European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1989:T035288.19891205 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 Dezember 1989 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0352/88 | ||||||||
Anmeldenummer: | 83104995.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16K 11/078 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Sanitäres Wasserventil | ||||||||
Name des Anmelders: | Ideal-Standard | ||||||||
Name des Einsprechenden: | F. Grohe Armaturenfabr. | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | inventive step - need - long period of time erfinderische Tätigkeit (nein) Hilfsargumente (langer Zeitraum, dring. Bedürfnis) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 20. Mai 1983 angemeldete und am 18. Januar 1984 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 83 104 995.2 wurde am 10. Dezember 1986 das europäische Patent Nr. 0 098 378 erteilt.
II. Ein von der Firma Friedrich Grohe Armaturenfabrik GmbH & Co. eingelegter, auf den Einspruchsgrund Art. 100a) EPÜ (mangelnde Patentfähigkeit) gestützter Einspruch wurde von der Einspruchsabteilung mit Entscheidung vom 24. Juni 1988 zurückgewiesen.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr am 21. Juli 1988 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 26. Oktober 1988 eingereicht.
IV. Die Beschwerdeführerin nannte im Einspruchsschriftsatz die Druckschriften D1: US-A-1 943 865 D2: DE-A-2 904 555 D3: US-A-4 263 940 D4: DE-A-1 600 781 D5: DE-A-1 650 382, und nach Ablauf der Einspruchsfrist noch die D6: US-A-3 282 295.
Im Beschwerdeverfahren verwies sie noch zusätzlich auf die D7: DE-A-3 025 596 und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 5. Dezember 1989 gemäß Hauptantrag, das Patent mit den Unterlagen der Patentschrift unter Streichung des Wortes "mindestens" in der drittletzten Zeile des Anspruchs 1 und des Wortes "insbesondere" in der ersten Zeile des Anspruchs 3 aufrechtzuerhalten. Gemäß Hilfsantrag wurde die Aufrechterhaltung des Patents mit einem aus den Ansprüchen 1 und 4 des Patents zusammengesetzten, in der Verhandlung überreichten Anspruch 1 (unter Einschluß der zum Hauptantrag beantragten Streichung) und den noch verbleibenden abhängigen Ansprüchen beantragt.
VI. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens wurde in den Schriftsätzen der Beteiligten sowie in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
VI.1. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, es sei dem Fachmann allgemein bekannt, eines der Paßteile (Kolben, Zylinder) von Kolbenmischventilen, insbes. den Zylinder, zum Zwecke einer besseren Abdichtung längs zu schlitzen. Es sei daher als naheliegend anzusehen, diese Maßnahme auch bei Verwendung von keramischem Werkstoff für die Ventilpaßteile anzuwenden, um die aus der Notwendigkeit von engen Toleranzen sich ergebenden Probleme bei bekannten, ungeschlitzten Keramik-Kolbenmischern nach D2 zu vermeiden.
Im Laufe der mündlichen Verhandlung stellte sie klar, daß ihr Vorbringen in der Beschwerdebegründung hinsichtlich der Beschwerdegebühr nicht als Antrag auf Rückzahlung zu betrachten sei.
VI.2. Die Beschwerdegegnerin vertritt die auch in der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Auffassung, es könne von einem Fachmann nicht erwartet werden, die aus D1 bekannte Schlitzung des Ventilzylinders auch in Verbindung mit Keramikpaßteilen vorzusehen, denn keramische Werkstoffe wiesen eine derart große Sprödigkeit auf, daß auch bei Schlitzung keine Verbesserung der Dichtgüte vorauszusehen gewesen wäre. Im übrigen hätte die erhöhte Bruchgefahr bei einem geschlitzten Keramikzylinder einen Fachmann von dieser Maßnahme abgehalten, was durch die Druckschrift D8: Lueger, Lexikon der Technik, Band 16, Lexikon der Verfahrenstechnik, vierte Auflage, Stuttgart 1970, S. 2102, gestützt werde. Weiterhin bestehe seit langem ein Bedarf an keramischen Steuerteilen für Kolbenmischer. Im übrigen seien das in Anspruch 1 nach dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag enthaltene Merkmal hinsichtlich der Abdichtung des Schlitzes sowie das zusätzlich in Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag aufgeführte Merkmal hinsichtlich der geometrischen Anordnung des Schlitzes aus keiner der Entgegenhaltungen bekannt.
VII. Der Anspruch 1 nach dem Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
"1. Sanitäres Wasserventil mit einem feststehenden Zylinder (1), welcher einen durchgehenden Schlitz (3) sowie mindestens eine Wassereinlaßöffnung (4) aufweist und zur Aufnahme eines dreh- und/oder verschiebbaren Steuerkolbens (2) dient, wobei die aufeinanderliegenden Flächen des Zylinders (1) und des Kolbens (2) als Dichtflächen ausgebildet sind und wobei mittels des Kolbens (2) die Wassereinlaßöffnung (4) ganz oder teilweise absperrbar und mit einer Wasserauslaßöffnung (5) in Verbindung bringbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Zylinder (1) sowie der Kolben (2) aus einem keramischen Werkstoff bestehen und daß der Längsschlitz (3) im geöffneten Zustand des Ventils von dem Steuerkolben (2) dauernd abgedichtet ist."
Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag vom 5. Dezember 1989 hat folgenden Wortlaut:
"1. Sanitäres Wasserventil mit einem feststehenden Zylinder (1), welcher einen durchgehenden Schlitz (3) sowie Wassereinlaßöffnungen (4) aufweist und zur Aufnahme eines dreh- und/oder verschiebbaren Steuerkolbens (2) dient, wobei die aufeinanderliegenden Flächen des Zylinders (1) und des Kolbens (2) als Dichtflächen ausgebildet sind und wobei mittels des Kolbens (2) die Wassereinlaßöffnungen (4) ganz oder teilweise absperrbar und mit einer Wasserauslaßöffnung (5) in Verbindung bringbar sind, dadurch gekennzeichnet, daß der Zylinder (1) sowie der Kolben (2) aus einem keramischen Werkstoff bestehen, daß der durchgehende Längsschlitz (3) zwischen den Einlaßöfnungen (4) verläuft und die Auslaßöffnung (5) auf der dem Längsschlitz (3) gegenüberliegenden Seite des Zylinders (1) vorgesehen ist, und daß der Längsschlitz (3) im geöffneten Zustand des Ventils von dem Steuerkolben (2) dauernd abgedichtet ist."
VIII. Dem Anspruch 1 schließen sich die Ansprüche 2 - 10 des Patents (Hauptantrag) bzw. die Ansprüche 2, 3 und 5 - 10 des Patents (Hilfsantrag) an, wobei in beiden Fassungen im Anspruch 3 (Zeile 1) das Wort "insbesondere" gestrichen ist.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Die von der Kammer, gestützt auf Art. 114 (1) EPÜ, von Amts wegen durchgeführte Ermittlung hinsichtlich der Frage der Relevanz der verspätet genannten Druckschriften D6 und D7 hat ergeben, daß dieses Material dem Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag und Hilfsantrag) weniger nahe kommt als das im Einspruchsverfahren genannte Material. Die Kammer macht daher von ihrem Ermessensspielraum gemäß Art. 114 (2)EPÜ dahingehend Gebrauch, daß sie diese Druckschriften unberücksichtigt läßt.
3. Hauptantrag
3.1. Gegen Anspruch 1 nach dem Hauptantrag bestehen in formaler Hinsicht keine Bedenken. Die in ihm enthaltenen Merkmale sind durch die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen gestützt (Art. 123 (2) EPÜ). Die Weglassung des im erteilten Anspruch 1 in der drittletzten Zeile enthaltenen Wortes "mindestens" stellt eine eindeutige Beschränkung des Schutzumfanges dar, so daß auch ein Einwand gemäß Art. 123 (3) EPÜ ausscheidet. Das gleiche gilt für das Weglassen des Wortes "insbesondere" in Anspruch 3.
3.2. Die Kammer ist in Übereinstimmung mit den Verfahrensbeteiligten der Auffassung, daß die zur Formulierung des Oberbegriffs des Anspruchs 1 verwendete D1 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, denn D1 zeigt im Gegensatz zu den weiteren Entgegenhaltungen D2 - D5 als einzige Druckschrift die Anordnung eines durchgehenden Schlitzes im Zylinder des Ventils, während bei D3 - D5 der Schlitz in einem innerhalb des Zylinders geführten Kolbenmantel angebracht ist und bei D2 in keinem der Ventilteile ein Schlitz vorgesehen ist.
3.3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von demjenigen gemäß D1 durch die im Kennzeichen des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale:
I) daß der Zylinder (1) sowie der Kolben (2) aus einem keramischen Werkstoff bestehen und II) daß der Längsschlitz (3) im geöffneten Zustand des Ventils von dem Steuerkolben (2) dauernd abgedichtet ist.
Bei der Fig. 10 von D1 ist der Schlitz 43' im Zylinder 38' zumindest bei geöffneter oberer Auslaßöffnung nicht gegen den inneren Druckraum 51 des Kolbens 50 abgedichtet. Somit kann das obige Merkmal (II) nicht als unmittelbar aus D1 bekannt gelten.
3.4. Aus 3.2 und 3.3 folgt unmittelbar die Neuheit des Gegenstandes nach Anspruch 1, so daß sich die Frage der Patentfähigkeit ganz auf die Frage der erfinderischen Tätigkeit einengt.
4. Die Prüfung dieser Frage durch die Kammer hat folgendes ergeben:
4.1. Aus den Figuren 1-10 von D1 in Verbindung mit dem Text Seite 2, Zeilen 51-56; Seite 3, Zeilen 82-84 und 96-102 ist klar erkennbar, daß infolge der geschlitzten Zylinderbauweise die ansonsten üblichen, in der Beschreibungseinleitung des angegriffenen Patents erwähnten dynamischen Ringdichtungen zwischen den Einlaßöffnungen 34, 35 im Zylinder 38 und der Wandung des Ventilkolbens 50 nicht mehr nötig sind. Infolge der Elastizität des geschlitzten Zylinders wird dieser durch die radialen Reaktionskräfte der statischen Dichtungsanordnung 39 und die hydraulischen Druckkräfte mit seinem Innenmantel gegen die Außenwandung des Steuerkolbens 50 gepreßt, so daß im Betriebszustand infolge der elastischen Anpressung des Zylinders ein durch Fertigungstoleranzen bedingter Spalt zwischen den Passungszylinderflächen verschwindet.
Wie für einen Fachmann ohne weiteres ersichtlich ist, unterliegt das Ventil nach D1 aufgrund der metallischen Ausbildung seiner Paßteile jedoch noch einem erhöhten Verschleiß. Dies dürfte der Grund sein, warum in D1 auf die Anordnung von dynamisch beanspruchten Dichtungslippen, die mit dem Steuerkolben zusammenwirken, nicht verzichtet werden kann. Im übrigen ist das aus D1 bekannte Ventil hinsichtlich der Gestaltung sowohl des Zylinders als auch der Dichtungsanordnung 39 relativ kompliziert. Auch dürften wegen des Fehlens von Ringdichtungen im Bereich der Ein- und Auslaßöffnungen Tropfleckagen nicht völlig auszuschließen sein.
4.2. Ausgehend von D1 stellt sich nun die objektive Aufgabe, ein einfach aufgebautes und sicher wirkendes Kolbenventil zu erhalten, bei dem alle dynamischen Dichtungen zwischen Kolben und Zylinder entfallen können.
Nun ist bei dem Mischventil nach D2 die Verwendung von keramischem Werkstoff für den (nichtgeschlitzten) Zylinder (Buchse) 7 und den Kolben 8 bekannt, wobei aufgrund des kleinen Ausdehnungskoeffizienten von Keramik eine dichtungsfreie Bauweise erhalten wird.
Andererseits erkennt ein mit der Fertigung des Ventils nach D2 befaßter Fachmann ohne weiteres, daß sich zylindrische und hohlzylindrische keramische Passungsbauteile nur schwer mit so engen Toleranzen sintern lassen, wie dies eine dichtungsfreie Passung erfordert. Es sind somit bei einem ungeschlitzten, nicht nachbearbeiteten Keramikventil die gleichen Probleme vorhanden wie bei metallischen Ventilen, nämlich: wie kann die Abdichtung trotz grober Toleranzen verbessert und somit eine zusätzliche Dichtungsanordnung vermieden werden? Hierfür bietet sich im Prinzip die Beibehaltung der konstruktiven Lösung nach D1 mit dem geschlitzten Ventilzylinder an.
4.3. Es stellt sich dabei lediglich die Frage, ob es für einen Fachmann fernliegend war, die Ventilpaßteile auch bei einem geschlitzten Ventilzylinder in Keramik auszuführen.
Die Beschwerdegegnerin macht hierzu, in Übereinstimmung mit der durch die Beschwerde angegriffenen Entscheidung, geltend, von einem Durchschnittsfachmann könne selbst für den Fall, daß ihm die Wirkung von geschlitzten Paßteilen aus Metall oder Kunststoff bei Ventilen in Bezug auf die Erhöhung der elastischen Anpreßkraft der Dichtflächen bewußt ist, nicht erwartet werden, den geschlitzten Teil in Keramik auszuführen. Aufgrund der Sprödigkeit von Keramik werde er geradezu abgeschreckt, bei Keramikpaßteilen den Zylinder zu schlitzen, da die Gefahr des Brechens bestehe.
4.4. Nach Ansicht der Kammer ist davon auszugehen, daß es dem Fachmann bekannt ist, daß Keramik in zunehmendem Maße anstelle von Metall selbst in hochbeanspruchten Maschinenbauteilen wie Turbinenschaufeln und spanabhebenden Werkzeugen bis hin zu Knochenersatzwerkstoffen (in der Chirurgie am menschlichen Körper) zum Einsatz kommt. Es steht hierbei außer Zweifel, daß Keramik zumindest in gewissem Umfang einer elastischen Verformung unterworfen werden kann. Wäre dies nicht der Fall, dann könnten gerade die vorgenannten höchstbelasteten Anwendungen nicht stattfinden. Dem Fachmann lag es daher nahe, Keramik um seiner bei Scheibenmischventilen schon erprobten und bekannten Vorteile willen auch bei geschlitzten Kolbenmischventilen nach D1 zumindest versuchsweise in Betracht zu ziehen. Jedenfalls kann aufgrund der bekannten Verwendung von Keramik in weitaus kritischeren Anwendungsbereichen das Vorhandensein eines Vorurteils gegen die Verwendung von Keramik ausgeschlossen werden. Die Druckschrift D8 erwähnt lediglich ganz allgemein die Begrenzung der Anwendungsmöglichkeiten von Keramik infolge seiner Sprödigkeit und der mangelnden Temperaturwechselbeständigkeit ohne hierzu Beispiele zu benennen. Da es sich bei der vorliegenden Anwendung nur um geringfügige Verformungen und relativ geringe Temperaturveränderungen handelt, wird D8 nicht als Beweis für ein Vorurteil gewertet.
4.5. Kolbenmischer mit geschlitztem Zylinder aus Metall und auch Keramik-Scheibenmischventile sind zwar seit langem bekannt, hieraus allein läßt sich jedoch nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern {T 109/82, ABl. 1984, 473, Pkt. 5.5 und T 24/81, ABl. 1983, 133, Pkt. 16) noch nicht der Schluß ziehen, daß ein die erfinderische Tätigkeit stützendes, lange bestehendes Bedürfnis nach dem Gegenstand des Anspruchs 1 vorlag.
Die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin stimmen darin überein, daß die beanspruchte, allein auf das Ventil (ohne Betätigungsmechanismus) bezogene Lösung deutlich höhere Herstellungskosten als die herkömmlichen metallischen mit Dichtungen versehenen Kolbenmischer oder die herkömmlichen dichtungsfreien Keramik-Scheibenmischer verursachen. Es ist somit nicht auszuschließen, daß die Fachwelt grundsätzlich aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht daran interessiert war, die billigen abgedichteten Metallkolbenmischer durch Keramikkolbenmischer zu ersetzen. Außerdem legt das langjährige Nebeneinander der zwei üblichen Lösungen für Mischventile, nämlich der relativ billigen, jedoch mit größerem Wartungsaufwand behafteten und mit Dichtungen versehenen Kolbenmischer einerseits und der teueren aber nahezu wartungsfreien Keramikscheibenmischer andererseits, den Schluß nahe, daß die Fachwelt sich mit diesen im wesentlichen zufriedenstellenden Lösungen lange Zeit abgefunden hat. Im übrigen gab das mit Keramikpaßteilen versehene, nicht geschlitzte Kolbenmischventil nach D2 der Fachwelt erst relativ kurz (ca. vier Jahre) vor dem Prioritätstag eine erste Anregung, daß Keramik auch für Kolbenmischer interessant sein könnte.
4.6. Die Beschwerdegegnerin hat auch geltend gemacht, die ihrer Ansicht nach überraschende Verwendbarkeit eines geschlitzten Zylinders aus Keramik ergebe sich dadurch, daß das äußere Paßteil des Ventils, d. h. der geschlitzte Zylinder, sich auf seinem gesamten Innenumfang auf den Kolben abstützen könne und somit der Bruchgefahr entgegenwirke. Dieser Effekt werde weiterhin noch durch den größeren Zylinderdurchmesser im Vergleich zum Kolbendurchmesser unterstützt.
Diese günstige Wirkung mag zutreffen, jedoch vermag dies nichts zur Stützung von erfinderischer Tätigkeit beizutragen, denn diese Anordnung und ihre Wirkungen liegen auch bei dem Ventil nach D1 vor.
4.7. Zu einer bejahenden Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gibt auch das in Anspruch 1 noch aufgeführte Merkmal, daß der Längsschlitz (3) im geöffneten Zustand des Ventils von dem Steuerkolben (2) dauernd abgedichtet ist, keinen Anlaß. Diese Vorkehrung bietet sich bei einer Anordnung des Schlitzes 43' nach Fig. 10 von D1 von selbst an, wenn anstelle von zwei Auslaßöffnungen (Dusche und Wasserhahn) nur ein Auslaß (wie beim Anspruch 1) vorgesehen wird, und kann nur als eine logisch folgende konstruktive Maßnahme angesehen werden.
4.8. Der Gegenstand nach Anspruch 1 (Hauptantrag) beruht demnach nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ) und kann folglich die Aufrechterhaltung des Patents nicht begründen.
5. Hilfsantrag
5.1. Gegen den Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag bestehen in formaler Hinsicht ebenfalls keine Bedenken, nachdem dieser aus einer Zusammenfassung der Merkmale des geltenden Anspruchs 1 und des abhängigen Anspruchs 4 der Patentschrift gebildet wurde und somit zu einer weiteren Einschränkung des Schutzumfanges führt.
5.2. Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach dem Hauptantrag durch a) die Beschränkung auf ein Mischventil mit zwei Wassereinlaßöffnungen (4) (anstelle von "mindestens einer Wassereinlaßöffnung") und durch das weiter einschränkende Merkmal b) daß der durchgehende Längsschlitz (3) zwischen den Wassereinlaßöffnungen (4) und gegenüber der Auslaßöffnung vorgesehen ist.
5.3. Nachdem das Mischventil nach D1 ebenfalls zwei Wassereinlaßöffnungen aufweist, vgl. z. B. die linke und die rechte Öffnung im Zylinder 38' der Figur 10, und somit das Merkmal (a) schon zeigt, verbleibt über das zum Hauptantrag Gesagte hinaus lediglich noch zu untersuchen, ob die unter (b) definierte Längsschlitzanordnung eventuell noch etwas Erfinderisches hinzufügt.
In der Figur 10 von D1 ist der Schlitz 43' des Zylinders 38' zwischen der rechten Einlaßöffnung und der in der Figur obenliegenden Auslaßöffnungen vorgesehen. Wenn eine der beiden in Figur 10 gezeigten Auslaßöffnungen als überflüssig angesehen und weggelassen wird, dann ist es naheliegend, den Schlitz zwischen die beiden Einlaßöffnungen auf den der verbleibenden Auslaßöffnung gegenüberliegenden Zylinderbereich zu legen, denn nur diese Stelle liegt außerhalb des Überdeckungsbereiches des wasserführenden Verbindungskanals 51 im Steuerkolben 50.
Im übrigen gelten die Gesichtspunkte, die für den Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag zur Frage der erfinderischen Tätigkeit angeführt sind, sinngemäß auch für den Gegenstand nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag.
5.4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag beruht deshalb ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ). Dieser Anspruch hat daher ebenfalls keinen Bestand.
6. Die Ansprüche 2 bis 10 bzw. die gemäß Hilfsantrag noch verbleibenden Ansprüche 2, 3 und 5 bis 10 sind auf den nicht gewährbaren Anspruch 1 des Haupt- bzw. des Hilfsantrags zurückbezogen und teilen deren Rechtsschicksal.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das europäische Patent 0 098 378 wird widerrufen.