T 0590/94 () of 3.5.1996

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1996:T059094.19960503
Datum der Entscheidung: 03 Mai 1996
Aktenzeichen: T 0590/94
Anmeldenummer: 89890209.3
IPC-Klasse: C08J 3/09
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von Lösungen von Cellulose
Name des Anmelders: Lenzing Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Akzo Faser AG
Courtaulds PLC
Courtaulds Fibres (Holdings) Limited
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 1
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 105
European Patent Convention 1973 Art 107
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 R 55(a)
European Patent Convention 1973 R 56(2)
European Patent Convention 1973 R 67
Schlagwörter: Zulässigkeit des Einspruchs (nein) - verspätete Nennung der Einsprechenden
Rückerstattung der Beschwerdegebühr bei Beitritt in der Beschwerde (ja) - keine selbständige Beschwerde
Zulässigkeit einer Anspruchsänderung (ja) - Rückgriff auf zitierten Stand der Technik
Neuheit (ja) - keine implizite Offenbarung eines technischen Begriffs in einer Entgegenhaltung
Erfinderische Tätigkeit (nein) - Wahl aus nur drei Alternativen
Admissibility of opposition - identifiability of opponent
Admissibility of opposition - examination at appeal stage
Amendments - agreed by the Boards
Amendments - agreed by the boards
Novelty - disclosed content of prior disclosure - relevant point of time
Orientierungssatz:

1. Im Beschwerdeverfahren erfolgt die Prüfung der Zulässigkeit eines Einspruchs von Amts wegen. Eine während der Einspruchsfrist unterlassene Nennung der Einsprechenden kann nicht nachgeholt werden (Gründe 1.2).

2. Verzichtet die während des Beschwerdeverfahrens beigetretene Partei auf die Stellung als selbständige Beschwerdeführerin, so ist nach dem Gesetzmäßigkeitsprinzip, auf dem das EPÜ beruht, eine vorsorglich bezahlte Beschwerdegebühr rückzuerstatten (Gründe 2).

3. Die Aufnahme eines Merkmals aus der Offenbarung des im Streitpatent spezifizierten Ausgangs-Standes-der-Technik in den Anspruch 1 des Streitpatents ist zulässig, wenn ein eindeutiger Zusammenhang mit der beanspruchten Erfindung besteht (Gründe 4).

4. Muß eine Aussage in einer Entgegenhaltung zum Vergleich mit der beanspruchten Erfindung interpretiert werden, so hat sich die Interpretation am Allgemeinwissen des Fachmanns zum Publikationszeitpunkt der Entgegenhaltung zu orientieren. Dabei dürfen der betreffenden Aussage nur solche Merkmale zugeordnet werden, auf deren Vorliegen zweifelsfrei geschlossen werden kann (Gründe 6.3).

Angeführte Entscheidungen:
G 0002/91
G 0001/94
T 0010/82
T 0025/85
T 0219/86
T 0289/91
T 0766/91
T 0027/92
T 1011/92
T 0471/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
G 0003/04
J 0003/98
T 1001/97
T 1187/97
T 0534/98
T 1026/98
T 1007/01
T 0244/12
T 0615/14
T 2125/16
T 0953/21

Sachverhalt und Anträge

I. Die Erteilung des Europäischen Patents Nr. 356 419 der Lenzing Aktiengesellschaft, angemeldet am 7. August 1989 unter Beanspruchung einer AT Priorität vom 16. August 1988, wurde am 16. Dezember 1992 bekanntgemacht.

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 9 des Patents lauteten:

"1. Verfahren zur Herstellung von formbaren Lösungen von Cellulose in wasserhältigen tertiären Aminoxiden aus einer Suspension von Cellulose in einer wässerigen Lösung des tertiären Aminoxides durch Wärmezufuhr unter vermindertem Druck, dadurch gekennzeichnet, daß

- die Suspension kontinuierlich durch einen Einlaß (11) in ein evakuierbares, beheizbares Gefäß (2) eingebracht wird,

- die eingebrachte Suspension zur Bildung von zwei Oberflächen schicht- bzw. filmartig mechanisch ausgebreitet wird,

- die ausgebreitete Suspension zur Wärmezufuhr über eine Oberfläche mit einer beheizten Innenwand (1) des Gefäßes (2), die als Heizfläche dient, in Kontakt gebracht wird,

- die ausgebreitete Suspension unter intensivem Mischen über die beheizte Innenwand (1) transportiert wird,

- während des Transportes über die Heizfläche die der Innenwand (1) abgewandte, zweite Oberfläche der ausgebreiteten Suspension dem verminderten Druck ausgesetzt wird, um Wasser zu verdampfen, bis die suspendierte Cellulose in Lösung geht, wobei der Wasserdampf gegen die Transportrichtung der Suspension abgeführt wird und

- die formbare Celluloselösung über einen Auslaß (12) aus dem Gefäß (2) kontinuierlich abgezogen wird."

"9. Verwendung einer Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8, mit einem indirekt beheizten, mit einer Rohrleitung versehenen und evakuierbaren Gefäß (2), welches als zylindrischer Behälter mit einer zentrisch gelagerten Rührwelle (7) und daran angesetzten Rührschaufeln (8) ausgebildet ist, wobei der radiale Abstand (13) der Rührschaufeln (8) zur Innenwand (1) des Behälters (2) maximal 20 mm beträgt und im oberen Teil des Behälters ein Einlaß (11) für die Cellulosesuspension und im unteren Ende ein Auslaß (12) für die formbare Celluloselösung vorgesehen ist."

Das Patent umfaßte außerdem die von den vorstehenden unabhängigen Ansprüchen 1 und 9 abhängigen Ansprüche 2 bis 8 sowie 10 und 11.

II. Gegen das Patent wurde, gestützt auf die Bestimmungen des Artikels 100 a) und c) von der Einsprechenden I, Akzo Faser AG, am 21. Juli 1993 Einspruch erhoben.

III. Am 15. September 1993, einen Tag vor Ablauf der Einspruchsfrist nach Artikel 99 (1) EPÜ, langte am Europäischen Patentamt ein Schriftsatz ein, der ein auf Artikel 100 a) und b) gestütztes Einspruchsbegehren, aber keinerlei Hinweis auf die Identität der Einsprechenden enthielt. Erst in ihrem Antwortschreiben vom 4. Oktober 1993 auf den diesen Mangel rügenden Bescheid der Einspruchsabteilung vom 23. September 1993 wurde die Identität der Einsprechenden bekanntgegeben. Es handelte sich dabei um die im weiteren als Einsprechende II/Beschwerdeführerin II bezeichnete Courtaulds PLC.

IV. In ihrer am 6. Mai 1994 mündlich verkündeten und am 4. Juli 1994 schriftlich begründeten Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, daß beide Einsprüche zulässig seien.

Die Einspruchsabteilung wies die Einsprüche mit der Begründung zurück, daß keiner der geltend gemachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents entgegenstehe.

Im einzelnen wurde in der angefochtenen Entscheidung insbesondere folgendes festgestellt:

a) Anspruch 1 des Streitpatents gehe hinsichtlich der während des Erteilungsverfahrens erfolgten Einfügung des Wortes "formbar" nicht über den Inhalt der Erstunterlagen hinaus, weil es sich dabei um eine Angabe halte, die dem ursprünglich offenbarten Viskositätsbereich von "zwischen 50 und 15.000 Pa.s" äquivalent sei.

b) Die Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 könne anerkannt werden, weil die Entgegenhaltung

D2: FR-A-2 450 293

die kontinuierliche Überführung in einem Dünnschichtapparat einer Cellulose-Suspension in wäßrigem tertiärem Aminoxid in eine Cellulose-Lösung nicht offenbare.

c) Der Gegenstand des Streitpatents beruhe gegenüber dem in D2 offenbarten nächstliegenden Stand der Technik auch auf erfinderischer Tätigkeit, weil dieser Entgegenhaltung weder allein noch in Kombination mit dem weiteren im Verfahren befindlichen Stand der Technik, insbesondere der Entgegenhaltung

D4: E. Heimgartner, "Entgasen im Dünnschichtverdampfer", Sonderdruck aus B 4065 - Entgasen von Kunststoffen (VDI Verlag 1980),

ein Hinweis darauf entnommen werden könne, daß Dünnschichtverdampfer oder Filmtruder zur Überführung der genannten Cellulose-Suspension in eine Cellulose- Lösung geeignet seien. Zwar sei in D4 die Verwendung von Dünnschichtverdampfern bzw. Filmtrudern zum thermischen Behandeln von Lösungen beschrieben, diese Offenbarung umfasse aber nicht das im Streitpatent beanspruchte Verfahren, das zur Auflösung von in wäßrigem tertiärem Aminoxid suspendierter Cellulose führe.

d) Aus denselben Gründen seien auch die Ansprüche 2 - 8 sowie 9, 10 und 11 neu und erfinderisch.

V. Gegen die genannte Entscheidung haben die Einsprechende I (Beschwerdeführerin I) am 18. Juli 1994 und die Einsprechende II (Beschwerdeführerin II) am 2. September 1994, jeweils unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde eingelegt und am 14. November 1994 (Beschwerdeführerin I) bzw. am 11. November 1994 (Beschwerdeführerin II) jeweils eine Begründung nachgereicht.

VI. Am 17. Februar 1995 (Schriftsatz vom 16. Februar 1995) hat die Firma Courtaulds Fibres (Holdings) Limited (im folgenden "beigetretene Verfahrensbeteiligte" genannt) gemäß Artikel 105 EPÜ unter Entrichtung einer Einspruchs- und einer Beschwerdegebühr ihren Beitritt zum Einspruchs(beschwerde)verfahren erklärt und eine Kopie des mit 17. November 1994 datierten "Writ of Summons" betreffend die von der Patentinhaberin Lenzing AG in Großbritannien gegen sie erhobenen Klage wegen Verletzung des Streitpatents vorgelegt. Die Patentinhaberin hat dem nicht widersprochen.

VII. Im Bescheid vom 26. Januar 1996 kommentierte der Berichterstatter der Kammer die wesentlichen Sachverhalte.

Am 3. Mai 1996 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

VIII. In ihren schriftlichen und mündlichen Vorbringen bestritten die als Beschwerdeführerinnen I und II auftretenden Parteien sowie auch die beigetretene Verfahrensbeteiligte die Richtigkeit der Entscheidung der Einspruchsabteilung und behaupteten, daß es dem Gegenstand des Streitpatents sowohl an der Neuheit als auch an erfinderischer Tätigkeit mangle.

(i) Die beigetretene Verfahrensbeteiligte bezweifelte auch, daß der Begriff "formbar" in Anspruch 1 des Streitpatents in den Erstunterlagen offenbart gewesen sei und vertrat überdies im Hinblick auf die Ergebnisse eigener Experimente die Ansicht, daß ein Ersatz dieses Begriffs durch den in den Erstunterlagen offenbarten Viskositätsbereich von "zwischen 50 und 15.000 Pa.s" einen Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ zur Folge hätte. Allerdings sei dieser Viskositätsbereich in den Erstunterlagen sogar als wesentliches Erfindungsmerkmal dargestellt. Dies bedeute, daß neben dem Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) auch der nach Artikel 100 b) EPÜ vorliege.

(ii) Bezüglich der Neuheit argumentierten die genannten Parteien, daß der Hinweis auf die mögliche Verwendung eines Dünnschichtverdampfers in der Entgegenhaltung

D6: US-A-4 246 221

(die der in der angefochtenen Entscheidung zitierten Entgegenhaltung D2, d. h. der schon im Streitpatent erwähnten FR-A-2 450 293 entspricht), deshalb neuheitsschädlich sei, weil er sich nur auf einen zur Verarbeitung hochviskoser Lösungen geeigneten Dünnschichtverdampfer beziehen könne, der zwangsläufig die im Streitpatent geforderten Merkmale seiner Funktionsweise besitze. Daß Dünnschichtverdampfer stets kontinuierlich arbeiteten, sei für den Fachmann ebenso selbstverständlich, wie daß von den ihm gemäß seinem allgemeinen Fachwissen, gestützt durch

D12: Römmps Chemie-Lexikon, Achte Auflage, 1981, Seite 1026, Stichwort "Dünnschichtverdampfung",

bekannten Dünnschichtverdampfer-Varianten nur die in D4 beschriebene Filmtrudertechnik in Betracht gezogen werden könne.

(iii) Selbst wenn man die Neuheit gegenüber D6 anerkenne, sei aber eine erfinderische Tätigkeit gegenüber dieser Entgegenhaltung nicht gegeben, weil für den Fachmann die Eignung der in der Entgegenhaltung D4 beschriebenen Filmtrudertechnik zur Lösung der im Streitpatent vorliegenden Aufgabe, nämlich der kontinuierlichen, thermisch schonenden Überführung einer Suspension von Cellulose in wäßrigem tertiärem Aminoxid in eine Lösung durch Abdampfen überschüssigen Wassers und Ableitung des Wasserdampfs im Gegenstrom, offensichtlich gewesen sei.

IX. Demgegenüber wurde von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) folgendes vorgetragen:

(i) Sie verteidigte die Zulässigkeit des Begriffs "formbar" in Anspruch 1 des Streitpatents einerseits mit dem Argument, daß diese Eigenschaft den nach dem beanspruchten Verfahren hergestellten Lösungen inhärent sei, und andererseits mit dem Hinweis auf die als Ausgangs-Stand-der-Technik im Streitpatent erläuterte Entgegenhaltung

D1: WO-A-83/04415,

die mehrfach auf die Formbarkeit analoger Cellulose-Lösungen hinweise. Da das Streitpatent es sich gemäß den Erstunterlagen zur Aufgabe gemacht habe, das dort beschriebene Verfahren zu verbessern, sei der Begriff "formbar" (dort "shaping") Bestandteil der ursprünglichen Offenbarung. Dieser Begriff sei nicht gleichbedeutend mit dem in den Erstunterlagen offenbarten Viskositätsbereich, der im übrigen kein wesentliches Verfahrensmerkmal sei, sondern nur erläuternden Charakter habe.

Die Beschwerdegegnerin legte in ihren Hilfsanträgen I und II Ansprüche 1 mit Alternativformulierungen für den Begriff "formbar" vor (siehe Entscheidungsgründe Punkt 9).

(ii) Bezüglich der Neuheit des Gegenstands des Streitpatents gegenüber der Entgegenhaltung D6 stützt sich die Beschwerdegegnerin im wesentlichen auf folgende Argumente: Nämlich darauf, daß erstens der Hinweis in D6 auf die mögliche Verwendung eines Dünnschichtverdampfers überhaupt keine nacharbeitbare Lehre darstelle, zweitens D6 jedenfalls nicht die alleinige Verwendung eines Dünnschichtverdampfers zur Herstellung spinnfähiger Cellulose-Lösungen offenbare, und drittens der Begriff Dünnschichtverdampfer sich einerseits nur auf einen diskontinuierlich arbeitenden Rotationsverdampfer beziehen könne, und anderseits selbst bei Gleichsetzung dieses Begriffes mit dem in D4 beschriebenen Filmtruder eine solche Offenbarung keinesfalls die Abführung des Wasserdampfs im Gegenstrom impliziere.

(iii) Die Beschwerdegegnerin führte weiter aus, daß die Entgegenhaltung D6 dem Fachmann keine Hinweise zur Lösung der erfindungsgemäß bestehenden Aufgabe, nämlich einer thermisch schonenden, raschen, einstufigen Überführung einer Cellulose-Suspension in wäßrigem tertiärem Aminoxid in eine Lösung unter Abdampfen des überschüssigen Wassers, geben könne. Da der Fachmann einen Dünnschichtverdampfer, in dem in D6 offenbarten Kontext, wegen der hohen Viskosität der zu behandelnden Cellulose-Suspensionen und der dadurch bedingten Notwendigkeit der Anwendung hoher Scherkräfte von vornherein als ungeeignet zur Lösung der gestellten Aufgabe aus seinen Überlegungen ausgeschieden hätte, verbliebe als einzig relevante Offenbarung in D6 das Batchverfahren gemäß dortigem Beispiel I, demzufolge Cellulose zunächst während 1 Stunde und 20. Minuten in einem Mischgefäß in wäßrigem N- Methylmorpholin (NMMO) gelöst, die Lösung zwischengelagert, filtriert und schließlich zur Bereitung einer spinnbaren Lösung in einem Extruder (Teledyne Readco continuous processor) von überschüssigem Wasser befreit werde. Ein so kompliziertes, zeitraubendes 4-Stufenverfahren lege aber das erfindungsgemäße schnelle Einstufenverfahren in einem Dünnschichtbehandlungsapparat nicht nahe. Daß ein solcher Dünnschichtbehandlungsapparat unter der Bezeichnung Filmtruder aus der Entgegenhaltung D4 bekannt war, sei ohne Belang, da dort ein Hinweis auf die vorliegende Aufgabe fehle und überdies das Entgasen von Kunststoffen im Vordergrund stehe. Zumindest müsse die patentgemäße Verwendung eines solchen Apparats als "gezielte Auswahl" betrachtet werden.

Im übrigen zeige auch die Entgegenhaltung

D3: Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage, Bd. 2, 1972, Seiten 650 - 662 (in englischer Übersetzung vorgelegt von der Beschwerdegegnerin mit ihrer Eingabe vom 29. März 1996 als Exhibit "SMH4" des Affidavits von Herrn Hudson),

daß der Fachmann bezüglich der Verarbeitung hochviskoser Materialien nicht an Dünnschichtverdampfer, sondern an Schneckenverdampfer, d. i. Extruder, denke.

X. Die Beschwerdeführerinnen I und II sowie auch die beigetretene Verfahrensbeteiligte beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang.

Die beigetretene Verfahrensbeteiligte beantragte ursprünglich auch die Rückzahlung der Beschwerdegebühr, zog diesen Antrag aber im Verlauf der mündlichen Verhandlung zurück.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der erteilten Fassung oder gestützt auf den Hilfsantrag I oder den Hilfsantrag II, beide eingereicht anläßlich der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerden

1.1. Zulässigkeit der Beschwerde der Beschwerdeführerin I/Einsprechenden I

Diese Beschwerde ist zulässig.

1.2. Zulässigkeit des Einspruchs der sogenannten Einsprechenden II

Die Patentinhaberin hat die Frage der Zulässigkeit des genannten Einspruchs in ihrer Beschwerdebeantwortung aufgeworfen mit der Begründung, die Person der Einsprechenden sei nicht innerhalb der Einspruchsfrist genannt worden, fügte aber an, daran interessiert zu sein, daß die Einsprechende II im Verfahren verbliebe (Eingabe datiert vom 22. März 1995, Seite 1). Alle Verfahrensbeteiligten verzichteten in der Folge darauf, zu dieser Frage Stellung zu nehmen und ersuchten die Kammer in der mündlichen Verhandlung um rasche Entscheidung aufgrund der vorliegenden Vorbringen und Fakten.

1.2.1. Die Kammer prüft die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs als Prozeßvorraussetzung auch im Beschwerdeverfahren von Amts wegen (vgl. auch T 289/91, ABl. EPA 1994, 649, Punkt 2.1). Es trifft unbestrittenermaßen zu, daß die Person der Einsprechenden II innerhalb der Einspruchsfrist nicht feststand. Ihr ein Tag vor der am 16. September 1993 ablaufenden Einspruchsfrist, nämlich am 15. September 1993, eingegangener Einspruchsschriftsatz nannte wohl die Patentinhaberin und deren Vertreter, nicht aber die Einsprechende selbst. Dies erfolgte erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1993, nachdem die Einspruchsabteilung aufgrund von Regel 56 (2) EPÜ mit Formular 2302.2 04 92, betitelt "Mitteilung von behebbaren Mängeln des Einspruchs", versandt am 23. September 1993, diesen Mangel gerügt hatte, es dabei aber unterließ, die im Formular (unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des EPÜ) hinsichtlich der für ein Ausbleiben dieser Angaben vorgesehenen Konsequenzen, anzukreuzen.

1.2.2. Das EPÜ verlangt in Artikel 99 (1) und Regel 55 a) in Verbindung mit Regel 26 (2) c) die Angabe der Person des Einsprechenden ausnahmslos innerhalb einer Frist von 9 Monaten (vgl. T 25/85, ABl. EPA 1986, 81, insbesondere Punkt 10, nachdem in T 10/82, ABl. EPA 1983, 407 diese Frage noch offengelassen war, bestätigt u. a. in T 219/86, ABl. EPA 1988, 254). Angesichts dessen und der besonderen Natur der Einspruchsfrist, welche während 9 Monaten Dritten, z. B. Konkurrenten, den angriffsweisen Eintritt in das Erteilungsverfahren ermöglicht (vgl. Artikel 1 EPÜ; anderslautend die Auffassung Singers in: Kommentar, 1989, Seite 374 vor Artikel 99 EPÜ, welche die Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen einen Erteilungsbeschluß nicht zum Zweck eines Erteilungsverfahrens zählt und damit eine Mehrstufigkeit desselben unberücksichtigt läßt), war auch die Verspätung des Versands der Mitteilung nach Regel 56 (2) EPÜ offenbar und die genannte Firma hätte sich nicht darauf berufen können (vgl. auch oben erwähnte T 25/85, Punkt 13), d. h. es geht derjenige, welcher einen Schriftsatz erst kurz vor Ablauf der Frist einreicht, des durch die Regel 56 (2) EPÜ vorgesehenen Vorteils der Korrekturmöglichkeit verlustig und zwar auch deshalb, weil andernfalls die Regel 56 (2) mit Artikel 99 (1) EPÜ im Widerspruch stünde, welch letzterer gemäß Artikel 164 (2) EPÜ vorgeht.

1.2.3. Der Einspruch der genannten Courtaulds PLC ("Einsprechende II" genannt) war somit unzulässig, womit auch ihre Beschwerde dahinfällt.

2. Beitritt der Firma Courtaulds Fibres (Holdings) Ltd. im Beschwerdeverfahren; Rückerstattung der von ihr entrichteten Beschwerdegebühr

2.1. Die Erklärung des Beitritts der genannten Firma vom 16. Februar 1995 entspricht den Vorraussetzungen von Artikel 105 (1) und (2) EPÜ und ist daher zulässig.

2.2. Mit der Erklärung ihres Beitritts entrichtete die obengenannte Firma sowohl eine Einspruchs- als auch eine Beschwerdegebühr und ersuchte die Beschwerdekammer um Entscheidung darüber, daß letztere nicht geschuldet sei. Sie hatte diese damit vorsorglich, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, geleistet. Anläßlich der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 1996 zog sie zwar diesen Antrag zurück, die Kammer hat jedoch von Amts wegen über diese Frage zu entscheiden, wie aus dem Gesetzmäßigkeitsprinzip hervorgeht (siehe auch unten). Entsprechendes kann auch aus Artikel 10 c) der Gebührenordnung (GebO) und zudem aus Regel 67 EPÜ abgeleitet werden, welch letztere sich zwar auf bestimmte Fallgruppen bezieht, jedoch, von einer Ausnahme abgesehen (Artikel 10 c) GebO), auch keinen Antrag vorraussetzen.

2.3. Eine unbegründet geleistete Zahlung ist zurückzuerstatten, da das EPÜ auf dem Gesetzmäßigkeitsprinzip beruht. Die Frage danach stellt sich hier, weil die Bestimmungen des EPÜ, welche den Beitritt regeln (Artikel 105 EPÜ), lediglich eine Einspruchsgebühr, nicht aber eine Beschwerdegebühr, z. B. im Falle des Beitritts im Laufe des Beschwerdeverfahrens, ausdrücklich nennen (Artikel 105 (2) EPÜ). An sich gilt, daß Prozeßgebühren, die sich auf spezifische Verfahrensstadien beziehen, für das beanspruchte und kostenverursachende Verfahrensstadium zu bezahlen sind. Angesichts dessen könnte die Frage der Auslegungsbedürftigkeit der genannten Norm erwogen werden.

In einer früheren Angelegenheit hat die Große Beschwerdekammer die Beantwortung dieser Frage offengelassen, jedoch festgestellt, der Begriff "Einspruchsverfahren" in diesem Artikel sei im weiteren Sinne zu verstehen, d. h. er betreffe auch das Beschwerdeverfahren (G 1/94, ABl. EPA 1994, 787) und eine Beschwerdekammer hat, gestützt auf die Feststellung der selbständigen Rechtsstellung der Beitretenden, welche derjenigen der Beschwerdeführerin gleichkomme, entschieden, es seien beide Gebühren zu bezahlen (T 1011/92 vom 16. September 1994).

2.4. Vorliegendenfalls nun hat die beitretende Firma mit dem Beitritt auch ausdrücklich erklärt, sie führe nicht selbst Beschwerde, sondern wolle nur abhängig von der Beschwerde der regulären Beschwerdeführerin hinzutreten. Sie gab sich somit mit der verfahrensrechtlichen Stellung eines nicht beschwerdeführenden Verfahrensbeteiligten i. S. von Artikel 107 EPÜ zufrieden (vgl. G 2/91, ABl. EPA 1992, 206). Die spätere Erklärung durch denselben Vertreter in seinem Schriftsatz vom 17. Oktober 1995, wo von "independent opposition" gesprochen wird und welche daher als gegensätzlich in Betracht gezogen werden könnte, scheint nicht zwischen den Begriffen "Einspruchsverfahren" im engeren und im weiteren Sinne zu unterscheiden und bezieht sich nicht auf die Beschwerde. Sie ändert an der ersten Erklärung demnach nichts. Damit entfallen die Vorraussetzungen für eine Gleichbehandlung mit demjenigen, der selbständig Beschwerde führt.

2.5. Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten (vgl. auch T 471/93 vom 5. Dezember 1995; T 27/92 vom 25. Juli 1994).

3. Mehrheit von Vertretern

In der mündlichen Verhandlung ließen sich die Beschwerdegegnerin und die beigetretene Verfahrensbeteiligte, im Einverständnis mit der Beschwerdeführerin I, die übrigens auf eine eigenständige Argumentation verzichtet hatte, durch einen zugelassenen Vertreter und einen in einem Vertragsstaat (GB) zugelassenen "Legal Practicioner" vertreten, im ersten Fall einen Solicitor, im zweiten Fall einen Barrister, die beide laut ihrer unbestritten gebliebenen Erklärung berechtigt waren, die Vertretung im Gebiete des Patentwesens im Sinne von Artikel 134 (7) EPÜ auszuüben, wobei anzufügen ist, daß lediglich der auf seiten der Beitretenden tätige Barrister zu einer der strittigen Fragen Stellung nahm. Die Kammer sieht angesichts dessen keinen Grund, den Parteien und Beteiligten zu verwehren, sich so rechtskundig wie möglich vertreten zu lassen, wenngleich sie über die Vertreterschaft gerne vorab informiert gewesen wäre.

Hauptantrag

4. Artikel 100 c) in Verbindung mit Artikel 123 (2) und (3) EPÜ

Die Rüge der mangelnden Offenbarung des Begriffs "formbar" geht fehl. Dieser Begriff ist in den Erstunterlagen des Streitpatents zwar nicht ausdrücklich offenbart, diese Eigenschaft der patentgemäß herzustellenden Cellulose-Lösungen geht jedoch unmittelbar und eindeutig aus dem Rückbezug in den Erstunterlagen auf den in der Entgegenhaltung D1 beschriebenen Ausgangs-Stand-der-Technik hervor.

4.1. Beginnend mit der letzten Zeile auf Seite 2 wird in den Erstunterlagen nämlich ganz konkret festgestellt, daß sich die "Erfindung" zum Ziel gesetzt habe, bestimmte Nachteile des in D1 beschriebenen Verfahrens zu beseitigen und ein "Verfahren zur Herstellung von Celluloselösungen in wasserhältigen tertiären Aminoxiden zur Verfügung zu stellen, das kontinuierlich durchgeführt werden kann, wobei die Wärmebehandlung der Suspension wesentlich kürzer erfolgen soll, um die thermische Belastung der Cellulose und des tertiären Aminoxids zu minimieren. Außerdem soll das dem Stand der Technik inhärente Sicherheitsrisiko vermieden werden."

4.2. Die Entgegenhaltung D1 selbst betrifft nun, wie in Seite 3, 3. Absatz und in Anspruch 10 offenbart, ein Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers ("shaped article") aus organischen Polymeren, insbesondere Cellulose (Anspruch 12), durch Formen ("shaping") seiner Lösung in hydriertem tertiärem Amin-N-oxid und Koagulieren der geformten Lösung ("shaped solution") zur Bildung des gewünschten Polymer-Formkörpers ("desired shaped polymer article"). Gemäß Anspruch 11 von D1 wird die Polymerlösung bevorzugt zu Fasern oder Filmen geformt ("shaped into the form of fibres or film").

Alle 43 Beispiele von D1 offenbaren die Herstellung von Cellulose-Lösungen aus ihren Suspensionen durch Reduktion des Wassergehalts des als Lösungsmittel dienenden N-Methylmorpholin-N-oxids (NMMO), beschreiben also genau das Prinzip, auf dem auch das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents beruht.

4.3. Da sich somit einerseits die Erstunterlagen des Streitpatents eindeutig auf die Verbesserung des Verfahrens gemäß der Entgegenhaltung D1 beziehen, und anderseits D1 nur formbare Lösungen von Cellulose in wäßrigem tertiärem Aminoxid beschreibt, müssen konsequenterweise auch die gemäß den Erstunterlagen des Streitpatents hergestellten Cellulose-Lösungen die Eigenschaft "formbar" besitzen. Die Einfügung dieses Begriffs in den Anspruch 1 des Streitpatetents stellt daher keine Erweiterung des Patentgegenstandes über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung dar.

4.4. Da sich die Ursprungsoffenbarung des Begriffs "formbar" in Anspruch 1 des Streitpatents somit aus der Entgegenhaltung D1 ableiten läßt, spielt für die Zulässigkeit dieses Begriffs unter dem Aspekt von Artikel 123 (2) EPÜ seine mögliche Äquivalenz mit dem in Anspruch 1 der Erstunterlagen definierten Viskositätsbereich "zwischen 50 und 15.000 Pas.sec" keine Rolle (vgl. Punkt 2., ad a), 3. Absatz der angefochtenen Entscheidung).

Da der Begriff "formbar" Teil des Anspruchs 1 der erteilten Fassung des Streitpatents ist, kann seine Beibehaltung auch nicht gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstoßen.

4.5. Der Rüge der beigetretenen Verfahrensbeteiligten, daß der vorstehend erwähnte Viskositätsbereich ein wesentliches Merkmal des Verfahrens gemäß dem Streitpatent darstelle, das nicht aus dem Anspruch 1 hätte gestrichen werden dürfen, muß schon im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit des Patentgegenstands nicht nachgegangen werden.

Im übrigen betrifft diese Rüge ein Erfordernis des Artikels 84 EPÜ (Angabe aller wesentlichen Merkmale des Gegenstands, für den Schutz begehrt wird), das unter keinen der Einspruchsgründe nach Artikel 100 EPÜ, auch nicht den nach Artikel 100 b) (unvollständige Offenbarung der Erfindung) fällt.

5. Stand der Technik

5.1. Entgegenhaltung D6

5.1.1. Gemäß Anspruch 1 betrifft D6 ein Verfahren zur Herstellung einer Faser oder eines Films aus Cellulose, bei dem eine Lösung von Cellulose in einem ein Nichtlösungsmittel für Cellulose (z. B. Wasser nach Anspruch 5) enthaltenden tertiären Aminoxid- Lösungsmittel extrudiert wird, das extrudierte, aus der Lösung gebildete Produkt gestreckt, und in einem Koagulationsbad die Cellulose aus der Lösung gefällt wird.

5.1.2. Für die Herstellung einer extrudierbaren Lösung von Cellulose in tertiärem Aminoxid sind in D6 verschiedene Methoden offenbart:

5.1.2.1. Zu der nach dem Urteil der beigetretenen Verfahrensbeteiligten, dem sich die Kammer anschließt, für den vorliegenden Fall relevantesten Methode wird in Spalte 5, Zeilen 33 bis 46 folgendes ausgesagt:

"It has also be found that cellulose can be dissolved by first mixing pulp with tertiary amine-N-oxide containing excess nonsolvent, preferably water, in a quantity which prohibits solution formation, then exposing the mixture to conditions of temperature and reduced pressure which result in removal of excess nonsolvent, e.g. water, thereby allowing solution to take place. Various types of equipment or combinations for applying said conditions of heat and reduced pressure are available for removing the excess nonsolvent such as a thin film evaporator, a Readco continuous processor as mentioned in Example 1, or vented extruder, or the like."

(zu deutsch: "Es hat sich auch herausgestellt, daß die Cellulose aufgelöst werden kann, wenn man zunächst den Zellstoff mit tertiärem Amin-N-oxid vermischt, das überschüssiges Nicht-Lösungsmittel, vorzugsweise Wasser, in einer Menge enthält, die die Bildung einer Lösung verhindert, dann die Mischung Bedingungen von Temperatur und Unterdruck aussetzt, die zum Entfernen überschüssigen Nicht- Lösungsmittels, z. B. Wasser, führen, wodurch die Bildung einer Lösung ermöglicht wird. Es sind verschiedene Typen von Vorrichtungen oder Kombinationen zur Ausübung der genannten Wärme- und Unterdruck-Bedingungen zur Entfernung überschüssigen Nicht-Lösungsmittels verfügbar, wie ein Dünnschichtverdampfer, ein kontinuierlicher Readco Prozessor, wie er in Beispiel 1 erwähnt ist, ein Entgasungsextruder oder ähnliche Vorrichtungen.")

5.1.2.2. Die Beschwerdegegnerin sieht allerdings in der in Beispiel I von D6 beschriebenen Methode eine relevantere Offenbarung:

Danach werden 1 lb., 10 oz. (737 g) Holzzellstoff und 8. lb., 3 oz. (3727 g) N-Methylmorpholin-N-oxyd (NMMO), das etwa 59,6 % Wasser enthält, 1 Stunde und 20. Minuten in einem doppelarmigen Baker-Perkins-Mixer unter Vakuum erhitzt und gemischt. Die Lösung wird dann in einem Tank überführt, bei 102 - 111 °C unter einem Stickstoffdruck gehalten und dann durch ein Filter zu einem kontinuierlichen Teledyne Readco Prozessor, der mit Schnecken und schneckenförmigen Rührschaufeln ausgerüstet ist, gepumpt. Bei 103 - 106 °C und einem Unterdruck von 26 inches Hg (0,87 bar) wird die Lösung durch den Prozessor zu einer Zahnradpumpe gefördert, die die Lösung durch eine Spinndüse drückt.

5.1.2.3. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin ist für die Interpretation der in D6 vermittelten Lehre auch die in den Beispielen IIIA bis IIIE beschriebene Methode von Bedeutung.

Danach werden durch Mischen von 200 g Holz-Zellstoff, 800 g NMMO mit einem Wassergehalt von 25 % und 200 ml Toluol Celluloseschnitzel hergestellt. Diese werden zunächst in einem rotierenden Kolben bei 80 °C und 26,5 inches Hg (0,88 bar) durch Abdestillieren von Toluol und Wasser zu einem Wassergehalt von 15,5 % getrocknet und dann, nach Zugabe von 500 ml Toluol, bei 60 °C und Unterdruck während 2 Stunden weiter zu einem Wassergehalt von 13,2 % getrocknet. Diese Schnitzel werden zur vollständigen Entfernung von Toluol vier Tage in einem Vakuumofen behandelt und dann zur Bildung einer homogenen, extrudierbaren Lösung einem bei 115 °C arbeitenden Extruder zugeführt. Dem Extruder sind ein Filter, ein statischer Mixer und schließlich eine Dosierpumpe nachgeschaltet, die die gebildete Lösung durch eine Spinndüse mit 13 Bohrungen preßt.

5.2. Entgegenhaltung D4

Diese Entgegenhaltung mit dem Titel "Entgasen im Dünnschichtverdampfer" entstammt einem Sonderdruck "Entgasen von Kunststoffen". Sie enthält keine Offenbarung über die Verarbeitung von Cellulose. Die Relevanz von D4 für den vorliegenden Fall ist zweifach: einerseits beschreibt sie das konventionelle Dünnschicht-Verfahrensprinzip, und insofern gehört ihre Offenbarung zum Allgemeinwissen des Fachmanns, hier Chemieingenieurs (Seiten 1 - 10, Zeile 6), anderseits erklärt sie die Wirkungsweise eines Filmtruders, d. h. einer Vorrichtung, die das Dünnschichtverdampfer-Prinzip für höhere Produktkonzentrationen geeignet macht und ist insofern als eigenständiger Stand der Technik zu betrachten (Seite 10, Zeile 7 bis Seite 29).

5.2.1. Gemäß Seite 2, erster Absatz von D4 versteht man unter der (konventionellen) Dünnschichttechnik "das thermische Behandeln von Stoffen in einer mechanisch erzeugten dünnen Schicht", wobei die Stoffe "in einem Durchgang über eine von außen beheizte Wand" fließen. Im zweiten Absatz auf Seite 2 wird ausgeführt, daß abhängig von den Eigenschaften der Stoffe "die thermische Behandlung unter Vakuum, bei Atmosphären- oder bei Überdruck vorgenommen" wird.

Auf Seite 3, Bild 2, mittlere Reihe sind Rotorblätter dargestellt, wie sie in konventionellen Dünnschichtverdampfern zur Beeinflussung des Produktfilms verwendet werden. Bild 3 auf Seite 5 zeigt, wie die Rotorblätter eines konventionellen vertikalen Dünnschicht-Apparats auf das Produkt einwirken.

Dieses Bild findet sich in geringfügig abgewandelter Form als Figur 2 im Streitpatent, wo es die Wirkungsweise des gemäß der beanspruchten Erfindung verwendeten Dünnschicht-Apparats illustrieren soll.

5.2.2. Die Grenzen der konventionellen Dünnschichttechnik sind gemäß D4 dort erreicht, wo die zu behandelnden Stoffe "unter dem Einfluß der Schwerkraft nicht mehr genügend fließen" (d. s. 100 Pa.s: Seite 1, letzter Absatz) und wo die Stoffe daher "vom Eintritt bis zum Austritt ständig in Bewegung gehalten und positiv gefördert werden" müssen (Seiten 10, 11, überleitender Absatz). Dieses Funktionsprinzip, das eines Filmtruders, wird durch Bild 10 (Seite 10) und die zugehörige Beschreibung (Seite 11, Zeile 12 bis Seite 12, Zeile 3) näher erläutert: danach wird ein spiralförmiger Produkttransport vom Eintritt bis zum Austritt durch fördernde und filmbildende Elemente ermöglicht, wobei die nach einem Element entstehende Produktwelle vom nächsten erfaßt, verteilt, umgeschichtet und wieder gefördert wird.

Auf Seite 13 sind in Bild 13 drei graphische Darstellungen eines Filmtruders gezeigt, die sich voneinander nur durch die Art der Brüdenrückführung (Gegenstrom, Gleichstrom oder Gleich-Gegenstrom) unterscheiden. Diese Darstellungen wurden im wesentlichen als Figur 2 in das Streitpatent aufgenommen.

5.2.3. Ab Seite 18 , letzter Absatz gibt D4 folgende Haupt- Anwendungsgebiete für (konventionelle) Dünnschichtapparate und Filmtruder an:

- Konzentration (z. B. von Epoxidharzen)

- Entmonomerisierung (z. B. von Polystyrol)

- Lösungsmittelrückgewinnung (z. B. von ataktischem Polypropylen)

- Polymerisation, Polykondensation.

5.3. Entgegenhaltung D12

Diese Entgegenhaltung (Römpps Chemie-Lexikon), die das Allgemeinwissen eines Fachmanns widerspiegelt, nennt unter dem Stichwort "Dünnschichtverdampfung" drei Techniken für die kontinuierliche Destillation, zum Verdampfen temperaturempfindlicher Substanzen von hochsiedenden Rückständen und für die Konzentrierung von temperaturlabilen Stoffen in Technik und Laboratorium:

a) den Fallfilmverdampfer, wo die zu behandelnde Flüssigkeit durch Abrieselnlassen verteilt wird,

b) den Dünnschichtverdampfer, darunter den Filmtruder, und

c) den Rotationsverdampfer, von dem aber einschränkend gesagt wird: "Prinzipiell könnte man die Rotationsverdampfer auch hierher zählen".

5.4. Entgegenhaltung D3

Auch diese Entgegenhaltung referiert das Allgemeinwissen des Fachmanns. In D3 werden beginnend auf Seite 652 folgende "Verdampferbauarten" aufgezählt: Kesselverdampfer (darunter der Rotationsverdampfer), Röhrenverdampfer, Dünnschichtverdampfer, Kurzwegverdampfer, Verdampfer für hochviskose Lösungen, Verdampfer für inkrustierende und aggressive Lösungen und Verdampfer zur Wärmeübertragung.

Der Text zum Abschnitt "Dünnschichtverdampfer" (Seiten 656 und 657) beginnt mit folgender Feststellung: "Verdampfer mit mechanisch erzeugten Flüssigkeitsschichten bzw. Flüssigkeitsfilmen sind für temperaturempfindliche Lösungen im allg. und zur Destillation hochviskoser, schwersiedender Lösungen im besonderen geeignet. SAMBAY- und LUWA- Dünnschichtverdampfer bestehen aus einem einzigen von außen beheizten, senkrechten Zylinder mit eingebautem Rotor. Entsprechende Verdampfer sind unter der Bezeichnung Sako-Dünnschichtverdampfer bekannt." Anhand des in Abb. 10 dargestellten Sako- Dünnschichtverdampfers werden "Aufbau und Arbeitsweise dieses Verdampfers, die für die ganze Verdampfergruppe typisch sind, dargestellt." Dabei wird im überleitenden Satz, Seiten 656/657 ausgeführt: "Die zu verdampfende Flüssigkeit wird durch einen Verteilerring auf die Wärmeaustauschfläche aufgegeben, von beweglichen Wischern bzw. starren Rührblättern des Rotors erfaßt und sofort als dünne Schicht ... über die Wärmeaustauschfläche ausgebreitet."

Danach fließt die siedende Flüssigkeit unter dem Einfluß der Schwerkraft nach unten.

In bezug auf Verdampfer für höchstviskose Lösungen (Seiten 658 und 659) wird im ersten Absatz gesagt: "Zur Eindampfung höchstviskoser, polymerer Lösungen mit Zähigkeiten bis zu einigen Hundert kg/m.s [ Pa.s], von Schmelzen oder Suspensionen werden Schneckenverdampfer verwendet." Im letzten Absatz dieses Abschnitts auf Seite 659 wird gesagt "Weniger zähe Lösungen oder Suspensionen können kontinuierlich in Seite 656 beschriebenen Dünnschichtverdampfern mit besonders konstruierten Wischerrotoren bei kurzen Verweilzeiten bis zur Trockenheit eingedampft werden."

6. Neuheit gegenüber der Entgegenhaltung D6

6.1. Anspruch 1 des Streitpatents betrifft (in schematischer Darstellung) ein

a) "Verfahren zur Herstellung von formbaren Lösungen von Cellulose in wasserhältigem tertiären Aminoxid aus einer Suspension von Cellulose in einer wässerigen Lösung des tertiären Aminoxids durch Wärmezufuhr unter vermindertem Druck",

das dadurch charakterisiert ist, "daß

b) die Suspension kontinuierlich durch einen Einlaß (11) in ein evakuierbares, beheizbares Gefäß (2) eingebracht wird,

c) die eingebrachte Suspension zur Bildung von zwei Oberflächen schicht- bzw. filmartig mechanisch ausgebreitet wird,

d) die ausgebreitete Suspension zur Wärmezufuhr über eine Oberfläche mit einer beheizten Innenwand (1) des Gefäßes (2), die als Heizfläche dient, in Kontakt gebracht wird,

e) die ausgebreitete Suspension unter intensivem Mischen über die beheizte Innenwand (1) transportiert wird,

f) während des Transportes über die Heizfläche die der Innenwand (1) abgewandte, zweite Oberfläche der ausgebreiteten Suspension dem verminderten Druck ausgesetzt wird, um Wasser zu verdampfen, bis die suspendierte Cellulose in Lösung geht, wobei der Wasserdampf gegen die Transportrichtung der Suspension abgeführt wird und

g) die formbare Celluloselösung über einen Auslaß (12) aus dem Gefäß (2) kontinuierlich abgezogen wird."

6.2. Das obige Merkmal a), das den Gattungsbegriff für das beanspruchte Verfahren darstellt, geht aus der Entgegenhaltung D6 vollständig hervor (siehe obige Punkte 5.1.1 und 5.1.2.1).

Die den Anspruch 1 charakterisierenden Merkmale b) bis g) beschreiben Verfahrensschritte der Vorrichtung, in der das Verfahren gemäß diesem Gattungsbegriff a) durchgeführt wird. Daß dabei die Prinzipien der Dünnschichttechnik angewandt werden, zeigt ein Vergleich mit der Offenbarung in den Entgegenhaltungen D3 und D4 (siehe obige Punkte 5.4 und 5.2.1).

6.3. Es gilt daher zu entscheiden, inwieweit die Merkmale b) bis g) gemäß Anspruch 1 des Streitpatents den Merkmalen entsprechen, die der in der Cellulosetechnologie bewanderte Chemieingenieur, hier der berufene Fachmann, mit dem Begriff "thin film evaporator", wie er in der Entgegenhaltung D6, Spalte 33 bis 46 verwendet wird (siehe obiger Punkt 5.1.2.1), zu deren Veröffentlichungsdatum (20. Januar 1981) verbinden wird (siehe auch Richtlinien für die Prüfung C-IV 7.3). Die Interpretation dieses Begriffes hat sich dabei am Allgemeinwissen des Fachmanns zu orientieren, wie es in den Entgegenhaltungen D3, D4 (teilweise, bezogen auf konventionelle Dünnschichtverdampfer) und D12 referiert wird. Wenn dabei im Zusammenhang mit D6 das allgemeine Fachwissen gemäß D3 (veröffentlicht 1972) und D4 (veröffentlicht 1980), aber auch D12 (veröffentlicht 1981) zu würdigen ist, so liegt das daran, daß auch das letztgenannte Dokument angesichts der Allgemeinheit der beanspruchten Merkmale und als Bestätigung des Fachwissens im Zeitpunkt der Offenbarung von D6 verstanden werden darf, was an sich auch von keiner der Parteien bestritten wurde. Es wird in diesem Zusammenhang auf T 766/91 vom 29. September 1993, Gründe 8.2, hingewiesen, wonach Standardhandbücher (D12 ist ein solches) Wissen referieren, das schon vor ihrem Veröffentlichungsdatum zum allgemeinen Fachwissen gehört hat.

6.3.1. Merkmal b)

Die kontinuierliche Verfahrensweise geht wörtlich aus D12, Seite 1026 hervor (obiger Punkt 5.3). Daß das Verfahren in einem evakuierbaren, beheizbaren Gefäß durchgeführt wird, ergibt sich sinngemäß schon aus D6, wo in Spalte 5, Zeilen 35 bis 39 Temperaturzufuhr und reduzierter Druck offenbart sind, aber überdies auch aus der allgemeines Fachwissen repräsentierenden D3, Seiten 656 und 657, wonach ein Dünnschichtverdampfer typischerweise ein Gefäß mit beheizbarem Mantel und einer Möglichkeit zur Brüdenabführung ist (Abb. 10), wobei nach Seite 657, 1. Spalte, Zeilen 15 bis 18 Betriebsdrucke bis 0,7 bar erreicht werden.

6.3.2. Merkmal c)

Die schicht- oder filmartige mechanische Ausbreitung geht als Merkmal der konventionellen Dünnschichttechnik ebenso aus D4, Seite 2, erster Absatz, d. h. deren allgemeines Fachwissen repräsentierendem Teil, wie aus D3 hervor (obige Punkte 5.2 und 5.4).

6.3.3. Merkmal d)

Auch das Merkmal der Wärmezufuhr über eine beheizte Gefäßinnenwand war im Hinblick auf D4 und D3 für den Fachmann für Dünnschichtverdampfer eine Selbstverständlichkeit (siehe obige Punkte 5.2.1 und 5.4, zweiter Absatz).

6.3.4. Merkmal e)

Der Teil dieses Merkmals, der den Transport über die beheizte Innenwand betrifft, ist in D3, überleitender Satz der Seiten 656/657, als allgemeines Fachwissen beschrieben (siehe obiger Punkt 5.4, zweiter Absatz). Das Teilmerkmal des Transports "unter intensivem Mischen" geht besonders klar aus der Beschreibung eines konventionellen Dünnschichtverdampfers gemäß D4, Seite 3, Bild 2 als bekanntes allgemeines Fachwissen hervor (vgl. zuvor 5.2). Dieses Bild veranschaulicht die dort herrschenden Strömungsvorgänge (D4, Seite 6, 2. Absatz). Da es als Figur 2 zur Illustration der dort stattfindenden Verarbeitung der Cellulose-Suspension in das Streitpatent aufgenommen wurde, kann kein Zweifel bestehen, daß das gemäß diesem Merkmal e) vorgenommene "intensive Mischen" den Mischvorgängen, die in einem konventionellen Dünnschichtverdampfer auftreten, entspricht.

6.3.5. Merkmal f)

Von den hier subsummierten vier Teilmerkmalen, nämlich f1) der Einwirkung des reduzierten Drucks an der der Innenwand der Heizfläche abgewandten Oberfläche der über die Heizfläche ausgebreiteten Suspension, f2) dem Abdampfen von Wasser bei vermindertem Druck, f3) dem In-Lösung-gehen der Cellulose und f4) der Wasserdampfabführung im Gegenstrom, sind f2) und f3) schon durch die Offenbarung in D6, Zeilen 33 bis 46 erfaßt, wenn dort davon die Rede ist: "then exposing the mixture to conditions of temperature and reduced pressure which result in removal of excess nonsolvent, e. g. water, thereby allowing solution to take place." Das Teilmerkmal f1) beschreibt nur eine technische Unabdinglichkeit, denn das Evakuieren des Gefäßes kann gar nicht anders als über das Gefäßinnere erfolgen, so daß der Unterdruck folglich nur an der dem Gefäßinneren zugewandten Seite des entlang der beheizten Gefäßaußenwand transportierten Stofffilms angreifen kann.

Einzig das Teilmerkmal f4) kann, im Hinblick auf die stoffliche Konsistenz der zu verarbeitenden Cellulose-Suspensionen (hohe Viskosität) vom Fachmann nicht als dem Begriff "thin film evaporator", wie er in D6, Spalte 5, Zeile 44 verwendet wird, immanent entnommen werden.

Zwar wird in D3 (Seite 656, Abb. 10) dieses Gegenstromprinzip dargestellt und in D4, Seite 13, letzter Absatz für Filmtruder sogar als "klassische" Anordnung beschrieben, D4 diskutiert aber gerade im Zusammenhang mit der Verarbeitung höherer Viskositäten (im Filmtruder), daß unter bestimmten Bedingungen das Gleichstrom- und das Gleich- Gegenstromprinzip als technisch adäquater anzusehen sind. Z. B. eignet sich das Gegenstromprinzip gemäß D4 u. a. besonders für Restentgasungsprobleme (Seite 13, Zeile 4 von unten) und das Gleichstromprinzip zum Abdampfen hoher Lösemittelmengen (Seite 14, Zeile 1).

Da gemäß dem Streitpatent größere Mengen an Wasser abgedampft werden müssen, und da weder D3 noch D4 die Verarbeitung von Cellulose-Suspensionen zu formbaren Lösungen in tertiärem Aminoxid, ein sehr spezifisches (hochviskoses) System mit sehr spezifischen technischen Anforderungen, offenbaren, kann nicht angenommen werden, daß der Fachmann den in D6 genannten Dünnschichtverdampfer unmittelbar und eindeutig als einen bezüglich der Brüdenabführung im Gegenstrom zu betreibenden Apparat verstanden hätte.

Das Merkmal in Anspruch 1 des Streitpatents, daß der gebildete Wasserdampf gegen die Transportrichtung der Suspension abgeführt wird (oben f4) genannt), gehört somit nicht zur Offenbarung der Entgegenhaltung D6.

6.3.6. Merkmal g)

Das kontinuierliche Abziehen des Verfahrensproduktes, d. i. der formbaren Cellulose-Lösung über einen Auslaß ist die Folge der bezüglich Merkmal b) diskutierten kontinuierlichen Verfahrensweise (siehe obiger Punkt 6.3.1). Diesem Merkmal kommt somit ein eigenständiger technischer Charakter nicht zu.

6.3.7. Die obigen Ausführungen belegen, daß der Entgegenhaltung D6 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen eines Experten auf diesem Gebiet alle Merkmale (a bis g) des Anspruchs 1 des Streitpatents mit Ausnahme des Merkmals der Dampfabführung im Gegenstrom (obiges Teilmerkmal f4), zum Teil ausdrücklich, zum Teil implizit, aber unmittelbar und eindeutig entnommen werden können.

Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber dieser Entgegenhaltung neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.

6.4. Gegenargumente der Beschwerdegegnerin

Die folgend diskutierten Argumente der Beschwerdegegnerin, wonach die Passage in Spalte 5, Zeilen 33 bis 46 der Entgegenhaltung D6 sich nicht auf die Verwendung eines Dünnschichtverdampfers zur unmittelbaren Umwandlung einer Cellulose-Suspension in wäßrigem tertiärem Aminoxid in ihre Lösung beziehe, sind aus den folgenden Gründen nicht schlüssig:

6.4.1. Zunächst meint die Beschwerdegegnerin, daß ein Fachmann aus der Textstelle "Various types of equipment or combinations" unter Berücksichtigung seines Fachwissens, nämlich daß konventionelle Dünnschichtverdampfer, die das Prinzip der Schwerkraftförderung nützten, zur Verarbeitung von Medien hoher Viskosität nicht geeignet seien, ableiten würde, daß die Nennung eines Dünnschichtverdampfers in der zitierten Textstelle sich, im Sinne einer "combination of equipments", nur auf seine Verwendung, als der eigentlichen Lösungsherstellung (z. B. in einem Extruder) vorgeschaltete Einrichtung beziehen könne. In diesen Zusammenhang gehört auch die Behauptung der Beschwerdegegnerin, eine alleinige Verwendung eines (konventionellen) Dünnschichtverdampfers zur direkten Lösungsherstellung hätte der Fachmann auch wegen der zur direkten Lösungsherstellung unzureichenden Scherkräfte nicht für möglich gehalten.

6.4.1.1. Die Aufgabe jedes Dünnschichtverdampfers besteht in der thermischen Behandlung eines fließfähigen Mediums und der Abführung von dabei freiwerdenden Gasen oder Dämpfen, womit häufig Konzentrations- und Viskositätsänderungen verbunden sind. Da die, z. B. aus D1 und D6 bekannte Überführung von Cellulose- Suspensionen in wäßrigem Aminoxid in Lösungen auch eine thermische Behandlung unter Dampfabführung verlangt, hatte der Fachmann keinerlei Anlaß, daran zu zweifeln, daß ein Dünnschichtverdampfer - bei geeigneter apparativer Auslegung und geeigneten Betriebsbedingungen - zur Durchführung dieses Lösungsverfahrens geeignet ist. Daß eine hohe Viskosität des zu behandelnden Mediums für einen Fachmann auf dem Gebiet der thermisch-destillativen Aufbereitung von fließfähigen Medien für kompatibel mit dem Konzept der Dünnschichtverdampfung gehalten wird, zeigt der Hinweis auf die Verarbeitbarkeit auch hochviskoser, schwersiedender Lösungen in D3 bzw. das Filmtruderkonzept gemäß D4 (siehe obige Punkte 5.4, 2. Absatz und 5.2.2).

6.4.1.2. Darüber hinaus gibt die Spekulation der Beschwerdegegnerin, der Hinweis auf einen Dünnschichtverdampfer in D6 sei (nur) auf eine thermische Vorbehandlung der Cellulose-Suspension hin zu interpretieren, der eine Weiterverabeitung zur eigentlichen formbaren Lösung in einem Extruder folgen müsse, wie dies gemäß den Beispielen IIA bis IIIE der Entgegenhaltung D6 geschieht (also der Einsatz eines Dünnschichtverdampfers in Kombination mit einer weiteren Vorrichtung), keinen technischen Sinn, denn wenn sich die hochviskose Suspension zugegebenermaßen in einem Dünnschichtverdampfer verarbeiten läßt, besteht kein Grund mehr, die Masse aus Viskositätsgründen in einen Extruder zu überführen.

Somit ist auch der Überlegung der Beschwerdegegnerin, ein Dünnschichtverdampfer sei aus prinzipiellen Gründen nicht für die Verarbeitung höherviskoser Cellulose-Suspensionen in wäßrigem tertiärem Aminoxid geeignet, der Boden entzogen.

6.4.2. Die Meinung der Beschwerdegegnerin, ein Fachmann hätte wegen der gemäß Streitpatent zur Lösungsverstellung notwendigen hohen Scherkräfte nur die Verwendung eines Extruders (und nicht eines Dünnschichtverdampfers) für möglich gehalten und ihr diesbezüglicher Hinweis auf D3, Seite 658, wo für die Verarbeitung höchstviskoser polymerer Lösungen, Schmelzen und Suspensionen Schneckenverdampfer (also Extruder) empfohlen werden (siehe auch Punkt 35 des Affidavits von Herrn Hudson vom 22. März 1996), wird durch den letzten Absatz desselben Abschnitts von D3 (rechte Spalte auf Seite 659, vorletzter Absatz), wo für weniger zähe Lösungen oder Suspensionen speziell angepaßte Dünnschichtverdampfer empfohlen werden, erheblich relativiert.

Dies zeigt, daß sich der Fachmann der Möglichkeit der Anwendung des Dünnschichtprinzips auch für hochviskose Suspensionen bewußt war und er entsprechend keinen Grund hatte, an der dem Wortlaut folgenden Auslegung der Textstelle in D6, Spalte 5, Zeilen 33 bis 46 zu zweifeln, nämlich der Verwendbarkeit eines geeigneten Dünnschichtverdampfers als alleinige Vorrichtung zur Überführung einer Cellulose-Suspension in wäßrigem tertiärem Aminoxid in eine Lösung.

6.4.3. Auch die Auffassung der Beschwerdegegnerin, mit dem in Spalte 5 von D6 genannten Dünnschichtverdampfer sei ein diskontinuierlich arbeitender Rotationsverdampfer gemeint, ist nicht haltbar.

Zunächst wird in Verbindung mit der Verwendung eines Rotationsverdampfers (siehe Beispiele II und III) der Begriff Dünnschichtverdampfer in D6 nicht erwähnt. Weiters wird der in Beispiel II von D6 genannte "rotary vacuum dryer" zur Einstellung des Wassergehalts des als Ausgangsmaterial dienenden NMMOs verwendet (siehe Spalte 7, Zeilen 59 und 60), eine Verwendung, die nichts mit der Wasserentfernung zur Überführung der Cellulose-Suspension in ihre Lösung gemäß Spalte 5, Zeilen 33 bis 46 von D6 zu tun hat.

Gemäß Beispiel III von D6 wird ein Gemisch aus Zellstoff und wasserhältigem NMMO in einem sich drehenden Kolben (Spalte 8, Zeilen 58 bis 60: "the flask is rotated") azeotrop mit Toluol ohne Lösungsbildung entwässert, wobei feste Schnitzeln entstehen, die einem Extruder zugeführt werden. Auch hier besteht also kein Zusammenhang zur in Spalte 5, Zeilen 33 bis 46 beschriebenen Lösungsherstellung.

Desweiteren ergibt sich aus D12, wo Rotationsverdampfer nur einschränkend der Dünnschichtverdampfung zugezählt werden (siehe obiger Punkt 5.3), und aus D3, wo sie gar zu den Kesselverdampfern, nicht zu den Dünnschichtverdampfern gezählt werden, daß der Fachmann eine solche Gleichstellung nur unter besonderen Umständen für richtig hält, die deshalb einer Erwähnung bedurft hätten, was in D6 nicht geschah.

Die Auffassung, mit dem in D6, Spalte 6 offenbarten Begriff "thin film evaporator" sei ein Rotationsverdampfer gemeint, entbehrt somit jeder Grundlage.

6.4.4. Die Beschwerdegegnerin hat auch argumentiert, die in D6 auf die Verwendung eines Dünnschichtverdampfers gerichtete Offenbarung sei keine "nacharbeitbare Lehre" und käme deshalb als relevanter Stand der Technik nach Artikel 54 (2) gar nicht in Betracht. Diese Überlegung beruht darauf, daß ein konventioneller Dünnschichtverdampfer zur Produktförderung das Schwerkraftprinzip verwende, welches wegen der Viskosität der Cellulose- Suspensionen hier nicht anwendbar sei, und fällt somit sachlich unter das oben unter Punkt 6.4.1 bereits genannte Argument. Das dies nicht zutrifft, wurde in Punkt 6.4.1.1 ausgeführt.

Im übrigen müßte dieses Argument in gleicher Weise auch auf Anspruch 1 des Streitpatents zutreffen, da der oben angestellte Vergleich der Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents mit dem Inhalt des Begriffs "thin film evaporator", wie er in D6 verwendet und vom Fachmann verstanden wird (Punkte 6.2 und 6.3), eine im wesentlichen bestehende Merkmalsgleichheit zeigt. Dies gilt auch, wenn Anspruch 1 im Lichte der Beschreibung interpretiert wird (Artikel 69 EPÜ), da letztere auch keine konkreten Anweisungen enthält, wie die konventionelle Dünnschichttechnik zur Verarbeitung der vorliegenden hochviskosen Suspensionen geeignet gemacht werden soll. Die genauesten Ausführungen zur Konstruktion des patentgemäß zu verwendenden Dünnschichtverdampfers finden sich noch in Figur 1 des Streitpatents, doch auch die dortige Darstellung eines vertikalen, zylindrischen Doppelmantelgefäßes mit zentraler Rührwelle und daran verstellbar angeordneten Rührschaufeln ist schematisch und geht nicht über das Prinzip eines "normalen", zentral gerührten Dünnschichtverdampfers hinaus. Daß diese Figur 1 im wesentlichen eine Kopie der Darstellungen eines Filmtruders gemäß Bild 13 von D4 ist, ändert an ihrem Offenbarungsgehalt nichts, denn D4 war in den Erstunterlagen des Streitpatents nicht einmal genannt.

6.4.5. Die Beschwerdegegnerin hat zudem auch, insbesondere anläßlich der mündlichen Verhandlung, darauf abgehoben, daß die Cellulose-Lösungsbereitung bei ihr in einer Stufe geschehe, was im Gegensatz zur Lehre nach Beispiel I von D6 stehe (siehe obiger Punkt 5.1.2.2).

Auch dieses Argument steht im Zusammenhang mit der vorstehend diskutierten Kritik am Offenbarungsgehalt des Hinweises auf die Verwendbarkeit, bzw. alleinige Verwendbarkeit eines Dünnschichtverdampfers in D6 (siehe Punkte 6.4.1 und 6.4.4) und übersieht, daß Artikel 54 (2) EPÜ sich ausdrücklich auf "alles", was im Stand der Technik "zugänglich gemacht worden ist" bezieht. Da Beispiel I eindeutig keine Ausführungsform der in Spalte 5, Zeilen 33 bis 46 offenbarten Lösungsbereitung darstellt, kann die in diesem Zusammenhang beschriebene Mehrstufigkeit keinen Beitrag zur Interpretation dieser Passage liefern.

Im übrigen ist die Einstufigkeit kein Merkmal von Anspruch 1 des Streitpatents und ist auch nicht ausdrücklich offenbart. Auch bedürfte ein solches Merkmal einer klaren Definition, denn auch gemäß dem Streitpatent muß dem Verfahren gemäß Anspruch 1 die Herstellung der Cellulose-Suspension vorangehen, was in den Beispielen auch geschieht.

6.4.6. Da sich die vorstehend genannten Vorbringen der Beschwerdegegnerin als unbegründet erweisen, bleibt es bei der Feststellung gemäß Punkt 6.3.7.

6.5. Da auch keiner anderen der zitierten Entgegenhaltungen alle Merkmale des Anspruchs 1 in Kombination zu entnehmen sind (was auch weder von den Beschwerdeführerinnen, noch von der beigetretenen Verfahrenspartei behauptet wurde), bleibt die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 aufgrund der Ausführungen in den obigen Punkten 6.2 und 6.3 anzuerkennen.

7. Aufgabe und Lösung

7.1. Ausgehend von der Offenbarung in Spalte 5, Zeilen 33 bis 46 der Entgegenhaltung D6 kann die objektive Aufgabe des Streitpatents nur mehr in der Umsetzung in die Praxis des dort erwähnten Dünnschichtverdampfers sowie seiner Betriebsbedingungen, inklusive der Richtung der Abführung des Wasserdampfs im Verhältnis zur Transportrichtung der Cellulose-Suspension, mit dem Ziel der effektiven Herstellung einer formbaren, insbesondere spinnfähigen, Lösung von Cellulose in wasserhältigem tertiärem Aminoxid aus einen Überschuß an Nichtlösungsmittel (Wasser) enthaltenden Suspensionen gesehen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die gemäß den obigen Punkten 6.2 und 6.3 für den Fachmann dem in der erwähnten Passage von D6 verwendeten Begriff "thin film evaporator" ("Dünnschichtverdampfer") zuzurechnenden Merkmale als dieser Offenbarung immanent vorauszusetzen sind.

7.2. Gemäß Anspruch 1 des Streitpatents ist zur Lösung dieser Aufgabe die Verwendung eines Dünnschichtverdampfers vorgesehen, bei dem der gebildete Wasserdampf gegen die Transportrichtung der Suspension abgeführt wird.

Das Beispiel 2 des Streitpatents zeigt, daß bei Wahl geeigneter Bedingungen spinnfähige Lösungen erhalten werden können und die objektive Aufgabe somit als gelöst zu erachten ist.

7.3. Die im Streitpatent, Spalte 2, Zeile 48 bis Spalte 3, Zeile 2 (Erstunterlagen, überleitender Absatz Seiten 2/3) gegenüber der Entgegenhaltung D1 definierte Aufgabe, nämlich eine kontinuierliche Herstellung einer Cellulose-Lösung aus ihrer Suspension in wäßrigem tertiärem Aminoxid, in kurzer Zeit, bei geringer thermischer Belastung und unter Vermeidung eines Sicherheitsrisikos kann als objektive Aufgabenstellung gegenüber der durch den nächstliegenden Stand der Technik gemäß D6 repräsentierten Offenbarung nicht herangezogen werden, weil die Lösung dieser Aufgabe bereits durch die Wahl der aus D6 schon bekannten Dünnschichttechnik erreicht wurde (Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 30 bis 38; Spalte 4, Zeilen 32 bis 40).

8. Erfinderische Tätigkeit

8.1. Wie den Ausführungen in obigem Punkt 5.2.2, 2. Absatz, entnommen werden kann, war die Verwendung des Gegenstromprinzips zur Brüdenrückführung aus der Entgegenhaltung D4 als eine von drei Möglichkeiten für den Betrieb eines Filmtruders bekannt.

8.2. Da ein Filmtruder eine Vorrichtung ist, die das Dünnschicht-Prinzip auf die Verarbeitung von Stoffen höherer Viskosität anwendet (siehe obige Punkte 6.2 und 6.2.2; D4, Seite 1, letzter Satz: 100 bis 10. 000 Pa.s), war es für den Fachmann naheliegend, die aus D4 für Filmtruder bekannten Maßnahmen auch auf die Herstellung von Cellulose-Lösungen, wie sie in D6 und auch im Streitpatent beschrieben sind, zu übertragen, welche Lösungen gemäß Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 39 bis 41, eine Viskosität zwischen 50. bis 15.000 Pa.s und somit in der gleichen Größenordnung aufweisen. Da sich die Viskositätsbereiche in einem weiten Bereich überschneiden, liegt auch keine Auswahlsituation vor, wie von der Beschwerdeführerin behauptet (Schriftsatz vom 29. Mai 1996, Seite 9). Für ein Naheliegen der Anwendung der Filmtruder-Lehre gemäß D4 auf die die Dünnschichttechnik ansprechende Passage in Spalte 5, Zeilen 33 bis 46 von D6 spricht auch, daß gemäß D4, Seite 18, Abschnitt "Anwendungsgebiete ..." Filmtruder, ebenso wie (konventionelle) Dünnschichtverdampfer, für Konzentrationsaufgaben empfohlen werden und das Abdampfen von Wasser aus der gemäß D6 zu verarbeitenden Cellulose-Suspension im Prinzip eine destillative Konzentration ist.

Im übrigen stellt ein Filmtruder lediglich einen "Dünnschichtverdampfer mit besonders konstruierten Wischerrotoren" dar, wie er nach dem Allgemeinwissen des Fachmanns gemäß Entgegenhaltung D3 (Ullmann), Seite 659 (siehe obiger Punkt 5.4, letzter Absatz) zur Konzentration zäher Lösungen und Suspensionen bekannterweise verwendbar ist.

8.3. Für den Fachmann, der sich mit der Lösung der vorliegenden objektiven Aufgabe auseinanderzusetzen hatte, war es daher naheliegend, sich zur Lösungsherstellung aus den hochviskosen Cellulose- Suspensionen eines Filmtruders als "geeigneten" Dünnschichtverdampfers zu bedienen. Um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen, bedurfte es dann nur mehr der Festlegung der Brüdenabführungsmethode, wofür in D4 die drei im obigen Punkt 8.1 in Verbindung mit Punkt 5.2.2, 2. Absatz, aufgezählten Alternativen angeboten werden.

Weder im Streitpatent, noch im schriftlichen oder mündlichen Beschwerdeverfahren wurden Vorteile für die Wahl des Gegenstromprinzips geltend gemacht und auch die Kammer kann solche nicht erkennen. Vielmehr waren einerseits die für diese Wahl entscheidenden Kriterien in D4, Seiten 13 bis 15 schon angesprochen (Brüdengeschwindigkeit, zu verdampfende Menge, Produktförderung), und zudem war anderseits auch durch wenige konventionelle Versuche feststellbar, welche der drei Brüdenabführungs-Prinzipien die meisten technischen und wirtschaftlichen Vorteile bietet. Dadurch kann der Fachmann in kurzer Zeit zu einer optimal ausbalancierten Lösung, hier zur Wahl des Gegenstromprinzips gelangen. Eine solche Vorgehensweise bedarf keiner erfinderischen Tätigkeit.

8.4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents erfüllt somit nicht die Bedingungen des Artikels 56 EPÜ.

8.5. Das besonders auch in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdegegnerin vorgetragene Argument, sie sehe einen erfinderischen Schritt allein in der Anwendung einer "bestimmten" Dünnschichttechnik auf das vorliegende Problem des In-Lösung-Bringens einer Cellulose-Suspension (siehe z. B. Schriftsatz vom 22. März 1995, Seite 7, Punkt 2), übersieht die Tatsache, daß die Offenbarung der beanspruchten Erfindung in den Erstunterlagen solche "bestimmte" Merkmale nicht enthält. Ob solche (im Streitpatent nicht genannte) Merkmale für eine erfolgreiche Durchführung der "Erfindung" im industriellen Maßstab vorliegen müssen, kann die Kammer mangels Offenbarung nicht beurteilen. Solche eventuellen zusätzlichen Merkmale stünden jedenfalls für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1, die sich an der vorliegenden Offenbarung orientieren muß, nicht zur Verfügung.

8.6. Aus den genannten Gründen, weil das Patent in vollem Umfang angegriffen war und weil die Antragsfassungen nach dem Europäischen Patentrecht stets integral berücksichtigt werden (Artikel 113 (2) EPÜ), kann dem Hauptantrag schon aufgrund des Ungenügens von Anspruch 1 nicht stattgegeben werden.

9. Es bleibt hinzuzufügen, daß auch der unabhängige auf die Ansprüche 1 - 8 bezugnehmende Verwendungsanspruch 9 wegen des oben erläuterten Naheliegens der Verwendung der Filmtruder- Dünnschichttechnik aus D6 (in Kombination mit D4) und wegen des Fehlens besonderer, nicht bloß handwerklicher Maßnahmen die Bedingungen gemäß Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ nicht erfüllt.

Ebenso fehlen auch taugliche Anhaltspunkte dafür, daß die in den abhängigen Ansprüchen 2 - 8 und 10 - 11 beanspruchten Merkmale, insbesondere gegenüber dem in D6 in Kombination mit D4 offenbarten relevanten Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Hilfsanträge

10. Gleiches gilt für die Hilfsanträge I und II, welche sich vom Hauptantrag lediglich durch Alternativformulierungen zum Begriff "formbar" in Anspruch 1 unterscheiden und nichts Sachrelevantes, insbesondere unter dem Kriterium der erfinderischen Tätigkeit hinzufügen noch weglassen. Damit erübrigt sich ein Kommentar zu weiteren Aspekten wie Artikel 123 (2) EPÜ.

11. Somit entsprechen die Erfindungsgegenstände gemäß allen vorliegenden Antragsfassungen nicht den Bestimmungen des EPÜ und es ist wie folgt zu entscheiden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

3. Die von der beigetretenen Verfahrensbeteiligten vorsorglich entrichtete Beschwerdegebühr wird rückerstattet.

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