T 0587/97 (Polyisobutylaminoalkohole/BASF) of 18.10.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T058797.20011018
Datum der Entscheidung: 18 October 2001
Aktenzeichen: T 0587/97
Anmeldenummer: 91115261.9
IPC-Klasse: C10L 1/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Polyisobutylaminoalkohole und Kraftstoffe enthaltend diese hochmolekularen Aminoalkohole
Name des Anmelders: BASF Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: (01) BP Chemicals (Additives) Ltd.
(02) Ferro Corporation
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Naheliegender Einsatz einer strukturell ähnlichen Verbindung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0181/92
T 0939/92
T 0506/95
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 476 485 zu widerrufen.

II. Der angefochtenen Entscheidung lag als Hauptantrag der erteilte Anspruchssatz zugrunde, dessen unabhängige Ansprüche 1 und 5 folgenden Wortlaut haben:

"1. Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren, enthaltend geringe Mengen an Verbindungen der Formeln Ia und Ib

FORMEL

FORMEL

in der

R einen Polyisobutylrest mit einem Molekulargewicht (Zahlenmittel) von 500 bis 5000 und in beiden Formeln jeweils einer der Reste X eine OH-Gruppe und der andere Rest X die Gruppe

FORMEL

bedeutet, wobei die Reste R1 gleich oder verschieden sein können und Wasserstoff, Alkyl, Hydroxyalkyl, Aminoalkyl, die noch durch weitere Hydroxy- oder Aminogruppen tragende Alkyl-Reste substituiert sein können, bedeuten, oder in denen die beiden Reste R1 einen nicht-aromatischen Ring bilden können."

"5. Polyisobutylaminoalkohole der allgemeinen Formeln Ia und Ib

FORMEL

FORMEL

in denen

R einen Polyisobutylrest mit einem Molekulargewicht (Zahlenmittel) von 500 bis 5000 und in beiden Formeln jeweils einer der Reste X eine OH-Gruppe und der andere Rest X die Gruppe

FORMEL

bedeutet, in der ein R1 für Wasserstoff und das andere für Ethylenaminoethylenamin steht."

Gegenstand der Ansprüche 2 bis 4 sind weitere Ausgestaltungen des Mittels nach Anspruch 1.

Als Hilfsantrag lag der angefochtenen Entscheidung ein Satz von vier Ansprüchen zugrunde, die den Ansprüchen 1 bis 4 des Hauptantrags entsprachen.

III. In zwei Einspruchschriftsätzen war der Widerruf des Patents in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 52 (1) und 54 oder 56 EPÜ beantragt worden.

IV. Die Einspruchsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, der Gegenstand der Ansprüche sei neu, aber nicht erfinderisch, wobei unter anderem folgende im Einspruchsverfahren genannten Dokumente zugrundegelegt wurden:

(1) US-A-4 832 702

(8) US-A-3 794 586.

Die Einspruchsabteilung stellte insbesondere fest, daß der beanspruchte Gegenstand neu sei, da

- Dokument (1) die gemäß Streitpatent eingesetzten Polyisobutylaminoalkohole nicht offenbare;

- man die aus dem Dokument (8) bekannten Polyisobutylaminoalkohole als Additive für Motorenöl und nicht für Kraftstoff verwende;

- und außerdem die spezifischen Polyisobutylaminoalkohole des Anspruchs 5 des Streitpatents in Dokument (8) nicht offenbart seien.

Der beanspruchte Gegenstand beruhe jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit:

- Polyisobutylaminoverbindungen seien im Stand der Technik als Additive mit reinigender und dispergierender Wirkung sowohl in Kraftstoffen als auch in Schmiermittel eingesetzt worden; daher habe es nahegelegen, die aus dem Dokument (8) bekannten Polyisobutylaminoalkohole auch in Kraftstoffen einzusetzen und zwar als Alternative zu den im Dokument (1) offenbarten Polyisobutylaminen;

- die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) habe außerdem keinen Vorteil der ausgewählten Polyisobutylaminoalkohole des Anspruchs 5 gegenüber ähnlichen Verbindungen des Dokuments (8) geltend gemacht.

V. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt.

Sie reichte im schriftlichen Verfahren verschiedene Hilfsanträge und einen Versuchsbericht zur Stützung aller Anträge ein. Zu diesem Bericht nahm die Beschwerdegegnerin 02 (Einsprechende 02) schriftlich Stellung.

VI. Die von der Beschwerdeführerin sowohl mündlich als auch schriftlich vertretene Auffassung läßt sich wie folgt zusammenfassen:

- angesichts der Lehre des Standes der Technik, z. B. des bereits vor der ersten Instanz zitierten Dokuments

(10) Dr. H. P. Rath et al. "Wirkung optimierter Kraftstoffadditive", Vortrag, gehalten auf der Technischen Arbeitstagung Hohenheim am 16. März 1988; Mineralöltechnik, August 1988, Seiten 1 bis 15,

habe es nicht nahegelegen, die aus dem Dokument (8) als Additive für ein Schmiermittel bekannten Verbindungen auch in einem Kraftstoff aufgrund ihrer bekannten reinigenden und dispergierenden Wirkung auszuprobieren. In dieser Hinsicht konnte ein Fachmann nicht erwarten, daß eine Verbindung, die eine gute reinigende und dispergierende Wirkung in einem Motorenöl aufweise, ebenfalls mit guten Ergebnissen in einem Kraftstoff zur Reinigung und zum Reinhalten der Einlaßventilen eingesetzt werden könne;

- außerdem sei die in den Vergleichsversuchen des Streitpatents und in den im schriftlichen Verfahren vorgelegten Versuchsberichten gezeigte äquivalente oder bessere Dispergierwirkung der patentgemäßen Polyisobutylaminoalkohole nicht zu erwarten gewesen;

- schließlich unterschieden sich die im Dokument (8) offenbarten Verbindungen strukturell von denen des Streitpatentes, da sie nicht aus einem reaktiven Polyisobuten abgeleitet worden seien.

VII. Die Beschwerdegegnerin 02 hat im wesentlichen geltend gemacht, daß

- Polyisobutylamine als Kraftstoffadditive mit reinigender und reinhaltender Wirkung für die Einlaßventile aus den Dokumenten (1) oder (10) bekannt waren;

- der Fachmann daher sofort erkannt hätte, daß die aus dem Dokument (8) bekannten Motorenöladditive mit reinigender und dispergierender Wirkung aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften auch dieser Klasse von Verbindungen angehören müssen und daher ihre reinigende und dispergierende Wirkung auch in einem Kraftstoff aufweisen würden;

- es nahegelegen habe, die Additive des Dokuments (1) gegen strukturell ähnliche Verbindungen, z. B. die aus Dokument (8) bekannten Verbindungen, auszutauschen;

- die in diesem Dokument nach einem dem Streitpatent analogen Verfahren hergestellten Verbindungen mit den Additiven des Streitpatents identisch seien;

- sowohl die im Streitpatent enthaltenen Vergleichsversuche als auch die im schriftlichen Verfahren eingereichten Versuchsberichte nicht aussagekräftig seien, da nicht mit dem nächstliegenden Stand der Technik, z. B. mit einer Verbindung des Dokuments (1), die eine Hydroxylgruppe auf einer ähnlichen polaren Aminogruppe enthält, oder mit einer aus Dokument (8) bekannten ähnlichen Verbindung verglichen worden sei;

- der von der Beschwerdeführerin durchgeführte Tüpfeltest für die Wirkung des Additives in einem Kraftstoff nicht repräsentativ sei;

- daher eine unerwartete bessere Wirkung der ausgewählten Polyisobutylaminoalkohole im Vergleich zum nächstliegenden Stand der Technik nicht nachgewiesen worden sei;

- daher der beanspruchte Gegenstand nicht erfinderisch sei.

VIII. Die Beschwerdegegnerin 01 (Einsprechende 01) hat sich in der Sache nicht geäußert.

IX. Nachdem die Kammer der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, die am 16. und 18. Oktober 2001 stattfand, mitteilte, die mit Schreiben vom 5. Oktober 2001 eingereichten neuen Anträge (Hauptantrag und vier Hilfsanträge) seien als verspätet anzusehen, beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt oder hilfsweise auf Basis der erteilten Ansprüchen 1 bis 4.

Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag und Hilfsantrag

1.1. Neuheit

Die Kammer hat keine Veranlassung von der Beurteilung der Neuheit durch die Einspruchsabteilung abzuweichen. Eine nähere Begründung hierfür ist unter den gegebenen Umständen nicht erforderlich, da die Beschwerdegegnerin 02 den Neuheitseinwand in der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten hat.

Somit bleibt noch die Frage der erfinderischen Tätigkeit zu erörtern.

1.2. Erfinderische Tätigkeit

1.2.1. Der Anspruch 1 des Streitpatents bezieht sich auf einen Kraftstoff für Verbrennungsmotoren, der geringe Mengen an Polyisobutylaminoalkoholen der Formeln Ia und Ib enthält, die durch Epoxidierung der entsprechenden Polyisobutene und anschließende nukleophile Epoxidöffnung mit Ammoniak oder Aminen erhalten werden (siehe Seite 3, Zeilen 20 und 21 des Streitpatents).

Nach der Beschreibung des Streitpatents waren Polyisobutylaminverbindungen bereits als Vertreter der sogenannten zweite Generation von Kraftstoffadditiven bekannt. Solche Additive eignen sich bekannterweise insbesondere zur Reinigung und Reinhaltung der Einlaßventile ("clean-up" und "keep-clean" Effekte) (Seite 2, Zeilen 17 bis 25).

Das Streitpatent nennt als die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe die Bereitstellung von Zusätzen der obengenannten Art, die eine höhere Dispergierwirkung als die Additive des Standes der Technik, z. B. die des Dokuments (1), aufweisen (siehe Seite 2, Zeilen 32 bis 34).

1.2.2. Bei der Wahl des als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dienenden Standes der Technik kommt es zunächst darauf an, daß er die Lösung der gleichen oder ähnlichen technischen Aufgabe wie die des Streitpatents betrifft. Ein Dokument qualifiziert sich nicht aufgrund bloßer äußerlicher Ähnlichkeiten als nächster Stand der Technik, sondern muß auch die Eignung des beschriebenen Gegenstands für den im Streitpatent angeführten Zweck offenbaren oder klar erkennen lassen (siehe die im ABl. EPA nicht veröffentlichte Entscheidung T 506/95, Punkt 4.1 der Entscheidung).

Daher kann Dokument (8) nicht als geeigneter Ausgangspunkt angesehen werden, da die dort beschriebenen Additive in einem Motorenöl und nicht in einem Kraftstoff eingesetzt werden.

Dokument (1) betrifft im Gegensatz dazu Substanzen, die sowohl als Schmierstoffadditive als auch als Kraftstoffadditive der zweiten Generation eingesetzt werden und die durch Hydroformylierung eines geeigneten Polyisobutylens und anschließende Aminierung unter reduktiven Bedingungen hergestellt werden. Die nach Dokument (1) hergestellten Additive besitzen die folgende allgemeine Formel

FORMEL

worin R1 einen Polyisobutylenerest mit einem durchschnittlichen Molekulargewicht von z. B. 500 bis 1500 darstellt und R2 oder R3, z. B. eine Hydroxyalkylgruppe, z. B. eine Ethylakoholgruppe sein kann (Spalte 1, Zeilen 35 bis 59; Spalte 4, Zeilen 16 bis 25).

Diese Verbindungen werden in Kraftstoffen wegen ihrer reinigenden und dispergierenden Wirkung eingesetzt. Die Additive, die Hydroxylgruppen enthalten, sind außerdem speziell für Kraftstoffe geeignet (siehe Spalte 3, Zeilen 1 bis 34 und Spalte 5, Zeilen 35 bis 61).

Daher ist, wie auch von der Beschwerdeführerin vorgeschlagen, der im Dokument (1) beschriebene Stand der Technik als Ausgangspunkt für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit heranzuziehen.

1.2.3. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, die im Streitpatent und im schriftlichen Verfahren eingereichten Vergleichsversuche stellten einen Beweis für eine gleichwertige oder höhere Dispergierwirkung der patentgemäßen Poyisobutylaminen dar.

Das im Streitpatent als Vergleichssubstanz getestete Amin des Dokuments (1) entspricht jenem des Versuchsbericht vom 18. Januar 2001, d. h. einer durch Hydroformylierung von reaktivem Polyisobuten und nachfolgender reduktiver Aminierung mit Ammoniak hergestellten Verbindung, die keine Hydroxylgruppe enthält.

Das damit verglichene Produkt des Streitpatents ist das Umsetzungsprodukt von Polyisobutenepoxid mit Diethylenetriamin nach dem Beispiel 2.

Da jedoch bereits Dokument (1) hydroxylgruppenhaltige Verbindungen als bevorzugt für den Einsatz in Kraftstoffen empfiehlt (Spalte 1, Zeile 61 bis Spalte 3, Zeile 28; insbesondere Spalte 3, erster Absatz, die letzte Formelzeile und Spalte 5, Zeilen 59 bis 61) ist die Kammer der Auffassung, daß Verbindungen des Streitpatents mit einer Verbindung des Dokuments (1) hätte verglichen werden müssen, deren Aminogruppe eine Hydroxylgruppe trägt (siehe auch die Entscheidung T 0181/82, ABl. EPA 1984, 401, Punkt 5 der Entscheidungsgründe).

Daher sind die im Versuchsbericht vom 18. Januar 2001 und im Streitpatent enthaltenen Ergebnisse nicht geeignet um einen Vorteil gegenüber den im Dokument (1) beschriebenen Verbindungen zu belegen.

1.2.4. Die Beschwerdeführerin berief sich auch auf die von ihr vor der ersten Instanz eingereichten Versuche (Guenther's Declaration). In diesen Versuchen wurde ein Reaktionsprodukt von Polyisobuten-Epoxid und n-Propylamin mit einer durch Hydroformylierung eines Polyisobutens und nachfolgende reduktive Aminierung mit einem 1-Amino-2-Propanol hergestellten Verbindung verglichen. Dieser Test bezieht sich daher auf einen Vergleich zwischen zwei Verbindungen, die, abgesehen von der Stellung des Hydroxylrest, vergleichbare Aminogruppe aufweisen.

Nach diesem Bericht wurde die Dispergierwirkung der Produkte in einem Motorenöl nach dem im Streitpatent beschriebenen Tüpfeltest geprüft.

Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung behauptet, daß dieser Tüpfeltest für eine dispergierende Wirkung in einem Kraftstoff repräsentativ sei, da in der Nähe der Einlaßventile eine ähnliche ölige Phase anwesend sei wie sie im Testgemisch vorliege. Sie hat jedoch eingeräumt, daß ein standardisierter Motortest, wie z. B. der nach CEC-F-02-T-79 im Beispiel 3 des Streitpatents durchgeführte Test, unentbehrlich sei um genauere Aussagen über die Dispergierwirkung eines Additives in einem Kraftstoff machen zu können.

In einem solchen Motortest, der mit sauberen unbenutzten Ventilen durchgeführt wird, werden mengenmäßig die aus der Verbrennung stammenden und sich auf den Ventilen absetzenden Ablagerungen ermittelt. Dadurch werde die Dispergierwirkung des Additives - d. h. seine Fähigkeit die bei der Verbrennung entstehenden Partikel in Suspension zu halten - indirekt, aber unter realen Bedingungen bestimmt.

Da Guenther's Declaration lediglich den genannten Tüpfeltest, aber keine Motorentests enthält, können diese Versuche nach Auffassung der Kammer nur eine tendenziell bessere Dispergierwirkung der patentgemäßen Verbindungen in Motorenöl beweisen; sie lassen jedoch keine Aussagen über die Wirkung in einem Kraftstoff zu.

Aus diesen Gründen kann eine verbesserte Dispergierwirkung für Kraftstoffe des Streitpatents nicht anerkannt werden. Daher muß die in der Beschreibung des Streitpatents genannte Aufgabe in die weniger anspruchsvolle Aufgabe abgeändert werden, weitere Kraftstoffadditive der zweiten Generation bereitzustellen, welche sich durch eine gute dispergierende und reinigende Wirkung auszeichnen.

Im Hinblick auf die Ausführungsbeispiele des Streitpatents erscheint es der Kammer glaubhaft, daß diese Aufgabe durch die Kraftstoffe des Anspruchs 1 gelöst wurde.

1.2.5. Wie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgetragen wurde, unterscheiden sich die im Dokument (1) offenbarten Additive

FORMEL

worin R1 einen Polyisobutylenerest mit einem durchschnittlichen Molekulargewicht von z. B. 500 bis 1500 darstellt und R2 oder R3, z. B. eine Hydroxyalkylgruppe, z. B. eine Ethylalkoholgruppe sein kann (Spalte 1, Zeile 61 bis Spalte 3, Zeile 28), von den Additiven des Streitpatentes insofern, als sich eine Hydroxylgruppe nicht als Substituent auf der Polyisobutylkette R1 in -Stellung zur Aminogruppe, sondern in einem der Reste R2 und R3 befindet und die Polyisobutylkette nicht direkt mit der polaren Gruppe abschließt, sondern eine zusätzliche verbindende, aus der Hydroformylierung stammende Methylengruppe enthält.

1.2.6. Aus dem Dokument (8) waren Polyisobutylaminoalkohole bekannt, die aufgrund ihrer reinigenden und dispergierenden Wirkung als Additive für Motorenöl verwendet werden. Diese Polyisobutylaminoalkohole wurden durch Epoxidierung von verzweigten Polyolefinen, z. B. von Polyisobutylenen und anschließende Reaktion mit Aminen, d. h. durch ein analoges Verfahren wie im Streitpatent, hergestellt. Daher muß das Endprodukt dieser Reaktion auch Verbindungen gemäß den Formeln Ia und Ib des Streitpatents enthalten (Spalte 2, Zeilen 1 bis 70; Spalte 3, Zeilen 43 bis 52; Beispiele 1 und 2 bis 4).

Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, daß nur endständige Doppelbindungen hochreaktiv seien und daß mittelständige Doppelbindungen zu Nebenprodukten führen würden, die schlecht reagierten. Die nach Dokument (8) hergestellten Produkte seien daher nicht mit denen des Streitpatents identisch, da sie nicht aus einem reaktiven Polyisobuten mit einem hohen Anteil an endständigen Doppelbindungen hergestellt worden seien.

Jedoch offenbart Dokument (8) eindeutig, daß die gewünschte Reaktion zwischen den endständigen Doppelbindungen des Polyolefins und dem Epoxid stattfinden soll (Spalte 2, Zeilen 35 bis 39 und 55 bis 60). Außerdem ist die Ausbeute der Epoxidierung im Dokument (8) vergleichbar mit der des Streitpatents und zudem führt die darauffolgende Reaktion mit Amin zu einer nahezu 100 % Ausbeute (Beispiele 1 bis 4). Dieses Ergebnis impliziert, daß fast alle Epoxidgruppen reaktiv und daher endständig sind wie im Streitpatent.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin - ohne Beweise hierfür vorzulegen - eingewandt, die nach den Beispielen des Dokuments (8) durchgeführten Produktanalysen seien ungeeignet, um die richtige Ausbeute festzustellen und daher seien diese Angaben fehlerhaft. Es wurde auch nicht nachgewiesen, daß dem Fachmann am Prioritätstag des Dokuments (8) keine geeigneten technischen Maßnahmen zur Verfügung standen, um die Ausbeute der Reaktion ausreichend genau zu bestimmen. Daher hat die Kammer, in Abwesenheit eines entsprechenden experimentellen Beweises, keinen Grund anzunehmen, daß die Ausbeuteangaben des Dokuments (8) fehlerhaft sind.

Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß die im Dokument (8) hergestellten Produkte von den Additiven des Streitpatents nicht zu unterscheiden sind.

1.2.7. Angesichts der Lehre des Dokuments (1) war es für den Fachmann naheliegend, strukturell ähnliche Verbindungen als Kraftstoffadditive auszuprobieren.

Dabei kann eine geringfügige strukturelle Änderung einer bekannten chemischen Verbindung kein Anzeichen erfinderischer Tätigkeit darstellen, wenn die Herstellung dieser abgeänderten Verbindung bereits bekannt war und diese Verbindung nicht technisch überlegen ist (siehe die Entscheidung T 0939/92, ABl. EPA 1996, 309, Punkte 2.5.3 und 2.6.2 der Entscheidungsgründe).

Der Fachmann konnte vielmehr im Hinblick auf Dokument (1) vernünftigerweise erwarten, daß die aus Dokument (8) bekannten Verbindungen ihre reinigende und dispergierende Wirkung aufgrund ihrer Struktur nicht nur in einem Schmierstoff, sondern auch in einem Kraftstoff entfalten würden und daß sie aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit mit den aus (1) bekannten Verbindungen einen ähnlichen guten "clean-up" und "keep-clean" Effekt auf Einlaßventile ausüben würden.

1.2.8. Die Beschwerdeführerin hat schließlich geltend gemacht, Polyisobutylaminoverbindungen seien als Verursacher des sogenannten Ventilsteckens bekannt gewesen; daher habe ein Fachmann nicht erwarten können, daß ein bisher nie in Kraftstoffen verwendetes Additiv dieser Klasse tatsächlich einsetzbar wäre.

Dokument (10) lehrt in der Tat, daß eine Schwäche der Additive der Polybutenderivate bestimmter Molekularstruktur die Neigung zum Ventilstecken sei (Seite 14 und Abbildung 11). Jedoch wird in diesem Dokument erklärt, daß die Anteile an Stoffen mit höherem Molekulargewicht in Produkten mit einer breiten Molekulargewichtsverteilung dafür verantwortlich seien. Dieses Problem bestehe daher nicht bei einer engeren Molekulargewichtsverteilung, wie sie für die Wirkstoffe auf Basis von Polyisobutenderivaten angestrebt werde (Seite 7, Zeilen 1 bis 8).

Somit gibt Dokument (10) dem Fachmann unmittelbar eine Anleitung, wie er dem möglichen Problem des Ventilsteckens aus dem Wege gehen könne.

Es gab daher keine Gründe, die den Fachmann von der Verwendung der aus Dokument (8) bekannten Verbindungen in einem Kraftstoff abgehalten hätten.

Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 sowohl des Hauptantrags wie auch des Hilfsantrags nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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