T 0192/82 (Formmassen) of 22.3.1984

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1984:T019282.19840322
Datum der Entscheidung: 22 März 1984
Aktenzeichen: T 0192/82
Anmeldenummer: 78101148.1
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: A
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Fassungen: OJ | Published
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Bayer
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: 1. Ist ein Erzeugnis als Kombinationsprodukt oder Gemisch aus Komponenten mit bestimmten Funktionen bekannt, so können sowohl die Erzeugung und Anwendung einer verbesserten, neuen Komponente für denselben Zweck an sich als auch das diese Komponente enthaltende verbesserte Erzeugnis patentierbar sein. Gehört die betreffende Komponente mit ihren relevanten Eigenschaften jedoch zum Stand der Technik, so ist ihre Verwendung in dem Erzeugnis wegen ihrer vorhersehbaren günstigen Wirkung naheliegend. ("Analoger Ersatz").
2. Dem Fachmann muß es freistehen, die besten gegebenen Mittel für seine Zwecke zu verwenden; zwar kann die Verwendung von Mitteln, die eine zu erwartende Verbesserung bewirkt, durchaus patentfähig sein, wenn sie auf einer zusätzlichen Wirkung beruht, vorausgesetzt, daß dies eine Auswahl aus mehreren Möglichkeiten erforderlich macht. Fehlen jedoch entsprechende Alternativen, so liegt eine "Einbahnstraßen-Situation" vor, wo die Verwendung des Mittels trotz eines etwaigen unerwarteten "Extra-Effekts" in naheliegender Weise zu vorhersehbaren Vorteilen führt.
3. Wenn die Erfindung in der Abänderung eines bekannten Gegenstands zur Verbesserung seiner bekannten Wirkung besteht, dann muß das ändernde Merkmal nicht nur die Erfindung kennzeichnen, d.h. sie vom Stand der Technik unterscheiden, sondern ursächlich zu der Verbesserung der erzielten Wirkung beitragen.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit
Analoger Ersatz
Einbahnstraßen-Situation
Kausalität
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0027/88
J 0024/97
T 0138/87
T 0213/87
T 0350/87
T 0408/87
T 0458/87
T 0117/88
T 0249/88
T 0380/88
T 0163/89
T 0172/89
T 0222/89
T 0344/89
T 0781/89
T 0071/90
T 0051/91
T 0584/91
T 0623/91
T 0446/92
T 0487/92
T 0230/93
T 0248/93
T 0412/93
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T 0373/94
T 0681/94
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T 0038/96
T 0085/96
T 0936/96
T 0138/97
T 0163/98
T 0859/99
T 1052/99
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T 0794/01
T 0987/01
T 1131/02
T 0016/04
T 1061/05
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T 1506/07
T 0303/09
T 0320/12
T 0523/18
T 0289/19
T 0687/19
T 0670/20
T 1356/21
T 1357/21
T 0053/22
T 0414/22

Sachverhalt und Anträge

I. Die gegen das europäische Patent Nr. 1625 (Anmeldungsnummer 78 101 148.1) eingelegten Einsprüche wurden mit Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 29. Juni 1982 zurückgewiesen. Der Entscheidung lag der einzige Patentanspruch zugrunde, der wie folgt lautete: "Thermoplastische Formmassen aus

(A) 25-95 Gew.-% eines Pfropfpolymerisats von 70-30 Gew.-% eines Gemisches von Styrol (95-50 Gew.-%) und Acrylnitril (5-50 Gew.-%) auf 30-70 Gew.-% Polybutadien oder Butadien-Styrol-Copolymerisat und

(B) 5-75 Gew.-% eines Terpolymerisats aus Acrylnitril, Maleinsäureanhydrid und Styrol, dadurch gekennzeichnet, daß das Terpolymerisat 10-30 Gew.-% Teile Acrylnitril, 7,5-15 Gew.-% Teile Maleinsäureanhydrid, 82,5-55 Gew.-% Teile Styrol einpolymerisiert enthält und durch kontinuierliche Massepolymerisation in einem ideal durchmischten Tankreaktor unter stationären Bedingungen und bei unvollständigen Umsätzen von 25-60 Mol-%, bei Raumzeitausbeuten von 200-2000 g/l und bei Temperaturen von 60-150°C in Gegenwart von 0,01-0,5 Gew.-%, bezogen auf Monomere, eines in Radikale zerfallenen Initiators mit einer Zerfallsgeschwindigkeitskonstanten bei 100°C von größer als 5 x 10-3 sek.-1 hergestellt und in einer weiteren kontinuierlich betriebenen Verfahrensstufe von den Restmonomeren bis auf einen Gehalt von unter 0,1 Gew.-%, bezogen auf das Terpolymerisat, befreit worden ist."

II. a) Die Zurückweisung des Einspruchs wurde damit begründet, daß der Gegenstand des Anspruchs neu und erfinderisch sei. Die beanspruchten Gemische aus Pfropfpolymerisaten und Terpolymerisaten stellten eine Auswahl aus den Formmassen dar, auf die die Druckschrift DE-B-1 949 487 (1) gerichtet sei. Die Beispiele 25 und 27 in der genannten Druckschrift beschrieben Gemische, bei denen zwar entweder das Pfropfpolymerisat oder die zweite Polymerverbindung von der in dem angefochtenen Patent benutzten Art sei, aber beide jeweils mit anderen als den in dem Patent genannten Komponenten kombiniert seien.

b) Die Einspruchsabteilung räumte ein, daß die übrigen Entgegenhaltungen Einzelaspekte der dem Patent zugrunde liegenden Erfindung, nicht aber das patentgemäße Gesamtkonzept offenbarten. Bei der erfindungsgemäßen Aufgabe gehe es darum, thermoplastische Formmassen mit erhöhter Wärmeformbeständigkeit, besserer Fließfähigkeit und besserer Verarbeitbarkeit herzustellen, wobei insbesondere die Wärmeformbeständigkeit bei unvermindert guter Schlagzähigkeit im Vergleich zu den entsprechenden Formmassen aus Pfropfpolymerisaten und Styrol-Acrylnitril-(SAN)-Copolymerisaten (Spalte 4, Zeilen 6-11) um mindestens 12 % erhöht werde. Die patentgemäße Auswahl habe die Auswahl nach der Entgegenhaltung 1 erheblich eingeengt; keine der im Stand der Technik enthaltenen Entgegenhaltungen habe die Auswahlkriterien vorgeschlagen, die nunmehr in dem Patent empfohlen würden.

c) Außerdem werde in dem Anspruch verlangt, daß das Terpolymerisat durch ein Verfahren unter bestimmten, ausgewählten Bedingungen hergestellt werden solle, die zu besonders homogenen Terpolymerisaten führten. Das Vorliegen einer unerwarteten Wirkung, die die Anmelderin in der Sachprüfung nachgewiesen habe, habe von den Einsprechenden nicht widerlegt werden können. Der Stand der Technik enthalte keinerlei Hinweise darauf, daß die vorgeschlagenen Formmassen weiter verbessert werden könnten. Die Anweisungen für die Herstellung der zweiten Polymer-Komponente in der Entgegenhaltung 1 beträfen vielmehr bestimmte Bispolymere, ohne daß auf Verfahren zur Herstellung von Terpolymerisaten besonders eingegangen werde. Es werde sogar erwähnt, daß die Zugabe der fakultativen dritten Copolymerisat-Komponente zu dem Gemisch aus Pfropfpolymerisat und Copolymerisat von besonderem Vorteil sein könne.

d) Obwohl mehrere Vorveröffentlichungen einzelne Merkmale des Herstellungsverfahrens für das zweite Polymerisat beschrieben und bekannt sei, daß die Erhöhung des Maleinsäureanhydridanteils in dem Polymerisat dessen Wärmeformbeständigkeit erhöhe, sei die besondere Auswahl der Bedingungen für den Fachmann in keiner Weise naheliegend gewesen. Das Argument, der Vergleichstest sei nicht aussagekräftig, da er unter extremen Bedingungen und Umständen, d. h. unter denen der Druckschrift DE-A-2 343 871, Beispiel 2a, durchgeführt worden sei, bei denen in jedem Fall ein negatives Ergebnis zu erwarten gewesen sei, wurde von der Einspruchsabteilung mit der Begründung zurückgewiesen, die Einsprechende hätte Vergleichsversuche liefern müssen, die näher an dem beanspruchten Bereich liegen, um zu beweisen, daß unter diesen Bedingungen andere Ergebnisse erzielt worden wären.

III. Eine der Einsprechenden legte am 30. August 1982 unter Zahlung der entsprechenden Gebühr gegen die Entscheidung Beschwerde ein und reichte die Beschwerdebegründung fristgerecht nach. Die Beschwerdegegnerin, d. h. die Patentinhaberin, reichte ihre Erwiderung ebenfalls fristgerecht ein.

IV. Die Kammer äußerte in einem Bescheid an die Beteiligten ihrerseits Bedenken gegen die Patentierbarkeit des Anspruchs, zu denen diese Stellung nahmen. Die mündliche Verhandlung fang am 22. März 1984 statt.

V. Die Beschwerdeführerin brachte in ihren Eingaben und während der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vor:

a) Die Hauptentgegenhaltung 1 offenbare die Art Gemische, die auch Gegenstand des streitigen Anspruchs seien; der einzige wesentliche Unterschied liege in einer Reihe von Verfahrensbedingungen zur Herstellung der Terpolymerisat-Komponenten. Einige dieser Bedingungen seien bereits in der Entgegenhaltung 1 und in dem darin genannten Artikel von Hanson und Zimmerman (Ind. Eng. Chem. 1957, 49, 1803-1807) (4) erwähnt, andere seien in anderen Entgegenhaltungen (z. B. DE-A-2 513 253 (5)) beschrieben. Es gehöre zum Wissensstand des Fachmanns, Werte im Rahmen dieser Bedingungen zu verwenden und auszuwählen, um zu verbesserten, d. h. optimierten Ergebnissen zu gelangen. Die Verwendung dieses verbesserten Terpolymerisat-Materials müsse für den angegebenen Zweck naheliegend sein. Dies werde auch durch die Entscheidung einer Beschwerdekammer ("Elektromagnetischer Schalter / ALLEN-BRADLEY", T 21/81 ABl. EPA 1983, 15-21) bestätigt.

b) Das von der Patentinhaberin zum Nachweis der erfinderischen Tätigkeit benutzte Vergleichsbeispiel sei auf der Grundlage der Druckschrift DE-A-2 343 871, Beispiel 2a durchgeführt worden, bei dem eine sehr lange Verweilzeit (40 Stunden) verwendet werde, obwohl aus derselben Druckschrift hervorgehe, daß dies zu einem Gemisch unverträglicher Produkte führe. Da bei derart niedrigen Raumzeitausbeuten schlechte Ergebnisse zu erwarten gewesen seien, sei der Vergleich bedeutungslos.

VI. Die Beschwerdegegnerin brachte in dem Verfahren vor der Kammer im wesentlichen folgendes vor:

a) Im Gegensatz zu den vielen Möglichkeiten, die die Formmassen nach der Entgegenhaltung 1 böten, sei das angefochtene Patent auf Zweikomponentenmischungen aus einem bestimmten Pfropfpolymerisat und einem Terpolymerisat beschränkt. Somit sei die fakultative Zugabe einer dritten, Acrylnitril enthaltenden Komponente ausgeschlossen; auch dürfte die zweite Komponente nicht nur ein SMA-Bispolymerisat aus Styrol und Maleinsäureanhydrid sein, sondern müsse auch Acrylnitril enthalten, also ein Terpolymerisat (SANMA) sein. Ferner seien die Gewichtsanteile der Bestandteile des Terpolymerisats auf bestimmte Bereiche begrenzt, und der Stoff müsse unter Einhaltung genauer Bedingungen hergestellt werden. Diese Terpolymerisat-Komponente verbessere die Eigenschaften der Formmasse erheblich.

b) Die Angaben in der Entgegenhaltung 1 sagten zuwenig darüber aus, wie die Terpolymerisate hergestellt werden sollten. Copolymerisate, die weniger Maleinsäureanhydrid als Styrol enthielten, seien nicht leicht herzustellen, und der Hinweis auf den Artikel von Hanson und Zimmerman (4) betreffe nur Bispolymerisate, die diese Komponenten in unterschiedlichen Anteilen enthielten, nicht aber Terpolymerisate. Es sei daher nicht ohne weiteres zu sagen gewesen, wie die betreffenden Terpolymerisate des Stands der Technik überhaupt hergestellt werden könnten. Man habe annehmen müssen, daß die vorgeschlagene kontinuierliche Polymerisation hinsichtlich der Verweilzeit dem Muster des Beispiels 2 aus der Entgegenhaltung DE-A-2 343 871 folgen würde. Damit solle die Bedeutung der vorgeschlagenen besonderen Bedingungen zur erfindungsgemäßen Herstellung der Terpolymerisate gegenüber dem Stand der Technik bewiesen werden. Hierzu sei kein anderer einschlägiger Stand der Technik vorhanden.

c) Obwohl die Patentinhaberin gar nicht die Absicht gehabt habe, das Verfahren zur Herstellung der homogenen Terpolymerisatkomponente und das damit hergestellte Terpolymerisat selbst schützen zu lassen, enthalte der Stand der Technik nichts, was diese in vollem Umfang vorwegnehmen würde. Selbst wenn die Terpolymerisate nicht neu seien, so sei doch die damit erzielte Verbesserung der Formmassen zweifellos erfinderisch.

d) Die Entgegenhaltung 5 enthalte keinen Hinweis darauf, ob sich das darin erwähnte, nach einem anderen, dreistufigen Verfahren hergestellte Terpolymerisat für eine Mischung mit Pfropfpolymerisaten eigne. Obwohl die Offenbarung die Verbesserung der entsprechenden Eigenschaften des Erzeugnisses andeute, sage sie doch nichts über die Vergleichsgrundlage aus. So könne von der Herstellung der Terpolymerisate und ihrer Eigenschaften nicht auf das Verhalten der im vorliegenden Fall verwendeten Erzeugnisse geschlossen werden.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung und den Widerruf des Patents. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents, hilfsweise mit einem entsprechend geänderten Anspruch. In einem weiteren Hilfsantrag schließlich bat die Beschwerdegegnerin die Kammer um nähere Angaben darüber, welche Versuchsergebnisse sie zum Nachweis der erfinderischen Tätigkeit vorlegen solle.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.

2. Die erfindungsgemäße Aufgabe besteht darin, Polymerisat-Gemische mit besserer Wärmeformbeständigkeit und Fließfähigkeit, also besserer Verarbeitbarkeit, bei unvermindert hoher Schlagzähigkeit im Vergleich zu den bekannten Formmassen bereitzustellen, die dasselbe Pfropfpolymerisat und ein SAN-Bispolymerisat (d. h. Styrol mit Acrylnitril) enthalten (vgl. S. 4, Zeilen 6-11 des Patents). Bei der Lösung nach dem streitigen Anspruch wird durch Zugabe von Maleinsäureanhydrid zu bestimmten Bispolymerisaten ein Terpolymerisat erzeugt, dessen Bestandteile ein bestimmtes Gewichtsverhältnis zueinander aufweisen; die Herstellung erfolgt nach einem Verfahren, das im wesentlichen durch folgende Erfordernisse gekennzeichnet ist:

i) eine kontinuierliche Massepolymerisation

ii) in einem ideal durchmischten Tankreaktor

iii) unter stationären Bedingungen

iv) und bei unvollständigen Umsätzen von 25-60 Mol-%

v) bei Raumzeitausbeuten von 200-2000 g/l

vi) und Temperaturen von 60-150°C

vii) in Gegenwart von 0,01-0,5 Gew.-% eines besonderen Katalysators

viii) und Verwendung einer weiteren Verfahrensstufe zur Befreiung von Restmonomeren bis auf einen Gehalt von unter 0,1 Gew.-%

3. Die Beschwerdegegnerin räumt ein, daß die beanspruchten Formmassen in den allgemeinen Bereich der in der Entgegenhaltung 1 beschriebenen und beanspruchten Formmassen fallen. Bei dem angegebenen Stand der Technik geht es ebenfalls um die Verbesserung der Wärmeformbeständigkeit und der mechanischen Eigenschaften dieser Mischungen, d. h. ihrer Verarbeitbarkeit (vgl. S. 2, zweiter Absatz). Da das angefochtene Patent auf eine weitere Verbesserung derselben Eigenschaften abzielt, muß die Auswahl mit einem entsprechenden, unerwarteten Vorteil verbunden sein. Außerdem ist in Beispiel 25 der Entgegenhaltung 1 eine besondere Kombination mit einem Terpolymerisat offenbart, so daß der streitige Gegenstand als eine Modifikation dieses Materials anzusehen ist. Eine Modifikation sollte zu einer unvorhergesehenen Verbesserung der Eigenschaften der so hergestellten Formmasse führen. Dessenungeachtet verleiht die Kombination von Merkmalen, durch die die Wahl der Komponenten eingeengt und ein besonderes Verfahren zur herstellung des Terpolymerisats erforderlich wird, den beanspruchten Formmassen Neuheit.

4. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, die Entgegenhaltung 1 enthalte keine ausreichenden Hinweise darauf, wie man zu den vorgeschlagenen Terpolymerisaten gelangen könne, kann die Kammer nicht gelten lassen. Die Behauptung, daß eine Offenbarung des Stands der Technik unbrauchbar sei, muß eingehend nachgewiesen werden. Die Entgegenhaltung 1 enthält keinen Hinweis darauf, daß die Herstellung dieser Polymerisate problematisch sei, außer wenn kleine Mengen Maleinsäureanhydrid mit größeren Mengen Styrol kombiniert werden. Die Entgegenhaltung empfiehlt in diesen Fällen die Verwendung einer kontinuierlichen Mischpolymerisation, wobei dem Rührgefäß unter starkem Rühren bei hohen Temperaturen ständig eine gleiche Menge Polymerisationsgemisch zugeführt und entnommen wird. Ferner zeigt die diesbezügliche Bezugnahme auf den Artikel von Hanson und Zimmerman (4), daß eine gesteuerte Copolymerisation von Styrol mit Maleinsäureanhydrid in verschiedenen Anteilen bis zu 45 2437534es Anhydrids möglich ist. Auch die Copolymerisation von Styrol mit Acrylnitril wird in der Entgegenhaltung erörtert. Es hätte also im Bereich der Möglichkeiten eines Polymer-Fachmannes gelegen, die analogen Bedingungen für ein Verfahren in Betracht zu ziehen, bei dem alle drei erforderlichen Bestandteile zusammen verarbeitet werden. Die Beschwerdegegnerin hat keinerlei überzeugende Argumente dafür vorgelegt, daß der Fachmann die Lehre von Hanson und Zimmerman nicht auf die Herstellung eines Terpolymerisats für den in der Entgegenhaltung 1 vorgeschlagenen Zweck hätte anwenden und entsprechend anpassen können.

5. Angesichts der umfangreichen Literatur, die sich zu dem fraglichen Zeitpunkt mit der Technik der Copolymerisation im allgemeinen befaßte, kann man nicht davon ausgehen, daß der verfügbare allgemeine Wissensstand nicht ausreichte, um die Entgegenhaltung 1 1971 voll durchführbar zu machen; noch weniger wahrscheinlich ist es, daß die erforderliche Information zur Herstellung des gewünschten Terpolymerisats auch 1977, dem Prioritätsjahr der Beschwerdegegnerin, noch nicht zur Verfügung stand. Das bedeutet, daß die in der Entgegenhaltung 1 mit Beispielen erläuterten besonderen Erzeugnisse mit den genannten Eigenschaften zum Prioritätszeitpunkt des angefochtenen Patents als Teil des Stands der Technik angesehen werden müssen, solange der Fachmann nicht den Gegenbeweis erbringt. Die allgemeine Lehre der Schrift einschließlich der Darstellung der Pfropf- und Terpolymerisatgemische als Formmassen mit einem bestimmten Bereich von Wärmeformbeständigkeits- und Schlagzähigkeitseigenschaften muß daher als offenbart und bekannt, angenommen werden.

6. Die Beschwerdegegnerin hat weder die zur Bildung ihrer Formmassen benutzte Gruppe von Terpolymerisaten noch das Verfahren zu ihrer Herstellung beansprucht. Dementsprechend ist keine Recherche zur Feststellung der Neuheit oder des erfinderischen Charakters dieser Merkmale an sich durchgeführt worden. Die Patentierbarkeit der Formmassen kann deshalb nicht auf die Behauptung gestützt werden, daß diese Merkmale als Bestandteile bereits die hierfür notwendigen Voraussetzungen besitzen.

7. Da die Terpolymer-Komponente in Beispiel 25 der Entgegenhaltung 1 SANMA im Verhältnis 62,8:27,1:10,1 enthält, fällt sie in den entsprechenden Variationsbereich, den der streitige Anspruch umfaßt. Der Unterschied liegt teils in dem besonderen Pfropfpolymerisat, das von dem genannten Anspruch verlangt wird, und teils in der Verwendung der im Anspruch genannten besonderen Verfahrensbedingungen. Die für die neuen Formmassen bevorzugten besonderen Pfropfpolymerisate gehören jedoch zu den in der allgemeinen Beschreibung von 1 ebenfalls empfohlenen.

8. Dessenungeachtet kann die Patentfähigkeit der Auswahl nicht allein durch Unterschiede beim Pfropfpolymerisat gerechtfertigt sein. In der Entgegenhaltung 1 wird ausdrücklich gesagt: "Die Komponente A ist verantwortlich für die gute Wärmeformbeständigkeit der Gemische." Die Komponente A ist jedoch das Bis- oder Terpolymerisat und nicht das Pfropfpolymerisat des Gemisches. Eine Auswahl auf der Grundlage des Pfropfpolymerisats ist nicht einmal erwähnt und schon gar nicht eingehend erörtert worden, obwohl formal eine eindeutige Beschränkung des Bereichs innerhalb der nach der Entgegenhaltung 1 gegebenen Varianten bestand. Die Anmelderin selbst hat erklärt (vgl. Schreiben vom 28.2.82): "Diese Frage reduziert sich letztlich darauf zu prüfen, ob der Fachmann erwarten konnte, daß die besonderen Terpolymerisate (B) unserer Anmeldung die Eigenschaften der Formmasse entscheidend verbessern."

9. Die unerwarteten Eigenschaften der beanspruchten Formmassen müssen daher auf die Verwendung der besonderen Verfahrensbedingungen bei der Herstellung der Terpolymerisat-Komponente zurückzuführen sein. Der nächstliegende Stand der Techhnik, d. h. Beispiel 25 der Entgegenhaltung 1, offenbart eine Formmasse aus einem Pfropfpolymerisat (42) und einem Terpolymerisat (58SANMA 62,8:27,1:10,1) mit einer Vicatzahl (für die Wärmeformbeständigkeit) von 106°C und einer Schlagzähigkeit von 87 (bei 26°C). Das beste Beispiel des Patents, nämlich Versuch 3 in Tabelle 1, stellt jedoch ein Pfropfpolymerisat (35) und ein Terpolymerisat (65, SANMA 64:24:12) mit einer Vicatzahl von 110°C und einer Schlagzähigkeit von ca. 92 dar. Die übrigen Beispiele in dem Patent sind in beiden Punkten offensichtlich schlechter als der nächstliegende Stand der Technik. Ob der leichte Anstieg der Zahlen im besten Beispiel überhaupt auf den etwas höheren Terpolymerisat- und Maleinsäureanhydridgehalt zurückzuführen ist, ist ohne Belang, da die Unterschiede so unbedeutend sind, daß sie nicht ins Gewicht fallen.

10. Selbst wenn der Übergang von dem besonderen Beispiel im Stand der Technik auf die nunmehr beanspruchten Formmassen eine echte Qualitätsverbesserung bedeuten würde, müßte man die Frage stellen, ob diese Verbesserung aufgrund des im Stand der Technik vorhandenen Wissens unerwartet ist. Die Ergebnisse der im Rahmen des Auswahlbereiches getroffenen Maßnahmen liegen durchaus innerhalb des Fluktuationsbereichs der in Entgegenhaltung l offenbarten Eigenschaften. Vicatwerte bis zu 110°C und eine Schlagzähigkeit bis zu 93 sind bereits erzielt worden, und es war bereits in dem genannten Stand der Technik bekannt, daß die Gegenwart von Maleinsäureanhydrid als Bestandteil der Bis- oder Terpolymerisatkomponente den Vicatwert erhöht, während Acrylnitril die Schlagzähigkeit verstärkt. Diese Eigenschaften zeigen sich bereits in den Bispolymerisaten mit Styrol (vgl. erster Absatz auf S. 4 und Beispiele 1 bis 5 im Vergleich zu den Beispielen 7 und 8). Es galt, für beide Bestandteile unter Berücksichtigung der allgemeinen Erläuterungen in der Entgegenhaltung und der in den Beispielen gezeigten Ergebnisse einen ausgewogenen Kompromiß zu finden. Das Beispiel mit dem Terpolymerisat in der Entgegenhaltung war bereits eindeutig eine der bestmöglichen Formmassen, die in dieser Hinsicht bekannt sind.

11. Angesichts der Angabe in Entgegenhaltung 1, daß die besonderen Eigenschaften der dem Pfropfpolymerisat zugeführten Komponente tatsächlich erhalten bleiben, war es durchaus sinnvoll, sich nach Beimengungen umzusehen, die vor allem in dieser Hinsicht hervorragende Eigenschaften aufweisen. Es ist daher höchst bedeutsam, daß die Entgegenhaltung 5 ein Terpolymer offenbart, das hinsichtlich seiner drei Bestandteile nicht nur in den "ausgewählten" Wertebereich des vorliegenden Falles fällt, sondern auch hervorragende Eigenschaften besitzt. Nach Beispiel 1 weist das Erzeugnis (erste Stufe SANMA 55,3:29,7:15, Endstufe 57:28,5:14,5) eine Vicatzahl von 124°C, eine Schlagzähigkeit von 20 und eine Kerbschlagzähigkeit von 3,0 auf, was vom Ergebnis her insgesamt besser ist als alles im vorliegenden Patent Offenbarte (vgl. die Eigenschaften der Terpolymerisate in Tabelle 1 a bis c). Die Beschwerdegegnerin brachte ferner vor, daß eine etwaige Verbesserung des Gemisches in dieser Hinsicht in erster Linie auf die Qualität der homogenen Terpolymerisat-Komponente zurückzuführen sei.

Entsprechend ausgewählte, verbesserte homogene Terpolymerisate lassen sich aber, wie es scheint, der obengenannten Entgegenhaltung, deren Inhaberin die Beschwerdegegnerin selbst ist, im allgemeinen und im besonderen entnehmen und ohne weiteres in eine Formmasse nach der Entgegenhaltung 1 einbringen.

12. Nicht weniger bezeichnend ist, daß die Offenbarung zur Erzielung der obengenannten homogenen Terpolymerisate ausnahmslos alle entscheidenden Merkmale einschließt, die nunmehr in dem Anspruch als für die Herstellung des Terpolymerisats wesentlich enthalten sind. So sind in dem auf ein Verfahren gerichteten Hauptanspruch der Entgegenhaltung 5 ausdrücklich die Bedingungen i, ii, iv, vi und viii erwähnt, die unter Nummer 2 als weitere kennzeichnende Merkmale des Verfahrens nach dem streitigen Patent aufgeführt sind. Ferner ist die Bedingung iii auf Seite 13, letzter Absatz der genannten Entgegenhaltung erläutert. Auch hier überschneidet sich der Bereich der Raumzeitausbeute (v) wiederum erheblich mit dem, der durch den in dem Anspruch der Entgegenhaltung 5 genannten Verweilzeitbereich direkt nahegelegt wird; außerdem entsprechen die Art und die Eigenschaften des Initiators vii im streitigen Patent, z. B. Tert.-Butylperoctoat oder Benzoylperoxid, den im Stand der Technik empfohlenen (vgl. S. 23 letzter Absatz bis S. 24, Zeile 3). Ganz offensichtlich werden die kritischen Bedingungen des Stands der Technik im vorliegenden Fall ebenfalls verwendet.

13. Es ist unerheblich, daß das entgegengehaltene Verfahren zwei weitere Verfahrensstufen und damit zusätzliche Bedingungen enthält, die unter Umständen auch zu Qualitätsverbesserungen des Materials beigetragen haben. Der Anspruch im streitigen Fall ist nämlich als offene Definition aufzufassen, die zusätzliche Merkmale oder Bedingungen keineswegs aus dem Verfahren ausschließt, solange sie nicht mit den Anforderungen der Definition unvereinbar sind. Auch wenn sich die Verfahrensbedingungen im Patentanspruch der Beschwerdegegnerin nicht direkt auf das Erzeugnis nach Beispiel 1 der Entgegenhaltung 5 übertragen ließen, kann eine willkürliche Verkürzung oder Erweiterung des Katalogs der Voraussetzungen für die Erzielung mehr oder weniger stark verbesserter Terpolymerisate nichts an der Tatsache ändern, daß diese Terpolymerisate bereits im Stand der Technik offenbart waren. Sofern nicht ein an sich patentierbares Terpolymerisat in die Formmasse eingebracht wird, muß - ungeachtet einer etwaigen tatsächlichen Verbesserung oder Vereinfachung eines Verfahrens, das zu bereits bekannten Erzeugnissen führt - die Verwendung bekannter oder naheliegender Terpolymerisate zur Erzielung eines bekannten Kombinationsprodukts an sich eine unerwartete Wirkung aufweisen, um das Gemisch aufgrund der Auswahl patentierbar zu machen.

14. Aus dem zugrundeliegenden Stand der Technik sind Formmassen bekannt; diese allgemeine Lehre umfaßt bestehende und künftige Formmassen aus Pfropfpolymerisaten mit Bis- oder Terpolymerisaten der genannten Art. Zwar können verbesserte, neue Terpolymerisate, wie oben erwähnt, an sich und in Verbindung mit Pfropfpolymerisaten als Auswahlerfindungen patentierbar sein; dies ist allerdings nicht mehr möglich, wenn diese Terpolymerisate bereits bekannt waren oder naheliegend sind. Ist ein Erzeugnis als Kombinationsprodukt oder Gemisch aus Komponenten mit bestimmten Funktionen bekannt, so können sowohl die Erzeugung und Anwendung einer verbesserten, neuen Komponente für denselben Zweck an sich als auch das diese Komponente enthaltende verbesserte Erzeugnis patentierbar sein. Gehört die betreffende Komponente mit ihren relevanten Eigenschaften jedoch zum Stand der Technik, so ist ihre Verwendung in dem Erzeugnis wegen ihrer vorhersehbaren günstigen Wirkung naheliegend. Ähnlich wie bei einer "analogen Verwendung", bei der bekannte Mittel in naheliegender Weise eingesetzt werden, um bei bekannten Verfahren oder Vorrichtungen allein aufgrund der bekannten Eigenschaften der Mittel bessere Ergebnisse zu erzielen, liegt hier ein "analoger Ersatz" einer Komponente einer bekannten Kombination oder eines Gemisches durch eine bereits bekannte Komponente vor, um die Wirkung des Gemisches aufgrund der bekannten Eigenschaften dieser Komponente zu verbessern.

15. Zu den in dem Anspruch des streitigen Patents genannten Terpolymerisaten gehören auch die in Entgegenhaltung 1 beschriebenen bekannten Stoffe, wenn die Art ihrer Herstellung außer Betracht bleibt. Es ist bereits in Entgegenhaltung 5 nachgewiesen worden, daß diese Terpolymerisate bei Herstellung unter bestimmten Verfahrensbedingungen verbesserte Eigenschaften aufweisen. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, daß aus der Entgegenhaltung nicht hervorgehe, mit welchem Maßstab die Verbesserung gemessen werden müsse, ist angesichts der quantitativen Offenbarung der Eigenschaften des Terpolymerisats in Beispiel 1 der Entgegenhaltung 5 nicht überzeugend. Vergleicht man diese Eigenschaften mit Beispiel 6 in der Entgegenhaltung 1, so treten die wesentlichen Verbesserungen sowohl hinsichtlich der Wärmeformbeständigkeit als auch der Schlagzähigkeit zutage. Die Beschwerdegegnerin hat keine Beweise dafür vorgelegt, daß dieses (ihr eigenes) Material trotz seiner vorteilhaften Eigenschaften für die Herstellung von Formmassen, mit Pfropfpolymerisaten ungeeignet sei.

16. Die eigene Aussage der Beschwerdegegnerin, es gebe im Stand der Technik für diese Zwecke keine oder so gut wie keine Terpolymerisate, macht es nur noch wahrscheinlicher, daß sich der Fachmann zwangsläufig den obengenannten Stoffen mit ihren bekannten ausgezeichneten Eigenschaften zuwenden mußte. Dem Fachmann muß es freistehen, die besten gegebenen Mittel für seine Zwecke zu verwenden; zwar kann die Verwendung von Mitteln, die eine zu erwartende Verbesserung bewirkt, durchaus patentfähig sein, wenn sie auf einer zusätzlichen Wirkung beruht, vorausgesetzt, daß dies eine Auswahl aus mehreren Möglichkeiten erforderlich macht. Fehlen jedoch entsprechende Alternativen, so liegt eine "Einbahnstraßen-Situation" vor, wo die Verwendung des Mittels trotz eines etwaigen unerwarteten "Extra-Effekts" in naheliegender Weise zu vorhersehbaren Vorteilen führt. Die in dem streitigen Patent beanspruchten Formmassen gehören zu dieser Kategorie und sind somit gegenüber dem Stand der Technik naheliegend. Dies gilt ebenfalls für den geänderten Anspruch, der zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde und eine kleine Berichtigung enthält.

17. Es lag auf der Hand, daß die von der Anmelderin im Sachprüfungsverfahren eingereichten Versuche für die Aufgabe, auf die die Erfindung gerichtet war, keine Bedeutung hatten. Das Hauptmerkmal der Aufgabe bestand in der Verbesserung der Wärmeformbeständigkeit und Fließfähigkeit (d. h. Verarbeitbarkeit), die ohne Beeinträchtigung der Schlagzähigkeit erzielt werden sollte. Da auch aus dem von der Patentinhaberin vorgelegten Beweismaterial keine Verbesserung der Fließfähigkeit zu entnehmen war, blieb als einzige Grundlage für die Patentierbarkeit wohl nur eine unerwartete Erhöhung der Vicat-Testzahlen. Dies setzt natürlich positive Ergebnisse voraus; es geht nicht an, daß statt dessen negative Ergebnisse vorgelegt werden, die durch Verminderung der Schlagzähigkeit unter extremen Bedingungen erzielt worden sind. Die Bedingungen, daß die Schlagzähigkeit erhalten bleiben sollte, setzt eindeutig voraus, daß im Stand der Technik bereits ein befriedigendes Maß an Schlagzähigkeit erreicht war und die Verbesserung der Wärmeformbeständigkeit deshalb am Stand der Technik gemessen werden sollte. So ist insbesondere die Verwendung extremer Bedingungen zum Nachweis einer "unerwarteten" Verbesserung in dieser Beziehung mit allem Nachdruck abzulehnen; dies könnte nämlich leicht dazu führen, daß alles und jedes patentierbar wird, weil es im Vergleich zu einer geänderten Version seiner selbst, bei der eines der Merkmale verzerrt oder übertrieben worden ist, vorteilhaft abschneidet.

18. Aus diesen Gründen ist die Einspruchsabteilung zu Unrecht zu der Schlußfolgerung gelangt, daß die Ergebnisse eines Vergleichs zwischen dem Verfahren der Anmelderin und einem anderen, außerhalb ihres Anspruchs liegenden Verfahren für die erfinderische Tätigkeit maßgebend seien. Die Wahl der Bedingungen war in jedem Fall unlauter, da die extrem lange Verweilzeit in dem Verfahren nach Beispiel 2 der Druckschrift DE-A-2 343 871 die vorteilhafte Wirkung eines anderen Verfahrens in einer Situation zeigen sollte, in der die Bildung unverträglicher Erzeugnisse bereits festgestellt worden war. Davon abgesehen blieb die Wärmeformbeständigkeit des Materials völlig unverändert, so daß die Ergebnisse in bezug auf die zu lösende Aufgabe bedeutungslos waren. Der Einwand, die Einsprechende hätte die Versuche unter weniger extremen Bedingungen durchführen müssen, ist deshalb falsch. Wenn die Erfindung in der Abänderung eines bekannten Gegenstands zur Verbesserung seiner bekannten Wirkung besteht, dann muß das ändernde Merkmal nicht nur die Erfindung kennzeichnen, d. h. sie vom Stand der Technik unterscheiden, sondern ursächlich zu der Verbesserung der erzielten Wirkung beitragen. Liegt keine Eigenschaft vor, die eine neue Verwendung mit sich bringt, so ist es Aufgabe der Anmelderin, die Verbesserung erforderlichenfalls anhand von Beweismitteln glaubhaft zu machen, vorausgesetzt, daß diese Verbesserung im Lichte des Stands der Technik nicht vorhersehbar war.

19. Da jedoch die Einbringung eines hochwertigen Terpolymerisats in eine bekannte Formmasse unabhängig von der dadurch erzielten tatsächlichen Verbesserung naheliegend war, besteht keine Veranlassung, dem Antrag der Beschwerdegegnerin auf Vorlage von vergleichenden Testergebnissen stattzugeben. Dies ergibt sich aus der Art der beanspruchten Formmasse, die einen Bestandteil enthält, von dem bereits bekannt war, daß er sich vorteilhaft auf die gesamte Masse auswirkt. Zwar sollte nach Meinung der Kammer echten Auswahlerfindungen im Bereich der Gemische und Beimengungen die Patentierbarkeit grundsätzlich offenstehen, doch müssen diese nachweislich erhebliche Verbesserungen mit sich bringen, die weder vorhersehbar sind noch durch direkte einfache Verbesserung der gegebenen Parameterbereiche im Rahmen der routinemäßigen Weiterentwicklung der Erzeugnisse zwangsläufig anfallen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Es wird daher wie folgt entschieden:

1. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts von 29. Juni 1982 wird aufgehoben.

2. Das europäische Patent Nr. 1625 wird widerrufen.

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