European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1987:T023786.19870611 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 11 Juni 1987 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0237/86 | ||||||||
Anmeldenummer: | 79100858.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B21B 39/28 | ||||||||
Verfahrenssprache: | EN | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | SMS | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | Wird der Beschwerdekammer in irgendeiner Form mitgeteilt, dass Beschwerdeführer und Beschwerdegegner beide den Widerruf des Patents wünschen, dann kann die Kammer von ihrer Befugnis nach Artikel 111(1) EPÜ Gebrauch machen und das Patent widerrufen. Die Erkärung "Wir verzichten hiermit auf das obengenannte Patent", die der Beschwerdekammer während des Einspruchsbeschwerdeverfahrens vom Pateninhaber übermittelt wurde, kommt in diesem Fall einem Antrag auf Widerruf des Patents gleich. | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Widerruf des Patents nach Verzichterklärung durch den Patentinhaber | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
Sachverhalt und Anträge
I. Die Einspruchsabteilung hatte den Einspruch gegen das auf die europäische Patentanmeldung Nr. 79 100 858.4 erteilte europäische Patent Nr. 016 237 mit Entscheidung vom 12. Mai 1986 zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin legte gegen diese Entscheidung am 9. Juli 1986 fernschriftlich Beschwerde ein und bestätigte das Fernschreiben mit einem Schreiben gleichen Datums; sie entrichtete die Beschwerdegebühr am 10. Juli 1986 und reichte am 11. September 1986 die Beschwerdebegründung nach, in der sie den Widerruf des Patents beantragte.
III. Mit Schreiben vom 12. Januar 1987, in dem die Beschwerdenummer angegeben war, gab der Vertreter der Beschwerdegegnerin die Erklärung ab: "Wir verzichten hiermit auf das obengenannte Patent.
"Der Geschäftsstellenbeamte der Beschwerdekammer teilte der Patentinhaberin mit Bescheid vom 27. Januar 1987 mit, sie müsse entweder ihr Einverständnis mit der Fassung widerrufen, in der das Patent erteilt worden sei, oder den Widerruf des Patents beantragen, falls sie wünsche, daß die Kammer das Patent widerrufe. Die Patentinhaberin teilte der Beschwerdekammer daraufhin mit einem Schreiben vom 4. Februar 1987 mit, sie widerrufe ihr Einverständnis mit der Fassung, in der das Patent erteilt worden sei, und beabsichtige nicht, eine neue Fassung einzureichen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.
2. Nach Auffassung der Kammer hätte es aus den nachstehend angegebenen Gründen weder des an die Beschwerdegegnerin gerichteten Bescheids vom 27. Januar 1987 noch deren Antwortschreibens vom 4. Februar 1987 bedurft. Wenn der Beschwerdekammer - wie im vorliegenden Fall - in irgendeiner Form mitgeteilt wird, daß Beschwerdeführer und Beschwerdegegner beide den Widerruf des Patents wünschen, dann kann die Kammer ohne weiteres von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch machen und den Widerruf des Patents beschließen.
3. Der Bescheid bezieht sich u. a. auf Nummer 4 der Entscheidung T 73/84 "Widerruf auf Veranlassung des Patentinhabers/SMS" (ABl. EPA 1985, 241), wo es wie folgt heißt: "Der Patentinhaber kann das [Einspruchs-] Verfahren jedoch nicht durch eine an das EPA gerichtete Erklärung, daß er auf das europäische Patent verzichtet, beenden, da dies nicht im Übereinkommen vorgesehen ist." Anschließend wird auf die Möglichkeit verwiesen, den Verzicht auf das Patent gegenüber den nationalen Patentämtern entsprechend dem nationalen Recht zu erklären. Ist das europäische Patent erst einmal vom EPA erteilt worden und in jedem benannten Staat als nationales Patent wirksam geworden, so wird es aus der Verantwortung des EPA entlassen; ein Verzicht auf das europäische Patent kann deshalb nur insoweit ausgesprochen werden, als die einzelnen nationalen Ämter und das jeweils geltende nationale Recht dies erlauben.
Sobald jedoch gemäß Artikel 99 (1) EPÜ Einspruch gegen das erteilte europäische Patent eingelegt wird, geht die Zuständigkeit für das Patent wieder auf das EPA über, damit dieses den Einspruch entsprechend den Artikeln 101 und 102 EPÜ prüfen und darüber entscheiden kann; wird nach erfolgter Entscheidung über den Einspruch entsprechend den Artikeln 106 bis 108 EPÜ Beschwerde eingelegt, so geht die Zuständigkeit für das Patent auf die Beschwerdekammer über, damit diese die Beschwerde gemäß den Artikeln 110 und 111 EPÜ prüfen und darüber entscheiden kann.
4. Im vorliegenden Fall wurde die Erklärung "Wir verzichten hiermit auf das obengenannte Patent" von der Beschwerdegegnerin in der Beschwerdephase des Einspruchsverfahrens abgegeben, in der bereits die Beschwerdeführerin den Widerruf des Patents beantragt hatte. Diese Erklärung macht aus dem Gesamtzusammenhang heraus zweifelsfrei deutlich, daß die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) mit dem Widerruf des Patents einverstanden ist, und kommt damit einem Antrag der Beschwerdegegnerin auf Widerruf des Patents gleich. Dies wurde denn auch in einem späteren Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 4. Februar 1987 bestätigt, obwohl es einer solchen Bestätigung nicht bedurft hätte.
5. Dementsprechend macht die Kammer im Hinblick auf das Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 12. Januar 1987 von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch und widerruft das europäische Patent.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und das Patent widerrufen.