T 0107/89 () of 4.4.1990

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1990:T010789.19900404
Datum der Entscheidung: 04 April 1990
Aktenzeichen: T 0107/89
Anmeldenummer: 81110381.1
IPC-Klasse: B01J 2/20
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung von Granulaten aus organischen, in Form einer Schmelze vorliegenden Stoffen
Name des Anmelders: Bayer AG
Name des Einsprechenden: BASF AG
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: inventive step
erfinderische Tätigkeit nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0109/82
T 0002/83
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung 81 110 381.1, die am 12. Dezember 1981 eingereicht worden war, wurde am 10. April 1985 das europäische Patent 54 868 erteilt.

II. Gegen die Patenterteilung legte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) am 10. Januar 1986 wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit Einspruch ein. Sie stützte sich dabei auf die zwei folgenden Dokumente:

(1): Firmenschrift "Chemietechnik" von Werner & Pfleiderer (1979)

(2): Chemie Ingenieur Technik 52, Nr. 7, July 1980, S. 570 - 575.

III. Die Einspruchsabteilung hat mit der Entscheidung vom 12. Dezember 1988 das Patent widerrufen. Dieser Entscheidung lagen der am 14. Juli 1987 eingegangene Anspruch 1 und die erteilten abhängigen Ansprüche 2 - 7 zugrunde. Der Anspruch 1 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung von Granulaten aus organischen, in Form einer Schmelze vorliegenden Stoffen, die durch Kühlkristallisation in einer Zweiwellenschneckenmaschine zu einer kristallinen Masse erstarren, anschließende Extrusion durch eine Lochplatte am Ende der Schneckenmaschine und Nachkühlung des extrudierten Produktes, dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur in der Schneckenmaschine, ihre Drehzahl und die Temperatur der Lochplatte so eingestellt werden, daß bis zum Ende der Schnecke 70 % bis 99,5 %, vorzugsweise 95 bis 99,5 %, des Materials erstarrt und daß die extrudierten Stränge in einem nachgeschalteten Kühlorgan zu einem Zylindergranulat gebrochen werden und dabei völlig durchkristallisieren."

In der angefochtenen Entscheidung wird ausgeführt, daß der Gegenstand der Anmeldung zwar neu sei, jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Ausgehend von (1) handele es sich bei der Wahl des Nachkühlers und dem in ihm erfolgten Bruch der Stränge um eine für den Fachmann offensichtliche Modifikation des aus (1) bekannten Verfahrens. Bezüglich des Restschmelzanteils habe der Fachmann von einer unvollständigen Kristallisation in einer Zweiwellenschneckenmaschine aus (2) bereits Kenntnis. Des weiteren habe die Patentinhaberin selbst im Streitpatent ausgeführt, daß ohne Restschmelzgehalt eine Extrusion des Produkts überhaupt nicht möglich wäre.

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 10. Februar 1989 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben und diese am 1. März 1989 begründet. In der Beschwerdebegründung und in der mündlichen Verhandlung am 4. April 1990 hat die Beschwerdeführerin sinngemäß folgendes vorgetragen:

Das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit ließe sich schon daraus schließen, daß die Aufgabe neu und aus dem Stand der Technik nicht ableitbar sei und daß durch deren Lösung eine qualitative Verbesserung erzielt werde.

Dokument (1) enthalte keinen Hinweis auf das Vorhandensein einer Restschmelze nach dem Austritt aus der Lochplatte. Gemäß (1) werde das Produkt in fester Form durch Auspressen durch die Lochplatte in Stränge überführt, die von selbst abbrechen. Dies deute darauf hin, daß ein schmelzfreies pulverförmiges Material verpreßt werde. Bei dem Verfahren nach (1) müsse ein Restschmelzanteil vor oder nach dem Austritt aus der Lochplatte nicht zwangsläufig vorhanden sein, da ein kristalliner Stoff durch Additive verformbar gemacht werden könne.

In (2) werde das Kristallisat zu einem offenen Produktaustritt gefördert. Aus dem Hinweis, daß die Hörnchen oft schon nach dem Ausbringen beim Fallen im Luftstrom völlig durchkristallisieren und leicht zerbröckeln, sei zu entnehmen, daß die Anwesenheit einer Restschmelze zu einem nicht transportstabilen Produkt führe. Es bestünde daher für den Fachmann keine Motivation, die aus (2) bekannte unvollständige Kristallisation bei dem Verfahren gemäß (1) anzuwenden und Versuche in dieser Richtung anzustellen.

Die Beschwerdeführerin hat ferner die Auffassung der Beschwerdegegnerin bestritten, daß der Restschmelzanteil vor der Lochplatte wegen Reibungswärme nicht dem nach der Lochplatte gleiche.

V. In ihrer Erwiderung auf die Beschwerdeschrift und in der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) diesem Vorbringen widersprochen. Sie hat insbesondere geltend gemacht, daß in (1) die Anwesenheit eines kleinen Restschmelzanteils beim Durchtritt durch die Lochplatte erforderlich sei, um die Extrusion zu zylindrischen Strängen überhaupt zu ermöglichen, wie dies auch aus dem Patent hervorgehe. Die in (1) erwähnte feste Form oder krümelige Form des zu extrudierenden Produktes ließe nicht darauf schließen, daß bei der Strangextrusion keine Restschmelze vorliege. Ferner seien in (1) der Schmelzpunkt des Ausgangsmaterials, die Temperaturführung der Schneckenmaschine, die maximale Drehzahl, der übliche Betriebsdrehzahlbereich und die Eigenschaften des Endprodukts angegeben. Die Einstellung der Drehzahl bei gleichem Füllgrad sei dem Fachmann geläufig. Darüber hinaus gebe (2) eindeutige Hinweise darauf, daß nur bei Anpassung von Durchsatz, Drehzahl und Temperaturführung an die Eigenschaften des Einsatzstoffes ein stabiles Produkt erhalten werde.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit dem am 14. Juli 1987 eingegangenen Anspruch 1 und den erteilten abhängigen Ansprüchen 2 - 7 aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ sowie Regel 64; sie ist daher zulässig.

2. Der geänderte Anspruch 1 ist im Einklang mit den Erfordernissen des Artikels 123 (2) und (3).

3. Gemäß Anspruch 1 erstarrt 70 % bis 99,5 % des Materials bis zum Ende der Schnecke, oder anders ausgedrückt, der Restschmelzanteil beträgt 0,5 bis 30 % am Ende der Schnecke, d. h. vor der Extrusion durch die Lochplatte. Nach der Beschreibung wird dieser Restschmelzanteil direkt nach der Lochplatte gemessen (vgl. Spalte 3, Z. 51 - Spalte 4 Z. 11). Es ist -insbesondere bei niedrigen Restschmelzegehalten - strittig, ob unter Berücksichtigung der Reibungswärme in der Lochplatte der Restschmelzanteil am Ende der Schnecke dem direkt nach der Lochplatte entspricht. Zugunsten der Beschwerdeführerin wird angenommen, daß die Werte vor und nach der Lochplatte im größeren Teil des beanspruchten Bereiches bezüglich der höheren Restschmelzanteile gleich oder ähnlich sind. Von dieser Auslegung des Anspruchs 1 geht die Kammer bei ihrer Entscheidung aus.

4. Der Gegenstand des Streitpatents betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Granulaten aus organischen, in Form einer Schmelze vorliegenden Stoffen, durch Kühlkristallisation in einer Zweiwellenschneckenmaschine, anschließende Extrusion durch eine Lochplatte und Nachkühlung des extrudierten Produktes.

5.1. Nächstkommender Stand der Technik ist das Dokument (1), das als Anwendungsmöglichkeit der Zweiwellenschneckenmaschinen die Kühlkristallisation mit Strangextrusion und Nachkühlung des extrudierten Produktes beschreibt. Dort wird ein geschmolzenes Material mit einem Schmelzpunkt von 117 °C bei einer Temperatur von ca. 130 °C der Zweiwellenkristallisierschnecke zugeführt und in dieser gekühlt. Das bis auf 100 bis 115 °C gekühlte Produkt, welches in fester Form vorliegt, wird direkt über eine Lochplatte in Strangform axial extrudiert. Die Stränge brechen bei einer bestimmten Länge ab, so daß Granulate mit einem Durchmesser von 5 mm und einer Länge von 10 -15 mm entstehen, die in einem nachgeschalteten Nachkühler auf 40 °C nachgekühlt werden, um lagerfähige Granulate zu erzielen (siehe Seite 6, Absatz 3 "Kristallisation mit Strangextrusion und Bild 8).

5.2. Demgegenüber kann die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe darin gesehen werden, das bekannte Verfahren zu optimieren, um die Eigenschaften des Granulats bezüglich der gegenläufigen Größen, nämlich Transportstabilität und Staubarmut einerseits und Einmischbarkeit bei der Weiterverarbeitung andererseits gezielt zu beeinflussen.

5.3. Diese Aufgabe wird gemäß dem angegriffenen Patent durch folgende Maßnahmen gelöst: a) die Temperatur in der Schneckenmaschine, deren Drehzahl und die Temperatur der Lochplatte werden so eingestellt, daß bis zum Ende der Schnecke 70 % bis 99,5 % des Materials erstarrt und b) die extrudierten Stränge werden in dem nachgeschaltenen Kühlorgan zu einem Zylindergranulat gebrochen und kristallisieren dabei völlig durch. Daß die bestehende Aufgabe hierdurch auch tatsächlich gelöst wird, ist aufgrund der Angaben in der Patentschrift (Spalte 2, Zeilen 52 - 55; Spalte 4 Zeilen 36 - 45; Beispiel 2) glaubhaft.

6. Der beanspruchte Lösungsvorschlag ist nicht durch den zitierten Stand der Technik neuheitsschädlich getroffen. Da die Neuheit auch von den Parteien unbestritten ist erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.

7. Zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, daß die Aufgabe neu und aus dem Stand der Technik nicht ableitbar sei. Die zitierten Dokumente befassen sich zwar nicht mit dem Problem der Einmischbarkeit, der Transportstabilität und der Staubarmut des Endproduktes, jedoch handelt es sich bei der Aufgabenstellung im Falle der Verwendung des Produktes in Kautschukmischungen um die Formulierung der Bedürfnisse der Verwender infolge der praktisch feststellbaren Mängel der bekannten Produkte bei dieser spezifischen Verwendung. Unter diesen Umständen hätte der Fachmann sich die Aufgabe ohne weiteres stellen können. Von der Entdeckung einer unerkannten Aufgabe kann somit keine Rede sein (vgl. T 2/83, ABl. EPA, 1984, 265 und T 109/82 ABl., 1984, 473). Daher kann die Kammer in der Aufgabenstellung keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit erkennen.

8. Zu untersuchen bleibt somit, ob die Lösung der genannten Aufgabe durch den nachgewiesenen Stand der Technik oder das allgemeine Fachwissen nahegelegt war.

8.1. Außer der Lagerfähigkeit des Zylindergranulates sind in (1) keine weiteren Eigenschaften erwähnt, auch nicht die Anwesenheit eines Restschmelzanteiles in dem zu extrudierenden Produkt. Es gehört jedoch zum allgemeinen Fachwissen, daß das Produkt nur dann in Strangform extrudiert werden kann, wenn es die zur Extrusion erforderliche Plastizität besitzt, d. h. verformbar ist. Wie die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin vorgetragen haben, wird dies üblicherweise im Fall der Kühlkristallisation dadurch erreicht, daß das Material entweder noch einen Restschmelzanteil oder Additive, die es verformbar machen, enthält. Da keine dieser Alternativen in (1) ausdrücklich beschrieben ist, bestehen für den Fachmann beide Möglichkeiten. Nach Überzeugung der Kammer schließt der Hinweis auf ein Produkt in "fester" Form nicht die Anwesenheit eines kleinen Restschmelzanteils aus, wenn das Produkt von der flüssigen Form in die feste Form übergeht, aber dabei verformbar bzw. extrudierbar bleiben muß. Dies wurde im übrigen am Ende der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin auch nicht mehr bestritten.

8.2. Dokument (2) beschreibt eine zur Kristallisation von Schmelzen geeignete Zweiwellenschneckenmaschine, ohne jedoch die Extrusion durch eine Lochplatte zu erwähnen. Der Hinweis auf die unvollständig kristallisierten "Hörnchen" als Endprodukt deutet vielmehr darauf hin, daß es sich um eine Kristallierschnecke mit einem offenen Produktaustritt handelt. (2) lehrt außerdem, daß i) bei hohen oder zu hohen Drehzahlen die Kristallisation unvollständig bzw. überhaupt nicht erfolgt und ii) optimale Kühlbedingungen einzuhalten sind, um einerseits die Keimbildung sicher zu stellen und andererseits das Wiederaufschmelzen des Kristallisates durch die investierte Leistung zu vermeiden. Gemäß (2) entstehen bei hoher Drehzahl Agglomerate feiner Körner (sogenannte Hörnchen), die oft schon nach dem Ausbringen beim Fallen im Luftstrom völlig durchkristallisieren und leicht zerbröckeln, dagegen führen kleine Drehzahlen und hohe Verweilzeiten zu einem körnigen Kristallisat (vgl. Seite 574, linke Spalte, 4. Kristallisierschnecken, Zeilen 24 - 35, rechte Spalte, Zeilen 1 - 8).

Aus (2) entnimmt daher der Fachmann, daß durch Einstellung der Drehzahl und der Temperaturführung in der Kristallisierschnecke, der Kristallisationsgrad des Produktes am Ende der Schnecke und die daraus resultierenden Eigenschaften des ohne Strangextrusion erzeugten Endproduktes, insbesondere seine Struktur und seine Festigkeit, beeinflußt werden können.

Nach Meinung der Kammer hätte diese deutliche Lehre den Fachmann bei der Suche nach einer Lösung der bestehenden Aufgabe, dazu angeregt in dem Verfahren gemäß (1) durch zusätzliche Versuche die optimalen Betriebsbedingungen, insbesondere Drehzahl und Temperaturführung der Schneckenmaschine, zu ermitteln, die zu einem Zylindergranulat mit den gewünschten Eigenschaften hinsichtlich der Transportstabilität und der Einmischbarkeit führen. Solche Maschineneinstellungen und das anschließende Überprüfen, ob das erhaltene Produkt die angestrebten Eigenschaften aufweist sind für den Fachmann lediglich übliche Routine, ebenso die Ermittlung des entsprechenden Kristallisationsgrades des Zwischenproduktes, zumal Dokument (1) die maximale Drehzahl und den Betriebsdrehzahlbereich der Schneckenmaschine sowie die Temperaturführung im Falle eines Ausgangsproduktes mit einem Schmelzpunkt von 117 °C offenbart (siehe Seite 2, Tabelle und Seite 6).

Durch diese routinemäßigen Versuche würde der Fachmann zu dem beanspruchten Bereich und den Grenzwerten des Kristallisationsgrades gelangen, denn der Bereich von 70 bis 99,5 % deckt zugleich den ganzen Bereich innerhalb dessen die Herstellung eines Zylindergranulates überhaupt möglich ist. Wie dies aus dem Streitpatent hervorgeht führt ein Restschmelzanteil von über 30 % zu einem Verkleben der Stränge und mit einem Restschmelzanteil niedriger als 0,5 % ist die Plastizität des Materials ohne Zusatz von Additiven für die Extrusion nicht ausreichend (vgl. Spalte 1, Zeilen 58 - 63; Spalte 3, Zeilen 6 - 8).

8.3. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, daß der Hinweis auf leicht zerbröckelnde Hörnchen den Fachmann nicht dazu ermutigen würde, Versuche in dieser Richtung anzustellen, kann die Kammer nicht folgen. Dabei hat die Beschwerdeführerin diesen Hinweis aus dem Zusammenhang von (2) herausgelöst und gesondert gewichtet. Aus (2) entnimmt der Fachmann nicht nur, daß die bei hoher Drehzahl gebildeten Hörnchen zwar oft, aber nicht immer beim Fallen im Luftstrom völlig durchkristallisieren und leicht zerbröckeln, sondern auch, daß bei kleinen oder höheren Drehzahlen Produkte mit anderen Kristallisationsgraden und anderen Eigenschaften erhalten werden. Ferner sind die in (2) gebildeten Hörnchen vor deren Austritt aus der Schnecke nicht dem für eine Extrusion durch eine Lochplatte erforderlichen Druck unterworfen worden, was selbstverständlich auf die mechanischen Eigenschaften des Endproduktes, insbesondere auf dessen Festigkeit einen erheblichen Einfluß hat. Die Lehre aus (2) ist daher für die Durchführung von Versuchen nach Auffassung der Kammer eher auffordernd als demotivierend zu werten.

8.4. In bezug auf die Einstellung der Temperatur der Lochplatte hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß die Beheizung der Lochplatte nicht dazu beitrage, den Restschmelzanteil auf einen Wert von 0,5 - 30 % einzustellen, sondern lediglich dazu diene, ein Zukristallisieren der Löcher zu verhindern (siehe diesbezüglich auch das Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 8 - 10). Daraus ergibt sich, daß die Temperierung der Lochplatte nicht zwecks der gezielten Steuerung der angestrebten Transportstabilität, Staubarmut und Einmischbarkeit des Granulates, d. h. nicht direkt zur Lösung der Hauptaufgabe, eingesetzt wird, sondern dafür sorgt, die Extrusion durch die Lochplatte überhaupt zu ermöglichen. Dieses Merkmal ist zwar weder in (1) noch in (2) beschrieben, jedoch gehört die Temperierung bzw. die Beheizung von Düsenplatten zum allgemein Fachwissen (siehe die in der Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 11. Juli 1989 erwähnte Literatur). Deren Anwendung bei dem Verfahren gemäß (1), um die Verstopfung bzw. das Zukristallisieren der Löcher zu vermeiden, bleibt somit im Rahmen fachmännischen Könnens.

8.5. Auch in dem verbleibenden Merkmal b) des Anspruchs 1 kann die Kammer nichts erkennen, was auf eine erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens hindeuten könnte. Falls in einem Verfahren gemäß (1), die extrudierten Stränge aus verschiedenen Gründen vor der Kühlung im Nachkühler nicht von selbst abbrechen würden (z. B. wegen eines kleineren Lochdurchmessers, anderer Betriebsbedingungen oder einer anderen Substanz) müssen sie selbstverständlich gebrochen bzw. geschnitten werden, um Zylindergranulate zu erzeugen. Dafür bieten sich dem Fachmann wenig Alternativen an, nämlich das Brechen bzw. Schneiden der Stränge vor, während oder gegebenenfalls nach der in (1) beschriebenen Nachkühlung im Kühlorgan. Unter diesen Umständen kann in der Wahl der beanspruchten Alternative kein erfinderisches Handeln gesehen werden.

8.6. Aus alledem folgt nach Auffassung der Kammer, daß die im Anspruch 1 angegebenen Anweisungen für die Einstellung der Betriebsbedingungen sowie der Bruch der extrudierten Stränge im Kühlorgan nahegelegen haben.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).

9. Die auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 7 fallen mit Anspruch 1, da eine Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines oder mehrerer dieser Ansprüche nicht beantragt worden ist und die Kammer darin auch nichts Erfinderisches zu erblicken vermag.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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