T 0383/97 (Hepatitis C-Virus/ROCHE) of 2.5.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T038397.20010502
Datum der Entscheidung: 02 Mai 2001
Aktenzeichen: T 0383/97
Anmeldenummer: 92902118.6
IPC-Klasse: C12N 15/51
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Von Proteinen des Hepatitis C-Virus abgeleitete Polypeptide und deren Verwendung
Name des Anmelders: Roche Diagnostics GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 82
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Hauptantrag, Neuheit (nein)
Hilfsantrag, Neuheit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0206/83
T 0511/92
W 0037/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 3. Dezember 1996, mit der die Europäische Patentanmeldung 92 902 118.6, mit dem Titel "Von Proteinen des Hepatitis C-Virus abgeleitete Polypeptide und deren Verwendung" aufgrund mangelnder Einheitlichkeit a posteriori unter Artikel 82 EPÜ zurückgewiesen worden ist.

II. Der Ursprung dieser Anmeldung liegt in der PCT-Anmeldung PCT/DE91/01020, die unter der Nummer WO 92/11370 veröffentlicht wurde. Die Zweigstelle des Europäischen Patentamtes in Den Haag, als zuständige internationale Recherchenbehörde agierend, hatte der Anmelderin eine Mitteilung mit der Aufforderung gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT zur Zahlung von vier weiteren Recherchengebühren wegen Uneinheitlichkeit a posteriori zugestellt, wogegen die Beschwerdeführerin Widerspruch erhob. Mit der Entscheidung W 0037/92 vom 4. November 1992 wurde die Rückzahlung der vier zusätzlichen Recherchengebühren angeordnet. Der wesentliche Grund für diese Entscheidung war, daß die Neuheit der beanspruchten Gegenstände anhand des im Recherchenbericht zitierten Standes der Technik nicht aberkannt werden könne (Punkt 4.6) und daß keine Analyse der erfinderischen Tätigkeit seitens der Recherchenabteilung durchgeführt worden sei (Punkt 5). Die Kammer entschied daher, daß "...in diesem Stadium nicht entschieden werden kann, die vorliegende Erfindung erfülle das Erfordernis der Einheitlichkeit nicht...".

III. Nach Eintritt dieser Anmeldung in die regionale Phase, entschied die Prüfungsabteilung, daß angesichts der in den Entgegenhaltungen (1) und (4) (cf. unten, Punkt V) offenbarten Lehre die Neuheit des breitformulierten Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht mehr gegeben sei und daß infolgedessen kein gemeinsames erfinderisches Merkmal mehr für die beanspruchten Gegenstände zu sehen sei, so daß die Erfordernisse des Artikels 82 EPÜ nicht erfüllt seien. Diese Auffassung wurde auch auf die von der Anmelderin vorgelegten Hilfsanträge I-III übertragen. Auf eine Prüfung der erfinderischen Tätigkeit wurde seitens der Prüfungsabteilung dementsprechend verzichtet.

IV. Die Kammer gab gemäß Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern eine vorläufige, für die Entscheidung nicht-bindende Auffassung kund, worauf die Beschwerdeführerin antwortete (Schreiben vom 2. April 2001) und die schon vor der Prüfungsabteilung vorgelegten Hilfsanträge I-III zusammen mit vier neuen Entgegenhaltungen vorlegte.

V. Die in dieser Entscheidung herangezogenen Entgegenhaltungen sind die folgenden:

(1) EP-A-0 388 232,

(2) EP-A-0 318 216,

(3) WO-A-89/04669,

(4) E. Munekata et al., Peptide Chemistry 1990, Y. Shimonishi (Ed.), Protein Research Foundation, Osaka, 1991, Seiten 211 bis 214,

(7) F.M. Richards, Spektrum der Wissenschaft, März 1991, Seiten 72 bis 81,

(12) H. Ibelgaufts, Gentechnolgie von A bis Z, VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim, New York, Basel, Cambridge, 1990, Seite 195,

(14) Lexikon der Biochemie und Molekularbiologie, zweiter Band, Herder, Freiburg, Basel, Wien, 1991, Seiten 19 bis 20.

VI. Eine mündliche Verhandlung fand am 2. Mai 2001 statt, während der die Beschwerdeführerin den ursprünglichen Hauptantrag zurücknahm und den mit dem Schreiben vom 2. April 2001 vorgelegten Hilfsantrag I als neuen Hauptantrag definierte (Ansprüche 1 bis 27). Anspruch 1 lautete wie folgt:

"1. Gentechnologisch hergestelltes Polypeptid aus einem Protein des Hepatitis C-Virus, dadurch gekennzeichnet, daß das Hepatitis C-Polypeptid einige wenige Aminosäuren, aber weniger als 15 Aminosäuren aufweist, die von anfusionierten Fremdproteinen abstammen oder von dem Klonierungsvektor herstammen."

Anspruch 2 präzisierte, daß der anfusionierte Teil weniger als 5 Aminosäuren aufweist. Ansprüche 3 bis 10 identifizierten das Hepatitis C-Polypeptid als Core- bzw. Envelop-Protein des Hepatitis C-Virus und gaben deren Aminosäurensequenzen und/oder Hinterlegungsnummer an.

Ansprüche 11 bis 17 waren auf Testkit, Impfstoff und Verwendung eines Polypeptids nach Ansprüchen 1 bis 10 gerichtet.

Ansprüche 18 bis 22 und 24 bis 26 beanspruchten Nukleotidsequenzen, die durch ihre Sequenz oder Angabe der Hinterlegungsnummer definiert waren.

Anspruch 23 nannte sechzehn durch ihre Nukleotid-sequenzen gekennzeichneten DNA-Primersequenzen.

Anspruch 27 war auf ein Verfahren zum Nachweis von gegen Hepatitis C-Virus Antigen gerichteten Antikörpern mit Hilfe eines Polypeptids nach einem der Ansprüche 1 bis 10. gerichtet.

Darüber hinaus legte die Beschwerdeführerin einen Hilfsantrag vor, der die folgenden Ansprüche aufwies:

"1. Gentechnologisch hergestelltes Polypeptid aus dem Core (C)-Protein des Hepatitis C-Virus, dadurch gekennzeichnet, daß das Core (C)-Protein die Aminosäuresequenz Met Ser Thr Asn [...] Lys Val Ile Asp oder Teilsequenzen davon aufweist, wobei die Teilsequenzen am C-Terminalen Ende bis Aminosäure 115 verkürzt sein können und das gentechnologisch hergestellte Polypeptid wenigstens eine, aber weniger als 15 Aminosäuren aufweist, die von anfusionierten Fremdproteinen abstammen oder von dem Klonierungsvektor herstammen."

"2. Testkit zum Nachweis von gegen Hepatitis C-Virus Antigen gerichteten Antikörpern in einer Probe, dadurch gekennzeichnet, daß das Testkit ein Polypeptid nach Anspruch 1 enthält."

"3. Testkit nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Polypeptid an eine feste Phase gebunden ist."

"4. Testkit nach einem der Ansprüche 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß es darüber hinaus eine Anzeigekomponente für den aus Polypeptid und nachzuweisendem Antikörper gebildeten Komplex aufweist."

"5. Testkit nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß es sich um einen Teststreifen handelt, auf den wenigstens 1 Polypeptid gemäß Anspruch 1 aufgebracht wurde und der weiterhin wenigstens 1 Kontrollprotein zur Intensitätbeurteilung der Antigen-Antikörper-Reaktion aufweist."

"6. Testkit nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß es sich um einen ELISA-Testkit handelt."

"7. Nukleotid-Sequenz, die für ein HCV-Core-Polypeptid kodiert, dadurch gekennzeichnet, daß sie folgende DNA-Sequenz aufweist: ATG AGC ACA [...] GCT TCC TAA."

"8. Verfahren zum Nachweis von gegen Hepatitis C-Virus-Antigen gerichteten Antikörpern in einer Untersuchungsprobe, dadurch gekennzeichnet, daß bei dem Verfahren Polypeptide nach Anspruch 1 eingesetzt werden."

VII. Im Bezug auf die Zulässigkeit der im Hauptantrag ("...einige wenige Aminosäuren...") bzw. im Hilfsantrag durchgeführten Änderungen hinsichtlich Artikel 123 (2) EPÜ wies die Beschwerdeführerin auf verschiedene Teile der Anmeldung hin. Sie fügte ferner hinzu, daß diese Änderungen eine für den Fachmann klare Lehre darstellten, so daß die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ erfüllt seien.

VIII. Um die Neuheit der Ansprüche der vorliegenden Anträge im Bezug auf die Entgegenhaltungen (1) und (4) zu begründen, wies die Beschwerdeführerin zunächst darauf hin, daß das HCV-Polypeptid an sich einen Sonderfall darstelle, da es als ein langes Polyprotein von der infizierten Zelle exprimiert wird, das danach in verschiedene Proteine gespaltet wird. Es sei daher fragwürdig, ob sich Lehren, die andere Proteine betreffen, die nicht als ein Polyprotein exprimiert werden und deren Expression viel einfacher sei, ohne weiteres auf das HCV-Polypeptid übertragen ließen. Die Beschwerdeführerin gab auch ihre Auffassung kund, daß eine Druckschrift der Öffentlichkeit nur das zugänglich mache, was aus ihr unmittelbar und eindeutig hervorgehe und auch nur insoweit, wie die dort offenbarte Lehre nacharbeitbar offenbart sei und zitierte in diesem Zusammenhang die Entscheidungen T 206/83 (OJ EPO 1987, 005) und T 511/92 vom 27. Mai 1993. Demnach argumentierte die Beschwerdeführerin, daß in keiner der Entgegenhaltungen (1) und (4) ein gentechnologisch hergestelltes HCV-Peptid beschrieben sei, das einen anfusionierten Teil aufweist, der aus weniger als 15 fremden Aminosäuren bestehe. Entgegenhaltung (1) beschreibe nur Fusionsproteine mit einem 154 Aminosäuren langen, aus SOD (Superoxide Dismutase) stammenden Fusionsteil und Entgegenhaltung (4) hingegen nur ein 36 Aminosäuren langes "mature"-Peptid. Darüber hinaus impliziere der Begriff "gentechnologisch hergestellt" eine gewisse Länge für das exprimierte HCV-Peptid, das dadurch, im Gegensatz zu dem kurzen Peptid von Entgegenhaltung (4), Konformationsepitope bilden könne, wie aus Entgegenhaltung (7) ersichtlich sei.

Ferner fügte die Beschwerdeführerin noch hinzu, daß die im Anspruch 1 des Hilfsantrages angegebene Sequenz in Entgegenhaltungen (1) und (4) nicht beschrieben sei.

IX. Am Ende der mündlichen Verhandlung definierte die Beschwerdeführerin ihre Anträge wie folgt:

. die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben,

. ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: als Hauptantrag mit dem Anspruchsatz, der am 2. April 2001 als Hilfsantrag I eingereicht wurde, oder als Hilfsantrag gemäß Hilfsantrag am 2. Mai 2001 eingereicht.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

Artikel 123 (2)EPÜ

1. Der Ausdruck "...einige wenige Aminosäuren..." ist an verschiedenen Stellen der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zu finden bzw. von denen direkt ableitbar. Auf Seite 5, Zeilen 15 bis 17 wird der Klon pIC19H-N512 beschrieben, der am N-Terminus "einige wenige Aminosäuren" aufweist, die von dem Vektor pUC herstammen. Klon NS-3 (Seite 4, Zeilen 7 bis 11) weist "einige Aminosäuren" am N-Terminus auf, die zwei Zeilen weiter als "diese wenigen nonsens-Aminosäuren" gekennzeichnet werden. Schließlich weisen die auf Seite 14 erwähnten Produkte der Spuren 4, 6 und 7 weniger als zwanzig anfusionierte Aminosäuren (Spur 4) bzw. insgesamt drei (Spur 6) oder gar nur eine Fremdaminosäure (Spur 7) auf. Darüber hinaus sprechen weder Hinweise aus dem Stand der Technik noch theoretische Überlegungen gegen eine Verallgemeinerung der im diesem Ausdruck enthaltenen Lehre. Die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ sind daher erfüllt.

Artikel 84 EPÜ

2. Die sich aus dem technischen Merkmal "einige wenige Aminosäuren" hergebende Lehre ist für den Fachmann klar. Daher sind den Erfordernissen von Artikel 84 EPÜ Genüge getan worden.

Artikel 54 EPÜ

3. Als Antwort auf die Annahme der Beschwerdeführerin bezüglich der Auslegung einer Entgegenhaltung und der Einmaligkeit der HCV-Expression (cf. Punkt VIII) möchte die Kammer vorausschicken, daß eine Druckschrift mit dem technischen Verständnis des Fachmannes am Prioritätsdatum in ihrer vollen Gesamtheit gelesen werden muß und deren Lehre muß daher nicht notwendigerweise nur in den Beispielen offenbart sein.

Darüber hinaus ist die Einmaligkeit der Expression des HCV-Genoms in dem jetzigen Kontext irrelevant, da die vorliegende Anmeldung sich nur mit der Expression von Teilen des HCV-Genoms befaßt.

4. Anspruch 1 definiert das beanspruchte Polypeptid durch zwei Merkmale, die sich auf sein Herstellungsverfahren beziehen bzw. durch dieses bedingt sind: Erstens durch die Bezeichnung "gentechnologisch hergestellt" und zweitens durch den Ausdruck "einige wenige Aminosäuren, aber weniger als 15 Aminosäuren aufweist, die von anfusionierten Fremdproteinen abstammen oder von dem Klonierungsvektor herstammen".

5. Ein durch sein Herstellungsverfahren gekennzeichnetes Produkt muß an sich die Erfordernisse der Patentierbarkeit erfüllen. Der Ausdruck "...gentechnologisch hergestellt..." stellt für das im Anspruch 1 beanspruchte Polypeptid keine strukturelle bzw. funktionelle Einschränkung dar und impliziert für das beanspruchte Polypeptid keine kennzeichnende Mindestlänge, da sowohl lange als auch kurze Peptide gentechnologisch herstellbar sind.

6. Da keine Beschränkung bezüglich der Natur der möglichen Aminosäuren, die von anfusionierten Fremdproteinen abstammen oder von dem Klonierungsvektor herstammen, im Anspruch angegeben ist, umfaßt der Anspruch auch den Fall, daß diese Aminosäuren zwar herstellungsmäßig vom anfusionierten Fremdprotein oder Klonierungsvektor stammen, aber identisch sind mit den Aminosäuren, die sich in einer längeren als der benutzten Sequenz des Hepatitis C-Virus Proteins befinden würden. Strukturell schließt der Anspruch also eine mit der HCV-Sequenz identische Sequenz nicht aus. Somit umfaßt der Gegenstand des Anspruchs sowohl diese als auch Polypeptide mit bis zu 14 abweichenden Aminosäuren an den Enden. Die bis zu 14 Aminosäuren fremder Abstammung haben gemäß der Anmeldung keine technische Funktion, sie sind lediglich tolerierbar, da sie der erwünschten Funktion nicht stören.

7. Die Entgegenhaltung (1) befaßt sich mit Hepatitis C-Virus Nukleotidsequenzen, deren Expressionsprodukte und ihre Verwendung zum Nachweis von bzw. zum Schutz vor von diesem Virus verursachten Krankheiten. Sie fußt auf Entgegenhaltungen (2) und (3), die durch Bezugnahme in die Offenbarung einbezogen sind, und erweitert deren Lehren auf die Beschreibung einer insgesamt 8866 Nukleotide langen HCV-Sequenz.

Entgegenhaltung (1) beschreibt die Expression von Teilsequenzen des HCV-Genoms als "mature"-Protein bzw. als Fusionsprotein mit einem langen bzw. kurzen, aus einem fremden Protein abstammenden Fusionsanteil (Seite 13, Zeile 45 bis Seite 14, Zeile 15). Fusionsanteile werden als Mittel zur Sekretion aus einer Wirtzelle, zur Erhöhung der immunologischen Antwort bzw. zur Verbindung mit einem immunologischen Testkit oder einem Impfstoffträger beschrieben (Seite 14, Zeile 48 bis Seite 15, Zeile 1). Als Beispiel wird Protein C100-3, als Fusionsprotein mit zusätzlichen 154 Aminosäuren der SOD (in der Entgegenhaltung (2), Seite 39, Zeilen 50 bis 53 näher beschrieben) angegeben.

Obwohl nicht näher durch Beispiele beschrieben, stellte die in der Entgegenhaltung (1) erwähnte Verwendung von kurzen Fusionsanteilen am Prioritätsdatum der vorliegenden Anmeldung nichts anderes als fachmännische Grundkenntnisse dar, wie von den zu dem allgemeinen Stand der Technik des Prioritätsdatums gehörenden Entgegenhaltungen (12) und (14) bestätigt wird, die sich mit der Verwendung von solchen kurzen Fusionsanteilen zum Nachweis bzw. zur Isolierung oder Reinigung des Fusionsproteins befassen.

8. Ferner beschreibt auch die Entgegenhaltung (1) auf Seite 15, Zeile 25 bis Seite 16, Zeile 3 immunologische Reaktionen hervorrufende bzw. Epitopen enthaltende HCV-Teilsequenzen, die anhand der dort beschriebenen Lehre exprimiert werden können.

9. Zusammenfassend lehrt die Entgegenhaltung (1), in ihrer Gesamtheit betrachtet, auch die Expression von HCV Teilsequenzen, die als Fusionsprotein mit kurzem Fusionsanteil exprimiert werden.

Daher erfüllt Anspruch 1 des Hauptantrages die Erfordernisse von Artikel 54 EPÜ nicht.

Hilfsantrag

Artikel 123 (2) EPÜ

10. Die im Anspruch 1 genannte Sequenz ist im ursprünglichen Anspruch 6 bzw. in der Abbildung 4 der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung zu finden. Beispiele 2 und 4 beschreiben die beanspruchten 124 bzw. 115 Aminosäuren langen Sequenzen. Der Ausdruck im ersten Satz des Beispiels 4 "...weiter am C-terminalen Ende verkürzt..." deutet auf eine gleitende Verkürzung der im Beispiel 2 beschriebenen Sequenz bis auf Aminosäure 115 hin.

Schließlich bietet der mit "...Spur 7..." beginnende Satz auf Seite 14 eine Basis für der Ausdruck "...wenigstens eine...Aminosäure(n)...".

Die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ sind daher erfüllt.

Artikel 84 EPÜ

11. Die vorgelegten Änderungen stellen für den Fachmann eine klare und auf der Beschreibung gestützte Lehre dar, so daß die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ erfüllt sind.

Artikel 54 EPÜ

12. Die im vorliegenden Anspruch 1 angegebene Sequenz ist nicht die in der Entgegenhaltung (4) beschriebene Sequenz. Schon dadurch ist die Neuheit des Hilfsantrags gegenüber Entgegenhaltung (4) gegeben.

13. Entgegenhaltung (1) beschreibt weder die im Anspruch 1 erwähnte 124 Aminosäuren lange Sequenz, noch die bis auf eine Länge von 115 Aminosäuren verkürzte Varianten davon. In der Tat sind solche Teilsequenzen weder auf Seite 15, Zeile 30 bis Seite 16, Zeile 3 noch in Anspruch 10 der Entgegenhaltung (1) zu finden. Darüber hinaus unterscheiden sich die in Anspruch 1 erwähnten Sequenzen von den korrespondierenden, in Abbildung 17 der Entgegenhaltung (1) beschriebenen Sequenzen in der Natur der Aminosäure an der 79. Stelle: Die vorliegende Anmeldung weist Prolin an dieser Stelle auf anstatt Threonin, wie in der Entgegenhaltung (1).

Dementsprechend ist Anspruch 1 des Hilfsantrags neu. Bedingt durch ihre Abhängigkeit von Anspruch 1 sind auch Ansprüche 2 bis 6 und 8 neu.

Die Nukleotidsequenz von dem unabhängigen Anspruch 7 ist als solche nicht in der Engegenhaltung (1) zu finden und sie unterscheidet sich in 19 Stellen von der korrespondierenden, in Entgegenhaltung (1) beschriebenen Sequenz (Abbildung 17, Nukleotiden 1-572).

Die Kammer ist daher der Auffassung, daß die Ansprüche 1 bis 8 des vorliegenden Hilfsantrags die Erfordernisse von Artikel 54 EPÜ erfüllen.

14. Da die vorliegenden Ansprüche des Hilfsantrags auf ein Polypeptid des HCV-Core Proteins bzw. auf die dafür kodierende Nukleotidsequenz, deren Neuheit anerkannt wurde, beschränkt sind, sind keine Einwände gemäß Artikel 82 EPÜ zu erheben.

15. Da die Neuheit (Artikel 54 EPÜ) und die Einheitlichkeit (Artikel 82 EPÜ) des vorliegenden Hilfsantrags anerkannt worden ist, erachtet die Kammer die Zurückverweisung der vorliegenden Anmeldung an die Prüfungsabteilung gemäß Artikel 111 (1) EPÜ als zweckmäßig, damit der Beschwerdeführerin die Möglichkeit der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) durch zwei Instanzen gegeben wird.

Regel 67 EPÜ

16. Im schriftlichen Verfahren hatte die Beschwerdeführerin eine Rückerstattung der Beschwerdegebühr beantragt. Sie war der Auffassung, daß die Prüfungsabteilung an die Entscheidung W 0037/92 gebunden gewesen sei. Insbesondere warf die Beschwerdeführerin der Prüfungsabteilung vor, die Entscheidung W 0037/92 trotz identischer Sachlage und ohne detaillierte Begründung verworfen zu haben. Die Beschwerdeführerin hat allerdings diesen Antrag während der mündlichen Verhandlung nicht mehr erwähnt (siehe Punkt IX oben).

Die Kammer ist der Meinung, daß die Prüfungsabteilung nicht rechtswidrig gehandelt hat, als sie sich an die Entscheidung W 0037/92 nicht gebunden gefühlt hat. Eine Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamtes ist nicht an eine von einer im Rahmen des PCT von einer Beschwerdekammer getroffene Entscheidung, die eine Entscheidung einer Recherchenabteilung betrifft, im Sinne von Artikel 111 (2) EPÜ gebunden. Darüber hinaus kam die Kammer in der Entscheidung W 0037/92 nicht zu dem Ergebnis, daß die Ansprüche einheitlich seien, sondern vielmehr zu dem Schluß, daß diese Frage in diesem Stadium nicht zu klären sei (Punkt 5 der Entscheidungsgründe). Damit ist eine Vorbedingung für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß Regel 67 EPÜ nicht erfüllt, so daß eine Rückzahlung nicht erfolgen kann.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Prüfung auf Basis des am 2. Mai 2001 eingereichten Hilfsantrags an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.

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