European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2001:T025598.20011120 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 November 2001 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0255/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 89112104.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61B 6/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Röntgendiagostikgerät für Mammographieaufnahmen | ||||||||
Name des Anmelders: | SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Planmed OY | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (nein) Implizierte Offenbarung |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit Entscheidung vom 5. Februar 1998 hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 406 455 wegen mangelnder Neuheit des Gegenstands des Hauptanspruchs (Art. 54 (3) EPÜ) gegenüber der Offenbarung in den Entgegenhaltungen
E1: EP-B1-0 370 089 (WO 89/11248) bzw.
E2: EP-A2-0 543 801
widerrufen.
II. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) legte am 16. März 1998 gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. In ihrer am selben Tag eingegangenen Beschwerdebegründung beantragte sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) bzw. mit einem geänderten Anspruch 1 (Hilfsantrag). Ebenfalls hilfsweise beantragte sie eine mündliche Verhandlung.
III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) nahm in einer am 20. August 1998 eingegangenen Erwiderung Stellung zu den Argumenten der Beschwerdeführerin. Sie beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Nachdem die Beschwerdekammer an die Beteiligten eine Ladung zur mündlichen Verhandlung versandt hatte, teilte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 20. September 2001 mit, daß sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde. Daraufhin wurde diese abgesetzt.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Röntgendiagnostikgerät für Mammographieaufnahmen mit einer Auflageplatte (2) für ein Aufnahmeobjekt und mit einer senkrecht zur Auflageplatte (2) über Halterungsmittel (4, 7, 9) verstellbaren Kompressionsplatte (8, 18), wobei die Kompressionsfläche (12, 27) der Kompressionsplatte (8, 18) und die Auflageebene (11) der Auflageplatte (2) in einer Position A einen spitzen Winkel zueinander einnehmen, so daß sich der Raum zwischen der Auflageebene (11) und der Kompressionsfläche (12, 27) zur Patientenseite hin verjüngt, und wobei die Stirnseite (13, 26) der Kompressionsplatte (8, 18) abgerundet ist."
Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom obengenannten Anspruch dadurch, daß vor dem Wort "abgerundet" (letzte Zeile) die Worte "in ihrer Gesamtheit" hinzugefügt wurden.
VI. Die Beteiligten argumentierten wie folgt:
i) Die Beschwerdeführerin:
- Damit auf mangelnde Neuheit eines Anspruchsgegenstands geschlossen werden könne, müßten die Merkmale unmittelbar und eindeutig in der Entgegenhaltung offenbart sein. Implizite Offenbarungen seien nur dann relevant, wenn sie sich zwingend aus der Entgegenhaltung ergäben. Äquivalente dürften nicht herangezogen werden (vgl. Richtlinien C-IV, 7.2 und 7.5.).
- Im vorliegenden Fall sei das beanspruchte Merkmal, wonach die Stirnseite der Kompressionsplatte abgerundet ist, in den Entgegenhaltungen E1 bzw. E2 weder explizit noch implizit offenbart. Vielmehr stelle die Stirnseite 6' der Kompressionsplatte 6 (Abb. 8 der Entgegenhaltungen E1 und E2) eine scharfe Kante dar, was bei der vorliegenden Erfindung gerade vermieden werden solle, damit die Patientin, die sich einer Mammographie unterziehe, nicht verletzt werde. Außerdem sei eine abgerundete Seite nicht die einzige Schutzmöglichkeit, die sich ein Fachmann vorstellen könne, so daß sich dieses Merkmal nicht zwingend aus der Entgegenhaltung ergebe und damit auch nicht implizit offenbart sei.
- Anspruch 1 des Hilfsantrags präzisiere, daß die Stirnseite in ihrer Gesamtheit, wie in Abbildung 1 des Patents dargestellt, abgerundet sei.
ii) Die Beschwerdegegnerin:
- Das angefochtene Merkmal ("Stirnseite abgerundet") sei implizit in den Entgegenhaltungen E1 bzw. E2 offenbart, denn angesichts des direkten Kontakts der Kompressionsplatte mit der Brust der Patientin sei eine scharfe Kante völlig ausgeschlossen. Die anderen von der Beschwerdeführerin als Ersatz für die abgerundete Kante erdachten Lösungen seien weit hergeholt und wenig glaubhaft. In Wirklichkeit habe der Fachmann ungeachtet der schematischen Darstellung in den Zeichnungen der Entgegenhaltungen E1 bzw. E2 keine andere Wahl, als die Stirnseite der Kompressionsplatte abzurunden. Aus diesem Grund sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu.
- Die in Anspruch 1 des Hilfsantrags aufgenommene Präzisierung werde vom Patent nicht gestützt. Sie habe keinerlei technische Aussagekraft und füge dem Anspruchsgegenstand nichts Neues hinzu.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
Die Entgegenhaltungen E1 und E2 sind die Veröffentlichung der ursprünglich eingereichten Unterlagen zweier europäischer Patentanmeldungen, die einen nachveröffentlichten Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (3) EPÜ darstellen, d. h. nur zur Beurteilung der Neuheit des Anspruchs 1 herangezogen werden dürfen (Art. 56 Satz 2 EPÜ). Das Dokument E2 entstand durch Teilung des Dokuments E1. Die beiden Dokumente enthalten eine ähnliche Beschreibung und identische Zeichnungen. Alle in der vorliegenden Patentanmeldung benannten Vertragsstaaten sind auch in diesen früheren Anmeldungen benannt.
Das einzige Merkmal in Anspruch 1, das in den Entgegenhaltungen E1 bzw. E2 nicht ausdrücklich offenbart ist, betrifft die abgerundete Form der Stirnseite der Kompressionsplatte (letztes Merkmal).
In den Entgegenhaltungen E1 und E2 wird nicht ausdrücklich erwähnt, daß dort die Seite 6' der Kompressionsplatte 6 abgerundet ist. In diesen Dokumenten wie auch im Patent schwenkt jedoch die obere Kompressionsplatte gleichzeitig um ihre beiden Seiten, wenn sie nach und nach in eine parallele Stellung zur unteren horizontalen Platte gebracht wird. In der Entgegenhaltung E1 beispielsweise (vgl. Abb. 2 und Spalte 5, Zeilen 35 - 56) kommt die Platte 6 zunächst mit ihrer Stirnseite 6' in Kontakt mit der Wurzel J der Brust, wenn das Führungselement 9 das führende Rahmen- teil 10 hinuntergleitet. Im Zuge der weiteren Abwärtsbewegung des Führungselements 9 schwenkt dann die Platte 6 um ihre Seite 6', die die Patientin berührt, und gleichzeitig mit ihrer anderen Seite um die Anlenkung 8, bis sie eine horizontale Stellung einnimmt.
Die Kompressionsplatte 8 des Patents (Abb. 1) arbeitet auf dieselbe Weise. Da die Stirnseite 13 geschwenkt und gleichzeitig gegen die Rippen der Patientin gedrückt wird (vgl. Spalte 3, Zeilen 6 - 15), muß diese Seite zwangsläufig abgerundet sein, um eine Verletzung der Patientin zu vermeiden.
Dieser Auslegung steht auch nicht Abbildung 8 der Entgegenhaltung E1 entgegen. Diese zeigt einen Mechanismus mit einer verformbaren Parallelogrammanordnung 32 - 35, der so ausgelegt ist, daß sich die Anlenkung 8 zurückziehen kann (vergleiche die durchgezogenen und die gestrichelten Linien), wenn das Führungselement 9' vertikal gesenkt und die Kompressionsplatte 6 in ihre horizontale Stellung geschwenkt wird. Durch den Einzug der Anlenkung kann die Seite 6' der Platte einer geraden vertikalen Bahn folgen (vgl. Spalte 7, Zeilen 50 - 52). In Abbildung 8 ist die Seite zwar schematisch mit einer scharfen Kante dargestellt, um zu zeigen, daß sie sich auf einer geraden Linie bewegt. Auch hier gilt aber, daß in der Praxis die Seite der Kompressionsplatte aber notwendigerweise abgerundet sein muß, damit die Patientin nicht verletzt wird (vgl. Abb. 2).
Daraus ergibt sich, daß das letzte Merkmal des Anspruchs im Sinne der Richtlinien C-IV, 7.2 und 7.5 implizit und eindeutig in den Dokumenten E1 bzw. E2 offenbart ist. Siehe auch die Entscheidung T 666/89, ABl. EPA 1993, 495, Nummern 5 und 6, wonach der gesamte Inhalt einer Entgegenhaltung zu prüfen ist, sowie die Entscheidung T 56/87, ABl. EPA 1990, 188, Nummer 3.1, zur schematischen Darstellung einer Zeichnung.
Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neu und erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikels 54 (1) EPÜ.
3. Hilfsantrag
Wenn man davon ausgeht, daß die Änderung formal zulässig ist, ist diese Formulierung jedenfalls so verschwommen, daß sie kein Strukturelement hinzufügt, das den Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 von der Offenbarung der Entgegenhaltung E1 (vgl. Abb. 10a) unterschiedlich machen könnte.
Folglich ist auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags nicht neu.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.