T 0535/10 () of 22.3.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T053510.20130322
Datum der Entscheidung: 22 März 2013
Aktenzeichen: T 0535/10
Anmeldenummer: 04701293.5
IPC-Klasse: A47G 1/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Spiegel
Name des Anmelders: Glas Platz GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Schott AG
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 100(b)
Schlagwörter: Ausführbarkeit (ja)
Zulässigkeit D11-D16 (ja), D17-D20 (nein)
Hauptantrag - Neuheit und erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0570/91
T 0817/94
T 0870/96
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat am 8. März 2010 gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 15. Februar 2010 den Einspruch zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet, und am 19. Mai 2010 die Beschwerdebegründung eingereicht.

II. Der Einspruch wurde auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) und b) EPÜ gestützt.

III. Die folgenden Druckschriften haben in diesem Verfahren eine Rolle gespielt:

D1: DE-A-41 28 735

D5: DE-U-9215662

D6: DE-A-38 27 083

D8: DE-C-42 08 922

D11: EP-A-1 176 056

D12: EP-A-1 022 191

D13: US-A-4 882 565

D14: Fax der Fa. Glas Platz and die Fa. Schneider+Fichtel GmbH vom 16.02.2001 (eine Seite Text, zwei Seiten Zeichnungen)

D15: Dokumente betreffend die Lieferung einer Glastastatur an die Fa. Performance Medien und Datensysteme GmbH, umfassend ein Lieferschein (1/6) vom 27.01.98; eine Auftragsbestätigung (2/6) vom 06.11.1997, zwei Skizzen (3/6 und 5/6), ein Fax (4/6) vom 16.09.1997; zwei Fotographien (6/6)

D16: WO-A-01 82378

D17: Definition eines Einwegspiegels aus Wikipedia

D18: Patent Abstracts of Japan von JP-A-03290982

D19: Patent Abstracts of Japan von JP-A-08076697

D20: DE-A-196 03 444

IV. Am 22. März 2013 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

V. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im Umfang des mit Schriftsatz vom 22. Februar 2013 eingereichten Hilfsantrags aufrechtzuerhalten.

VII. Anspruch 1 wie erteilt lautet wie folgt:

"Spiegel (1) mit einer ersten, rückseitig zumindest teilweise einen Spiegelbelag (2) aufweisenden transparenten Glasplatte (4), sowie mit mindestens einer integrierten elektrischen Einrichtung (6), wobei

- die erste Glasplatte (4) transparente und/oder halbverspiegelte Bereiche (8) aufweist,

- die erste Glasplatte (4) mit einer zweiten Glasplatte (10) mit Hilfe einer transparenten Klebeschicht (12) in der Art einer Verbundglasscheibe verbunden ist, und

- elektrische Einrichtungen (6) auf einer elektrisch leitenden Beschichtung (14) der zweiten Glasplatte (10) in Bereichen montiert sind, die den transparenten und/oder halbverspiegelten Bereichen (8) der ersten Glasplatte (4) gegenüberliegen."

VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Erfindung könne nicht ausgeführt werden, weil die Begriffe "Spiegelbelag", "halbverspiegelt" und "transparent" nicht eindeutig definiert und auch keine eindeutige technische Fachbegriffe auf dem technischen Gebiet der Spiegel seien. Ferner werden keine Werte für das Verhältnis zwischen durchgelassenem und reflektiertem Lichtstrahl angegeben. Folglich könne der Fachmann nicht wissen, wie er die halbverspiegelten Bereiche verwirklichen solle.

Die Dokumente D18 bis D20 seien eingereicht worden um zu zeigen, dass es vor dem Prioritätsdatum allgemein bekannt war, elektrische Einrichtungen zwischen zwei Glasplatten anzuordnen.

D6, D14 und D15 seien für den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich.

Ausgehend von D1 unterscheide sich der beanspruchte Gegenstand lediglich dadurch, dass elektrische Einrichtungen in Bereichen montiert sind, die transparenten und/oder halbverspiegelten Bereiche der ersten Glasplatte gegenüberliegen. Dies sei jedoch bereits aus D11, D12 und D13 unter Berücksichtigung von D16 bekannt. Auch eine Kombination von D5 mit D8 oder von D13 mit D16 führe in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand.

IX. Die Beschwerdegegnerin hat dem widersprochen und im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Begriffe "Spiegelbelag", "halbverspiegelt" und "transparent" seien gebräuchliche Begriffe und daher verständlich. Die Dokumente D11 bis D20 seien verspätet eingereicht worden und sollten daher nicht zugelassen werden. Keine der Entgegenhaltungen D6, D14, D15 offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1.

Ein Fachmann würde keines der Dokumente D11, D12 oder D13 alleine schon wegen der nötigen Bautiefe heranziehen, um einen Spiegel wie aus D1 bekannt weiterzuentwickeln.

D16 offenbare keinen Spiegel, daher würde der Fachmann dieses Dokument nicht berücksichtigen. D5 offenbare einen Spiegel mit einer einzigen Glasplatte. D8 offenbare ein Flächendisplay zum Ausleuchten von Hintergrundflächen. Eine Kombination dieser beiden Entgegenhaltungen könne daher nicht zu einem Spiegel mit zwei Glasplatten, die in der Art eine Verbundglasscheibe verbunden sind, führen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Ausführbarkeit:

2.1 Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, die Erfindung sei nicht ausführbar, weil der Begriff "halbverspiegelt" keine eindeutige Bedeutung habe und auch keine Werte für das Verhältnis von dem durchgelassenen zu dem reflektierten Lichtstrahl angegeben werden.

Der Begriff "halbverspiegelt" setzt jedoch voraus, dass ein Teil des Lichtstroms durchgelassen und ein Teil davon reflektiert wird. Wie das Verhältnis zwischen durchgelassenem und reflektiertem Lichtstrahl ausfallen soll, ist in der Patentschrift Abschnitt [0025] angegeben: "Bei einem halb verspiegelten Bereich 8 ist die Leuchtdiode nach ihrem Ausschalten nicht mehr sichtbar". Es wird dem Fachmann somit mitgeteilt, welches Ergebnis zu erreichen ist und es ist dem Fachmann auf dem Gebiet der Glas -und Spiegeltechnik daher zuzumuten ein solches Ergebnis zu erreichen, auch wenn dafür mehrere Versuche nötig sein sollten.

2.2 Die Beschwerdeführerin hat ferner der Meinung vertreten, die Begriffe "transparent" und "Spiegelbelag" seien auch nicht eindeutig definiert. Es handelt sich hier jedoch um gebräuchliche Begriffe im Bereich der Optik, die dem Fachmann auf dem Gebiet der Glas -und Spiegeltechnik geläufig sind. Ihm ist auch ohne weitere Angaben bekannt, wie ein Spiegelbelag oder eine transparente Glasplatte auszuführen sind. Die Angabe des Transmissionsgrads und des Wellenlängenbereichs sind nicht nötig, um diese Begriffe zu verstehen. Zweifellos, handelt es sich hier um den Wellenlängenbereich, der durch das Menschliche Auge erfasst werden kann, und mit "transparent" ist in weitesten Sinn "Licht durchlassend" gemeint (siehe Duden, Deutsches Universal Wörterbuch, Auflage 1989).

2.3 Die Beschwerdeführerin hat weiter vorgetragen, die Grenzen der Bereiche des Spiegels, die transparent und/oder halbverspiegelt auszuführen seien, würden nicht definiert. Auch dem kann nicht zugestimmt werden. Diese Bereiche sind diejenigen, die den elektrischen Einrichtungen gegenüberliegen (letztes Merkmal des Anspruchs 1) und die daher, wie in der Figur des angefochtenen Patents gezeigt, im Wesentlichen den Ausmaßen der besagten Einrichtungen entsprechen.

2.4 Die Kammer kommt daher zum Ergebnis, dass die Erfindung so deutlich und vollständig genug offenbart wird, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

3. Zulässigkeit der Dokumente D11 bis D20:

3.1 Die Dokumente D11 bis D16 sind bereits von der Einspruchsabteilung in das Verfahren eingeführt worden. Sie hatte diese Dokumente als prima facie relevant erachtet. Die Beschwerdegegnerin hat dazu bemerkt, dass diese Dokumente letztendlich die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 wie erteilt nicht negieren konnten und somit eigentlich nicht relevant waren. Dies ist aber nicht der entscheidende Punkt. Es geht darum, ob die Einspruchsabteilung ihr Ermessen richtig angewendet hat. Dies ist von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten worden. Dass diese Dokumente nach gründlicher Analyse nicht zum Widerruf des Patents geführt haben, ändert nichts darin, dass sie prima facie als berücksichtigungswert eingeschätzt wurden.

Somit hat die Einspruchsabteilung ihr Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt und daher sind diese Dokumente zu recht in das Verfahren aufgenommen worden.

3.2 D17 ist ein Auszug aus einem Lexikon, das in diesem Verfahren nicht verwendet worden ist und daher auch nicht berücksichtigt zu werden braucht.

Die Dokumente D18 bis D20 sind eingereicht worden, um zu belegen, dass es vor dem Prioritätsdatum bereits bekannt war, elektrische Einrichtungen zwischen zwei Glasplatten anzuordnen.

Dies wird jedoch bereits durch D16 veranschaulicht. Da die Beschwerdeführerin keine zusätzlichen Rückschlüsse aus diesen Dokumenten zieht, bringen sie im Vergleich zu D16 auch keine weiteren Erkenntnisse.

Die Kammer hat daher beschlossen, diese Dokumente nicht in das Verfahren aufzunehmen.

4. Neuheit:

4.1 Die Neuheit ist in Bezug auf D6, D14 und D15 bestritten worden.

4.2 D6:

Diese Druckschrift offenbart einen flächenhaften Strahler (Anspruch 1; Figur 2) mit einer transparenten ersten Glasplatte (Spalte 2, Zeilen 17, 18) an der rückseitig Leitbahnen (12; Figur 4) aufgebracht sind, die zur Kontaktierung von auf der Glasplatte aufgebrachten Halbleiterkörpern (1) dienen. Ferner wird ein mit einem hochreflektierenden Material beschichteter Formkörper (3) mit der Glasplatte verbunden.

Ein Strahler wie in D6 offenbart, der dazu bestimmt ist, als Kfz-Leuchte eingesetzt zu werden (Spalte 1, erster Absatz), ist jedoch kein Spiegel im Sinne der beanspruchten Erfindung.

D6 offenbart auch keine erste, rückseitig zumindest teilweise einen Spiegelbelag aufweisende Glasplatte mit transparenten und/oder halbverspiegelten Bereichen.

Die Kammer kann der Beschwerdeführerin nicht folgen wenn sie behauptet, Anspruch 1 umfasse auch die Möglichkeit, dass der beanspruchte Spiegel nur einen Bereich besitze. In Anspruch 1 ist eindeutig von "Bereichen" (Mehrzahl) und von "elektrische[n] Einrichtungen (6) … die den transparenten und/oder halbverspiegelten Bereichen … gegenüberliegen" die Rede. Ferner könnte die von der Beschwerdeführerin befürwortete Auslegung dazu führen, dass der beanspruchte Spiegel lediglich aus einem transparenten Bereich bestehen könnte und somit gar kein Spiegel mehr wäre.

Des Weiteren sieht die Kammer in dem aus einer Kunststoff-Vergussmasse (Spalte 2, Zeilen 26 bis 31) bestehenden Formkörper 4 der Figur 2 auch keine zweite Glasplatte, die mit Hilfe einer transparenten Klebeschicht in der Art einer Verbundglasscheibe mit der ersten Glasplatte verbunden ist.

Letztendlich sind die elektrischen Einrichtungen weder auf den Formköper noch in Bereichen montiert, die den transparenten und/oder halbverspiegelten Bereichen der ersten Glasplatte gegenüberliegen.

4.3 D14:

D14 nimmt Bezug auf ein "Powerglass", das als durchsichtiges oder Spionspiegel Verbundglas gefertigt und mit "LED's" bestückt wird, die vom Glas weg leuchten.

Die Kammer vermag nicht eindeutig festzustellen, dass dieser Gegenstand ein Spiegel im Sinne der angefochtenen Erfindung ist. Jedenfalls offenbart D14 keine Bereiche, die transparent und/oder halbverspiegelt sind und es bleibt auch offen, ob die vorhandenen LEDs und die elektrisch leitende Beschichtung auf der ersten oder der zweiten Glasplatte montiert sind.

4.4 D15:

D15 beschreibt auf Seite 1/6 eine Glastastatur mit zwei Glasplatten und einer elektrischen Einrichtung.

Somit ist D15 kein Spiegel im Sinne der beanspruchten Erfindung.

Es ist D15 auch nicht zu entnehmen, dass die erste Glasplatte rückseitig zumindest teilweise einen Spiegelbelag aufweist und, dass transparente und/oder halbverspiegelte Bereiche vorhanden sind.

Auch, dass beide Glasplatten mit Hilfe einer transparenten Klebeschicht in der Art einer Verbundglasscheibe verbunden sind und dass die elektrischen Einrichtungen auf einer elektrisch leitenden Beschichtung der zweiten Glasplatte in Bereichen montiert sind, die den transparenten und/oder halbverspiegelten Bereichen der ersten Glasplatte gegenüberliegen, ist nicht offenbart.

4.5 Die Neuheit ist somit gegenüber jeder der D6, D14 oder D15 gegeben, wobei es dahin gestellt bleiben kann, ob D14 und D15 tatsächlich zum Stand der Technik gehören.

5. Erfinderische Tätigkeit:

5.1 D1 (Anspruch 1; Figuren 1 bis 3) offenbart einen Spiegel mit einer ersten, rückseitig einen Spiegelbelag aufweisenden transparenten Glasplatte (2), sowie mit einer integrierten elektrischen Einrichtung (7 bis 10), wobei die erste Glasplatte (2) mit einer zweiten Glasplatte (1) mit Hilfe einer Klebeschicht (5, 6) in der Art einer Verbundglasscheibe verbunden ist, und die elektrische Einrichtung (7 bis 12) auf einer elektrisch leitenden Beschichtung der zweiten Glasplatte (1) montiert ist.

Der Spiegel gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich von dem, der aus D1 bekannt ist, dadurch dass:

- die erste Glasplatte transparente und/oder halbverspiegelte Bereiche aufweist,

- die Klebeschicht, die die beiden Glasplatten verbindet, transparent ist,

- die elektrischen Einrichtungen in Bereichen montiert sind, die den transparenten und/oder halbverspiegelten Bereichen der ersten Glasplatte gegenüberliegen.

Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, dass in D1 die Beschichtung gleichzeitig die elektrische Einrichtung sei und daher keine elektrische Einrichtung im Sinn von Anspruch 1 auf der Beschichtung angebracht sei. Die elektrische Einrichtung umfasst jedoch nicht nur die Beschichtung selbst, sondern auch gesonderte Kollektoren, so dass auch auf der Beschichtung Kollektoren, bzw. elektrische Einrichtungen vorhanden sind.

5.2 Ausgehend von D1 als nächstkommendem Stand der Technik kann die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe darin gesehen werden, einen für Feuchtraumnutzung geeigneten Spiegel zu schaffen, der unterschiedliche integrierte elektrische Funktionen aufweisen kann (siehe Abschnitt [0005] der Patentschrift).

5.3 Die Beschwerdeführerin hat zur Lösung dieser Aufgabe auf D11, D12 oder D13 verwiesen.

Aus D11 (Anspruch 1; Figuren 1, 2) ist ein Rückspiegel bekannt, in dem ein Monitor (6) in Form einer LCD Anzeige hinter einer in diesem Bereich halbverspiegelten Spiegelscheibe (4) angeordnet ist.

Aus D12 (Anspruch 1; Figuren 1, 2) ist ein Rückspiegel bekannt, in dem eine Kamera (14) insbesondere eine CCD-Kamera hinter einer, in diesem Bereich halbverspiegelten Spiegelscheibe (4) angeordnet ist (Spalte 2, Zeilen 39 bis 42).

Aus D13 (Anspruch 1; Figuren 1, 4, 5, 10) ist ein Innenrückspiegel für ein Fahrzeug bekannt, der halbverspiegelte Bereiche offenbart, in denen Symbole durch Beleuchtung mittels Leuchtmittel sichtbar gemacht werden können (Spalte 2, Zeilen 44 bis 63). Die Leuchtmittel können in Form von Leuchtdioden (72 - 78) ausgeführt sein, die in einem Gehäuse montiert sind, das auf der Spiegelrückseite gegenüber den halbverspiegelten Bereichen aufgeklebt wird (Spalte 7, Zeilen 43 bis 56).

5.4 Zuerst stellt die Kammer fest, dass der Fachmann keine Veranlassung hat, diese Lehren, die alle Rückspiegel für Kraftfahrzeuge betreffen, mit der Lehre von D1 für Spiegel, die hauptsächlich in Feuchträumen Einsatz finden (Spalte 1, Zeilen 50 bis 55), zu kombinieren.

Zudem besitzen die elektrischen Einrichtungen, die in D11 bis D13 offenbart sind, bekanntlich eine solche Bautiefe, dass sie nicht zwischen zwei Glasplatten integrierbar sind, so dass ein Fachmann nicht in Betracht ziehen würde, eine aus diesen Druckschriften bekannte elektrische Einrichtung zwischen die beiden Glasplatten eines Spiegels gemäß D1 einzubauen.

5.5 Die Beschwerdeführerin hat die Auffassung vertreten, dass der Fachmann aus D16, siehe z.B. Seite 7, Zeilen 1 bis 19, wisse, dass elektrische Einrichtungen, insbesondere Leuchtmittel, die als LED's ausgeführt sind, eine so geringe Baugröße aufweisen können, dass sie sehr wohl zwischen zwei Glasplatten eingebaut werden können. LED's sind jedoch in ihrer Baugröße weder mit einer LCD-Anzeigeeinheit, noch mit einer CCD-Kamera vergleichbar. Somit scheidet eine Kombination on D1 mit D11 und D12 auch unter Berücksichtigung von D16 wegen der benötigten Baugröße stets aus.

5.6 D13 offenbart zudem auch keine zweite Glasplatte, die mit der ersten Glasplatte in der Art einer Verbundglasscheibe verbunden ist und die eine elektrisch leitende Beschichtung aufweist, auf der die elektrischen Einrichtungen montiert sind.

Auch wenn der Fachmann aus D16 erkennen würde, dass LED-Leuchtmittel viel flacher als in D13 gezeigt ausgeführt werden könnten, verbleibt die Lehre von D13, die Leuchtmittel hinter der Spiegelplatte und nur gegenüber den zu beleuchtenden Symbolen anzubringen. Wenn er aber gemäß D16 vorgehen würde, um ein LED-Modul zwischen den beiden Glasplatten von D1 anzubringen, so würde er die LED's zusammen mit der leitfähigen Schicht, wie in D16, Seite 7, beschrieben, auf der vorderen Glasbahn 2 als Trägersubstrat anbringen. Die Lehre von D13 würde ihn nicht dazu führen, die elektrischen Einrichtungen direkt auf der zweiten hinteren Glasplatte von D1 zu montieren, die bereits mit einer elektrisch heizbaren Schicht versehen ist. Auch wenn der Fachmann versuchen würde, D1 und D13 zu kombinieren, so würde eine solche Kombination, auch unter Berücksichtigung von D16, nicht in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand führen.

5.7 Die Beschwerdeführerin hat auch vorgetragen, dass eine Kombination von D13 mit D16 den beanspruchten Gegenstand nahelegen würde.

Es ist zunächst festzustellen, dass der beanspruchte Gegenstand ein Spiegel für eine Feuchtraumnutzung ist. D13 offenbart keinen solchen Spiegel. Die Kammer ist daher der Auffassung, dass D13 kein geeigneter Ausgangspunkt für die beanspruchte Erfindung ist.

Des weiteren gibt D16 zwar in Spalte 7, Absätze 1 bis 3 an, dass das erste die LED's tragende Substrat aus Glas durch ein zweites möglicherweise auch aus Glas bestehendes Substrat geschützt werden kann. Wie das zweite Substrat auf das erste aufgebracht wird, ist dieser Druckschrift nicht zu entnehmen. Dass die Substrate mittels transparenter Klebeschicht in der Art einer Verbundglasscheibe miteinander verbunden sind, wird von keiner der beiden Druckschriften nahegelegt.

Es ist zudem nicht nachzuvollziehen, warum der Fachmann, der das aus D13 bekannte Leuchtmittel durch ein LED-Modul wie aus D16 bekannt ersetzen möchte, das Trägersubstrat für die LED's dann auch noch größer als das in D13 gezeigte Leuchtmittelgehäuse ausführen sollte.

Die Beschwerdeführerin hat dazu vorgetragen, der Fachmann würde dies tun, um den Spiegel feuchtraumtauglich zu machen. Dem kann nicht gefolgt werden. Es besteht kein Grund, einen Innenrückspiegel für ein Fahrzeug feuchtraumtauglich machen zu wollen. Dies würde dazu führen, den besagten Spiegel für eine völlig andere Verwendung umzubauen. Eine solche Vorgehensweise kann nicht naheliegend sein.

Obwohl der Fachmann völlig frei in der Wahl eines Ausgangspunkts ist, bleibt er später natürlich an diese Wahl gebunden. Sucht sich ein Fachmann etwa einen bestimmten spezifischen Kfz-Innenspiegel als Ausgangspunkt aus, so kann er diesen weiterentwickeln; das normale Ergebnis dieser Entwicklung wird aber letztendlich stets ein Kfz-Innenspiegel und nicht etwa ein Spiegel für eine Feuchtraumnutzung sein (siehe T 0570/91, Abschnitt 4.4). Durch eine bewusste, d. h. in Kenntnis der Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Gattungen getroffene Auswahl legt nicht nur den als Ausgangspunkt dienenden Gegenstand fest, sondern gibt auch den Rahmen der Weiterentwicklung vor, nämlich eine Weiterentwicklung innerhalb dieser Gattung. Eine Änderung der bewusst gewählten Gattung zu einer anderen, bereits vorher bekannten, aber nicht gewählten ist während der Weiterentwicklung unwahrscheinlich und im Normalfall nicht naheliegend (T 817/94).

Die Beschwerdeführerin hat auch vorgetragen, dass der beanspruchte Gegenstand ausgehend von D16 in Kombination mit D13 nahegelegt werde.

Jedoch, wie bereits oben ausgeführt, kann ein gattungsmäßig anderes Dokument (hier ein LED-Modul) normalerweise nicht als realistischer Ausgangspunkt in Betracht gezogen werden, um einen Spiegel zu schaffen (T 870/96).

5.8 Des Weiteren wurde zu einem Angriff ausgehend von D5 in Kombination mit D8 vorgetragen.

D5 (Ansprüche 1 und 4; Figuren 1 bis 3) offenbart einen Spiegel mit einer rückseitig teilweise einen Spiegelbelag (14) aufweisenden transparenten Glasplatte (12), mit mindestens einer integrierten elektrischen Einrichtung (30), wobei die Glasplatte (12) transparente Bereiche aufweist, und elektrische Einrichtungen (Schalter und Lampe) auf einer elektrisch leitenden Beschichtung (30) der Rückseite der Glasplatte in den transparenten Bereichen montiert sind.

Diese Einrichtungen sind in durchgehenden Bohrungen (22, 24) in der Glasplatte angebracht und ragen aus der Glasplatte heraus.

D8 (Anspruch 1; Figur) offenbart ein Flächendisplay zur Ausleuchtung von Hintergrundflächen. Es ist dieser Druckschrift nicht zu entnehmen, dass die lichtdurchlässige Leiterplatte (12) als Spiegel ausgebildet sein soll und auch nicht, dass es sich um eine Glasplatte handelt. Das Gehäuse (10) ist mit einer Vergussmasse aus lichtdurchlässigem Material ausgefüllt. Die elektrische Einrichtung wird von der Leiterplatte (12) getragen. Eine zweite Platte aus Glas ist auch nicht vorhanden.

Keine dieser Druckschriften zeigt zwei Glasplatten, die in der Art einer Verbundglasscheibe verbunden sind, und auch nicht, dass elektrische Einrichtungen auf einer elektrisch leitenden Beschichtung der zweiten Glasplatte in Bereichen montiert sind, die transparenten und/oder halbverspiegelten Bereichen der ersten Glasplatte gegenüberliegen.

Folglich kann auch die Kombination der beiden Druckschriften diese Merkmale nicht aufweisen und somit auch nicht in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand führen.

5.9 Da keine der vorgetragenen Angriffslinien in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 führt, konnte die Beschwerdeführerin auch nicht mit der Behauptung, dass der Gegenstand des Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, überzeugen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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