European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1991:T063489.19910820 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 August 1991 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0634/89 | ||||||||
Anmeldenummer: | 86111246.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60T 17/08 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Federspeicherzylinder, insbesondere druckmittel- betätigter Federspeicherbremszylinder für Straßen- fahrzeuge | ||||||||
Name des Anmelders: | WABCO | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Inventive step (no) Erfinderische Tätigkeit (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die am 14. August 1986 angemeldete und am 22. April 1987 unter der Nummer 0 218 845 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 86 111 246.4 wurde durch Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 28. Februar 1989 zurückgewiesen.
Der Entscheidung lagen die ursprünglichen Unterlagen zugrunde.
Der ursprüngliche und weiterhin geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Federspeicherzylinder, insbesondere druckmittelbetätigter Federspeicherbremszylinder für Straßenfahrzeuge, mit einem zwischen dem Zylinderboden und einem Federspeicherkolben eingespannten Federspeicher, der folgene Merkmale aufweist:
a) Der Federspeicher besteht aus einer Schraubendruckfeder mit nicht zylindrischer Mantellinie derart, daß der Windungsdurchmeser im Mittelteil der Feder am größten ist; b) die Schraubendruckfeder stützt sich mit ihren beiden Endwindungen am Zylinderboden und an der dem Zylinderboden zugewandten Seite des Federspeicherkolbens ab, derart, daß bei Belastung bis zum Maximum alle federnden Windungen nicht abgestützt sind; gekennzeichnet durch folgendes Merkmal:
c) Die Drahtdicke der Schraubendruckfeder (7) nimmt nach beiden Federenden hin ab."
In der Entscheidung kommt die Prüfungsabteilung zu dem Ergebnis, daß aufgrund des Standes der Technik nach den Druckschriften
(D2) DE-A-2 000 472 und
(D3) DE-C-2 218 070 die beanspruchte Vorrichtung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Mit Schriftsatz vom 12. April 1989, eingegangen am 18. April 1989, hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) gegen diese Entscheidung unter gleichzeitiger Bezahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde eingelegt.
IV. In der am 12. Juni 1989 eingegangenen Beschwerdebegründung vertritt sie die Auffassung, mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1, d. h. mit der erfindungsgemäßen Verwendung einer Schraubendruckfeder gemäß (D2) in einem Federspeicherzylinder werde erstmals die von den Fachleuten bis dahin übliche Denkweise überwunden, die hinsichtlich der Grenze des Einsatzes einer Feder, gemäß dem Stand der Technik nach der (D3), bei der Tonnenfeder gesehen wurde. Bei diesem Stand der Technik gemäß (D3), nämlich der bekannten Verwendung einer Tonnenfeder mit im Verlauf der Einfederung nicht abgestützten, mehr oder weniger ineinander einfedernden Windungen ende die Erkenntnis über die bestmöglichen Maßnahmen zur Aufgabenlösung, d. h. zur Verkürzung der Baulänge und zur Gewichtsreduzierung.
Hieraus könne der Schluß gezogen werden, daß es zur Überwindung des Bekannten hin zum Erfindungsgegenstand eines erfinderischen Schrittes bedurfte. Zudem sei die erzielte Wirkung, d. h. die nochmalige Verkürzung der Baulänge und die Gewichtsreduzierung gegenüber dem Stand der Technik unbestreitbar.
V. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung aufzuheben und das nachgesuchte europäische Patent auf der Grundlage der ursprünglichen Unterlagen zu erteilen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.
2. In formaler Hinsicht hat die Kammer keine Bedenken gegen die Patentansprüche und die Beschreibung, die in der ursprünglichen Fassung gelten.
3. Hinsichtlich der Frage der Patentfähigkeit ist zunächst festzustellen, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik neu ist. Er unterscheidet sich von dem zur Bildung des Oberbegriffs herangezogenen Federspeicherzylinder nach der (D3) durch das im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegebene Merkmal, nämlich daß die Drahtdicke der Schraubendruckfeder nach beiden Federenden hin abnimmt, während die Druckschrift (D2) zwar das vorgenannte kennzeichnende Merkmal, jedoch nicht die weiteren Merkmale aus dem Oberbegriff offenbart. Die Neuheit war im übrigen zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens strittig.
4. Zur Frage der erfinderischen Tätigkeit hat die Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung die Ansicht vertreten, es sei naheliegend die aus (D2) bekannte Feder anstelle der in der (D3) beschriebenen Feder zu verwenden, da in der (D2) dieselbe Problemstellung angesprochen sei. Die Kammer schließt sich dieser negativen Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit an.
4.1. Wie in der Beschreibungseinleitung der vorliegenden Patentanmeldung ausgeführt ist, wird bei dem gattungsgemäßen Federspeicherzylinder nach der (D3), bei dem anstelle einer zylinderförmigen Schraubendruckfeder eine Schraubendruckfeder mit nichtzylindrischer Mantellinie verwendet ist, dadurch, daß sich die Federwindungen während des Einfederungshubes teilweise ineinanderlegen, eine kürzere Baulänge der Feder sowie des Federspeicherzylinders und damit eine Gewichtsreduzierung erreicht.
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Anmeldung die Aufgabe zugrunde, mit einfachen Mitteln eine weitere Verkürzung der Baulänge, eine weitere Gewichtsreduzierung und dadurch eine Minderung unerwünschter Eigenschwingungen des Federspeicherzylinders auf der Fahrzeugachse zu erreichen.
Diese Aufgabenstellung liegt im Rahmen des grundsätzlichen Strebens eines jeden Fahrzeugbauers, alle Fahrzeugausrüstungsteile möglichst raumsparend und leicht auszubilden, und kann daher nichts zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit beitragen.
4.2. Zur strittigen Frage, ob der Stand der Technik einen Hinweis dafür liefert, wie ein Federspeicherzylinder nach der (D3) noch kleiner und leichter ausgebildet werden kann, ist folgendes zu bemerken:
Die Druckschrift (D2) befaßt sich ganz allgemein mit Schraubendruckfedern mit nichtzylindrischer Mantellinie, deren Windungsdurchmesser im Mitteilteil der Feder am größten ist und deren Drahtdicke nach beiden Enden der Feder hin abnimmt. Auf der ersten Beschreibungsseite, letzter Absatz der (D2) ist ausdrücklich darauf hingewiesen, daß durch diese Federausbildung eine günstige Raum- und Werkstoffausnutzung erreichbar ist. Es läßt sich also durch diese Feder offensichtlich bei gleichem Federungsverhalten eine kürzere und leichtere Bauweise als mit anderen Schraubenfedern verwirklichen.
Bei der Anwendung einer solchen aus (D2) bekannten Feder bei einem bekannten Federspeicherzylinder, z. B. nach der (D3) waren somit die genannten vorteilhaften Wirkungen ohne weiteres zu erwarten. Ein Hindernis für die Anwendung der Feder nach (D2) bei einem Federspeicherzylinder nach (D3) war offensichtlich nicht zu überwinden.
Es ist auch nicht erkennbar, daß durch den Einbau der bekannten Feder in einen bekannten Federspeicherzylinder eine den Fachmann überraschende Konstruktionsvereinfachung mit einer nicht vorhersehbaren Leistungsverbesserung erreicht wurde.
4.3. Die Tatsache, daß die Lehren nach den Druckschriften (D2) und (D3) vor dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung mehr als zehn Jahre nebeneinander bekannt waren, ohne daß der Fachmann sie kombiniert hätte, ist für sich allein noch kein Beweis für das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit. Hierzu müßten noch weitere Faktoren zugunsten des Nichtnaheliegens vorhanden sein (vgl. T 109/82, ABl. EPA 1984, 473, Pkt. 5.5).
Die Beschwerdeführerin hat in dieser Hinsicht zwar geltend gemacht, es hätten in Form der Verwendung einer nichtzylindrischen Tonnenfeder gemäß (D3) schon Bemühungen stattgefunden, bei Federspeicherzylindern die Baulänge zu verkürzen und das Gewicht zu reduzieren, ohne daß dabei die beanspruchte Lösung gefunden wurde. Es habe gewissermaßen eine gedankliche Barriere bei der Fachwelt bestanden, bei dem Bemühen um Gewichtsreduzierung und Verkürzung der Baulänge weiter zu gehen als bis zu der aus (D3) bekannten Tonnenfeder. Die Anmelderin habe als erste diese Barriere überwunden.
Die Kammer kann sich dieser Auffassung, zu deren Stützung keinerlei Tatsachen vorgebracht wurden, nicht anschließen.
Jedenfalls ist die Druckschrift (D3) selbst nicht als Nachweis für das Vorhandensein eines technischen Vorurteils oder eines bestehenden dringenden Bedürfnisses nach weiterer Verbesserung geeignet, denn diese Druckschrift bietet bereits für sich eine brauchbare Lösung an. Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung stellt demgegenüber keine überraschende oder gar bahnbrechende Verbesserung dar. Es bestand somit kein dringender Anlaß, von dem bekannten Federspeicherzylinder abzugehen, zumal die bei der Anmeldung zur Anwendung kommende, an sich bekannte Feder mit unterschiedlicher Drahtdicke einen etwas größeren Fertigungsaufwand zur Folge hat und dies einen Fachmann davon abgehalten haben könnte, diese Lösung trotz ihrer bekannten Vorteile einzusetzen.
4.4. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen ist die Kammer der Überzeugung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 als dem Fachmann durch den schriftlich belegten Stand der Technik nahegelegt gelten muß. Dieser Gegenstand beruht mithin nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ und ist daher nicht patentfähig (Art. 52 (1) EPÜ).
Die vom geltenden Anspruch 1 abhängigen Ansprüche 2 bis 4 fallen zusammen mit dem Anspruch 1.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.