T 0109/82 (Hörgerät) of 15.5.1984

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1984:T010982.19840515
Datum der Entscheidung: 15 Mai 1984
Aktenzeichen: T 0109/82
Anmeldenummer: 79103499.4
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: A
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: OJ | Published
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Bosch
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: 1. In einer neuen Aufgabenstellung kann dann kein Beitrag zur erfinderischen Qualifikation der Lösung vorliegen, wenn sie vom Durchschnittsfachmann hätte gestellt werden können. Dies ist der Fall, wenn die Aufgabe lediglich darin besteht, Mängeln einer Sache abzuhelfen, die sich bei ihrem Gebrauch zeigen.
2. Ist bei stagnierender Technik bis zur Erfindung ein langer Zeitraum verstrichen, so kann dies ein Anzeichen für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit sein, wenn während dieser Zeit ein dringendes Bedürfnis zur Verbesserung bestanden hat.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - kein erfinderischer Beitrag in
Stagnierender Stand der Technik
Kein Bedürfnis während langer Zeitspanne
Aggregation
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0226/87
T 0041/88
T 0147/88
T 0352/88
T 0532/88
T 0107/89
T 0115/89
T 0634/89
T 0699/91
T 0630/92
T 0798/92
T 1014/92
T 1037/92
T 0713/93
T 0073/95
T 0280/96
T 0456/96
T 0805/97
T 0241/98
T 0552/04
T 1344/06
T 1256/17

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 18. September 1979 angemeldete, unter der Nummer 0 010 169 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 79 103 499.4, für die die Priorität einer früheren Anmeldung vom 25. Oktober 1978 in der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, ist von der Prüfungsabteilung 059 durch Entscheidung vom 7. April 1982 zurückgewiesen worden. Der Entscheidung lagen der im Oberbegriff am 24. August 1981 mit einer Änderung versehene ursprüngliche Patentanspruch 1 sowie die ursprünglichen Ansprüche 2-7 zugrunde.

II. Die Prüfungsabteilung führt aus, zur Schaffung des Gegenstandes des Patentanspruches 1 habe es keiner erfinderischen Tätigkeit bedurft. Sie begründet ihre Auffassung unter Hinweis auf den in der US-A-3 979 567 offenbarten Kuppler einer Schallmeßvorrichtung.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin unter fristgerechter Entrichtung der Gebühr am 18. Mai 1982 Beschwerde eingelegt und diese in einem am 24. Juli 1982 eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie vertritt die Ansicht, der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 2, die aufrechterhalten werden, habe auch bei Kenntnis der US-A-3 979 567 nicht nahegelegen.

IV. In einem Bescheid vom 28. Oktober 1983 ist der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, aus welchen Gründen eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit den geltenden Patentansprüchen im Hinblick auf das neu in das Verfahren eingeführte, offenkundig vorbenutzte Stethoskop nach dem Prospekt der Fa. Kirchner und Wilhelm, Stuttgart, nicht möglich erscheine, da in diesem trichterförmige Gummimanschetten zur Schalleitung unter vollkommener Abschirmung von fremden Nebengeräuschen verwendet worden sind.

V. Mit Schriftsatz vom 28. Februar 1984 (eingegangen am 29. Februar 1984) beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein europäisches Patent gemäß Hauptantrag aufgrund eines neu vorgelegten Patentanspruches 1, dem sich die den ursprünglichen Ansprüchen 4-7 entsprechenden Ansprüche 2-5 anschließen, und einer geänderten Beschreibung zu erteilen. Ferner wird hilfsweise beantragt, aufgrund eines geringfügig modifizierten Patentanspruches 1 ein Patent zu erteilen.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, daß die Gegenstände der beiden Patentansprüche durch den in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigten als auch den von der Kammer noch eingeführten Stand der Technik nicht nahegelegt seien. Zudem habe sich, trotz der jahrzehntelangen Verwendung der umständlich zu handhabenden Schallmeßbox, bisher noch kein Fachmann die Aufgabe gestellt, ohne eine solche auszukommen, so daß bereits in der Aufgabenstellung ein erfinderischer Beitrag gesehen werden müsse. Irgendeine Anregung, die gebräuchliche Meßbox zum Prüfen von Hörgeräten durch eine einfache Manschette zu ersetzen und das individuelle Ohrpaßstück in die Prüfung des Hörgerätes einzubeziehen, sei aus dem Stand der Technik nicht zu entnehmen. Der Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

Vorrichtung zum Messen und Prüfen von Hörgeräten und insbesondere zum Einstellen des maximalen Ausgangschalldrucks unter Verwendung eines Schallgebers, der an die Schalleintrittsöffnung des Hörgerätes ein Tonsignal annähernd konstanten Pegels abgibt, eines mit der Schallaustrittsöffnung des Hörgerätes verbundenen Resonanzraumes und einer mit diesem verbundenen elektroakustischen Meßeinrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß die Schallöffnung des Schallgebers (30) von einer Manschette (32) aus elastischem Material umgeben ist, daß die dem Schallgeber abgewandte Öffnung der Manschette die Schalleintrittsöffnung ... (14) des Hörgerätes akustisch dichtend umschließt und daß die Schallaustrittsöffnung (16) des Hörgerätes über das individuelle Ohrpaßstück (21) des Hörgeschädigten mit dem Resonanzraum (24) verbunden ist.

Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag entspricht obiger Fassung mit folgender nach dem Begriff "Schalleintrittsöffnung" in Zeile 18 einzufügender Ergänzung: ... "nach dem Heranführen des Hörgerätes an die Manschette..."

VI. Wegen des Wortlauts der ursprünglichen Patentansprüche und Beschreibung wird auf die Veröffentlichung Nr.0 010 169 verwiesen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

2. Die von der Beschwerdeführerin eingeführte Literaturstelle von W. Güttner, "Hörgerätetechnik", Georg Thieme Verlag 1978, Seiten 26 und 27, von der nunmehr als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen ist, offenbart ein Verfahren zum Messen und Einstellen des maximalen Ausgangsschalldruckes von Hörgeräten mittels einer Meßbox, in der ein Schallgeber unter Freifeldbedingungen mit der Schalleintrittsöffnung des Hörgerätes in akustischer Verbindung steht, während der Hörgeräteausgang über den Kuppler mit der einen Resonanzraum enthaltenden (elektroakustischen) Meßeinrichtung verbunden ist. Von dieser Meß- und Prüfvorrichtung unterscheidet sich diejenige des Anspruchs 1 durch eine die Schallöffnung des Schallgebers umgebende Manschette aus elastischem Material, deren dem Schallgeber abgewandte Öffnung die Schalleintrittsöffnung des Hörgerätes akustisch dichtend umschließt. Als weiteres Merkmal ist die Schallaustrittsöffnung des Hörgerätes über das individuelle Ohrpaßstück des Hörgeschädigten mit dem Resonanzraum des Kupplers verbunden.

Die im Recherchenbericht u.a. genannte US-A-3 979 567 offenbart lediglich einen Kuppler, der zum Testen von Hörgeräten samt individuellen. Ohrpaßstücken Verwendung findet. Über die Art der Schallübertragung vom Schallgeber zum Hörgerät schweigt sich diese Veröffentlichung aus. Die übrigen die beanspruchte Gattung betreffenden, ebenfalls im Recherchenbericht genannten Veröffentlichungen sind jedoch vom Anmeldungsgegenstand noch weiter entfernt als die bereits genannten.

Das im Beschwerdeverfahren eingeführte, offenkundig vorbenutzte Stethoskop gemäß dem Prospekt der Fa. Kirchner & Wilhelm ist mit fremdschalldämmenden Gummimanschetten versehen. Es betrifft somit keine nach dem Oberbegriff des Anspruches 1 ausgebildete Vorrichtung.

Nach Prüfung des genannten Standes der Technik gelangt die Kammer zu dem Ergebnis, daß eine Vorrichtung zum Messen, Prüfen und insbesondere zum Einstellen des maximalen Ausgangsschalldruckes eines Hörgerätes mit allen in den geltenden Ansprüchen 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag aufgeführten Merkmalen durch den im Recht liegenden Stand der Technik nicht bekannt geworden ist. Gegenüber diesem ist der Gegenstand der genannten Ansprüche daher neu (Art. 54 EPÜ).

3. Die nach der angegebenen Literaturstelle von Güttner verwendete, einen großen schalldicht abgeschlossenen Raum enthaltende verschließbare Meßbox nimmt bei der Prüfung das zu prüfende Hörgerät auf und wird von einem Schallgeber mit einem Tonsignal von annähernd konstantem Pegel beaufschlagt und der durch die einstellbare Verstärkung des Hörgerätes angehobene Pegel an einem Meßgerät abgelesen. Die genaue Einstellung des maximalen Ausgangsschalldruckes erfordert jedoch ein mehrmaliges Öffnen und Schließen der Meßbox zwecks Nachstellung des Einstellers zur Herantastung an den vorgegebenen Meßwert. Die Verwendung einer derartig aufwendigen Meßbox und der hohe, zur Durchführung der Messung beanspruchte Zeitaufwand empfindet die Beschwerdeführerin als nachteilig.

4. Demzufolge sieht die Beschwerdeführerin die mit dem Gegenstand des Anspruches 1 zu lösende Aufgabe darin, eine Vorrichtung der genannten Art zu schaffen, mit der die Messung und Prüfung des Hörgerätes ohne die umständlich zu handhabende Meßbox auf vereinfachte Weise durchgeführt werden kann und der hierzu notwendige Zeitaufwand reduziert wird.

5. Es ist deshalb zu prüfen, ob durch den ermittelten Stand der Technik eine Vorrichtung nach dem Anspruch 1 nahegelegt ist. Hierzu ergibt sich folgendes:

5.1. Nach der Beschwerdeführerin erfolgte das Prüfen und Messen von Hörgeräten seit vielen Jahrzehnten mittels kostspieligen und umständlich zu handhabenden Schallmeßboxen, ohne je einen Fachmann auf den Gedanken gebracht zu haben, diese Meßverfahren etwa durch Weglassen der Box zu vereinfachen, Aus dieser unbestrittenen Tatsache glaubt die Beschwerdeführerin den Schluß ziehen zu können, es müsse bereits in der Aufgabenstellung ein Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit gesehen werden. Letztere soll also nicht ausschließlich in der Lösung nach den Merkmalen des Patentanspruches 1 begründet sein. Es muß aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung allerdings davon ausgegangen werden, daß der Mangel der umständlichen Handhabung der aufwendigen Meßbox der Fachwelt wegen der damit im dauernden Gebrauch gemachten praktischen Erfahrungen beim Messen, Prüfen und Einstellen des Hörgerätes nicht verborgen blieb. Stellt der Fachmann einerseits fest, daß bei einem derartigen Verfahren eine aufwendige Meßbox deshalb als notwendig erachtet wurde, weil akustisch anspruchsvolle Messungen bei Entwicklungsarbeiten zur Ermittlung von Übertragungseigenschaften von Hörgeräten vorzunehmen waren, andererseits bei weniger anspruchsvollen Messungen, wie z.B. beim Prüfen und Einstellen von Hörgeräten durch einen Hörgeräteakustiker in der Praxis, aber der mit der Schalleitung in einem freien Schallfeld mit fortschreitenden ebenen Wellen verbundene Aufwand als nicht mehr gerechtfertigt erkannt wird, so erhellt aus diesem Umstand, daß die Stellung der hier zu lösenden Aufgabe lediglich als eine Folge der praktisch feststellbaren Mängel zu betrachten ist, was folgerichtig zur Suche einer dieser abhelfenden Lösung führt. Unter den gegebenen Umständen hätte demzufolge diese Aufgabe ohne weiteres von jedem Fachmann gestellt werden können, sobald dazu irgendeine Veranlassung bestanden hätte. Sie ist daher keineswegs abwegig und daher für den Fachmann als nahegelegt zu betrachten. In diesem Fall vermag sie mithin keinen Beitrag zur erfinderischen Qualifikation ihrer Lösung zu leisten. Den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumenten zur Stützung eines erfinderischen Beitrags der Aufgabenstellung kann somit nicht gefolgt werden.

5.2. Die bereits erwähnte Literaturstelle W. Güttner, "Hörgerätetechnik", befaßt sich mit einer anspruchsvollen Meßmethodik, bei der in der Meßbox sowohl ein auf ein Schallfreifeld kalibriertes Mikrophon als auch das auszumessende Hörgerät symmetrisch bezüglich der Achse des Schallgebers angeordnet sind.

Der hier maßgebliche Akustikfachmann erkennt, wie schon unter 5.1 erörtert, jedoch ohne weiteres, daß zur Vornahme weniger anspruchsvoller Messungen ein freies, großen Raum beanspruchendes Schallfeld entfallen und die Schalleintrittsöffnung des Hörgerätes vom Schallgeber direkt und auf kurzem Wege bestrahlt werden kann. Zwar steht dem Fachmann gewiß die Alternative offen, die Meßbox beizubehalten, aber entsprechend zu verkleinern. Diese wäre jedoch noch immer mit dem Mangel des wiederholten Öffnens behaftet, während die andere dem Fachmann noch offenstehende Alternative, die Box ersatzlos wegzulassen, wegen der störenden Fremdschalleinwirkung als untauglich ausscheidet. Der Fachmann sah sich daher gezwungen, sich um eine Lösung zu bemühen, bei der die Schalleitung unter gleichzeitiger Abschirmung vom umgebenden Raum sich möglichst auf die Eintrittsöffnung hin konzentriert.

Diese Feststellung führt zur Frage, ob nicht geeignete Schalleitungsvorrichtungen in anderen Fachgebieten bekannt sind, die diesen Anforderungen zu genügen vermögen. Hierfür kommen vor allem solche Gebiete in Betracht, die Vorrichtungen betreffen, welche direkte Schalleitungsfunktionen erfüllen. Einem derartigen Gebiet ist ohne Zweifel jenes der medizinischen Hörgeräte nach der Art der Stethoskope zuzurechnen. Wie der eingeführte Prospekt der Firma Kirchner & Wilhelm, Stuttgart, eindeutig belegt, ist es auf diesem Gebiet bekannt, mittels trichterförmigen Gummimanschetten den Schall ausgehend vom menschlichen Körper über eine an die Manschette anliegende Eintrittsöffnung weiterzuleiten. Das dort beschriebene, unter der Bezeichnung "Petiphon" Kat. Nr. 43521 bezeichnete Stethoskop enthält u.a. einen klaren Hinweis auf einen frei schwingenden trichterartigen Gummidichtring, der geeignet ist, bei Auflage sich den gegebenen Körperunebenheiten anzuschmiegen und fremde Nebengeräusche vollkommen abzuschirmen. Hierin wird somit der Gedanke gelehrt, die direkte, auf eine Schalleintrittsöffnung gezielte Schalleitung mittels einem Gummidichtungsring vorzunehmen, dessen Aufbau und Funktion mit der anmeldungsgemäßen Gummimanschette identisch ist.

Da die Firma Kirchner & Wilhelm auf Anfrage bestätigte, daß derartige Stethoskope schon vor dem Jahr 1978 geliefert wurden, und gegen die Richtigkeit dieser Angaben auch seitens der Beschwerdeführerin keine Bedenken geäußert wurden, muß davon ausgegangen werden, daß dieses Stethoskop zum Stand der Technik gehört. Es muß demzufolge bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Betracht gezogen werden. Hieraus konnte der mit dem Problem der gezielten Schallzuführung zu einer Schalleintrittsöffnung befaßte Akustikfachmann somit durchaus jene Kenntnis erlangen, deren er zur Lösung des anstehenden Problems bedurfte. Die dort gegebene Lehre zwischen dem Schallgeber und der Mikrophonöffnung eines Hörgerätes anzuwenden, liegt daher auf der Hand und zeitigt keinerlei überraschende, sondern lediglich eine durchaus zu erwartende Wirkung.

5.3. Der Einwand der Beschwerdeführerin, nach dem Vorbild des Stethoskopes entsprechend bei dem Hörgeräteprüfen zu verfahren führe nicht zum Ziel, weil der Gummiring in diesem Fall konsequenterweise fest mit der Schalleintrittsöffnung des Hörgerätes verbunden werden müßte, kann nicht durchgreifen. Es dürfte nämlich jedem Fachmann geläufig sein, daß das zu testende Hörgerät an der Schalleintrittsöffnung keine Manschette aufweist und diese Bestandteil des Prüfgerätes sein muß. Deren Befestigung am Schallgeber mit der Vertauschung der Anbauseite drängt sich also systembedingt auf. Sie ist im Hinblick auf die unverändert beibehaltene Schalleinrichtung physikalisch auch völlig irrelevant und stellt eine unerläßliche, rein handwerkliche Maßnahme dar.

5.4. Auch das im Kennzeichen des Anspruches 1 noch verbleibende an sich bekannte Merkmal (vergl. US-A-3 979 567), wonach die Schallaustrittsöffnung des Hörgerätes über das individuelle Ohrpaßstück des Hörgeschädigten mit dem Resonanzraum verbunden ist, muß gleichfalls als nahegelegt betrachtet werden.

Wenn man in Betracht zieht, daß seit langem von allen Hörgerätakustikern das notwendigerweise zum Hörgerät gehörende individuelle Ohrpaßstück des Hörgeschädigten bei der herkömmlichen Art der Messung mitberücksichtigt wurde, so ergibt sich bei Belassen dieses Ohrpaßstückes am zugehörigen Hörgerät bei der Vornahme einer Prüfung mittels Manschette keine Änderung der Schalleitfunktion. Einen gegenüber dem Bekannten vorteilhaften Beitrag vermag dieses Merkmal nicht zu leisten. Wie jeder Fachmann ferner sieht, trägt dieses Merkmal auch nicht zur Lösung der gestellten Aufgabe bei, beruht doch deren Lösung ausschließlich auf der speziellen Art der Schalleitung zur Eintrittsöffnung des Hörgerätes, ohne daß das individuelle Ohrpaßstück in irgendeiner Weise positiv auf die dortige Schalleitung einwirken könnte. Daraus folgt, daß jedes der kennzeichnenden Merkmale, ohne eine gegenseitige Wechselwirkung auszuüben, auf normale Art und Weise funktioniert. Es liegt somit eine Aggregation von sich nicht gegenseitig wirkungsmäßig unterstützenden, eine bloße Summenwirkung erzielenden Merkmalen vor, die als naheliegend zu betrachten ist.

5.5. Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, daß trotz der jahrzehntelangen Verwendung der umständlich zu handhabenden Schallmeßbox und der damit verbundenen Unzulänglichkeiten kein Fachmann je auf die Idee gekommen sei, ohne eine solche zu arbeiten, was als ein sicheres Anzeichen für das Nichtnaheliegen zu werten sei. Die Beschwerdeführerin läßt dabei jedoch außer acht, daß das Zeitmoment allein nicht maßgebend sein kann, sondern vielmehr nur bei gleichzeitigem Vorliegen anderer Faktoren zugunsten des Nichtnaheliegens zu entscheiden ist. Ein wesentlicher derartiger Faktor ist zweifelsohne in einem lange Zeit unbefriedigten, dringenden Bedürfnis zu sehen. Liegt nämlich ein solches nicht vor, so besteht für die Fachwelt keine Veranlassung, vom Herkömmlichen abzuweichen und neue Wege zu beschreiten. Die Kammer schließt aus der während einer langen Zeitspanne feststellbaren stagnierenden Prüftechnik und aus den im gesamten ausgewiesenen Stand der Technik fehlenden Andeutungen von Ansätzen oder Bemühungen zur Weglassung der Meßbox gerade auf das Nichtvorhandensein eines solchen Bedürfnisses, um so mehr als die Beschwerdeführerin es unterlassen hat, den Nachweis hierüber anzutreten.

5.6. Aus den vorstehenden Gründen ist der Gegenstand nach Anspruch 1 des Hauptantrages nahegelegt. Er beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), so daß dieser Anspruch nicht gewährt werden kann (Art. 52 (1)).

6. Die Gesichtspunkte, die für den Gegenstand des Patentanspruches 1 nach dem Hauptantrag zur Frage der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit angeführt sind, gelten sinngemäß auch für die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag beruht deshalb ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ) und kann mithin auch nicht gewährt werden (Art. 52 EPÜ).

Angesichts dieser Tatsache kann dahingestellt bleiben, ob mit der vorgeschlagenen Einfügung die beanstandete mangelnde Deutlichkeit des Anspruches 1 behoben wäre.

7. Die Ansprüche 2-5 sind auf die nicht gewährbaren Patentansprüche 1 nach dem Haupt- und Hilfsantrag bezogen und teilen deshalb deren Rechtsschicksal.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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