T 0817/94 () of 30.7.1996

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1996:T081794.19960730
Datum der Entscheidung: 30 Juli 1996
Aktenzeichen: T 0817/94
Anmeldenummer: 89105377.9
IPC-Klasse: A47J 43/044
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Handrührgerät zum Bearbeiten von Nahrungsmitteln
Name des Anmelders: Braun Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: BOSCH-SIEMENS HAUSGERÄTE GMBH, München
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (bejaht)
Inventive step (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0012/81
T 0332/87
T 0061/88
T 0666/89
T 0095/90
T 0570/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0890/04
T 0535/10
T 0749/11
T 1963/12
T 2157/13
T 1477/15
T 2583/16

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 1. August 1994 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das Patent 0 341 410 zurückgewiesen wurde, die am 11. Oktober 1994 eingegangene Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde mit dem am 9. Dezember 1994 eingegangenen Schriftsatz eingereicht.

II. In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem folgende Druckschriften berücksichtigt:

D1 DE-C-1 173 981

D2 DE-A-3 544 891

III. Die Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeverfahren zunächst noch auf folgende in der Beschreibungseinleitung des angefochtenen Patents genannte Druckschriften hingewiesen:

D7 "Krups 3 Mix 4000", Prospekt "Das aktuelle Programm '88" der Firma Robert Krups Stiftung & Co. KG, Solingen, Seiten 16 - 19

D8 Prospekt Nr. 362100 r 5, der Firma Gottlob Widmann + Söhne KG, Schwenningen (Neckar), "Wigorex".

IV. Der Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Elektrisch betriebenes Handrührgerät zum Bearbeiten von Lebensmitteln, mit einem einen Motor (19), ein Getriebe (20) und eine mit dem Getriebe (20) verbundene Aufnahmeeinrichtung (21) zur Befestigung von Arbeitswerkzeugen (5) aufnehmendes Gehäuse (1), das zum Halten des Handrührgerätes und zur Kühlung des Motors (19) einen Handgriff (2) mit Luftleitkanälen (22,25) und Luftöffnungen (11,26) aufweist, durch die die Kühlluft von außen zum Gehäuse (1) hin- oder vom Gehäuse (1) weggeführt wird, wobei der Motor (19), das Getriebe (20) und das Arbeitswerkzeug (5) in Längsrichtung (24) des Gehäuses (1) hintereinander angeordnet sind, wobei Motor (19) und Arbeitswerkzeug (5) in gleicher Längsrichtung (24) verlaufen, wobei der Handgriff (2) quer zur Längsachse (24) des Gehäuses (1) verläuft und wobei der Handgriff (2) an dem dem Arbeitswerkzeug (5) entgegengesetzten, oberen Bereich des Gehäuses (1) ausgebildet ist,

dadurch gekennzeichnet,

daß an dem dem Arbeitswerkzeug (5) näheren, unteren Bereich des Gehäuses (1) ein sich ebenfalls in gleicher Richtung wie der Handgriff (2) quer zur Längsachse (24) des Gehäuses (1) erstreckender Arm (10) vorgesehen ist und daß der Arm (10) zur Kühlung des Motors (19) mit einem weiteren Luftleitkanal (25) und einer am freien Ende ausgebildeten Luftöffnung (26) versehen ist, in der Kühlluft vom Gehäuse (1) weg- oder zum Gehäuse (1) hingeführt wird."

An diesen Anspruch 1 schließen sich die auf ihn bezogenen Ansprüche 2 bis 13 an.

V. Am 30. Juli 1996 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) Kopien der Druckschriften D7 und D8 vorgelegt.

VI. Die Beschwerdeführerin sieht als nächstkommenden Stand der Technik die Druckschrift D1 an. Der Fachmann würde diese Druckschrift nicht nur im Hinblick auf die dort angesprochene Schallisolierung lesen, sondern auch die dort allgemein zu entnehmende Lehre der Luftführung berücksichtigen. Aus Spalte 3, Zeile 37 der Druckschrift D1 sei zu entnehmen, daß zur Erzielung eines geringen Strömungswiderstandes geradlinig verlaufende Kanäle erforderlich sind. Der Fachmann würde eine Optimierung zwischen ausreichender Kühlung und der Schallisolierung vornehmen und im Bedarfsfall eine verbesserte Kühlung der Schallisolierung den Vorzug geben. Bei dem in Figur 8 der Druckschrift D1 gezeigten Handrührgerät, das den nächstkommenden Stand der Technik bilde, werde die über einen Kanal im Handgriff zugeführte Luft zwar nach Umkehrung im Motorraum zu einem Auslaßkanal im Hangriff zurückgeführt, doch sei es im Hinblick auf den angesprochenen Vorteil einer geraden Luftführung für den Fachmann naheliegend, die Luft über den Handgriff anzusaugen und am Ende des Motorraumes abzuführen. Hierzu würden auch die Ausführungen nach den Figuren 11 und 5 der Druckschrift D1 Vorbild und Anregung geben. Insbesondere bei der Ausführung nach der Figur 5 werde die Luft über einen Seitenkanal angesaugt, ohne Rückführung durch den Motorraum geleitet und über einen oberen Seitenkanal abgeführt. Dies zeige, daß der Fachmann die Luftführung dem Bedarf entsprechend vornimmt. Der Fachmann würde sich beim Lesen der Druckschrift D1 nicht eng an die gezeigten Ausführungsbeispiele halten, sondern den Gesamtinhalt dieser Druckschrift D1 berücksichtigen. Es liege auch in seiner Fähigkeit verschiedene Textstellen dieser Druckschrift zu kombinieren. In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdeführerin auf die Entscheidungen T 12/81, T 332/87, T 666/89 und T 95/90 hingewiesen.

Die Ausbildung eines Handgerätes mit einem stehenden Motor und der sich dabei ergebenden Anordnung des Getriebes und des Arbeitswerkzeuges in Längsrichtung des Gehäuses sei zwar ein Sonderfall bei den Handrührgeräten, doch sei diese Ausbildung aus der Druckschrift D2 bekannt und könne ohne weiteres auf das Handgerät nach der Druckschrift D1, auch unter Berücksichtigung einer Luftdurchströmung ohne Umkehrung, übertragen werden. Der Fachmann würde damit zu dem Gerät nach dem angefochtenen Anspruch 1 gelangen.

Auch wenn man bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von der Druckschrift D2 ausginge, käme man im Hinblick auf den aus der Druckschrift D1 bekannten Stand der Technik ohne erfinderische Überlegung zum Gegenstand des angefochtenen Anspruches 1. Zwar ist in der Druckschrift D2 die Luftkühlung nicht angesprochen, doch sei es selbstverständlich, daß bei diesem Gerät eine allgemein erforderliche Luftkühlung vorgesehen sei. Die gezeigten Hohlräume im Handgriff und in dem unteren Seitenarm würden sich als Luftkanäle anbieten und würden von dem Fachmann unter Berücksichtigung der aus der Druckschrift D1 bekannten Lehre auch als solche benutzt werden, um z. B. einen geringen Strömungswiderstand unter Verwendung von geradlinig verlaufenden Kanälen zu erzielen. Eine Anregung für geradlinig verlaufende Kanäle würde wiederum die Ausführung nach der Figur 5 der Druckschrift D1 geben. In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdeführerin auf die Entscheidung T 61/88 hingewiesen.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei es wesentlich, daß die allgemeine Lehre, die aus der Druckschrift D1 für den Fachmann zu erkennen sei, berücksichtigt werde.

Auf eine Rückfrage der Beschwerdekammer hat die Beschwerdeführerin angegeben, daß die Druckschriften D7 und D8 für ihre Argumentation nicht von Bedeutung seien.

VII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat eingeräumt, daß der Oberbegriff des Anspruches 1 sich zwar auf den aus Figur 8 der Druckschrift D1 bekannten Stand der Technik stütze, daß das dort gezeigte Handgerät jedoch keinen stehend angeordneten Antriebsmotor aufweise.

Der Gegenstand des Anspruches 1 sei so zu verstehen, daß durch den Luftkanal im Handgriff entweder die Luft zugeführt oder abgeführt wird und daß die Luft ohne Umkehrung von dem Lufteinlaß zu dem Luftauslaß auf kurzem Weg geführt wird. Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut des Oberbegriffes des Anspruches 1, da dort angegeben ist, "durch die die Kühlluft von außen zum Gehäuse (1) hin- oder vom Gehäuse (1) weggeführt wird". Auch sei von einer Luftumkehrung weder im Anspruch 1 noch in der Beschreibung die Rede. Die Luftführung sei darüber hinaus aus Figur 2 der Patentschrift eindeutig zu erkennen. Ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt der Erfindung sei darin zu sehen, daß der Motor, das Getriebe und das Arbeitswerkzeug in Längsrichtung des Gehäuses angeordnet sind, d. h. daß das Antriebsaggregat stehend angeordnet ist und das Arbeitswerkzeug in Längsrichtung des Antriebsaggregates verläuft. Damit werde die Verwendung eines Winkelgetriebes und die damit verbundenen Nachteile vermieden.

Im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit ist die Beschwerdegegnerin der Ansicht, daß weder die Druckschrift D1 noch die Druckschrift D2, noch eine Kombination der Lehren dieser Druckschriften D1 und D2 zum Gegenstand des angefochtenen Anspruches 1 führen können. Das Handrührgerät nach Anspruch 1 sei daher erfinderisch.

VIII. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

Keine der genannten Druckschriften weist sämtliche Merkmale des elektrisch betriebenen Handrührgerätes nach Anspruch 1 auf. Der Gegenstand des Anspruches 1 ist daher neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Die Neuheit wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3. Stand der Technik

3.1. Die in der Druckschrift D1 beschriebenen und gezeigten Geräte betreffen, als Standgeräte ausgebildete Rührgeräte (Figuren 1 und 3), ein in den Tisch eingebautes Haushaltsgerät (Figur 5), ein Handrührgerät (Figur 8), bei dem die Antriebseinheit ungefähr parallel zum Handgriff angeordnet ist und ein Winkelgetriebe aufweist, und eine Handbohrmaschine (Figur 11). Alle diese Geräte sind mit einer Luftkühlung versehen.

Das in den Figuren 8 bis 10 der Druckschrift D1 gezeigte elektrisch betriebene Handrührgerät zum Bearbeiten von Lebensmitteln, ist mit einem einen Motor (64), ein Getriebe und eine mit dem Getriebe verbundene Aufnahmeeinrichtung zur Befestigung von Arbeitswerkzeugen aufnehmenden Gehäuse (66) versehen, das zum Halten des Handrührgerätes und zur Kühlung des Motors einen Handgriff (71) mit Luftleitkanälen (69, 70) und Luftöffnungen aufweist, durch die die Kühlluft von außen zum Gehäuse hin- und vom Gehäuse weggeführt wird, wobei der Handgriff an dem dem Arbeitswerkzeug entgegengesetzten, oberen und seitlichen Bereich des Gehäuses ausgebildet ist.

3.2. Die Druckschrift D2 betrifft ebenfalls ein elektrisch betriebenes Handrührgerät zum Bearbeiten von Lebensmitteln, mit einem einen Motor, ein Getriebe und eine mit dem Getriebe verbundene Aufnahmeeinrichtung zur Befestigung von Arbeitswerkzeugen aufnehmenden Gehäuse, das zum Halten des Handrührgerätes einen Handgriff aufweist. Bei diesem Gerät sind der Motor, das Getriebe und das Arbeitswerkzeug in Längsrichtung des Gehäuses hintereinander angeordnet, und der Motor und das Arbeitswerkzeug verlaufen in gleicher Längsrichtung. Der Handgriff verläuft quer zur Längsachse des Gehäuses und ist an dem dem Arbeitswerkzeug entgegengesetzten, oberen Bereich des Gehäuses ausgebildet. Diese Druckschrift befaßt sich im wesentlichen mit der Auswerfereinrichtung für das Arbeitswerkzeug und spricht die Luftkühlung nicht an.

3.3. Weder das Handrührgerät nach der Druckschrift D1 noch das Handrührgerät nach der Druckschrift D2 weist sämtliche Merkmale des Oberbegriffes des angefochtenen Anspruches 1 auf.

Wie aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer hervorging, ist die Anordnung der Antriebseinheit relativ zum Rührwerkzeug bei Handrührgeräten ein grundsätzliches Unterscheidungsmerkmal, dessen Vor- und Nachteile dem Fachmann bekannt sind. Dieses den grundlegenden Aufbau von Handrührgeräten bestimmende Merkmal ist daher auch gattungsbestimmend. Da bei dem Gerät nach der Druckschrift D1 die Antriebseinrichtung waagrecht, d. h. im Winkel zum Rührwerkzeug angeordnet ist, handelt es sich hierbei, im Vergleich mit dem Gerät des angefochtenen Patents, um ein gattungsfremdes Gerät.

Ein Handrührgerät, bei dem die Antriebseinrichtung senkrecht angeordnet ist, zeigt zwar die Druckschrift D2, doch ist dort eine Luftkühlung nicht angesprochen. Über den gezeigten seitlichen Handgriff und den parallel dazu verlaufenden unteren Seitenarm sind aus dieser Druckschrift D2 weder konstruktive Einzelheiten noch genaue Zweckangaben zu entnehmen. Es ist daher gerade über den Bereich, wo die Weiterentwicklung ansetzen soll, nichts ausgesagt. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit kann daher die Druckschrift D2 als Ausgangspunkt nicht zum Erfolg führen und kann daher auch nicht den nächstkommenden Stand der Technik bilden (vgl. Entscheidung T 570/91, Abschnitt 4.3).

3.4. In ihren Argumenten zur erfinderischen Tätigkeit ist die Beschwerdeführerin von beiden Druckschriften D1 (Figuren 8. bis 10) und D2 ausgegangen. Insbesondere wurde jedoch die Druckschrift D1 von den Beteiligten hervorgehoben, so daß diese Druckschrift im wesentlichen bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Betracht gezogen wird.

4. Aufgabe und Lösung

4.1. Aufgabe

Die Aufgabe besteht darin, die bekannten Handrührgeräte so weiterzubilden, daß bei guter Handhabung und außen verschlossenem Motorgehäuse dennoch eine optimale Kühlung der Antriebseinheit bei geringer Antriebsleistung erreicht wird.

4.2. Lösung

Im Vergleich mit dem Handrührgerät nach der Druckschrift D1 wird infolge der Anordnung von Motor und Arbeitswerkzeug in gleicher Längsrichtung eine Verringerung der Antriebsleistung erreicht, da ein Winkelgetriebe mit einem höheren Leistungsverbrauch vermieden wird. Die Luftkanäle im Handgriff und in einem parallel dazu verlaufenden Arm und die am freien Ende ausgebildete Luftöffnung ergeben eine einfache Luftführung (ohne Umkehrung) durch das Antriebsgehäuse und damit eine ausreichende Kühlung.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. Die Druckschrift D1 befaßt sich im wesentlichen mit der Dämpfung des Motor- und Gebläsegeräusches. Es ist daher nicht ohne weiteres zu verstehen, wieso der Fachmann ausgehend von der Druckschrift D1 gerade auf diese wesentlichen Merkmale verzichten sollte. Wenn er jedoch trotzdem unter Verzicht der Vorteile der Geräuschdämpfung eine höhere Kühlleistung anstrebt, so würde er in der Druckschrift D1 keinen weiteren Anhaltspunkt finden, der ihn in einfacher und naheliegender Weise zum Gegenstand des angefochtenen Anspruches 1 führen würde.

5.2. Auch die von der Beschwerdeführerin angegebene Passage in der Druckschrift D1 (Spalte 5, Zeile 64 bis Spalte 6, Zeile 4) kann nicht als richtungsweisend angesehen werden, weil bei einer im allgemeinen mit einem hohen Lärmpegel arbeitenden Handbohrmaschine, eine nicht optimale Schallisolierung eine andere Rolle spielt als bei einem Handrührgerät. Zu den weiteren Argumenten der Beschwerdeführerin, die sich auf die Handbohrmaschine nach den Figuren 11 bis 13 stützen, ist zu bemerken, daß dieses Gerät infolge der erforderlichen unterschiedlichen Kraftaufbringung anders aufgebaut ist, als ein Handrührgerät zur Bearbeitung von Lebensmitteln. Aus der genannten Handbohrmaschine ist allenfalls zu entnehmen, daß Luft über einen im oberen Bereich angeordneten Handgriff oder an seinem Ansatz am Gehäuse angesaugt werden kann, um sie einer vertikal angeordneten Antriebseinheit in ihrem unteren Bereich zuzuführen, dort umzulenken und in einem auf der entgegengesetzten Seite des ersten Handgriffes angeordneten zweiten Handgriff oder an seinem Ansatz am Gehäuse nach außen abzuführen. Unter Berücksichtigung dieser Ausführung würde der Fachmann auf die Umkehrung der Luftströmung im Antriebsbereich nicht verzichten.

5.3. Die weiterhin genannte Küchenmaschine nach der Figur 5 ist unter einer Tischplatte angeordnet und ist mit einem Handgerät nicht ohne weiteres vergleichbar, da diese Küchenmaschine anders als ein Handrührgerät gestaltet, bemessen und festgehalten ist. So sind bei dieser Küchenmaschine Hohlräume (42, 43) vorgesehen, die für die Schallabsorption ausgebildet sind. Die Anordnung dieser Hohlräume in einem Handrührgerät würde zu einer für den Handbetrieb ungeeigneten Konstruktion führen.

5.4. Selbst wenn der Fachmann die die Luftkanäle betreffenden Merkmale der Küchenmaschine nach der Figur 5 auf ein Handrührgerät nach der Figur 8 der Druckschrift D1 übertragen würde und dabei auf eine Schalldämpfung durch die Schalldämpfungskammern verzichten würde, käme er nicht zu dem Gerät nach dem angefochtenen Anspruch 1. Eine Anregung zu einer senkrechten Anordnung der Antriebseinheit in einem Handrührgerät ist in der Druckschrift D1 nicht gegeben. Eine Abweichung von der gezeigten Bauweise ist auch deshalb nicht naheliegend, weil es sich bei der Ausführungsform gemäß der Figur 8 um ein übliches Handrührgerät mit waagrecht angeordnetem Motor handelt, während es sich bei Handrührgeräten mit stehendem Motor, bei welchen das Arbeitswerkzeug in der gleichen Längsrichtung verläuft wie der Motor, nicht nur um ein Gerät anderer Gattung handelt, sondern auch - wie dies die Beschwerdeführerin selbst ausführte - um eine außergewöhnliche Ausbildung.

5.5. In diesem Zusammenhang möchte die Kammer darauf hinweisen, daß mit der Auswahl einer der bekannten Gattungen als Ausgangspunkt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, d. h. Gerät mit stehendem oder mit liegendem Motor, bereits der Rahmen für die Weiterentwicklung gesteckt ist. Eine Änderung der am Anfang ausgewählten Gattung ist während der Weiterentwicklung unwahrscheinlich und im Normalfall nicht naheliegend (vgl. T 570/91, Abschnitt 4.4).

Die senkrechte Anordnung der Antriebseinheit in dem bekannten Handrührgerät (Fig. 8) nach der Druckschrift D1 würde zu einer völligen Umgestaltung führen, zu der keine Anregung gegeben ist. Bei den in der Druckschrift D1 beschriebenen Beispielen mit senkrecht angeordneten Antriebseinheiten handelt es sich nicht um Handrührgeräte, sondern um Küchenmaschinen, die entweder auf einen Tisch abgestellt oder unter einer Tischplatte angeordnet werden und um eine Bohrmaschine, die sowieso einen anderen Aufbau erfordert als ein Handrührgerät. Diese Geräte können daher keine Anregung für die Umgestaltung des Handrührgerätes nach der Figur 8 im Hinblick auf eine senkrechte Motoranordnung geben.

5.6. Die Druckschrift D2, in der ein Handrührgerät mit einer senkrecht angeordneten Antriebseinheit beschrieben ist, befaßt sich im wesentlichen mit der Ausbildung einer Auswerfereinrichtung. Eine Luftkühlung ist dort nicht erwähnt. Bei diesem Gerät könnte zwar der quer zur Achse der Antriebseinheit verlaufende Handgriff und ein parallel dazu verlaufender unterer Seitenarm hohl ausgebildet sein, doch ist kein Anhaltspunkt gegeben, der Klarheit darüber verschaffen könnte, wie diese Teile im betriebsfähigen Zustand des Gerätes aussehen, d. h. ob überhaupt für die Luftführung geeignete Kanäle vorhanden sind. Die in Figur 1 der Druckschrift D2 zu erkennende Öffnung in der oberen Gehäusewand könnte nach Angabe der Beteiligten für einen Schalter vorgesehen sein. Welche Funktion die in der rechten unteren Ecke zu erkennende Öffnung hat, konnte nicht festgestellt werden. Der hohle untere Seitenarm könnte für die Anordnung eines Akkumulators oder einer Batterieeinheit dienen. Die Beteiligten sahen jedenfall in diesen Öffnungen keinen Ein- und Auslaß für Kühlluft. Von einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung, gerade in dem Bereich, wo das angefochtene Patent ansetzt, kann also keine Rede sein.

5.7. Die Beschwerdeführerin ist bei der Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit in einer zweiten Version von der Druckschrift D2 als nächstkommenden Stand der Technik ausgegangen und hat die Ansicht vertreten, daß man davon ausgehen müsse, daß dort eine erforderliche Luftkühlung vorgesehen sei.

Es könnte zwar sein, daß das Handrührgerät nach der Druckschrift D2 Öffnungen und Kanäle für eine übliche Luftströmung aufweist, doch sind diese in der Druckschrift D2 nicht zu erkennen (vgl. Abschnitt 3.3). Diese Druckschrift gibt damit keinen Anhaltspunkt Umgestaltungen in einem Bereich vorzunehmen, der dort nicht offenbart ist, um entsprechend dem angefochtenen Patent ein Absaugen und Einblasen von Luft aus und in den Nahrungsmittelbehälter zu vermeiden (vgl. Spalten 2 und 3 des angefochtenen Patents). Auch unter Beachtung des aus der Druckschrift D1 bekannten Standes der Technik kann nicht angenommen werden, daß der Fachmann die Seitenarme als Luftkanäle ausbilden würde, wenn sie überhaupt durchströmbar sein sollten. Die Verwendung der Lehre nach der Druckschrift D1 (Fig. 8) würde eher dazu führen, die Luftströmung über den Handgriff zuzuführen, im Bereich der Antriebseinheit umzukehren und in einem Kanal im Handgriff wieder nach außen abzuführen. Da nicht klar erkenntlich ist, welchen Zweck der untere hohle Seitenarm des Gerätes nach der Druckschrift D2 hat und die gezeigte Hohlkammer im Vergleich zum Handgriff eher auf eine Kammer für Zusatzeinrichtungen (z. B. für eine Batterieeinheit) schließen läßt, und da auch aus der Druckschrift D1 keine Anregung gegeben ist, bei einem Handrührgerät einen unteren hohlen Seitenarm als Luftführungskanal zu verwenden, kann der Fachmann auch ausgehend von der Druckschrift D2 nicht zu dem Gerät nach dem angefochtenen Anspruch 1 gelangen.

5.8. Die Beschwerdeführerin hat zur Stützung ihrer Argumente auf eine Anzahl von Beschwerdekammer-Entscheidungen hingewiesen.

In der Entscheidung T 12/81 ist angegeben (Abschnitt 7), daß zum Inhalt der Lehre einer Entgegenhaltung nicht nur das gehört, was in den Ausführungsbeispielen detailliert angegeben ist, sondern jede für den Fachmann ausführbare Information aus dem Anspruchs- und Beschreibungsteil. Eine ähnliche Aussage ist auch in den Entscheidungen T 332/87 (Abschnitt 2.2) und T 666/89 (Abschnitt 8, letzter Absatz) gemacht. Daraus geht hervor, daß der Inhalt des gesamten Dokumentes bei der Beurteilung der Neuheit zu berücksichtigen ist. Nach der Entscheidung T 95/90 (Abschnitt 4.2) können verschiedene Textstellen eines Dokuments kombiniert werden, sofern keine Gründe vorliegen, die den Fachmann hiervon abhalten würden.

Hierzu ist zu bemerken, daß die Kammer diese Aussage in ihrer Allgemeinheit bejaht, daß aber im vorliegenden Fall der Fachmann auch unter Berücksichtigung des Gesamtinhaltes der Druckschrift D1 und selbst bei der Kombination von Merkmalen aus verschiedenen Ausführungsbeispielen der Druckschrift D1, nicht ohne erfinderisches Zutun zum Gerät nach dem angefochtenen Anspruch 1 kommen kann, wie dies aus der oben angegebenen Begründung hervorgeht. Zwar befassen sich die Ausführungsbeispiele nach den Figuren 5 und 11 der Druckschrift D1, die von der Beschwerdeführerin genannt wurden, ebenso wie das ein Handgerät betreffende Ausführungsbeispiel nach der Figur 8, mit der in dieser Druckschrift D1 zu erkennenden allgemeinen technischen Lehre, nämlich mit der Schalldämpfung, doch müßte der Fachmann gerade von dieser Lehre abweichen, um bei der Kombination von Teilmerkmalen aus den genannten Beispielen zum Gegenstand des angefochtenen Anspruches 1 zu kommen.

In der Entscheidung T 61/88 stellt die Beschwerdekammer fest, daß dem Fachmann nicht die Fähigkeit abgesprochen werden darf, weniger komplizierte Alternativen zumindest dann ins Auge zu fassen, wenn zu erwarten ist, daß die durch die Vereinfachung erzielten Vorteile die daraus resultierende Leistungsminderung wettmachen. Selbst wenn der Fachmann im vorliegendem Fall unter teilweisen Verzicht der Vorteile einer Schalldämpfung das Handgerät nach der Druckschrift D1 abändern würde, könnte er nicht zum Gegenstand des angefochtenen Patents kommen, wie dies aus den oben angeführten Gründen hervorgeht. Es kann nicht als naheliegend angesehen werden, ein bekanntes Gerät, selbst unter Verzicht auf bekannte Vorteile, ohne ersichtliche Veranlassung so abzuändern, daß ein völlig anderes Gerät entsteht (hier senkrechte Anordnung der Antriebseinheit).

5.9. Die von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung eingereichten Druckschriften D7 und D8 wurden von der Beschwerdeführerin nicht mehr als relevant angesehen. Die Kammer ist zu dem Ergebnis gekommen, daß weder diese Druckschriften D7 und D8 noch die weiteren im Einspruchsverfahren genannten Druckschriften, die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des angefochtenen Anspruches 1 in Frage stellen können.

5.10. Das Handgerät nach dem erteilten Anspruch 1 weist daher eine erfinderische Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ auf.

6. Das erteilte Patent erfüllt damit die Voraussetzungen des EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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