T 0480/93 () of 28.7.1995

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1995:T048093.19950728
Datum der Entscheidung: 28 Juli 1995
Aktenzeichen: T 0480/93
Anmeldenummer: 85101526.3
IPC-Klasse: G01S 5/18
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Messen des Ortes mehrerer Meßpunkte mit Hilfe von Ultraschallimpulsen
Name des Anmelders: Travenol GmbH
Name des Einsprechenden: Zebris Medizintechnik GmbH
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 102(1)
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 113(2)
European Patent Convention 1973 Art 117(1)
Schlagwörter: Antrag der Patentinhaberin auf Widerruf
Wesentlicher Verfahrensmangel der Einspruchsabteilung (nein)
Request for withdrawal of the patent
Substantial procedural violation (no)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0073/84
T 0186/84
T 0237/86
T 0500/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0084/97
T 0150/13
T 1730/14

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einspruchsabteilung hat durch die Entscheidung vom 31. März 1993 den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 152 905 zurückgewiesen und das Patent in unverändertem Umfang aufrechterhalten. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt. Mit Schreiben vom 1. März 1995 hat die Patentinhaberin erklärt, daß das Patent zurückgezogen werde.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat beantragt, das Patent zu widerrufen und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen (Hauptantrag); hilfsweise werden folgende Anträge gestellt:

(1) Die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

(2) Die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

(3) Falls keinem der zuvor gestellten Anträge stattgegeben werden kann, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

III. Der Antrag der Beschwerdeführerin, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr zu veranlassen, wird auf die Anhörung des Herrn Professor Schumpe als Zeuge und die Bewertung seiner Aussagen gestützt. Da Professor Schumpe einer der genannten Erfinder und ein Verfahrensbeteiligter war, hätte er nicht als Zeuge vernommen werden dürfen. Da er aber als Zeuge vernommen wurde, hätte er nur über seine eigenen Kenntnisse aussagen dürfen und ferner hätte die Einspruchsabteilung die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen überprüfen müssen. Ein wesentlicher Verfahrensmangel der Einspruchsabteilung liegt somit vor.

Entscheidungsgründe

1. Eine Erklärung, das Patent werde zurückgezogen, ist mit einem Antrag auf Widerruf des Patents gleichzusetzen, siehe T 237/86, ABl. 1988, 261. Beantragt der Patentinhaber selbst den Widerruf des Patents, so ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent ohne Prüfung, ob die Beschwerde begründet ist, zu widerrufen (siehe T 73/84, ABl. 1985, 241; T 186/84, ABl. 1986, 79; T 237/86; T 459/88, ABl. 1990, 425). Die Behauptung der Beschwerdeführerin, ein Patentinhaber könne auf sein Patent nicht verzichten, ist insofern nicht stichhaltig. Ein derartiger Widerruf hat rückwirkende Kraft (siehe Art. 68 EPÜ, sowie Rechtsauskunft 11/82 ABl. 1982, 57, und Singer, Europäisches Patentübereinkommen, Art. 102).

2. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Widerruf des Patents ist mit dem Antrag der Beschwerdegegnerin gleichzusetzen, und ihm ist somit stattzugeben.

3. Die Kammer stellt fest, daß Professor Schumpe, obwohl er nicht als Zeuge geladen war, während der mündlichen Verhandlung als Zeuge gemäß Artikel 117 (1) d) EPÜ behandelt wurde und nicht als Beteiligter, Artikel 117 (1) a) EPÜ. Aus Seite 1 des Protokolls der mündlichen Verhandlung geht hervor, daß am Anfang der Verhandlung der Vertreter der Patentinhaberin sich vorbehalten hatte, die Vernehmung von Professor Schumpe als Zeuge zu beantragen, und daß daraufhin Professor Schumpe den Sitzungssaal verlassen hat. Nach Vernehmung des Zeugen Professor Riehle wurde wieder darüber diskutiert, ob Professor Schumpe als Zeuge zu vernehmen wäre; daraufhin hat Professor Schumpe wieder den Sitzungssaal verlassen (Seite 2 des Protokolls). Nach Anhörung des Zeugen Hansen wurde dann von der Einspruchsabteilung dem Antrag stattgegeben, Professor Schumpe als Zeugen zu hören (Seite 3).

Die Kammer vermag in dieser Prozedur keinen wesentlichen Verfahrensmangel oder Verstoß gegen das Prinzip des rechtlichen Gehörs festzustellen. Die Frage, ob Professor Schumpe in der Tat als Zeuge gemäß Artikel 117 (1) d) EPÜ oder als Beteiligter gemäß Artikel 117 (1) a) EPÜ vernommen wurde, kann nach Auffassung der Kammer dahingestellt bleiben. Die freie Wahl der Zeugen durch die Parteien, sowie die freie Beweiswürdigung durch die Gerichtsinstanzen, sind fundamentale Prinzipien, die auch von den Instanzen des Europäischen Patentamts anzuwenden sind, siehe T 500/91, Punkt 3.2 (nicht veröffentlicht). Somit ist es der Einspruchsabteilung auch freigestellt, welche Beweise in der Entscheidung erwähnt werden. Auch im Falle einer anderen Beweiswürdigung durch die Kammer wäre kein wesentlicher Verfahrensfehler festzustellen.

4. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr kann somit nicht stattgegeben werden. Ihrem Hauptantrag ist deshalb nicht stattzugeben. Dem mit dem Antrag der Beschwerdegegnerin zusammenfallenden Hilfsantrag (1) ist jedoch stattzugeben. Die Hilfsanträge (2) und (3) sind damit gegenstandslos geworden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und das Patent wird widerrufen.

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