European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2000:T021198.20000316 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 März 2000 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0211/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92104051.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B26D 7/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorschubantrieb für eine Schneidemaschine zum Schneiden von Lebensmittelprodukten | ||||||||
Name des Anmelders: | Maschinenbau Heinrich Hajek GmbH & Co | ||||||||
Name des Einsprechenden: | I) Dixie-Union Verpackungen GmbH II) Firma Weber Maschinenbau GmbH |
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Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - Anspruchserweiterung verneint Neuheit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende II) hat gegen die am 3. Dezember 1997 verkündete und am 23. Januar 1998 zugestellte Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung in der das Patent Nr. 0 509 230 in geändertem Umfang aufrecht erhalten werden kann, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, die am 20. Februar 1998 eingegangene Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 25. Mai 1998 eingegangen.
Die Einsprechende I (Dixie-Union GmbH & Co. KG) war gemäß Artikel 107, Satz 2 EPÜ als Verfahrensbeteiligte am Beschwerdeverfahren beteiligt.
II. Mit den Einsprüchen war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) in Verbindung mit 52 (1) und 56 EPÜ sowie Artikel 100 c) in Verbindung mit 123 (2) EPÜ angegriffen worden.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß dem in der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 1997 vorgelegten Antrag nicht entgegenstünden.
III. Von den von der Einspruchsabteilung berücksichtigten Entgegenhaltungen haben im Beschwerdeverfahren noch folgende Dokumente eine Rolle gespielt:
D1: US-A-4 307 642
D3: DE-A-39 12 446
D4: DE-A-30 10 733.
IV. Am 16. März 2000 wurde mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin und die Verfahrensbeteiligte haben beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat während der mündlichen Verhandlung einen neuen Antrag mit geänderten Patentansprüchen 1 - 4 sowie eine daran angepaßte Beschreibung vorgelegt und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche: 1 - 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung;
Beschreibung: Spalten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung;
Spalten 3 - 6, gemäß der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung;
Zeichnungen: Figuren 1 und 2 der Patentschrift.
V. Die zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung maßgebende Fassung des Anspruchs 1 lautet wie folgt:
"Vorschubeinrichtung für eine Schneidemaschine zum Schneiden von Lebensmittelprodukten, insbesondere Käse, Wurst und dergleichen, wobei das zu schneidende Produkt (1) auf einer Rollenbahn (2) der Schneidemaschine aufliegt und an seinem hinteren Ende von einer einen Teil der Vorschubeinrichtung bildenden Kralle (11) gehalten ist, die in Vorschubrichtung (3) angetrieben ist und das Produkt (1) in den Schneidebereich eines Kreismessers (4) der Schneidemaschine führt,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Vorschubeinrichtung für das Produkt (1) ferner mindestens eine Vorschubwalze (33) umfasst, die kraft- und formschlüssig an der Unterseite des Produkts (1) angreift und in Abhängigkeit vom Vorschubweg der Kralle (11) gekoppelt mit dem Antrieb der Kralle (1) drehend angetrieben ist, wobei die Vorschubwalze (33) im Zwischenraum zwischen dem Ende der Rollenbahn (2) und dem Kreismesser (4) angeordnet ist und über die Rollenebene hinausragt, und der Außenumfang der Vorschubwalze (33) mit einer Zahnung (35) versehen ist, die aus gleichmäßig am Umfang verteilt angeordneten Rippen besteht, deren Längsachse sich senkrecht zur Vorschubrichtung (3) erstreckt."
VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:
Aus den ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents sei zu entnehmen, daß die beanspruchte Vorschubeinrichtung ausschließlich aus einer Vorschubwalze bestehe. Alle weiteren in Anspruch 1 genannten Elemente gehörten zu einer Schneidemaschine, für die die Vorschubeinrichtung nur geeignet sein brauche. Nachdem der vorliegende Anspruch 1 jedoch so formuliert sei, daß die Vorschubwalze lediglich ein Teil der Vorschubeinrichtung bilde, sei das Patent in einer solchen Weise geändert worden, daß sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Somit liege ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor.
Im Übrigen beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus D4 sei eine gattungsgemäße Vorschubeinrichtung bekannt, von der sich die in Anspruch 1 beschriebene Vorschubeinrichtung nur durch die im kennzeichnenden Teil beschriebene Vorschubwalze unterscheide. Eine derartige Vorschubwalze sei jedoch aus D1 bekannt. Diese sei zwar als Stachelwalze beschrieben, Stacheln könnten jedoch als gebrochene Rippen aufgefaßt werden, so daß diese Walze sämtliche strukturellen Merkmale von Anspruch 1 aufweise. Daß diese Walze so angeordnet sei, daß sie über die von der vorgeschalteten Zuführeinrichtung gebildete Ebene hinausrage, sei für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit und somit implizit in D1 offenbart.
Nachdem die in D1 gezeigte Schneidemaschine dazu vorgesehen sei, weiches, formloses Fleisch in gleichförmiger Dicke zu schneiden, sei für den Fachmann außerdem ersichtlich, daß hier, wie beim Patentgegenstand, Schwingungsprobleme beim Vorschub des zu schneidenden Produkts zu erwarten seien. Darüber hinaus würden Schwingungen auch durch ein Spiel des dort gezeigten Förderbands auftreten. Deshalb würde der Fachmann D1 bei der Suche nach Lösungen für Schwingungsprobleme auf jeden Fall berücksichtigen. Bei der Auswertung dieses Dokuments würde er sofort erkennen, daß der Zweck der in D1 gezeigten Vorschubwalze nur darin bestehen könne, Schwingungen des zu schneidenden Produkts zu unterdrücken, selbst wenn dieser Zweck in D1 nicht ausdrücklich erwähnt werde. Für den Fachmann sei es daher naheliegend, die Vorschubwalze gemäß D1 in einer Vorrichtung nach D4 vorzusehen, um das dort angesprochene Schwingungsproblem zu lösen. Dabei würde er zwangsläufig zur Vorschubeinrichtung nach Anspruch 1 gelangen.
Ebensogut könne aber auch D1 als der dem Patentgegenstand am nächsten kommende Stand der Technik angesehen werden, weil hier ebenfalls eine gleichbleibende Schnittdicke angestrebt werde und weil sich der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents von der aus D1 bekannten Vorschubeinrichtung lediglich durch eine abgewandelte Zuführeinrichtung bis zur Vorschubwalze unterscheide. Während diese nach D1 von einem Förderband gebildet werde, bestehe sie beim Patentgegenstand aus einer Rollenbahn und einer Vorschubkralle. Folglich sei die zu lösende, objektive Aufgabe von D1 ausgehend darin zu sehen, die Zuführeinrichtung zu vereinfachen. Nachdem die Verwendung einer einfachen Zuführeinrichtung, bestehend aus einer Rollenbahn und einer Vorschubkralle, durch D4 nahegelegt sei, erfordere deren Vorsehen in einer Vorschubeinrichtung gemäß D1 keine erfinderische Leistung. Auch hierbei würde der Fachmann ohne weiteres zur Vorschubeinrichtung nach Anspruch 1 gelangen.
VII. Die Verfahrensbeteiligte hat vorgebracht, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 im Hinblick auf D3 nicht neu sei oder zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Für den Fachmann sei es nämlich selbstverständlich, daß die in D3 gezeigte Auflagebahn (1) über eine Rollenbahn laufe, wie sie in Spalte 1, Zeilen 13 - 15 dieser Entgegenhaltung als zum Stand der Technik gehörig beschrieben sei. Da das zu schneidende Produkt somit nicht nur direkt auf der Auflagebahn, sondern indirekt auch auf einer Rollenbahn aufliege, zeige D3 offensichtlich eine Vorschubeinrichtung, wie sie im Oberbegriff von Anspruch 1 als bekannt vorausgesetzt sei. Außerdem könne die am Ende der Auflagebahn vor dem Schneidemesser (14) angeordnete Rolle (19) mit dem um sie herum laufenden, gerippten (5) Gurt (4) als eine vom Fördermittel (3) über die Klemme (20) angetriebene Vorschubwalze aufgefaßt werden, wie sie im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 beschrieben werde.
Somit seien sämtliche Merkmale von Anspruch 1 zumindest implizit aus D3 bekannt.
Da das Vorsehen einer Rollenbahn unter der Auflagebahn in D3 nicht explizit offenbart sei, könnte man unter Umständen auch der Auffassung sein, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents neu wäre. In diesem Fall sei es jedoch für den Fachmann naheliegend, eine solche an sich bekannte Bahn vorzusehen, um ein Durchhängen der Auflagebahn zu vermeiden.
VIII. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen und folgendes vorgebracht:
Aus der Beschreibung des Streitpatents sei klar zu entnehmen, daß die im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 definierte Vorschubwalze zusätzlich zu weiteren Elementen der beanspruchten Vorschubeinrichtung vorgesehen sei und nicht deren einziges Bauteil bilde.
Somit könne keine Rede davon sein, daß der nun beanspruchte Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe.
Die Vorschubeinrichtung gemäß Anspruch 1 sei auch neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil die erfindungsgemäße Kombination einer Kralle und einer Vorschubwalze zum Halten und Transportieren eines zu schneidenden Produkts auf einer Rollenbahn aus dem nachgewiesenen Stand der Technik weder bekannt noch dadurch nahegelegt sei.
D3 könne nicht als neuheitsschädlich angesehen werden, weil der darin vorgeschlagene Weg zur Vermeidung von Schwingungen des zu schneidenden Produkts das Gegenteil von dem sei, was das Streitpatent lehre. Während nämlich das Schneidgut in der Vorschubeinrichtung nach D3 auf einem sich damit bewegenden, gerippten Förderband aufliege, um die Reibung zwischen Schneidgut und Auflage möglichst hoch zu halten, liege es erfindungsgemäß auf einer Rollenbahn auf, die nur eine geringe Reibung bewirke.
Da D3 gerade darauf abziele, eine Rollenbahn zu vermeiden, sei die Verwendung einer solchen Rollenbahn in der Vorrichtung gemäß D3 auch nicht naheliegend.
D1 könne nicht dazu anregen, zur Vermeidung von Schwingungen des Schneidguts die darin gezeigte untere Vorschubwalze vorzusehen. Vielmehr sei die Walze als ein Teil der Fördereinrichtung anzusehen, welches das Schneidgut möglichst nahe in den Bereich des Messer führe, was mit dem Förderband nicht möglich sei. Falls Schwingungen des Schneidguts in der Vorrichtung gemäß D1 überhaupt vermieden würden, werde dies durch das Zusammenwirken der beiden darin gezeigten Vorschubwalzen bewirkt. Daher könne D1 allenfalls nahelegen, zwei zusammenwirkende Walzen vor einem Kreismesser anzuordnen, um solche Schwingungen zu vermeiden.
Aufgrund des Zusammenwirkens und des gemeinsamen Antriebs der Vorschubwalzen und des Förderbands sei es auch nicht naheliegend, das Förderband durch eine Kombination aus Rollenbahn und angetriebener Klaue zu ersetzen. Da das Scheidgut gemäß D1 bereits durch die beiden Vorschubwalzen festgehalten werde, sei es abwegig, zusätzlich noch eine Kralle vorzusehen, die neben dem Vorschub ebenfalls zum Festhalten des Schneidguts diene.
Folglich sei es weder naheliegend, in der Vorschubeinrichtung nach D4 zur Vermeidung von Schwingungen des Schneidguts eine Vorschubwalze gemäß D1 anzuordnen, noch in der Vorschubeinrichtung nach D1 eine Rollenbahn und Kralle gemäß D4 vorzusehen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
Der vorliegende Patentanspruch 1 basiert auf den ursprünglichen Ansprüche 1, 2 und 4. Zusätzlich umfaßt er die Merkmale, wonach
a) die Rollenbahn zur Schneidemaschine gehört,
b) die Vorschubeinrichtung die Kralle und die Vorschubwalze umfaßt,
c) die Vorschubwalze mit dem Antrieb der Kralle gekoppelt ist und
d) über die Rollenebene hinausragt.
Die Merkmale a) und d) sind z.B. aus der ursprünglichen Figur 1 zu entnehmen.
Im Hinblick auf das Merkmal b) geht aus der ursprünglichen Beschreibung hervor, daß der Vorschubantrieb durch eine Kralle bewerkstelligt wird (siehe Seite 5, Absatz 4) und zusätzlich durch eine Vorschubwalze (siehe Seite 4, letzter Absatz - Seite 5, erster Absatz). Somit ist, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, ursprünglich eindeutig offenbart, daß die Vorschubeinrichtung entsprechend dem Merkmal b) die Kralle und die Vorschubwalze umfaßt.
Das Merkmal c) geht z. B. aus der ursprünglichen Beschreibung Seite 7, Absatz 3 hervor oder aus einer Zusammenschau der ursprünglichen Ansprüche 7 und 8.
Im Vergleich zum patentierten Anspruch 1 ist der vorliegende Anspruch 1 durch die oben genannten Merkmale a) bis c) eingeschränkt.
Die Ansprüche 2, 3 und 4 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 3, 6 und 7.
Die Beschreibung wurde lediglich durch eine Anpassung an die Ansprüche geändert sowie durch eine Abhandlung der D4.
Da die vorgenommenen Änderungen weder dazu führen, daß der Patentgegenstand über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, noch der Schutzbereich gegenüber dem erteilten Patent erweitert wurde, verstoßen sie nicht gegen die Vorschriften der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.
3. Neuheit
3.1. D4 zeigt als einziges der entgegengehaltenen Dokumente einen Gegenstand, wie er im Oberbegriff von Anspruch 1 als bekannt vorausgesetzt ist, nämlich eine Vorschubeinrichtung für eine Schneidemaschine zum Schneiden von Lebensmittelprodukten, wobei das zu schneidende Produkt (220) auf einer Rollenbahn (112) der Schneidemaschine aufliegt und an seinem hinteren Ende von einer einen Teil der Vorschubeinrichtung bildenden Kralle (154) gehalten ist, die in Vorschubrichtung angetrieben ist und das Produkt in den Schneidbereich eines Kreismessers (64) der Schneidemaschine führt.
Eine Vorschubwalze, wie sie im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 definiert wird, ist in D4 jedoch nicht offenbart.
3.2. D1 offenbart eine weitere Vorschubeinrichtung für eine Schneidemaschine zum Schneiden von Lebensmittelprodukten, wobei das zu schneidende Produkt auf einem Zuführband ("belt" 33) der Schneidemaschine aufliegt.
Weiter zeigt dieses Dokument, daß die Vorschubeinrichtung für das Produkt mindestens eine Vorschubwalze ("spike roller" 35) umfaßt, die kraft- und formschlüssig an der Unterseite des Produkts angreift und drehend angetrieben ist, wobei die Vorschubwalze im Zwischenraum zwischen dem Ende des Zuführbands und einem Kreismesser ("blade" A) angeordnet ist.
Bei der in D1 gezeigten Vorschubeinrichtung wird das zu schneidende Produkt aber nicht an seinem hinteren Ende von einer angetriebenen Kralle gehalten und in den Schneidbereich des Kreismessers geführt, sondern es wird von dem angetriebenen Zuführband dorthin transportiert.
Ferner ist in D1 auch nicht offenbart, daß die Vorschubwalze über die vom Zuführband definierte Ebene hinausragt, und ihr Außenumfang mit einer Zahnung versehen ist, die aus gleichmäßig am Umfang verteilt angeordneten Rippen besteht, deren Längsachse sich senkrecht zur Vorschubrichtung erstreckt.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach es für den Fachmann selbstverständlich und somit implizit in D1 offenbart sei, daß die Vorschubwalze über die Ebene der Zuführeinrichtung hinausrage, ist nicht überzeugend. Die Vorschubeinrichtung gemäß D1 ist nämlich für den Transport von rohem, also formlosem, weichem Fleisch vorgesehen, das sich nicht wie ein starrer Körper verhält und schon aufgrund seines Gewichts und seiner Konsistenz mit der in Figur 4 von D1 dargestellten, gegenüber der Oberseite des Förderbands (33) tiefer gelegenen Walze (35) in Kontakt gelangen kann.
Darüber hinaus wird es von einer oberen Stachelwalze (40) gegen die untere Walze gepreßt. Daher ist die patentgemäße, höhere Anordnung der Vorschubwalze, wie sie für relativ starre Körper wie Käse oder Wurst erforderlich ist, in der Vorrichtung nach D1 nicht zwingend notwendig und somit auch nicht implizit offenbart.
Auch der Argumentation der Beschwerdeführerin, daß die in D1 dargestellte Stachelwalze (35) als Walze angesehen werden könne, die entsprechend Anspruch 1 des Streitpatents ausgebildet sei, weil die Stacheln als gebrochene Rippen anzusehen seien, vermag die Kammer nicht zu folgen. D1 offenbart nämlich keine Details über die Ausbildung und Verteilung der Stacheln der Vorschubwalze über deren gesamte Oberfläche. Daher kann daraus nicht entnommen werden, ob die Stacheln überhaupt derart angeordnet sind, daß es möglich wäre, sie als gebrochene Rippen mit der in Anspruch 1 definierten Struktur aufzufassen.
Darüber hinaus ist die Kammer der Auffassung, daß der Fachmann ohne Kenntnis des Patentgegenstands keinen Anlaß dazu gehabt hätte, die Stacheln auf der Vorschubwalze gemäß D1 als gebrochene Rippen aufzufassen oder durch Rippen zu ersetzen.
3.3. D3 zeigt schließlich eine Vorschubeinrichtung für eine Schneidemaschine zum Schneiden von Lebensmittelprodukten, insbesondere Käse, Wurst und dergleichen, wobei das zu schneidende Produkt (12) an seinem hinteren Ende von einer einen Teil der Vorschubeinrichtung bildenden Kralle (3) gehalten ist, die in Vorschubrichtung (18) angetrieben ist und das Produkt in den Schneidebereich eines Kreismessers (14) der Schneidemaschine führt.
Die Vorschubeinrichtung nach D3 weist jedoch weder eine Rollenbahn auf, auf der das zu scheidende Produkt aufliegt, noch eine Vorschubwalze.
D3 zielt zwar ebenso wie das Streitpatent darauf ab, eine Vorschubeinrichtung derart auszubilden, daß Scheiben gleichbleibender Dicke geschnitten werden können. Hierzu wird jedoch eine vollkommen andere Ausgestaltung vorgeschlagen.
Anstelle der patentgemäßen Kombination einer Vorschubwalze und einer Rollenbahn, auf der Schneidgut reibungsarm zum Messer geführt werden kann, ist ein gerippter Fördergurt (4) vorgesehen, auf dem das Schneidgut im wesentlichen unverrückbar aufliegt und bis zum Messer geführt wird. Die Auflage des Schneidguts auf einer Rollenbahn soll dabei ausdrücklich vermieden werden (siehe Spalte 1, Zeilen 62 - 66).
Die von der Verfahrensbeteiligten vorgebrachte Interpretation gegebenenfalls vorhandener Führungsrollen für den Gurt als Rollenbahn für die Auflage von Schneidgut und eines Teils des Förderbands als Vorschubwalze wird daher von der Kammer als ex-post Analyse angesehen, die nur bei Kenntnis des Patentgegenstands möglich war und zudem der Lehre von D3 entgegengerichtet ist.
3.4. Nachdem weder die im Beschwerdeverfahren berücksichtigten Dokumente, noch die weiteren, nicht mehr herangezogenen Dokumente zum Stand der Technik eine Vorschubeinrichtung offenbaren, die auf eine Kombination von Rollenbahn, Kralle und Vorschubwalze abzielt, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 als neu anzusehen.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist als nächstliegender Stand der Technik derjenige anzusehen, der für den erfindungsgemäß angestrebten Zweck am geeignetsten ist und nicht nur strukturelle Ähnlichkeiten mit der erfindungsgemäßen Lösung aufweist (siehe T 506/95), wobei dieser Zweck im Idealfall schon in der Entgegenhaltung als anzustrebendes Ziel erwähnt sein sollte (siehe T 298/93).
4.2. Im Hinblick auf diese Bedingungen wird im vorliegenden Fall D4 als nächster Stand der Technik angesehen.
Dieses Dokument betrifft als einziges von den im Beschwerdeverfahren genannten Entgegenhaltungen eine gattungsgemäße Vorschubeinrichtung, bei der das zu schneidende Produkt auf einer Rollenbahn aufliegt und von einer angetriebenen Kralle zum Messer gefördert wird. Darüber hinaus zielt es darauf ab, die bei einer solchen Vorrichtung auftretenden Schwingungen im Schneidgut zu unterdrücken, um Schwankungen in der Schnittdicke zu vermeiden (siehe Seite 4, Zeilen 19. - 23).
4.3. Von der aus D4 bekannten Vorschubeinrichtung ausgehend liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, deren Vorschubantrieb so weiterzubilden, daß auch bei langen und relativ weichen Produkten Scheiben mit genau gleichbleibender Dicke geschnitten werden können (siehe Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 43 - 48).
Zur Lösung der Aufgabe ist nach dem kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 des Streitpatents eine Vorschubwalze zwischen dem Ende der Rollenbahn und dem Messer vorgesehen, die so angeordnet und ausgebildet ist, daß der Vorschub des zu schneidenden Produkts aufeinander abgestimmt zugleich am vorderen und hinteren Ende des Produkts erfolgt.
4.4. D4 und D3 können keine Anregung zu dieser Lösung geben, weil sie zum einen keine Vorschubwalze zeigen und zum anderen zur Vermeidung von Schwingungen des Schneidguts andere Maßnahmen vorschlagen. Nach D4 ist hierzu eine schräg zum Schneidgut angeordnete Niederhalterolle vorgesehen und nach D3 ein Fördergurt.
4.5. Daher erhebt sich lediglich die Frage, ob es bei der vorliegenden Aufgabenstellung für den Fachmann naheliegend war, die in D1 gezeigte Vorschubwalze in einer Vorschubeinrichtung gemäß D4 zu nutzen.
Ein Grund für das Vorsehen der Vorschubwalze (35) ist in D1 nicht angegeben. Für den Fachmann ist es auch nicht ohne weiteres ersichtlich, daß damit Schwingungen des zu schneidenden Produkts unterdrückt werden sollen, um eine gleichbleibende Schnittdicke zu erzielen. Zum einen zielt D1 nämlich ausschließlich auf ein einfaches Reinigen der Maschine ab und zum anderen beschreibt D1 weder ein Schwingungs- noch ein Schnittdickenproblem.
Die Kammer ist daher der Auffassung, daß der Fachmann D1 bei der Suche nach einer Lösung für Schwingungsprobleme des Schnittguts nicht berücksichtigen würde.
Doch selbst wenn er D1 heranziehen würde, könnte er daraus keine Anregung für das Vorsehen einer Vorschubwalze gemäß Anspruch 1 in einer Einrichtung nach D4 entnehmen.
D1 beschreibt nämlich eine Vorschubeinrichtung bestehend aus zwei als Stachelwalzen ausgebildete Vorschubwalzen, die so zusammenwirken, daß sie Fleisch zwischen sich einklemmen und zu einem Kreismesser führen, wobei den Walzen das Fleisch von einem Förderband zugeführt wird, welches zusammen mit den Walzen angetrieben wird. Aufgrund des Zusammenwirkens der Walzen und des Förderbands kann D1 allenfalls dazu anregen, die gesamte Vorschubeinrichtung in D4 durch zwei Stachelwalzen und ein Förderband zu ersetzen. Eine Anregung dazu, das Förderband wegzulassen und zur Schwingungsunterdrückung des Schneidguts lediglich mindestens eine Stachelwalze zu nutzen, kann der Fachmann nach Auffassung der Kammer aus D1 nicht entnehmen.
Aufgrund der Ausbildung und Anordnung der in D1 gezeigten Stachelwalzen, wie sie bereits unter Punkt 3.2 dargestellt wurde, kann D1 außerdem nicht nahelegen, eine Vorschubwalze so anzuordnen, daß sie über die von einer Zuführeinrichtung definierte Ebene hinausragt, und so auszubilden, daß sie gleichmäßig am Umfang verteilt angeordnete Rippen aufweist, deren Längsachse sich senkrecht zur Vorschubrichtung erstreckt.
4.6. Die Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach es für den Fachmann offensichtlich sei, daß in der Vorrichtung gemäß D1 Schwingungsprobleme beim Vorschub des zu schneidenden Fleisches auftreten und daß zur Unterdrückung der Schwingungen die untere Vorschubwalze vorgesehen sei, konnten die Kammer nicht überzeugen.
Es trifft zwar zu, daß bei Schneidemaschinen mit einem intermittierenden Vorschub grundsätzlich Schwingungen des Schneidguts auftreten. Dennoch wird der mit der Aufgabe befaßte Fachmann, solche Schwingungen zu unterdrücken, allenfalls solche Dokumente berücksichtigen, die dafür eine Lösung aufzeigen. D1 kann jedoch nicht als ein derartiges Dokument angesehen werden. D1 befaßt sich nämlich nicht mit Maßnahmen zur Schwingungsunterdrückung, sondern ausschließlich mit Maßnahmen zur einfachen Reinigung. Der Fachmann könnte D1 bestenfalls entnehmen, zur Vermeidung der von der Beschwerdeführerin genannten Schwingungen infolge eines Spiels des Förderbands eine Spannvorrichtung vorzusehen, wie sie z. B. in Figur 4 (28, 31) gezeigt ist. Dagegen ist nicht ohne weiteres zu erkennen, daß die in D1 gezeigte untere Stachelwalze zur Vermeidung von Schwingungen des Schneidguts vorgesehen ist. Vielmehr könnte diese Walze auch aus anderen Gründen installiert sein, wie z.B. der möglichst nahen Zufuhr zum Messer, wie es von der Beschwerdegegnerin vorgebracht wurde.
Darüber hinaus ist auch die Behauptung, daß die Verwendung der in D1 gezeigten Vorschubwalze in einer Einrichtung gemäß D4 zwangsläufig zum Gegenstand nach Anspruch 1 führen würde, aufgrund der bereits aufgezeigten unterschiedlichen Ausgestaltung und Anordnung der in D1 und in Anspruch 1 beschriebenen Walzen nicht stichhaltig.
4.7. Auch die weitere, von D1 als nächstliegendem Stand der Technik ausgehende Argumentationslinie der Beschwerdeführerin konnte zu keiner anderen Beurteilung des Patentgegenstands führen.
Wie die vorangehende Analyse der D1 zeigt, trifft es schon nicht zu, daß sich der Gegenstand nach Anspruch 1 von der in D1 gezeigten Vorschubeinrichtung lediglich durch die Zuführeinrichtung bis zur Vorschubwalze unterscheidet, wie die Beschwerdeführerin ausführt. Vielmehr weist er zusätzlich auch noch eine andere Ausgestaltung und Anordnung der Vorschubwalze auf.
Weiter kann die Verwendung der aus D4 bekannten Zuführeinrichtung, bestehend aus Rollenbahn und angetriebener Kralle in der Einrichtung gemäß D1, um diese Einrichtung zu vereinfachen, nicht als naheliegend angesehen werden. Zum einen würde das Weglassen des Förderbands und dessen Ersatz durch eine Rollenbahn und eine Kralle erhebliche Konstruktionsänderungen bedingen und zum anderen wird damit keine Vereinfachung erreicht. In der Vorrichtung nach D1 wird das zu schneidende Fleisch bereits zwischen der oberen und unteren Stachelwalze festgehalten, so daß es diesen Walzen ohne weitere Halteeinrichtungen auf einem Förderband zugeführt werden kann. Das Vorsehen einer Kralle würde daher zu einer weiteren, überflüssigen Halteeinrichtung führen, die zudem weitere Antriebsmittel für deren Antrieb und deren Eingriff erfordert.
Nachdem der Ersatz des Förderbands in D1 durch eine Kombination von Rollenbahn und angetriebener Kralle nicht zu einer Vereinfachung führen würde, kann er nicht als naheliegend angesehen werden.
4.8. Aus alledem folgt, daß die im Kennzeichen von Anspruch 1 beschriebene Ausgestaltung der gattungsgemäßen Vorschubeinrichtung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
5. Aufgrund der vorstehenden Betrachtungen ist die Kammer zur Schlußfolgerung gelangt, daß der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 und der darauf rückbezogenen Ansprüche 2 - 4 die Erfordernisse der Patentierbarkeit erfüllt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrecht zu erhalten:
Patentansprüche: 1. - 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 16. März 2000.
Beschreibung: Spalten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 16. März 2000; Spalten 3 - 6, gemäß der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung.
Zeichnungen: Figuren 1 und 2 der Patentschrift.