T 0152/93 (Reinigungsmittel/ROHRMOSER) of 21.3.1995

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1995:T015293.19950321
Datum der Entscheidung: 21 März 1995
Aktenzeichen: T 0152/93
Anmeldenummer: 84112490.2
IPC-Klasse: C11D 7/24
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mittel zum Reinigen von Maschinen und Vorrichtung sowie deren Teile
Name des Anmelders: Rohrmoser, Jürgen
Name des Einsprechenden: PWA Waldhof GmbH Abteilung Warenzeichen und Patente
Giulini Chemie GmbH
Grace Service Chemicals GmbH
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Definition der technischen Aufgabe - nicht glaubhaft gemachter Effekt bleibt unberücksichtigt
Vorurteil (nein) - Existenz nicht nachgewiesen
Zurückverweisung - weitere Sachaufklärung erforderlich (3. Hilfsantrag)
Inventive step (no)
Technical problem - definition of - effect disregarded as insufficiently proven
Prejudice (no) - not proven
Remittal to first instance (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0020/81
T 0611/90
T 0453/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0869/98
T 0309/99
T 1049/99
T 0037/00
T 1368/05

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 178 340 zu widerrufen, Beschwerde eingelegt.

Mit vier Einsprüchen war das gesamte Patent in Hinblick auf Artikel 100 a), b) und c) EPÜ angegriffen worden; eine Einsprechende, die Firma C. Melchers & Co. Produktions GmbH, hat am 27. Oktober 1993 ihren Einspruch zurückgenommen.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die in Artikel 100 a) genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstünden. Ihre Entscheidung hat sie auf folgende Entgegenhaltungen gestützt:

(1) GB-A-1 603 047

(2) Th. Kunzmann, "Terpene als Lösungsmittel", Seifen-Öle-Fette-Wachse 103(16), 1977, 470 - 471.

II. Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung am 21. März 1995 vorgelegten Patentanspruchs (Hauptantrag und drei Hilfsanträge) aufrechtzuerhalten.

III. Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende) beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Die zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung maßgebende Fassung des einzigen Anspruchs gemäß dem Hauptantrag lautet:

"Verwendung von nur D-Limonen, gegebenenfalls im Gemisch mit DL-Limonen, zum Reinigen von Maschinen und Vorrichtungen, sowie deren Teilen, insbesondere der Papier-, Pappen-, Karton- und Zellstoff-Industrie."

Der Anspruch nach dem ersten Hilfsantrag unterscheidet sich hiervon durch die Einfügung von "laufenden" vor dem Wort --Maschinen--.

Im Anspruch nach dem zweiten Hilfsantrag sind als weitere Änderung "sowie deren Teilen," gestrichen.

Der Anspruch nach dem dritten Hilfsantrag lautet:

"Verwendung von nur D-Limonen, gegebenenfalls im Gemisch mit DL-Limonen, zum Reinigen von laufenden Maschinen und Vorrichtungen der Papier-, Pappen-, Karton- und Zellstoff-Industrie."

V. Der Beschwerdeführer hat vorgetragen,

- daß es sich bei den in Dokument (1) beschriebenen "cleaning-compositions" um Zwei- oder Mehrkomponentensysteme handle, für die eine Anwendung als Maschinenreiniger nicht genannt werde,

- daß es für den Fachmann nicht nahegelegen habe, auf die Komponente Trichlorethylen des im Beispiel 17 der Entgegenhaltung (1) beschriebenen Büroeinrichtungsreinigers zu verzichten, da die Fachwelt die Anwesenheit von Chlorkohlenwasserstoffen bei den in Frage stehenden Reinigungsmitteln für unabdingbar gehalten habe,

- daß dieses Vorurteil erst durch die dem Streitpatent zugrunde liegende Erkenntnis der dem Trichlorethylen überlegenen Reinigungskraft des D-Limonens überwunden worden sei,

- daß die Lehre des Streitpatents erstmals die Reinigung laufender Maschinen der im Anspruch genannten Industrien ermögliche,

- daß der Fachmann die Dokumente (1) und (2) nicht miteinander kombiniert hätte, da sie aus verschiedenen technischen Gebieten stammen, nämlich dem der Reinigungsmittel einerseits und dem der Lösungsmittel andererseits,

- und daß schließlich auch eine Kombination dieser beiden Entgegenhaltungen nicht unmittelbar zum Gegenstand des Streitpatents führe, der daher als erfinderisch anzusehen sei.

Auf Befragung durch die Kammer hat der Beschwerdeführer ausgeführt, daß die in Dokument (1) erwähnte Filmbildung (Seite 4, Zeilen 45 bis 50) bei der patentgemäßen Verwendung des D-Limonens keine Rolle spiele.

VI. Die Beschwerdegegnerinnen haben vorgetragen,

- daß es nahegelegen habe, Trichlorethylen, das im bekannten Büroreiniger zu 1 % enthalten war, aus diesem wegen seiner Umweltschädlichkeit fortzulassen, da es, ebenso wie die Zusätze in den anderen Beispielen dieser Entgegenhaltung, nur zur Adaptierung der Reinigungsmittel an deren jeweiliges spezielles Anwendungsgebiet diene, für die Reinigungswirkung des D-Limonens an sich aber ohne Bedeutung sei,

- daß der Fachmann von den beispielsweise aus Dokument (2) oder Dokument

(3) US-A-3 933 674

bekannten Lösungsmitteleigenschaften reiner Citrus- Terpene wie D-Limonen ohne weiteres auf ihre Eignung als Reinigungsmittel schließen konnte,

- daß dem Fachmann eine Kombination der beiden Dokumente (1) und (2) zuzumuten sei, da sie nicht aus verschiedenen technischen Gebieten stammen, und er sich bei der Suche nach einem schnellspaltenden Reinigungsmittel für Bitumen-, Latex-, Fett und Harz- Rückstände über Lösungsmittel für solche Rückstände informieren mußte, und

- daß der Beschwerdeführer weder gegenüber dem aus Beispiel 17 des Dokuments (1) bekannten Reiniger, noch objektiv gegenüber Trichlorethylen eine verbesserte Reinigungswirkung des D-Limonens, glaubhaft gemacht habe.

Schließlich haben die Beschwerdegegnerinnen sowohl die Existenz des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Vorurteils bestritten als auch, daß die Lehre des Streitpatents erstmals die Reinigung laufender Maschinen, insbesondere der Papier-, Pappen-, Karton- und Zellstoff- Industrie ermögliche.

VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer, die Sache an die erste Instanz zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens auf der Grundlage des dritten Hilfsantrags zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Änderungen

2. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß der geänderte Anspruch nach dem Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt ist und sein Schutzbereich nicht über den des Anspruchs des erteilten Patents hinausgeht. Somit sind keine Einwände nach Artikel 123 EPÜ zu erheben; da dies nicht bestritten wird, ist eine detaillierte Begründung hierzu nicht erforderlich.

Ausführbarkeit und Neuheit

3. Die Einspruchsabteilung hat festgestellt, daß die beanspruchte Erfindung den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ entsprechend ausreichend offenbart sei. Sie sei auch in keiner Entgegenhaltung vorbeschrieben und daher neu.

Die Kammer hat keine Veranlassung von dieser Beurteilung abzuweichen. Da unzureichende Offenbarung und mangelnde Neuheit im Beschwerdeverfahren nicht mehr geltend gemacht wurden, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.

Erfinderische Tätigkeit

4. Hauptantrag

4.1. Der Anspruch nach dem Hauptantrag betrifft die Verwendung von "nur D-Limonen", d. h. von D-Limonen ohne Zusatzstoffen, zum Reinigen von Maschinen, Vorrichtungen und deren Teilen (hier und im folgenden wird im Zusammenhang mit dem Streitpatent für "D-Limonen, gegebenenfalls im Gemisch mit DL-Limonen" einfachheitshalber nur die Bezeichnung D-Limonen verwendet).

4.2. Die Verwendung von D-Limonen in Reinigungsmitteln ist bekannt, beispielsweise aus der Entgegenhaltung (1), die - und insbesondere ihr Beispiel 17 - nach Auffassung der Einspruchsabteilung und der Parteien als nächstkommender Stand der Technik anzusehen ist. Die Kammer hat keinen Grund einen anderen Standpunkt einzunehmen und geht zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von dieser Druckschrift aus.

Dieses Dokument offenbart Reinigungsmittel, die nicht weniger als 10 Volumen-% D-Limonen als Lösungsmittel (cleaning solvent) neben weiteren, vom gewünschten Reinigungseffekt abhängigen, Zusatzstoffen enthalten. Reinigungsmittel für Büroausrüstungsgegenstände enthalten 85. bis 98 % D-Limonen, nach Beispiel 17 auch 99 % D- Limonen und 1 % Trichlorethylen (Seite 1, Zeilen 28 bis 32; Seite 2, Zeilen 27 bis 29, Seite 4, Zeilen 37 bis 40). Es wird auch die Funktion des zugesetzten Trichlorethylens erläutert. Dieses beeinflußt die durch das Reinigungsmittel bewirkte Filmbildung auf den behandelten Oberflächen: je weniger Lösungsmittel, d. h. Trichlorethylen, zusammen mit D-Limonen verwendet wird, desto stärker ist die Filmbildung (Seite 4, Zeilen 45 bis 49).

4.3. Dem Streitpatent ist zu entnehmen, daß Chlorkohlenwasserstoff enthaltende Reinigungsmittel des Standes der Technik mit Nachteilen behaftet sind, da sie große Abwasserprobleme verursachen - auch ein Gehalt von nur etwa 1 % Trichlorethylen bedeutet in Anbetracht der Mengen der eingesetzten Reinigungsmittel nach dem Vortrag des Beschwerdeführers eine große Umweltbelastung (vgl. den die Seiten 5 und 6 der Beschwerdebegründung vom 14. April 1993 überbrückenden Absatz) - und als gesundheitsschädlich und physiologisch bedenklich angesehen werden müssen (Seite 2, Zeilen 8 bis 10 und 25 bis 29).

4.4. Der Beschwerdeführer hat unter Berufung auf im Prüfungsverfahren vorgelegte Ergebnisse von Vergleichsversuchen (vgl. die Tabelle auf Seite 7 der Eingabe vom 20. Januar 1988) geltend gemacht, daß durch die alleinige Verwendung von D-Limonen eine gegenüber der Verwendung von Trichlorethylen verbesserte Reinigungswirkung erzielt werde. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Effekt, der von den Beschwerdegegnerinnen in der mündlichen Verhandlung bestritten wurde, tatsächlich auftritt. Nach Überzeugung der Kammer können aber diese Versuche keinesfalls ausreichen, um eine verbesserte Reinigungswirkung eines zu 100 % aus D-Limonen bestehenden Reinigungsmittels gegenüber einem aus 99 % D-Limonen und 1. % Trichlorethylen bestehenden Reinigungsmittel des Standes der Technik glaubhaft zu machen. Da der behauptete verbesserte Reinigungseffekt nicht glaubhaft gemacht wurde, kann er auch bei der Definition der dem Gegenstand des Streitpatents zugrunde liegenden Aufgabe nicht berücksichtigt werden (vgl. T 20/81, Leitsatz und Entscheidungsgründe Nr. 3, ABl. EPA 1982, 217).

4.5. Die Kammer legt daher als zu lösende technische Aufgabe die Beseitigung der oben in Nr. 4.3 definierten Nachteile der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zugrunde, wobei keine Zweifel an ihrer Lösung durch den Gegenstand des Anspruchs, nämlich die alleinige Verwendung von D- Limonen, bestehen.

Es ist offensichtlich, daß durch das Weglassen des Chlorkohlenwasserstoffs aus dem Reinigungsmittel alle auf diese Chemikalien zurückzuführenden Nachteile des Standes der Technik, einschließlich jener des Dokuments (1), behoben wurden. Dies haben die Beschwerdegegnerinnen nicht bestritten.

4.6. Der Anspruch des Hauptantrags betrifft ohne Einschränkung die Reinigung von Maschinen, Vorrichtungen und deren Teilen, also auch solchen, die als Büroausrüstungsgegenstände oder -maschinen zu bezeichnen sind. Somit unterscheidet sich der Gegenstand dieses Verwendungsanspruchs von der Lehre des Beispiels 17 des Dokuments (1) lediglich insofern, als auf die Anwesenheit des Chlorkohlenwasserstoffs Trichlorethylen völlig verzichtet wird. Es ist daher zu entscheiden, ob dieser Unterschied erfinderische Tätigkeit für den Anspruchsgegenstand im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe begründet.

4.7. Daß D-Limonen als Reinigungslösungsmittel verwendet werden kann ist, wie bereits ausgeführt, aus Dokument (1) bekannt (Seite 1, Zeile 31: "... D-limonene is used as a cleaning solvent ..."). In Dokument (2), einem Übersichtsartikel betreffend die Lösungsmitteleigenschaften der Terpene, wird das Orangen Terpen Cutrale, das einen Limonengehalt von 96 % hat, als Lösungsmittel für Natur- und Kunstharze sowie für Wachse beschrieben (Seite 471, linke Spalte, Zeilen 9 bis 11) beschrieben. Auch im Dokument (3), in dem ein im wesentlichen hautverträgliches Reinigungsmittel enthaltend 5 bis 90 % eines Citrus-Destillats vom Limonentyp beschrieben wird, mit dem harzige, gummi- oder teerartige Rückstände von Oberflächen entfernt werden sollen, wird die erforderliche Eigenschaft als selektives Lösungsmittel diesem im wesentlichen aus Limonen bestehenden Öl vom Limonentyp zugeschrieben (Anspruch 1, in Verbindung mit Spalte 4, Zeilen 22 bis 28).

Für den Fachmann lag es daher nahe, zur Lösung der bestehenden Aufgabe auf jene Komponente des im Beispiel 17 der Entgegenhaltung (1) beschriebenen Reinigungsmittels zu verzichten, die für die bei der Verwendung chlorkohlenwasserstoffhaltiger Reinigungsmittel auftretenden und in Punkt 4.3 genannten Nachteile verantwortlich war, da er auch von der alleinigen Verwendung von D-Limonen die gewünschte Reinigungswirkung erwarten mußte, dessen physiologische Unbedenklichkeit er kannte (vgl. Dokument (2), Seite 471, rechte Spalte, letzter Satz vor der Zusammenfassung; Dokument (3), Spalte 3, Zeilen 42 bis 48, in Verbindung mit Spalte 4, Zeilen 22 bis 26).

Das vom Beschwerdeführer behauptete Bestehen eines Vorurteils gegen die alleinige Verwendung von D-Limonen als Reinigungsmittel ist von ihm nicht belegt worden. Die Existenz eines technischen Vorurteils kann aber nur anerkannt werden, jedenfalls wenn sie bestritten wird, sofern der Nachweis erbracht wird, daß das Vorurteil in der Fachwelt allgemein verbreitet, also dem allgemeinen Fachwissen des Fachmanns am Anmeldetag zuzurechnen war (vgl. z. B. T 453/92, Entscheidungsgründe Nr. 2.3.7, nicht veröffentlicht im ABl. EPA). Da dieser Nachweis nicht geführt wurde, kann die Kammer das Bestehen eines Vorurteils, das durch die Lehre Streitpatents überwunden worden sei, nicht anerkennen.

Auch dem Argument des Beschwerdeführers, der Fachmann hätte Dokument (1) entnommen, daß ein Gehalt von 1 % Trichlorethylen im Reinigungsmittel eine Untergrenze darstelle, die er keinesfalls unterschreiten dürfe, kann die Kammer nicht zustimmen. Der Trichlorethylengehalt der Büroreiniger des Dokuments (1) hatte, wie oben erläutert, eine spezifische Funktion, nämlich die Steuerung der Filmbildung. Eine durch den Verzicht auf diese Lösungsmittel möglicherweise bewirkte Erhöhung der Filmbildung brauchte der Fachmann bei der beanspruchten Verwendung des D-Limonens aber nicht zu beachten, da dort Filmbildungen keine Rolle spielen, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt haben.

Auch der Einwand des Beschwerdeführers, daß die Druckschriften (1) und (2) aus so unterschiedlichen technischen Gebieten stammen, nämlich dem der Reinigungsmittel einerseits und dem der Lösungsmittel andererseits, daß ein Fachmann ihre jeweiligen technischen Lehren nicht kombiniert hätte, überzeugt nicht, da bereits in Dokument (1) D-Limonen als "Reinigungslösungsmittel" (Seite 1, Zeile 31; cleaning solvent) bezeichnet wird, womit sich die Verknüpfung dieser Gebiete unmittelbar ergibt, ohne daß ein Rückgriff auf allgemeines Fachwissen erforderlich wäre.

Ebensowenig kann die Kammer der Behauptung des Beschwerdeführers zustimmen, der Anspruchsgegenstand ergebe sich nicht unmittelbar aus der Zusammenschau der Dokumente (1) und (2). Nach Überzeugung der Kammer macht der Fachmann unmittelbar von den in Dokument (2) beschriebenen Lösungsmitteleigenschaften des D-Limonens Gebrauch, wenn er unter Verzicht der in Dokument (1) beschriebenen Reinigungsmittelkomponente Trichlorethylen lediglich D-Limonen zum Reinigen von Maschinen etc. verwendet. Ob die erhaltenen Lösungen Wertprodukte sind (Dokument 2), oder nach dem Lösevorgang verworfen werden wie bei einer Reinigung nach dem Streitpatent, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da es für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nur auf die Kenntnis des Lösevermögens des D-Limonens als solches ankommt.

4.8. Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs gemäß dem Hauptantrag nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

5. Erster und zweiter Hilfsantrag

5.1. Der Anspruch nach dem ersten Hilfsantrag ist auf die alleinige Verwendung von D-Limonen zur Reinigung laufender Maschinen, Vorrichtungen und deren Teile gerichtet. Diese Möglichkeit wird im Streitpatent als weiterer Vorteil der patentgemäßen Reinigungsmittel offenbart (Seite 3, Zeilen 9 bis 10, entsprechend Seite 5, Zeilen 1 bis 4 der ursprünglichen Unterlagen). Der Beschwerdeführer hat dazu in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, daß die Lehre des Streitpatents erstmals die Reinigung von laufenden Maschinen der Papier-, Pappen-, Karton- und Zellstoff-Industrie ermögliche, was zu einer Verringerung der Standzeiten solcher Anlagen und einer Qualitätsverbesserung der hergestellten Produkte führe.

Auch wenn dieser vom Beschwerdeführer geltend gemachte und von den Beschwerdegegnerinnen in der mündlichen Verhandlung bestrittene Effekt schließlich anerkannt werden sollte (vgl. unten, Punkt 6.2), so könnte er die Patentfähigkeit des Anspruchs nach dem ersten Hilfsantrag nicht begründen, da dieser nicht auf die Reinigung von laufenden Maschinen, etc. der genannten Industrie beschränkt ist. Der Beschwerdeführer hat aber nicht geltend gemacht, daß die patentgemäße Lehre erstmals die Reinigung beliebiger laufender Maschinen ermögliche. Ebensowenig hat er vorgetragen, daß die Reinigung laufender Maschinen in anderen Bereichen ein Problem darstellt. Somit kann dieser Effekt auch nicht zur Definition einer technischen Aufgabe für den ersten Hilfsantrag herangezogen werden, vielmehr ist diesem dieselbe technische Aufgabe wie dem Hauptantrag zugrundezulegen.

5.2. Die oben dargestellten Nachteile chlorkohlenwasserstoffhaltiger Reinigungsmittel (vgl. Punkt 4.3) treten naturgemäß sowohl bei stehenden als auch bei laufenden Maschinen auf. Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Anspruchs nach dem Hilfsantrag, spielt es deshalb keine Rolle, daß die Beseitigung dieser Nachteile nun bei laufenden Maschinen anstelle bei Maschinen im allgemeinen erfolgen soll. Daher muß das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit für den Gegenstand des Anspruchs nach dem ersten Hilfsantrag aus den gleichen Gründen verneint werden, die für den Hauptantrag gelten.

5.3. Für den Gegenstand des Anspruchs nach dem zweiten Hilfsantrag, der sich von jenem des ersten Hilfsantrags lediglich durch die Streichung von "sowie deren Teilen" unterscheidet, gelten die gleichen Überlegungen wie für den ersten Hilfsantrag. Auch der Gegenstand des Anspruchs nach dem zweiten Hilfsantrag beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

6. Dritter Hilfsantrag

6.1. Der Anspruch nach dem dritten Hilfsantrag ist auf die alleinige Verwendung von D-Limonen zur Reinigung laufender Maschinen und Vorrichtungen der Papier-, Pappen-, Karton- und Zellstoff-Industrie beschränkt. Somit könnte der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Effekt, daß die Lehre des Streitpatents die Reinigung dieser laufenden Maschinen und Vorrichtungen ermögliche, gegebenenfalls zur Definition einer dem Gegenstand des Anspruchs dieses dritten Hilfsantrags zugrundeliegenden technischen Aufgabe herangezogen werde. Da die Beschwerdegegnerinnen diesen Effekt, der zwar bereits ursprünglich offenbart war, aber erst in den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträgen in Form des Merkmals "... von laufenden Maschinen ..." Eingang in den jeweiligen Anspruch fand, bestritten haben, sieht sich die Kammer nicht in der Lage ohne weitere Sachaufklärung einer Formulierung der technischen Aufgabe näherzutreten.

6.2. Es ist im allgemeinen nicht Aufgabe der Beschwerdekammer, Fragen zu prüfen und zu entscheiden, die sich erstmals im Beschwerdeverfahren stellen (vgl. T 611/90, ABl. EPA 1993, 50, insbesondere Entscheidungsgründe Nr. 3). Daher sollten sowohl diese Sachaufklärung, bei der insbesondere auch den Beschwerdegegnerinnen zur Wahrung des rechtlichen Gehörs Gelegenheit zur Konkretisierung ihres Einwands zu geben ist, als auch die sich daraus ergebende Beurteilung der Patentfähigkeit des Anspruchs von der Einspruchsabteilung vorgenommen werden. Unter diesen Umständen hat die Kammer beschlossen, von der ihr durch Artikel 111 (1) EPÜ eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und die Sache an die Einspruchsabteilung zur Fortsetzung des Verfahrens auf der Grundlage des dritten Hilfsantrags des Beschwerdeführers zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens auf der Basis des 3. Hilfsantrags zurückverwiesen.

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