beschwerdeführerin (Einsprechende 02) eine Rolle spielt, befaßt sich die Kammer nur mit der Zulässigkeit des Einspruches der jetzigen Beschwerdeführerin.

Dieser gegen EP-B-0 255 114 gerichtete und am 25. April 1991 eingereichte Einspruch, der unbestritten Artikel 99 (1) EPÜ sowie Regel 1 (1) EPÜ entspricht, entspricht auch Regel 55 c) EPÜ. In der Tat werden in diesem Einspruch nicht nur der Umfang ("im gesamten Umfang"), sondern auch die Einspruchsgründe (Artikel 100 a) EPÜ, Artikel 56 EPÜ und Artikel 100 b) EPÜ) klar angegeben. Darüberhinaus erfolgte auf Seiten 3 bis 10 eine ausführliche Begründung unter Angabe von Tatsachen und Beweismitteln. Daß dieses Vorbringen nicht nachvollziehbar war, hat nichts mit der Frage der Zulässigkeit des betreffenden Einspruches zu tun, so daß die Kammer der Argumentation der Beschwerdegegnerin in dieser Hinsicht nicht folgen kann. Dieser Einspruch war also zulässig.

1.2. Auch die Beschwerde ist zulässig. Dies würde durch die Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten. Deshalb erübrigt sich eine Begründung.

2. Neuheit

Nach Prüfung der im Beschwerdeverfahren erwähnten Druckschriften ist die Kammer zu dem Ergebnis gekommen, daß keine dieser Druckschriften eine erfindungsgemäße Filterzigarette mit allen in dem erteilten Anspruch 1 aufgeführten Merkmalen offenbart.

Da in der mündlichen Verhandlung die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten worden ist, erübrigt es sich, dies näher zu begründen.

3. Nächstkommender Stand der Technik

Unter den im Verlauf der Verfahren genannten Entgegenhaltungen stellt D1 den am nächsten kommenden Stand der Technik dar (vgl. die angefochtene Patentschrift, von Spalte 1, Zeile 6 bis Spalte 2, Zeile 14).

Die im Oberbegriff des Anspruches 1 in Kombination aufgeführten Merkmale a), b), c) und e), f) sind aus diesem nächstkommenden Stand der Technik bekannt.

Da Abmessungen, die sich aus einer Schemazeichnung nur durch Nachmessen ergeben, nicht zum Offenbarungsgehalt des Dokuments gehören (vgl. Entscheidung T 204/83, ABl. EPA 1985, 310), sind die im Anspruch 1 - Merkmal d) angegebenen Längen des Filters und des Hohlkammers durch Figur 3 von D1 nicht offenbart.

Aus Figur 3 von D1 ist auch nicht zu entnehmen, ob die Filterventilationszone sich in der Mitte der Hohlkammer befindet oder nicht, wie im Merkmal g) beansprucht.

D1 beschreibt, daß das tabakseitige Filterelement der in Figur 3 offenbarten Zigarette mindestens 80 % der Gesamtwirkung des Dreielementefilters zu leisten hat; welcher Anteil aber der diesem Filterelement einströmenden Rauch-Substanzen abgefangen wird, ist nicht offenbart.

Die Berechnungen, die die Beschwerdeführerin, ausgehend von dem in den Merkmalen h) und i) beanspruchten Werten angestellt hat, um zu beweisen, daß auch diese Merkmale h) und i) in D1 offenbart waren, deuten auf eine rückschauende Betrachtungsweise hin. Normalerweise sollte, ausgehend vom Stand der Technik, in diesem Fall D1, hervorgehoben werden, was ein Fachmann diesen Druckschriften eindeutig entnehmen kann.

Da die Merkmale j) bis n) des Anspruchs 1 in D1 auch nicht beschrieben sind, was die Beschwerdeführerin nicht bestritten hat, unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 von diesem nächstkommenden Stand der Technik nur durch die Merkmale h) bis n) des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1, in Kombination mit den folgenden Merkmalen des Oberbegriffs:

- die Obergrenze des Nicotin/Kondensat Verhältnisses der beanspruchte Zigarette ist 1, und

- bei einer Gesamtlänge des Filters von 20 bis 30 mm hat die Hohlkammer eine Länge von 2 bis 6 mm (vgl. Merkmal d) mit eine in der Mitte der Hohlkammer hergestellten Ventilationszone.

4. Aufgabe und Lösung

Ausgehend von dem nächstkommenden Stand der Technik (D1) und den oben genannten Unterschieden, besteht die Aufgabe darin, unter Beibehaltung der Vorteile der bekannten Filterzigarette einen besseren Geschmackseindruck zu gewährleisten, während gleichzeitig die Nikotin-Ausbeute im Verhältnis zum Kondensat reduziert wird (vgl. das angefochtene Patent: Spalte 2, Zeile 11 bis 19).

Die Kammer hat keinen Grund daran zu zweifeln, daß die Aufgabe tatsächlich gelöst wird, und dies umso mehr, als auch die Beschwerdeführerin dies nicht bestritten hat.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. Für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit einer Kombinationserfindung ist die Frage zu stellen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen, gerade für die beanspruchte Kombination, gegeben hat oder nicht, wobei das Bekanntsein einzelner oder mehrerer Merkmale keinen zuverlässigen Schluß auf das Naheliegen der Kombination zuläßt. Es geht nicht darum, ob der Fachmann, der allerdings Zugang zum gesamten Stand der Technik hat, eine erfindungsgemäße Kombination hätte machen können, sondern darum, ob er dies in Erwartung einer Verbesserung auch getan hätte (vgl. Entscheidung T 2/83, ABl. EPA, 1984, 265).

5.2. D1 (Figur 3) befaßt sich mit einer Zigarette, die wie die erfindungsgemäße Zigarette mit zwei hintereinander angeordneten Filterelementen und einer dazwischen angeordneten Hohlkammer mit Ventilationszone ausgestattet ist.

Dieser Druckschrift wird der Fachmann die Lehre entnehmen, daß die "Geschmacksleistung" der Zigarette durch die Art der Luftverdünnung beeinflußt (vgl. D1, Seite 1, Zeile 13 bis 19) und dadurch ein bedeutend verbesserter Geschmackseindruck erzielt wird, wenn die Ventilationsluft direkt in die Hohlkammer eintritt und sich dort mit dem Rauchstrom mischt, bevor dieser durch das mundseitige Filterelement den Mund des Rauchers erreicht (vgl. D1: Seite 5, Zeilen 21 bis 30 und Seite 10, Zeilen 20 bis 23). Aus D1 erfährt der Fachmann auch, daß statt eines Nicotin/Kondensat Verhältnisses von 1, wie bei einer gewöhnlichen Filterzigarette, die offenbarte Zigarette ein Verhältnis von 1,5 aufweist, und daß dieser Unterschied eine wesentliche Rolle in der Verbesserung der Geschmacksleistung spielt (vgl. D1: Seite 11, Zeilen 5 bis 16).

D1 gibt zwar für das Nikotin/Kondensat-Verhältnis der Gesamtzigarette einen Wert von 1,5 an (vgl. Seite 11, Zeile 5 bis 8); was aber das Strangausbeute-Verhältnis Nikotin/Kondensat betrifft, ist nicht offenbart.

Darüber hinaus, wie in Abschnitt 3 schon erwähnt, beschreibt D1, daß das tabakseitige Filterelement der in Figur 3 offenbarten Zigarette mindestens 80 % der Gesamtwirkung des Dreielementefilters zu leisten hat; aber welcher Anteil der diesem Filterelement zugeführten Rauch-Substanzen abgefangen wird, ist auch nicht offenbart.

5.3. Aus der Entgegenhaltung D2 geht hervor, daß die ursprünglich offenbarte Superleichtzigarette "R1", obwohl niedrige Werte mit Nikotin und Kondensat vorliegen, trotzdem eine hohe Geschmacksleistung bietet. Nach D2 erreiche man diese Vorteile durch die kombinierte Verwendung hocharomatischer geschmacksreicher Tabake und eines Doppelfiltersystems ohne Mischkammer ("ausgeklügelten Filtertechnik" - "speziellem Filter"), das eine doppelte Geschmackswirkung habe.

Dieses Doppelfiltersystem bewirke, daß der Rauch durch den Ventilationsluftstrom gebündelt wird, so daß der Raucher ein intensiveres Geschmackserlebnis hat.

Eine Bestätigung dieser Lehre bekommt der Fachmann von der Offenbarung "Tobacco Encyclopedia" von Ernst VOGES, Verlag Tobacco Journal International, 1984 (vgl. Seite 428, Ende der linken Spalte: "The taste impact of a highly diluted, low tar cigarette may be enhanced if the air and smoke are kept separate until they reach the mouth").

5.4. Demzufolge lagen dem Fachmann am Prioritätsdatum des angefochtenen Europäischen Patents zwei Technologieen vor, die in zwei verschiedene Richtungen führen:

- eine erste Technologie, die auf das frühere Konzept der Verwendung eines ventilierten Doppelfilters mit Mischkammer gestützt war (vgl. D1), und

- eine zweite Technologie, als "neue Technologie" in D2 bezeichnet, die die Verwendung hocharomatischer Tabake in Kombination mit einem speziellen Strömungsfilter ohne Mischkammer empfiehlt.

Darüber hinaus ist es für einen Fachmann klar, daß der Geschmackseindruck und das Verhältnis Nikotin/Kondensat von der Kombination mehrerer unterschiedlicher Parameter abhängen, zum Beispiel von dem Strangausbeute-Verhältnis N./K. des Tabakstrangs, vom eingestellten Ventilationsgrad, von der Art des Filters usw., und daß eine solche Kombination nicht ohne weiteres auseinandergenommen oder geändert werden kann, ohne die Verbraucher-Parameter entscheidend zu verändern.

Da auch D1 sich mit der Verteilung der Gesamtfiltration über die zwei Filterelemente des Dreielementefilters und nicht mit der absoluten Retentionsleistung der beiden Filterelemente befaßt und außerdem mit der Zigarette von D1 ein relativ höheres Nikotin-Kondensat Verhältnis als mit der "Superleichtzigarette R1" von D2 erzielt wird, kann der Fachmann einen Zusammenhang zwischen den beiden Technologieen oder einen Hinweis, wie er zu der Erfindung kommen sollte, weder in D1 noch in D2 finden.

Deshalb kann die Kammer der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht folgen, daß ein Fachmann in D2 die Lehre finden würde, zur Verbesserung des Geschmackseindrucks einer Zigarette gemäß D1 nur den Tabakstrang der Zigarette gemäß D2 zu übernehmen. In der Tat, weil D2 nicht nur die Kombination Tabak-Filtersystem hervorhebt, aber darüberhinaus insbesondere die Rauch- Bündelung durch den spezifischen Filter als erwünschten Effekt darstellt, kann eine Lehre zur Verbesserung des Geschmackseindrucks ohne das spezifische, den Rauch bündelnde Filtersystem der Druckschrift D2 nicht entnommen werden.

Die technische Lehre der Druckschrift D2 muß als Ganzes betrachtet werden, so wie dies ein Fachmann täte, und es ist nicht zulässig, Teile einer solchen Druckschrift aus ihrem Zusammenhang herauszulösen, um daraus eine technische Information herzuleiten, die von der Gesamtlehre der Druckschrift abweicht oder sogar in Widerspruch zu ihr steht (vgl. Entscheidung T 56/87, ABl. EPA, 1990, 188). Dies ist mit der Lehre der Druckschrift D2 eindeutig der Fall.

Da selbst eine Kombination von Merkmalen, die von der offenkundig vorbenutzten Zigarette R1 und aus D1 bekannt sind, noch nicht identisch mit dem Gegenstand des Anspruches 1 ist, erscheint eine Verknüfung der Lehren von D1 und D2 im vorliegenden Fall sehr unwahrscheinlich und eher auf einer rückschauenden Betrachtungsweise zu beruhen.

Die im Patent vorgeschlagene Lösung der Aufgabe läßt sich also nicht ohne erfinderische Tätigkeit aus dem Stand der Technik herleiten. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß im Vergleich zu dem in der Enzyclopädie von Ernst Voges (vgl. Absatz 5.3: "Tobacco Encyclopedia") angegebenen allgemeinen Wissensstand des Fachmannes ein Vorurteil gegen den patentgemäßen Weg bestanden zu haben scheint und daß die Patentinhaberin sich mit der von ihr vorgeschlagenen Lösung über die auf dem Fachgebiet der Fertigstellung von Leichtzigaretten herrschende Lehrmeinung (vgl. D2) hinweggesetzt hat, was als ein verläßliches Anzeichen für erfinderische Tätigkeit anzusehen ist.

5.5. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 des angefochtenen Patents auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Dies trifft auch für die von der Patentfähigkeit des unabhängigen Anspruchs 1 getragenen anhängigen Ansprüche zu.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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