T 0910/90 () of 14.4.1993

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1993:T091090.19930414
Datum der Entscheidung: 14 April 1993
Aktenzeichen: T 0910/90
Anmeldenummer: 87108567.6
IPC-Klasse: F01K 9/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Dampfturbinenanlage
Name des Anmelders: KÖRTING HANNOVER AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Aufgabe - Lösung
Inventive step (yes)
Problem and solution - skilled person
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0001/80
T 0020/81
T 0024/81
T 0229/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0552/92
T 0660/96
T 0800/98
T 0214/01
T 0311/02
T 0303/09
T 0606/17
T 1112/19
T 2316/19

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 13. Juni 1987 eingereichte europäische Patentanmeldung mit der Anmeldenummer 87 108 567.6 und der Veröffentlichungsnummer 0 256 243, wurde durch die am 19. Juli 1990 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgewiesen.

II. In der Entscheidung, der die Patentansprüche 1, eingereicht mit Schreiben vom 18. Dezember 1989 und 2 und 3 der veröffentlichten Fassung zugrunde lagen, kommt die Prüfungsabteilung zu dem Ergebnis, daß im Hinblick auf den Stand der Technik die Gegenstände der vorgenannten Ansprüche 1 bis 3 keine erfinderische Tätigkeit aufweisen und daher nicht patentfähig sind (Art. 56 EPÜ). Zum Stand der Technik sind in der Entscheidung folgende Druckschriften genannt:

D2 = BE-A-369 736

D3 = Druckschrift von Körting Hannover AG, "Wirtschaftliche Entlüftung von Dampfturbinen- Kondensatoren" von A. Junior, September 1978;

D5 = GB-A-2 147 050

Im Prüfungsverfahren wurden weiterhin folgende Druckschriften geannt:

D1 = Zeitschrift "VGB Kraftwerkstechnik 65", Heft 9, September 1985, Seiten 829-835, "Die Dampfstrahl- Vakuumpumpe als Wärmepumpe bei der Evakuierung eines Dampfturbinenkondensators", von A. Junior;

D4 = DE-C-695 375

Die Anmelderin legte mit Schreiben vom 31. Mai 1989 folgende Druckschrift vor:

D6 = Druckschrift von Körting Hannover AG, 754/6-1, Seiten 1 bis 7, "Leistungsbedarf Nel und Treibdampfstrom MTR eines Dampfstrahl-Kompressors" 21. Februar 1989.

In der Beschreibung der Patentanmeldung ist noch die Druckschrift

D7 = DE-C-514 718

genannt.

III. Am 29. August 1990 hat die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt. Am 13. November 1990 hat sie die Beschwerdebegründung eingereicht.

IV. Am 14. April 1993 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Patentinhaberin folgenden Patentanspruch 1 vorlegte:

"Dampfturbinenanlage, mit einer mehrstufigen Dampfturbine (4), deren Abdampfseite mit einem Kondensator verbunden ist, dessen Kondensat einem Dampfkessel zur Speisung der Dampfturbine (4) mittels einer Pumpe über mehrere Zwischenwärmetauscher (23-27) zugeführt ist, die über Entnahmeleitungen (8, 9, 12, 13) mit zugehörigen Entnahmestellen der Dampfturbine (4) verbunden sind, und die mit Mitteln zur Evakuierung des Kondensators (18) versehen ist, die eine Kombination aus einem Dampfstrahlkompressor (30), einem Zwischenkühler (22) und einer Saugpumpe (36) aufweisen, wobei an eine Entnahmestelle die Treibseite des Dampfstrahlkompressors (30) angeschlossen ist, dessen Saugseite an den Kondensator (18) angeschlossen und dessen Kompressionsseite mit dem Zwischenkühler (22) verbunden ist, der dem Kondensator (18) nachgeschaltet ist und an den die Saugpumpe (36) saugseitig angeschlossen ist, deren Ausgang mit der Atmosphäre verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Treibseite des Dampfstrahlkompressors (30) an die mit einem Zwischenwärmetauscher (23) verbundene Entnahmestelle (13) mit dem niedrigsten Anzapfdruck angeschlossen ist, der während der unterschiedlichen Betriebszustände der Dampfturbinenanlage ständig unterhalb des Atmosphärendruckes liegt."

Die Ansprüche 2 und 3 sind auf Weiterbildungen des Gegenstandes nach Anspruch 1 gerichtet.

V. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Als nächster Stand der Technik sei die Druckschrift D1 anzusehen. Aus dieser Druckschrift D1 gehe jedoch nicht hervor, daß Treibdampf des Dampfstrahlkompressors von der Entnahmestelle der Dampfturbine mit dem niedrigsten Anzapfdruck abgeleitet werde. Die Treibdampfquelle sei dort nicht angegeben. Es sei zwar üblich Treibdampf aus der Dampfturbine abzuleiten, es gebe jedoch in den bekannten Druckschriften weder einen Hinweis noch eine Anregung, den Treibdampf von der Entnahmestelle mit dem niedrigsten Anzapfdruck zu entnehmen. Die Druckschrift D2 zeige einen Dampfstrahlkompressor, dessen Treibdampf von der Anzapfstelle mit dem höchsten Anzapfdruck abgezweigt werde. Zwar könne die Stufenzahl der Turbine und insbesondere die Reihenfolge, an welcher Stelle die Entnahme für die Dampfstrahlpumpe erfolge, beliebig sein, jedoch könne bei dieser bekannten Anlage, der Anzapfdruck nicht unterhalb des Atmosphärendruckes liegen. Überdies sei Ziel der Druckschrift D2, die Dampfstrahlpumpe wirtschaftlicher zu machen und nicht die Wirtschaftlichkeit der Turbinenanlage zu verbessern. Aus der Druckschrift D6, die zwar nach dem Anmeldedatum vorliegender Anmeldung veröffentlicht sei, die aber lediglich zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit und zur Erläuterung des Anmeldungsgegenstandes herangezogen werde, sei zu erkennen, daß im Unterdruckbereich der Leistungsverbrauch des Dampfstrahlkompressors überproportional ansteige, was die Fachwelt davon abgehalten hätte, Treibdampf aus diesem Druckbereich zu verwenden. Die Druckschrift D3 zeige zwar die Verwendung von Treibdampf im Bereich von 0.8 bar, jedoch handele es sich dort um Abdampf aus der Stopfbüchsensammelleitung, der für die Leistungsgewinnung der Dampfturbine nicht mehr in Betracht zu ziehen sei.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche: 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, am 14. April 1993; 2 und 3, wie veröffentlicht in EP-A- 0 256 243;

Beschreibung: Seiten 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung, am 14. April 1993;

Zeichnung: Blatt 1/1, wie veröffentlicht in EP-A- 0 256 243.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Änderungen

Im Oberbegriff des geltenden Patentanspruches 1 ist gegenüber dem ursprünglichen Patentanspruch 1 der Satzteil "dessen Kondensat einem Dampfkessel zur Speisung der Dampfturbine mittels einer Pumpe über wenigstens einen Wärmetauscher zugführt ist, der über eine Entnahmeleitung mit einer Entnahmestelle der Dampfturbine verbunden ist," geändert in "dessen Kondensat einem Dampfkessel zur Speisung der Dampfturbine (4) mittels einer Pumpe über mehrere Zwischenwärmetauscher (23-27) zugeführt ist, die über Entnahmeleitungen (8,9,12,13) mit zugehörigen Entnahmestellen der Dampfturbine (4) verbunden sind,". Diese Änderung findet ihre Stütze in der ursprünglichen Beschreibung Seite 5, Zeilen 17 bis 32, in Verbindung mit der Zeichnung. Die Aufnahme der Bezugszeichen im Oberbegriff des Anspruches 1 erfolgte im Hinblick auf die Regel 29 (7) EPÜ und betrifft keine Änderung des Inhaltes des Anpruches 1.

Im kennzeichnenden Teil des geltenden Anspruches 1 wurde gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 1 die "Entnahmestelle" durch den Satzteil "mit dem Zwischenwärmetauscher (23) verbundene" näher definiert. Weiterhin wurde durch Streichung "oder zeitweise" der Anspruch auf eine Anlage beschränkt, bei der der niedrigste Anzapfdruck während der unterschiedlichen Betriebszustände ständig unterhalb des Atmosphärendruckes liegt. Die klargestellte Definition ist in der ursprünglichen Beschreibung Seite 5, Zeile 33 bis Seite 6, Zeile 5, in Verbindung mit der Zeichnung, offenbart und die Streichung stellt den Wegfall einer alternativen Lösungsmöglichkeit dar.

2.2. Die Änderungen zur ursprünglichen Beschreibung betreffen deren Anpassung an die neue Anspruchsfassung.

Die veröffentlichten Ansprüche 2 und 3 sowie die veröffentlichte Zeichnung entsprechen den ursprünglich eingereichten Unterlagen.

2.3. Einwände nach Art. 123 (2) EPÜ liegen somit nicht vor.

3. Neuheit

Die Prüfung des vorliegenden Standes der Technik hat ergeben, daß der Anschluß der Treibseite des Dampfstrahlkompressors, wie er im kennzeichnenden Teil des Patentanspruches 1 angegeben ist, im Zusammenhang mit einer Dampfturbinenanlage mit den Merkmalen des Oberbegriffes des Patentanspruches 1 nicht bekannt geworden ist. Da dies nie bestritten wurde, erübrigt sich eine nähere Begründung.

Der Gegenstand des Patentanspruches 1 ist neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.

4. Nächstkommender Stand der Technik

4.1. Die Kammer sieht in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin als nächstkommenden Stand der Technik denjenigen gemäß der Druckschrift D1 an, der alle Merkmale des Oberbegriffes des Patentanspruches 1 enthält (vgl. Bild 1 und Bild 14).

In dieser Druckschrift D1 ist die Verwendung eines Dampfstrahlkompressors in Verbindung mit einer Saugpumpe vorgeschlagen (vgl. Seite 834, rechte Spalte: "DS- Pumpsatz"). Daraus geht hervor, daß im Austrittsbereich der Dampfstrahlpumpe Unterdruck auftritt. Als Treibdampfdrücke sind zwar Drücke von 10 bar und 6 bar angeführt (vgl. Seite 831, Bild 9), der konkrete Anschluß der Treibseite des Dampfstrahlkompressors ist jedoch offen gelassen.

4.2. Bei der von der Prüfungsabteilung als nächstkommenden Stand der Technik angesehenen Druckschrift D2, ist die im Oberbegriff des Anspruches 1 der Anmeldung genannte Saugpumpe in Verbindung mit der Dampfstrahlpumpe nicht angegeben. Der gezeigte Treibdampfanschluß für die Dampfstrahlpumpe (vgl. Fig. 2) liegt an einer Anzapfstelle der Dampfturbine mit dem höchsten Anzapfdruck. Der Hinweis auf Seite 8, erster Absatz der Druckschrift D2 auf die Verwendungsmöglichkeit im Unterdruckbereich gibt keine klare Aussage im Hinblick auf die Dampfstrahlpumpe. Jedenfalls ist daraus keine Anregung zu entnehmen, den Treibdampf der Dampfstrahlpumpe von der Anzapfstelle mit dem niedrigsten Anzapfdruck abzuleiten. Die Aussage nach Anspruch 2 (vgl. die letzten fünf Zeilen) dieser Druckschrift D2, wonach der Dampf am Austritt der Dampfstrahlpumpe zur Speisewasservorwärmung verwendet wird und dadurch die Dampfentnahme für einen mit einem kleineren Anzapfdruck als dem des Treibdampfes betriebenen Speisewasservorwärmer verringert wird, weist vielmehr darauf hin, daß neben der Anzapfstelle für den Treibdampf noch eine weitere Anzapfstelle mit niedrigerem Druck vorhanden sein muß. Auch wenn die Entnahmestelle nach der Beschreibung (vgl. Seite 7, fünfter Absatz) nicht auf eine bestimmte Dampfturbinenstufe festgelegt ist, wird durch die Aussage des Anspruches 2 der Druckschrift D2 ein konkreter Hinweis zur Treibdampfabnahme gegeben, der von der im Anspruch 1 der Anmeldung angegebenen, nämlich der Entnahmestelle mit dem niedrigsten Anzapfdruck, wegführt.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist daher der aus der Druckschrift D1 bekannte Stand der Technik als nächstliegend anzusehen, da er eindeutig eine der Treibdampfpumpe nachgeschaltete Pumpe zur Verdichtung gegen die Atmosphäre angibt und die Wahl des Treibdampfanschlusses offen läßt.

5. Aufgabe und Lösung

5.1. Nach den Angaben in der Beschreibung der Patentanmeldung (vgl. Seite 2, letzter Absatz) und den Ausführungen der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung, soll der Erfindung die Aufgabe zugrunde liegen, eine Dampfturbinenanlage zu schaffen, deren Gesamtwirkungsgrad höher als der der bekannten Dampfturbinenanlage ist.

Nach allgemeiner Rechtssprechung (vgl. T 1/80, ABl. EPA 1981, 206; und T 24/81, ABl. EPA 1983, 133) sind bei der Beurteilung der technischen Aufgabe objektive Kriterien maßgebend. Diese Kriterien können durch die Beurteilung eines vorhandenen technischen Fortschrittes des Anmeldungsgegenstandes gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik konkret definiert werden (vgl. T 20/81, ABl. EPA 1982, 217).

Wendet man diesen Maßstab bei vorliegender Anmeldung an, so ist zu berücksichtigen, daß aus der als nächstkommenden Stand der Technik anzusehenden Druckschrift D1 eine Dampfturbinenanlage mit den Merkmalen des Oberbegriffes des Anspruches 1 der Anmeldung bekannt ist, bei der eine Dampfstrahl-Vakuumpumpe im Hinblick auf einen guten Gesamtwirkungsgrad der Dampfturbinenanlage leistungssparend eingesetzt ist. Dies geschieht nach der Druckschrift D1 durch den Wärmerückgewinn des aus der Dampfstrahlpumpe abgeführten Dampfes, der zur Aufwärmung des Turbinenkondensats verwendet wird.

Demgegenüber ist die technische Verbesserung des Anmeldungsgegenstandes, die zu einer weiteren Erhöhung des Gesamtwirkungsgrades der Dampfturbinenanlage führt, in der spezifischen Entnahme des Treibdampfes für die Dampfstrahl-Vakuumpumpe zu sehen.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt somit die Aufgabe zugrunde, den zum Betrieb der Dampfstrahl-Vakuumpumpe erforderlichen Treibdampf so abzunehmen, daß der Gesamtwirkungsgrad der Turbinenanlage im Vergleich mit den bekannten Anlagen weiter erhöht wird.

Die Kammer kann dem Einwand der Beschwerdeführerin nicht zustimmen, daß sich die angegebene Aufgabenermittlung auf eine rückschauende Betrachtungsweise stütze und daß in der Aufgabe bereits ein Teil des erfindungsgemäßen Lösungsgedankens miteinbezogen sei.

Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin darin zu, daß die technische Aufgabe einer Erfindung so zu formulieren ist, daß sie keine Lösungsansätze enthält; denn das Einbeziehen eines Teils eines Lösungsgedankens aus der Erfindung in die Aufgabe muß bei der Bewertung des Standes der Technik unter dem Aspekt dieser Aufgabe zwangsläufig zu einer retrospektiven Betrachtungsweise der erfinderischen Tätigkeit führen (vgl. T 229/85, ABl. EPA 1987, 237). Dies bedeutet jedoch nicht, daß bei der Ermittlung der erfinderischen Tätigkeit eine ganz allgemeine, nicht auf die Erfindung bezogene Aufgabe zugrunde gelegt werden kann. Vielmehr muß bei der Bestimmung der objektiven Aufgabe, entsprechend der allgemeinen Rechtssprechung, der nächste Stand der Technik und der durch den Unterschied der Erfindung hierzu eventuell vorhandene technische Fortschritt berücksichtigt werden, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist. Dabei kommt es nicht darauf an ob diese Aufgabe bereits im nächstkommenden Stand der Technik angesprochen ist, sondern darauf was der Fachmann beim Vergleich des nächskommenden Standes der Technik mit der Erfindung als Aufgabe objektiv erkennt.

6. Erfinderische Tätigkeit

Durch den vorliegenden Stand der Technik wird der Fachmann nicht in naheliegender Weise angeregt, die obengenannte Aufgabe durch den Anschluß der Treibseite des Dampfstrahlkompressors an die mit einem Zwischenwärmetauscher verbundene Entnahmestelle mit dem niedrigsten Anzapfdruck entsprechend dem Patentanspruch 1 zu lösen.

6.1. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist zunächst die Frage des zuständigen Fachmannes zu klären.

Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, daß der Fachmann der eine Dampfturbinenanlage entwirft, kein Fachmann für die Detailfragen der einzelnen Elemente, wie Dampfstrahl- Vakuumpumpe, sein könne und daß der Fachmann der für eine Dampfstrahl-Vakuumpumpe zuständig ist, die Probleme der Dampfturbinenanlage im einzelnen nicht kenne.

Wenn der Fachmann, der eine Dampfturbinenanlage entwirft, die Auswahl von erforderlichen Einzelelementen, wie eine Vakuumpumpe zur Betriebsentlüftung des Turbinenkondensators, trifft, so wird er sich auf dem entsprechenden Gebiet umsehen und sich gegebenenfalls mit dem Fachmann für diese Einzelelemente in Verbindung setzen. Andererseits wird der Fachmann, der für die Einzelelemente zuständig ist und diese mit Blickrichtung auf den Einsatz bei Dampfturbinenanlagen entwirft, sich auf dem Gebiet der Dampfturbinenanlagen orientieren und diese Einzelelemente, wie die Vakuumpumpe, so auslegen, daß sie bei Dampfturbinen vorteilhaft eingesetzt werden können. Es kann daher im vorliegenden Fall nicht ein Fachmann zugrunde gelegt werden, der sich nur mit Dampfstrahlpumpen beschäftigt, ohne den Einsatzbereich ins Auge zu fassen, sondern um einen Fachmann, der sowohl auf dem Gebiet der Turbinenanlagen als auch auf dem Gebiet der Dampfstrahl-Vakuumpumpen Bescheid weiß.

6.2. Eine Anregung zu der genannten objektiven Aufgabenstellung erhält der Fachmann bereits aus der Druckschrift D1, in der auf Seite 835 (linke Spalte, oben, Zeilen 6 bis 10) angegeben ist, daß der tatsächliche Leistungsbedarf der Dampfstrahlpumpe von der "Quelle" des Treibdampfes abhängt. Eine erfinderische Tätigkeit in der Aufgabenstellung kann daher nicht vorliegen.

6.3. In der Druckschrift D1 ist zwar angegeben (vgl. Seite 834, rechte Seite), daß die Dampfstrahlpumpe im Druckbereich unterhalb 100 mbar und die Wasserringpumpe im Druckbereich oberhalb 100 mbar und bei der Verdichtung gegen die Atmosphäre wirtschaftlich arbeiten. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß die Dampfstrahlpumpe mit Treibdampf aus dem Vakuumdruckbereich betrieben wird. Ein Betrieb mit Treibdampf aus dem Vakuumdruckbereich ist in dieser Druckschrift weder erwähnt noch angeregt. Als Treibdampfdrücke sind vielmehr durchwegs Drücke von 6 bar und 10 bar angegeben.

6.4. Im Hinblick auf die Druckschrift D2 ist die Beschwerdeführerin der Ansicht, daß dort nicht die Aufgabe hervorgehe, die Wirtschaftlichkeit der Anlage zu erhöhen, sondern die Dampfstrahlpumpe selbst wirtschaftlicher zu machen.

Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden, da die Anordnung des von dem Dampf der Dampfstrahlpumpe betriebenen Zwischenerhitzers für das Kondensat, sowie die Abnahme des Treibdampfes für die Dampfstrahlpumpe an einer Stelle an der der Dampf bereits zur Erhöhung der Turbinenleistung ausgenutzt wurde, auf eine Erhöhung des Gesamtwirkungsgrad der Turbinenanlage abzielen.

Der Hinweis, Treibdampf aus einer Entnahmestelle für einen Zwischenwärmetauscher zu entnehmen, an der der Dampf bereits für die Steigerung der Turbinenleistung ausgenutzt wurde, kann allerdings keine Anregung dazu geben, den Treibdampf an der Entnahmestelle (im Sinne der Erfindung) mit dem niedrigsten Anzapfdruck abzuführen. Die Angabe in der Druckschrift D2, daß die Entnahmestelle für Treibdampf an irgend einer Dampfturbinenstufe liegen könne (vgl. Seite 7, fünfter Absatz), gibt keinen Anhaltspunkt dafür, die Entnahmestelle mit dem niedrigsten Anzapfdruck in Betracht zu ziehen. In dem gezeigten Beispiel (Fig. 2), das der vorliegenden Erfindung am nächsten kommt, wird der Treibdampf aus einer Entnahmestelle abgezweigt, die den höchsten Anzapfdruck aufweist. Auch geht aus Anspruch 2 hervor, daß neben der Entnahmestelle für den Treibdampf noch eine zu einem Zwischenwärmetauscher führende Entnahmestelle mit niedrigeren Anzapfdruck vorgesehen ist. Selbst wenn der Fachmann, angeregt durch den Hinweis die Dampfenergie weitgehend für die Dampfturbine auszunutzen, eine Entnahmestelle wählen würde, die einen unter dem höchsten Anzapfdruck liegenden Druck aufweist, so wird er unter Berücksichtigung der Aussage des Anspruches 2 der Druckschrift D2 nicht die Entnahmestelle mit dem niedrigsten Anzapfdruck in Betracht ziehen. Auch das Fehlen einer der Dampfstrahlpumpe nachgeschalteten Pumpe zur Verdichtung auf Atmosphärendruck hält davon ab, Treibdampf aus dem Vakuumbereich abzunehmen.

6.5. Aus der Druckschrift D3 ist zwar die Möglichkeit bekannt, die Dampfstrahlpumpe mit Dampf aus dem Unterdruckbereich zu betreiben, (vgl. Blatt 14, "KS-Pumpsatz") doch handelt es sich dort um Stopfbuchsabdampf, der für die weitere Ausnutzung zur Erhöhung der Dampfturbinenleistung nicht in Betracht gezogen wird.

Die Beschwerdeführerin führte aufgrund von Kurven (vgl. Druckschrift D6), die den Leistungsbedarf der Dampfstrahlpumpe in Abhängigkeit vom Treibdampfdruck zeigen, glaubhaft vor, daß in einem bestimmten Unterdruckbereich der Leistungsbedarf für die Dampfstrahlpumpe überdurchschnittlich ansteigt. Die Kammer wies jedoch darauf hin, daß in dem angeführten Diagramm (vgl. Seite 4, der Druckschrift D6), das die Beschwerdeführerin offensichtlich als zum Grundwissen des Fachmannes gehörig ansieht, bei einem Treibdampfdruck im Bereich des Atmosphärendrucks, für ein brauchbares Verdichtungsverhältnis des Dampfstrahl-Kompressors (von 3) ein Minimum an Leistungsbedarf gezeigt ist. Da nach dem gültigen Anspruch 1 der Anzapfdruck während der unterschiedlichen Betriebszustände der Dampfturbinenanlage ständig unterhalb des Atmosphärendruckes liegt, wäre jedoch infolge der auftretenden Druckschwankungen zumindest für einige Betriebszustände mit einem hohen Leistungsbedarf für die Dampfstrahlpumpe zu rechnen, was den Fachmann jedenfalls nicht dazu anregen könnte, diesen Druckbereich auszuwählen. Auch die Angabe in der Druckschrift D2, daß der Wirkungsgrad der Dampfstrahlpumpe um so schlechter ist, je höher der Treibdampfdruck ist (vgl. Seite 2, dritter Absatz bis Seite 3, erster Absatz) kann nicht zum Anmeldungsgegenstand führen, da in der Druckschrift D2 nicht Treibdampf aus dem Unterdruckbereich angesprochen ist, wie deren Gesamtinhalt zeigt.

6.6. Die Verwendung von Treibdampf aus einer Dampfquelle mit niedrigem Druck ist auch aus der Druckschrift D5 (vgl. Seite 1, Zeilen 77 bis 87) bekannt, doch handelt es sich auch dort um Abdampf oder um Dampf aus einem zusätzlichen Dampferzeuger. Eine Dampfabnahme aus der Entnahmestelle der Dampfturbine mit dem niedrigsten Anzapfdampf ist dort weder beschrieben noch angeregt.

Die Druckschrift D4 befaßt sich mit der Entnahme von Treibdampf, der je nach dem von der Leistung abhängigen Druckverlauf in der Turbine aus einer ungeregelten Anzapfstelle entsprechenden Druckes entnommen wird und nicht mit der Entnahme von Treibdampf aus dem Unterdruckbereich der Turbine.

Die Druckschrift D7 gibt zwar an (vgl. Seite 2, Zeilen 23 bis 31), daß infolge von niedrig gespanntem Betriebsdampf des Luftsaugers für die Luftabsaugung große Mengen desselben verfügbar sind, was die Erhitzung von Kondensat ermöglicht, eine mit einem Zwischenwärmetauscher verbundene Entnahmestelle mit dem niedrigsten Anzapfdruck, der während der unterschiedlichen Betriebszustände der Dampfturbinenanlage ständig unterhalb des Atmosphärendruckes liegt, ist darin jedoch weder angesprochen noch ist hierzu eine Anregung gegeben.

6.7. Auch eine gemeinsame Betrachtung der durch den Stand der Technik vermittelten Lehren weist dem Fachmann insgesamt keinen Weg, auf dem er ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Patentanspruches 1 gelangen könnte.

6.8. Der Gegenstand des Patentanspruches 1 beruht deshalb auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Art. 56 EPÜ.

7. Der Patentanspruch 1 und die auf ihn zurückbezogenen Patentansprüche 2 und 3, in Verbindung mit der Beschreibung und der Zeichnung, können deshalb als Grundlage für die Patenterteilung dienen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Weisung, ein europäisches Patent mit den in Abschitt VI genannten Unterlagen zu erteilen.

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