European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1997:T050695.19970205 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 05 Februar 1997 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0506/95 | ||||||||
Anmeldenummer: | 89202206.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01R 13/18 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | B | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Kastenfeder | ||||||||
Name des Anmelders: | Grote & Hartmann GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | The Whitaker Corporation | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja) Feststellung des nächstliegenden Standes der Technik |
||||||||
Orientierungssatz: |
Nächstliegender Stand der Technik ist derjenige, der für den erfindungsgemäß angestrebten Zweck am geeignetsten ist, nicht aber nur äußerlich strukturelle Ähnlichkeiten mit der erfindungsgemäßen Lösung aufweist. |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin hat gegen das europäische Patent Nr. 352 871 Einspruch eingelegt. Ihre Beschwerde richtet sich nun gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs.
II. Der unabhängige erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt:
Kastenfeder in Miniaturform mit einem Leiterdrahtanschlußteil (3) und einem als Flachgabelfeder (1) ausgebildeten Kontaktteil, wobei die Flachgabelfeder (1) eine U-förmige Federarmbasis (4) mit einem Boden (5) und zwei Seitenwänden (6) aufweist, wobei an jeder Seitenwand ein Federarm (7) sich nach vorne erstreckend angebunden ist und diese Federarme von den Seitenwänden beginnend bis zu einer Kontaktlinie (8) aufeinanderzulaufend abgebogen sind und zur Bildung eines Findungstrichters (9) von der Kontaktlinie (8) wieder divergieren, wobei auf der Flachgabelfeder (1) eine kastenförmige Überfeder (2) formschlüssig gehalten ist, und sich im Längskantenbereich der Kastenform der Überfeder Freischnitte (22 und 23) befinden, die sich von einem im vorderen Bereich der Kastenform angeordneten Kastensteg (25) rückwärts erstrecken und mit quer verlaufenden Trennschnitten (27) sich zungenförmig nach vorn erstreckende Überfederarme (26) an den Seitenwänden (15) der Überfeder (2) bilden, die nach innen aufeinanderzugebogen sind und auf den Gabelfederarmen (17) aufliegen, wobei sich der Kastensteg (25) im Bereich der Kontaktlinie (8) befindet.
Die erteilten Ansprüche 2 bis 16 sind hiervon abhängige Ansprüche.
III. Folgende Druckschriften wurden während des Einspruchsverfahrens genannt und auch im Beschwerdeverfahren diskutiert:
(D1): FR-A-1 427 747,
(D2): US-A-4 341 434,
(D3): US-A-4 385 794,
(D4): DE-A-3 241 485, (die zitierte DE-C2-3 241 485 ist nicht vorveröffentlicht)
(D5): EP-A-87 894, (die zitierte EP-B1-0 087 894 ist nicht vorveröffentlicht)
(D6): DE-A-2 407 063,
(D7): US-A-3 363 224,
(D8): DE-A-3 014 614,
(D9): DE-A-3 248 078,
(D10): DE-U-8 502 106 (der Öffentlichkeit durch Akteneinsicht ab 21. März 1985 zugänglich - das Zitat dieser Druckschrift in der angegriffenen Entscheidung enthielt einen Schreibfehler) und
(D11): DE-A-2 731 001.
IV. In einer Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung verwies die Kammer zum Nachweis allgemeinen Fachwissens auf das Buch
(D12): Keil, Merl, Vinaricky: "Elektrische Kontakte und ihre Werkstoffe", 1984, Seiten 314 bis 319.
V. In einer Erwiderung hierauf reichte die Beschwerdegegnerin folgende Druckschriften ein:
(D13): "Das AMPMODU-System", Mai 1975, Seiten 8 bis 11, und
(D14): WO87/02 516 - nachveröffentlicht (23. April 1987).
VI. Am 5. Februar 1997 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Gemäß Entscheidung T 606/89 (zitiert in Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 1996, Seite 98), sei der nächstliegende Stand der Technik, anhand dessen die erfinderische Tätigkeit objektiv festgestellt werden könne, im allgemeinen derjenige, der sich auf einen ähnlichen Zweck beziehe, weil er die wenigsten strukturellen und funktionellen Änderungen erforderlich mache. Der im Anspruch 1 verwendete Begriff "Kastenfeder" sei in der Technik nicht allgemein definiert und es gäbe auch keinen entsprechenden englischen Ausdruck. Es handele sich beim Gegenstand des Anspruches 1 nicht um eine einteilige, sondern um eine zweiteilige Kontaktbuchse mit einer kastenförmigen Überfeder. Eine entsprechende zweiteilige Kontaktbuchse, nämlich eine Doppelflachfederkontaktbuchse mit einer kastenförmigen Überfeder, die nur geringe strukturelle Unterschiede gegenüber dem Gegenstand des angegriffenen Anspruchs 1 aufweise, sei aus (D9) bekannt. Daher repräsentiere (D9) den nächstenliegenden Stand der Technik. Für die Ermittlung des nächstliegenden Standes der Technik komme es nicht darauf an, von welchem Stand der Technik der Erfinder ausgegangen sei, sondern welcher Stand der Technik dem zu beurteilenden Gegenstand objektiv am nächsten komme. Im vorliegenden Fall sei dies der zweiteilige Doppelflachfederkontakt gemäß (D9). Über die Größe des Doppelflachfederkontaktes sei in (D9) nichts ausgesagt. Das Dokument (D13) belege, daß es der allgemeinen Entwicklungstendenz entspreche, derartige Kontakte zu miniaturisieren und einen Überbiegeschutz vorzusehen. Für die Lösung der diesbezüglichen Probleme orientiere sich der Fachmann nicht nur an Messerkontaktbuchsen, sondern auch an Stift- bzw. an Rundsteckbuchsen. Aus (D11) sei eine zweiteilige Steckkontaktbuchse mit Kontaktfingern und mit einer auf einer Federarmbasis angeordneten doppelzüngigen Überfeder bekannt. Eine ringförmige Endpartie 32 an der Mündung des Buchsenkörpers begrenze im Bereich der Kontaktlinie die Bewegbarkeit der Kontaktfinger nach außen. Die Überfeder werde auf der Feder formschlüssig gehalten. Weiterhin seien die Überfederarme durch seitlich und quer verlaufende Frei- bzw. Trennschnitte aus der Überfeder gebildet. Bei Anwendung des aus (D11) bekannten Lösungsprinzips auf die aus (D9) bekannte Doppelflachfeder gelange der Fachmann durch Verlängerung und entsprechende Weiterbildung der kastenförmigen Überfederarmbasis ohne erfinderisches Bemühen auch zu einem Kastensteg. Hinsichtlich der Argumentation der Beschwerdegegnerin in Verbindung mit der Kraftfahrzeugtechnik sei zu berücksichtigen, daß das Streitpatent keinerlei Beschränkung hierauf erkennen lasse. Im übrigen könne die im Streitpatent angegebene Aufgabe bei Berücksichtigung des aus (D13) bekannten Tandem Spring Kontaktes nicht die objektive Aufgabe sein. Neben dem Grundkontakt gebe es beim Tandem Spring Kontakt eine Art Überfeder zur Erhöhung des Kontaktdruckes und einen Überbiegeschutz. Die Kontaktzone liege dort nur 1,2 mm von der Buchsenmündung entfernt. Diese bekannte Kastenfeder sei wegen ihrer Einteiligkeit noch einfacher herstellbar als der Patentgegenstand. Obwohl die Druckschrift (D9) den nächstliegenden Stand der Technik darstelle, könne man bei der Beurteilung der erfinderischen Qualität des Streitgegenstandes auch von (D6) (Figur 5), (D7) oder (D13) (Tandem Spring Kontakt) ausgehen, um ohne erfinderisches Bemühen zum Patentgegenstand zu gelangen. Jedoch sei zu berücksichtigen, daß die Dokumente (D6), (D7) und (D13) etwa zehn Jahre älter seien als die vorliegende Erfindung. Nur die Druckschriften (D9) und (D10) stammten aus den Jahren 1982 und 1985 und böten wegen der Zweiteiligkeit der dortigen Kontaktbuchsen eine zutreffendere Vergleichsbasis.
VIII. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:
Der Begriff "Kastenfeder" sei von ihr geprägt worden, um auszudrücken, daß das Federelement einer Steckkontaktbuchse im Kontaktbereich selbst als kastenförmiger Führungskanal ausgebildet sei. Die angegriffene Erfindung befasse sich demgemäß mit einem Federtyp wie er in den Druckschriften (D3), (D6) und (D7) (in Spalte 4, Zeilen 1 bis 3 von (D3) zitiert) näher beschrieben sei. Dieser Stand der Technik sei in Spalte 1, Zeilen 4 bis 26 der Streitpatentschrift gewürdigt. Der Gegenstand der in Spalte 1, Zeilen 27 bis 31. der Streitpatentschrift angegebenen Druckschrift (D8) sei dort irrtümlich auch als "Kastenfeder" anstelle von "Kontaktfeder" bezeichnet. Eine mit der Prüfungsabteilung am 27. April 1992 vereinbarte Streichung des diesbezüglichen Abschnittes sei amtsseitig versehentlich nicht durchgeführt worden. Insbesondere in der PKW-Elektronikindustrie sei etwa seit 1963 gefordert worden, Kontaktelemente entsprechend der in (D3), (D6) und (D7) gewählten Bauform unter Berücksichtigung folgender Umstände zu verbessern. Das geringe Platzangebot in PKWs erfordere eine Miniaturisierung von Kontaktbuchsen (vgl. (D3), Spalte 1, Zeilen 13 bis 20) ohne eine sichere Übertragung schwacher Ströme zu gefährden. Wegen der auftretenden Vibrationen seien Steckstifte bzw. Pfosten mit rechteckigem Querschnitt und eine hohe Festigkeit für Buchsen und Stifte gefordert. Die Kastenfedern müßten später zu Isolationszwecken in ein Gehäuse bzw. eine Kammer eingesetzt werden. Die Druckschrift (D7) weise darauf hin, daß ein auf allen vier Seiten geschlossenes Gehäuse am Buchseneingang Festigkeit verleihe und zu einer richtigen Ausrichtung des Steckstiftes bei seinem Einführen verhelfe. Die in (D3) und (D7) beschriebenen Lösungen dieser Aufgabe wiesen aber den Nachteil auf, daß der erforderliche Abstand zwischen den aus einem einteiligen Kontaktbereich freigeschnittenen Federarmen schwierig einzustellen sei. Der Federweg sei zu kurz und die Kontaktstelle zu weit von der Stecköffnung entfernt, so daß ein relativ langer Kontaktstift erforderlich sei. Die (D6) befasse sich ebenso wie der aus (D13) bekannte Tandem Spring Kontakt mit einer Kastenfeder, bei der die Kontaktstelle im Bereich der Stecköffnung liege. Die Figur 5 von (D6) stelle demzufolge einen realistischen Ausgangspunkt für die Ermittlung der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe dar, da dort der Federdruck durch eine Überfeder 46', die in gleicher Richtung wie der Kontaktarm auf die Mündung des Einführungskanals hin verläuft, verstärkt wird. Die Lasche 64 bilde jedoch lediglich einen Überbiegeschutz, zusammen mit dem U-förmigen Kanal aber keinen für ein sicheres Einführen eines Pfostens geeigneten stabilen Kasten. Ausgehend von (D6) liege der im erteilten Anspruch 1 angegebenen Erfindung die in Spalte 1, Zeilen 32 bis 35 der Streitpatentschrift angegebene Aufgabe zugrunde, eine Kastenfeder zu schaffen, deren Kontaktstelle im Bereich der Stecköffnung liege, die eine optimale Federung der Federarme gewährleiste und die einfach herstellbar sei. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei also nicht Aufgabe der Erfindung, eine Flachgabelfeder zu verbessern. Die (D9) sei in der Beschreibungseinleitung nur wegen der Unteransprüche des Streitpatents gewürdigt worden, betreffe aber nicht das eigentliche Sachgebiet der Erfindung. Rundsteckhülsen entsprechend (D2) und (D11) hätten für den Anwendungsbereich der Erfindung, insbesondere die Kraftfahrzeugelektronik, wegen der auftretenden Erschütterungen keine Bedeutung. Für die Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe hätten die Erfinder eine neuartige Kombination gewählt:
a) Eine für das Einsatzgebiet "Kastenfeder" bisher nicht verwendete Flachgabelfeder mit zwei sich gegenüberliegenden Federarmen zur Erhöhung der Federwirkung und
b) eine auf der Flachgabelfeder formschlüssig gehaltene kastenförmige Überfeder, die als kastenförmiger Steckkanal ausgebildet sei, einen Überbiegeschutz biete und deren daraus freigeschnittene Überfederarme zusammen mit den Federarmen eine gute Federkennlinie gewährleisten.
Da die Erfindung somit aus einer neuen Kombination von verschiedenen Federtypen mit synergistischer Wirkung hervorgegangen sei, sei für den angegriffenen Anspruch 1 auch nicht die zweiteilige Anspruchsfassung gewählt worden. Die neben den Druckschriften (D3), (D6) und (D7) noch genannten Druckschriften seien aus folgenden Gründen nicht relevant:
Die Druckschrift (D1) befasse sich nicht mit einer Kastenfeder entsprechend der vorgenannten Aufgabenstellung. Die Druckschrift (D2) betreffe eine ähnliche Rundsteckhülse wie sie in (D11) offenbart sei und nachfolgend analysiert werde. Die (D4) zeige eine Rundsteckhülse, die lediglich den vorderen Steckring 10 umklammere, nicht jedoch die Federarme federnd unterstütze. Aus (D5) sei ein gabelförmiger Kontakt bekannt, bei dem die Federarme durch ein Element 8 vorgespreizt seien. Dieser Kontakt sei für das Einstecken eines Pfostens ungeeignet. Die (D8) befasse sich mit einem einfachen Gabelfederkontakt, insbesondere einer besonderen Rastfahnenausbildung und einer weiteren Lasche zur sicheren Verankerung in einem Gehäuse, aber nicht mit einer Kastenfeder. Obwohl der Doppelflachfederkontakt gemäß (D9) eine kastenförmige Federarmbasis und eine kastenförmige Außenüberfederarmbasis aufweise, sei kein kastenförmiger Führungskanal im Kontaktbereich vorhanden. Daher könne man im Gegensatz zu den irreführenden Angaben in der Patentschrift nicht von einer Kastenfeder im Sinne der Erfindung sprechen. Für eine Miniaturisierung sei dieser als Doppelflachfederkontakt ausgebildete Kontakt ungeeignet. Dies treffe auch auf die in (D10) gezeigte Lösung zu, die von der Lösung gemäß (D9) ausgehe. Die (D11) befasse sich mit einer miniaturisierten Rundsteckhülse mit einer Überhülse, wobei die Überhülse ein Spannband als Überbiegeschutz bilde. Die beschriebene Lösung diene der Verminderung des Einflusses von Fabrikationstoleranzen auf die Qualität der Steckkontaktbuchse. Die Kontaktzunge sei im Querschnitt bogenförmig, aber nicht flach. Die Kontaktfinger hätten die Aufgabe, den runden Kontaktstift auf den Hülsenboden zu drücken. Der runde Kontaktstift werde also nicht von zwei gegenüberliegenden Federn beaufschlagt. Von einer Kontaktlinie im Sinne der Erfindung könne also nicht gesprochen werden. Die Federzungenpartien 35a und 35b hätten die Aufgabe, die Federkennlinie der Kontaktfinger 19. und 20 zu verbessern. Auch wenn man von (D9) ausgehend (D11) berücksichtige, obwohl die dort beschriebene Steckkontaktbuchse wegen ihrer runden Form nicht vibrationssicher sei, käme man nicht ohne erfinderisches Bemühen zu der vorliegenden Erfindung. Bei der Erfindung gäbe es keine dem Ring 21 gemäß (D11) entsprechende Ausbildung, die den Kastensteg stützen könne. Da der Stand der Technik keine Anregung für die Verwendung einer auf dem Kastenfedergebiet üblichen Flachgabelfeder gebe, könne die auf einer gemeinsamen Betrachtung von (D9) und (D11) beruhende Schlußfolgerung der Beschwerdeführerin nur auf einer unzulässigen ex-post-facto-Betrachtung der Erfindung und der Definition eines unrealistischen Problems ausgehend von (D9) beruhen, um in Verbindung mit (D11) die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des angegriffenen Anspruches 1 in Frage zu stellen. Die erfindungsgemäße Kombination der verschiedenen Federtypen zeige insofern eine synergistische Wirkung, als die Flachgabelfeder wegen der zwei gegenüberliegenden Federarme eine gute Federwirkung gewährleiste und die darüberliegende kastenförmige Überfeder für die instabile Flachgabelfeder einen stabilen Führungskanal mit Überbiegeschutz darstelle und durch die freigeschnittenen Überfederarme der Flachgabelfeder eine gute Federkennlinie verleihe. Diese Kombination sei auch vorteilhaft im Hinblick auf eine leichte Herstellbarkeit.
IX. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 352 871.
X. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen,
hilfsweise, das Patent aufrechtzuerhalten mit einer geänderten Spalte 1 gemäß Anlage 4 des Schreibens vom 3. Januar 1997,
weiter hilfsweise, das Patent aufrechtzuerhalten mit geänderten Beschreibungsspalten 1 bis 4 und geänderten Patentansprüchen 1 bis 14 gemäß Anlage 3 des Schreibens vom 3. Januar 1997.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Erst im Beschwerdeverfahren genannte Druckschriften (D12), (D13) und (D14)
Die Druckschrift (D12) wurde von der Beschwerdekammer zum Nachweis allgemeinen Fachwissens und die Druckschriften (D13) und (D14) von der Beschwerdegegnerin zur Erläuterung des einschlägigen Sachgebietes, insbesondere des Begriffes "Kastenfeder" genannt. Die Druckschriften (D12) und (D13) werden also berücksichtigt. Die nachveröffentlichte Druckschrift (D14) stellt keinen Stand der Technik im Sinne von Artikel 54 (2) und (3) EPÜ dar und bleibt daher unberücksichtigt.
3. Im vorliegenden Einspruchsbeschwerdeverfahren geht es substantiell zunächst lediglich um die Frage, ob der Gegenstand des erteilten Anspruches 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
4. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des erteilten Anspruches 1
4.1. Nächstliegender Stand der Technik
In der vorliegenden Streitsache ist vor allem die Bestimmung des nächstliegenden Standes der Technik umstritten, weil der den erteilten Anspruch 1 einleitende, von der Beschwerdegegnerin selbst geprägte Begriff "Kastenfeder" keine allgemein anerkannte Fachbezeichnung darstellt. Hinzu kommt, daß in der Streitpatentschrift der Abschnitt in Spalte 1, Zeilen 27 bis 31 nicht - wie im Prüfungsverfahren vereinbart -gestrichen wurde, in dem die aus der Druckschrift (D8) bekannte Kontaktfeder irrtümlich als Kastenfeder bezeichnet wird. Die (D8) befaßt sich lediglich mit einer einfachen Quetschkontaktfeder, die in einem Gehäuse gehalten wird. Auch in Verbindung mit der Würdigung der (D9) ab Spalte 1, Zeile 43 der Streitpatentschrift ist irrtümlich von einer kastenförmigen Überfeder die Rede, obwohl die offenbarte Flachgabelfeder lediglich eine kastenförmige Überfederarmbasis hat. Wie jedoch dem zweiten Abschnitt der ursprünglichen Anmeldungunterlagen und Spalte 1, Zeilen 4 bis 13 der Streitpatentschrift entnehmbar ist, kennzeichnet der Begriff "Kastenfeder" ein Kontaktfederelement für eine Kontaktbuchse, bei dem der Kontaktbereich äußerlich Kastenform hat. Hierdurch kann ein Kontaktpfosten quadratischen oder rechteckigen Querschnitts kippsicher und drehfest geführt und nach seiner Einführung in seiner Lage fixiert gehalten werden. Eine möglichst umlaufende Wandung im Kontaktbereich soll bei diesem Federtyp Formstabilität gewährleisten; vgl. auch (D7), Spalte 2, Zeile 63 bis Spalte 3, Zeile 7. Doppelflachfederkontakte, bei denen lediglich die Basis kastenförmig ist, können zwar in einem Gehäuse derart untergebracht werden, daß sich die Basis nicht verdreht. Jedoch ist im Gegensatz zu Kastenfedern der Kontaktbereichsteil dort nicht absolut drehfest. Die Kammer stimmt daher trotz der teilweise irreführenden Angaben in der Patentschrift mit der Beschwerdegegnerin darin überein, daß mit dem Begriff "Kastenfeder" ein Buchsenkörper gemeint ist, der durch kastenförmige Ausbildung im Kontaktbereich den Zweck verfolgt, Pfosten bzw. Stifte mit quadratischen Querschnitten drehfest zu führen und in ihrer Endlage stabil zu umschließen.
Bei der Wahl des nächstliegenden Standes der Technik kommt es zunächst darauf an, daß seine Lösung auf den gleichen Zweck bzw. dieselbe Wirkung gerichtet ist. Andernfalls kann er den Fachmann nicht in naheliegender Weise zu der beanspruchten Erfindung hinführen; vgl. die nicht vorveröffentlichten, jedoch in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", 1996, Seiten 98 und 99 zitierten Entscheidungen T 606/89, T 570/91 und T 1040/93. Ein Dokument kann sich als in bezug auf eine Erfindung nächster Stand der Technik nicht aufgrund bloßer - im Nachhinein feststellbarer - äußerlicher Ähnlichkeiten qualifizieren. Vielmehr müssen auch deren Eignung für den erfindungsgemäß angeführten Zweck beschrieben oder klar erkennbar sein; vgl. die nicht vorveröffentlichte Entscheidung T 273/92, siehe Seite 98 der oben zitierten "Rechtsprechung der Beschwerdekammern".
Die Druckschriften (D8), (D9), (D10) und (D11) befassen sich nicht mit Kastenfedern im oben genannten Sinn, auch wenn bei den Kontaktelementen gemäß (D9) und (D10) die Basis der Flachgabelfeder und der Überfeder kastenförmig ist. Lediglich die Druckschriften (D3), (D6), (D7) und (D13) (insbesondere der Tandem Spring Kontakt) beschreiben Kastenfedern. Bei den Kastenfedern gemäß (D6) und (D13) liegt im Gegensatz zu denjenigen gemäß (D3) und (D7) die Kontaktstelle im Bereich der Stecköffnung. Lediglich das Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 5 bis 8 von (D6) zeigt eine Überfeder 46', die vom gleichen Basisbereich wie der Kontaktarm 22 ausgeht. Daher stellt dieses Ausführungsbeispiel den nächstliegenden Stand der Technik dar. Bei diesem drückt lediglich ein von einer Seitenwand des Kanals abgebogener Federarm 22' - verstärkt durch eine zusätzliche Feder 46' - den Pfostenkontakt gegen einen erhöhten Abschnitt 44' des Bodens 16'. Die Federwirkung des einen Federarmes 22' in Verbindung mit der Zusatzfeder 46' ist ungenügend und die einteilige Herstellung des gesammten Buchsenteils ist insbesondere für Miniaturformen schwierig.
4.2. Gegenüber der Lehre des Dokuments (D6) besteht die der Erfindung zugrundeliegende technische Aufgabe, wie sie der Beschreibung des Streitpatents (Spalte 1, Zeilen 32 bis 35, Spalte 2, Zeilen 2 bis 5 und Spalte 4, Zeilen 9 bis 40) entnehmbar ist, daher in der Bereitstellung einer Kastenfeder, deren Kontaktstelle ebenfalls im Bereich der Stecköffung liegt, jedoch eine bessere Federung der Federarme gewährleistet und auch in miniaturisierter Form einfach herstellbar ist.
4.3. Die Erfindung löst diese Aufgabe durch die Kombination zweier Teile, nämlich im wesentlichen:
a) einer für Kastenfedern bislang nicht verwendeten Flachgabelfeder mit Anschlußteil und einer U-förmigen Federarmbasis, bei der die Federarme zur Bildung eines Findungstrichters von ihrer Kontaktlinie wieder divergieren;
b) einer auf der Flachgabelfeder formschlüssig gehaltenen kastenförmigen Überfeder, die im Bereich der Kontaktlinie einen Kastensteg aufweist und aus der durch Längs- und Querschnitte Überfederarme freigeschnitten sind, die nach innen aufeinander zugebogen sind und auf den Gabelfederarmen aufliegen.
Flachgabelfedern haben wegen ihrer zwei gegenüberliegenden Federarme eine bessere Federwirkung als eine einarmige Feder wie sie aus (D6) bekannt ist. Die Wirkung jedes Federarmes wird dabei zusätzlich durch jeweils einen Überfederarm der Überfeder verstärkt. Die vorgenannten zwei Teile a) und b) können getrennt gefertigt und einfach zusammengebaut werden, was insbesondere bei einer Ausführung in Miniaturform vorteilhaft ist. Durch die Kastenform der Überfeder werden die Federarme der Flachgabelfeder geschützt und die Eigensteifigkeit des miniaturisierten Kontaktbereiches garantiert.
4.4. Bei den Kastenfedern gemäß den Figuren 5 bis 8 von (D6) einerseits und dem Tandem Spring Kontakt gemäß (D13) andererseits liegt zwar die Kontaktstelle im Bereich der Stecköffnung. Im Gegensatz zum Gegenstand des Streitpatentes sind diese Buchsen jedoch einteilig ausgeführt, so daß die Kastenform durch das Grundkontaktelement gebildet wird. Weiterhin wird bei diesen Buchsen nur ein durch eine Überfeder verstärkter Federarm verwendet. Feder und Überfederarme liegen gegenüber dem Boden, während beim Gegenstand des Streitpatents jeweils ein Federarm mit Überfeder an einer Seitenwand ausgebildet ist und sich beide Federarme gegenüberliegen. Die bekannten Kastenfedern unterscheiden sich daher wesentlich vom Gegenstand des Anspruchs 1.
4.5. Bei den Kastenfedern gemäß den Druckschriften (D3), (D7) und den Ausführungen MOD II bis V gemäß (D13) gibt es zwar zwei gegenüberliegende Federarme. Diese führen jedoch von der Stecköffnung aufeinander zulaufend nach innen. Der erforderliche Abstand zwischen den aus einem einteiligen Kontaktbereich freigeschnittenen Federarmen ist schwierig einzustellen. Die Kontaktstelle ist verhältnismäßig weit von der Stecköffnung entfernt, so daß lange Kontaktstifte erforderlich sind. Überfederarme sind nicht vorgesehen. Diese Druckschriften geben daher dem Fachmann keinen Anlaß, die Buchse im Kontaktbereich zweiteilig zu gestalten, die Federarme mit Überfedern zu verstärken und so zu verlegen, daß die Kontaktstelle im Bereich der Stecköffnung liegt.
4.6. Die Druckschriften (D9) und (D10) beschreiben keine "Kastenfedern in Miniaturform" im Sinne der Erfindung, sondern Doppelflachfederkontakte. Diese Kontakte weisen zwar eine Überfeder auf. Diese ist aber ebenso wie das Grundkontaktelement lediglich in der Basis, aber nicht im Kontaktbereich kastenförmig gestaltet, so daß die bei Kastenfedern angestrebte Schutz- und Führungsfunktion im Kontaktbereich nicht gegeben ist.
4.7. Die Druckschriften (D2), (D4) und (D11) betreffen Rundsteckkontakthülsen mit einem Überbiegeschutz und eine Federverstärkung gewährleistenden Überfederhülsen.
Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, daß insbesondere die aus (D2) und (D11) bekannten ähnlichen Kontaktbuchsen eine Anregung zu der im vorliegenden Anspruch 1 angegebenen Ausbildung geben, weil dort (insb. D11) bei einer Rundsteckbuchse mit rohrförmigem Buchsenkörper eine die Basis der Federarme (vgl. (D11): Kontaktfinger 19, 20) umgreifende, im Querschnitt ebenfalls kreisrunde Überfeder (Federhülse 12) vorgesehen ist, die sich über die Federarme der Rundsteckbuchse (11) bis zu deren Einstecköffnung (Mündung 14) für den Kontaktstift erstreckt und mit Freischnitten (Längsschlitzen 33, 34, 36) versehen ist, die sich von einem im vorderen Bereich der Überfeder (12) angeordneten Rundsteg (Spannband 32) rückwärts erstrecken und mit querverlaufenden Trennschnitten (Querschlitz 31) sich zungenförmig nach vorne erstreckende Überfederarme (Partien 35a und 35b der Zunge 35) bilden, die nach innen gebogen sind und auf den Federarmen der Rundsteckbuchse aufliegen, wobei dieser Rundsteg auch bereits als Anschlag zur Begrenzung der Bewegbarkeit der Federarme nach außen dient und somit eine durch Überbiegung der Federarme bedingte Erlahmung der Federwirkung vermeidet.
Aus den nachfolgend angegebenen Gründen kann die Kammer ebenso wie die Einspruchsabteilung die Meinung der Beschwerdeführerin nicht teilen, daß dieser Stand der Technik in Verbindung mit demjenigen gemäß (D9) oder (D10) die im erteilten Anspruch 1 angegebene Lösung naheliegt:
Die aus (D2), (D4) und (D11) bekannten Rundsteckbuchsen haben keinerlei Kastenform. Die insbesondere in (D11) beschriebenen Kontaktfinger (19, 20) sind mit den erfindungsgemäßen, sich gegenüberliegenden Flachgabelfederarmen nicht vergleichbar. Eine Flachgabelfeder hält einen Kontaktstift zwischen zwei gegenüberliegenden Federarmen, bietet aber keine seitliche Führung für einzuführende Stifte bzw. Messer. Bei den Lösungen gemäß (D2) und (D11) drückt lediglich ein Kontaktarm oder eine gegabelte Kontaktzunge den Kontaktstift auf einen gegenüberliegenden nicht federnden Boden. Die Kontaktfinger bilden keinen Findungstrichter. Bei der Lösung gemäß (D4) gibt es drei über den Steckringumfang verteilte Federarme, so daß sich die Federarme ebenfalls nicht direkt gegenüber- liegen. Die Rundsteckhülsen gemäß diesem Stand der Technik bilden keine Kontaktlinie, sondern eher eine Kontaktrinne.
Bei den Steckbuchsen gemäß (D2) und (D11) erstreckt sich der rohrförmige Buchsenkörper mit einer Bodenpartie bis zur Mündung der Buchse und bildet dort einen die Einstecköffnung für einen runden Stecker umschließenden Steckring. Bei der aus (D4) bekannten Buchse sind drei zur Stecköffnung verlaufende Federarme durch Querstege zur Bildung eines Steckringes weitergebildet. Bei diesem Stand der Technik trägt also bereits das Grundelement zur Gestaltung einer umlaufenden Buchsenöffung bei, die durch eine Überfederhülse verstärkt bzw. verlängert wird. Beim Gegenstand des erteilten Anspruches 1 wird die Kastenform im Kontaktbereich durch die Überfeder allein verwirklicht. Da bei den Doppelflachfederkontakten gemäß (D9) und (D10) keine Maßnahmen für einen die Kontaktmündung umschließenden Steckring entsprechend den aus (D2), (D4) und (D11) bekannten Grundelementhülsen erkennbar sind, andererseits die Kontaktfinger bei den Lösungen gemäß (D2) und (D11) im Gegensatz zu denjenigen gemäß (D9) und (D10) nicht zur Bildung eines Findungstrichters an der Kontaktmündung divergieren, würde der Fachmann bei einer gemeinsamen Betrachtung dieses Standes der Technik die im Basisbereich kastenförmige Überfeder gemäß (D9) und (D10) nicht in Anlehnung an (D2), (D4) und (D11) ohne weiteres zu einer im Kontaktbereich kastenförmigen Kastenfeder weiterbilden. Das im Anspruch 1 angegebene Merkmal, daß sich der Kastensteg im Bereich der Kontaktlinie zwischen den Federarmen befindet, würde sich ebenfalls nicht automatisch ergeben. Letzteres gilt selbst für den Fall, daß der Fachmann eine Kombination von (D4) mit (D9) oder (D10) in Erwägung zöge.
4.8. Die übrigen Dokumente (D1), (D5) und (D12) sind weniger relevant und vermögen erst recht keine Anregung für die Gestaltung der beanspruchten Kastenfeder zu geben. Bei der Kontaktbuchse gemäß (D1) wird kein Pfosten auf einer längeren Strecke geführt. Die (D5) beschreibt einen gabelförmigen Kontakt, bei welchem die Federarme durch ein Element 8 vorgespreizt werden. Es geht hierbei nicht um eine Kastenfeder. Ein Führungskanal ist nicht vorhanden. Die (D12) zeigt lediglich, daß Buchsen für rund- und messerförmige Kontakte vom Fachmann gegenüberstellend betrachtet werden.
4.9. Zusammenfassend ist somit in Übereinstimmung mit der Einspruchsabteilung festzustellen, daß der Stand der Technik keine Anregung für die im Anspruch 1 des Streitpatents angegebene Kombination einer für Kastenfedern bislang nicht verwendeten Flachgabelfeder und einer auf der Flachgabelfeder formschlüssig gehaltenen kastenförmigen Überfeder mit daraus freigeschnittenen Überfederarmen und einem Kastensteg im Bereich der Kontaktlinie vermittelt.
Der Gegenstand des Anspruches 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Anspruch 1 ist gewährbar.
5. Hinsichtlich der abhängigen Ansprüche 2 bis 16 bestehen keine Bedenken. Das Patent hat daher unverändert Bestand. Bei diesem Ergebnis braucht über die Hilfsanträge der Beschwerdegegnerin nicht entschieden zu werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.