T 0762/90 () of 29.11.1991

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1991:T076290.19911129
Datum der Entscheidung: 29 November 1991
Aktenzeichen: T 0762/90
Anmeldenummer: 83112751.9
IPC-Klasse: B01D 39/00
B01D 53/02
A62B 17/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Flächenfilter
Name des Anmelders: von Blücher, Hubert, et al
Name des Einsprechenden: Helsa-Werke Helmut Sandler GmbH & Co. KG
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Hauptantrag der Beschwerdegegner (Patentinhaber) - nicht ursprünglich offenbart
1. und 3. Hilfsantrag - unklar (Warenzeichen)
2. und 4. Hilfsantrag - nicht erfinderisch
Orientierungssatz:

Amendments - added subject maters (yes)

Claims - formulation - clarity (no)

Novelty (yes)

Inventive step (no)

Angeführte Entscheidungen:
T 0762/90
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0762/90
T 0667/94
T 0749/95
T 0963/96
T 0145/05
T 0857/06
T 2020/07
T 0361/08
T 0409/10
T 0447/10
T 0270/11
T 2577/11
T 2700/17
T 3037/19

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdegegner sind Inhaber des europäischen Patents 0 118 618 (Anmeldenummer 83 112 751.9).

II. Die Beschwerdeführerin hat unter Nennung insbesondere des Dokuments:

(D1) DE-C-2 951 827

im Hinblick auf die Artikel 100 (a) und 100 (c) EPÜ gegen das Patent Einspruch erhoben.

Nach Ablauf der Einspruchsfrist wurden u. a. folgende weitere Dokumente genannt:

(D21) GB-A-2 077 141,

(D22) "Textilveredlung", Kapitel 5: W. Heinze, "Kunststoffapplikation in der Textilindustrie", 1981, VEB Fachbuchverlag, Leipzig,

(D23) Bayer AG, "Vorläufige Information: IMPRAFIX 43 035 flüssig", April 1981,

(D24) Bayer AG, "Vorläufige Information: IMPRANIL-High- Solid-PUR-Reaktivprodukte für Textilbeschichtung", März 1984, und

(D26) Bayer AG, "Datenblatt: IMPRANIL CA 43 034 flüssig", August 1978.

III. Die Einspruchsabteilung hat das europäische Patent in geändertem Umfang aufrechterhalten. Der Anspruch 1 dieses Patents lautet:

"1. Flächenfilter aus einem luftdurchlässigen textilen Trägermaterial und darauf mit einem Kleber in gleichmäßiger punktförmiger Verteilung fixierten Aktivkohle-Teilchen eines Durchmessers von 0,1 bis 1 mm, wobei der Kleber ein lösungsmittelfreies Polyurethan ist, das als Gemisch aus einem vorpolymerisierten, maskierten Isocyanat und einem Vernetzermittels einer Schablone als punktförmiges Muster von Kleberhäufchen in Form einer Halbkugel oder eines Kegels einer Höhe von 0,05 bis 0,5 mm und eines Durchmessers von 0,2 bis 1 mm aufgedruckt worden ist, und wobei das punktförmige Muster 30 bis 70 % der Oberfläche des Trägermaterials bedeckt."

Die Ansprüche 2 bis 12 sind auf Anspruch 1 rückbezogen.

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Beschwerde erhoben und zur weiteren Stützung ihrer Argumentation insgesamt 10 weitere, mit D27 bis D36 bezeichnete Dokumente genannt.

V. Die Beschwerdegegner (Patentinhaber) haben in ihrer Erwiderung beantragt, aufgrund der in den Vertragsstaaten allgemein anerkannten Grundsätze (Artikel 125 EPÜ) die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

VI. Mit Zwischenentscheidung T 762/90 vom 23. Januar 1991 hat die Beschwerdekammer entschieden, daß die Beschwerde zulässig ist.

VII. Die Beschwerdegegner haben dann hilfsweise beantragt, nach Artikel 8 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern die Kammer um einen mit dem chemischen Charakter der Beschwerde vertrauten Chemiker und damit zwangsläufig ein weiteres rechtskundiges Mitglied zu erweitern.

VIII. Mit Bescheid vom 24. Juni 1991 wurde die Erweiterung der Kammer mitgeteilt.

IX. Am 11. September 1991 wurde mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegner beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent aufrechtzuerhalten:

- auf der Basis des von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen, mit Schriftsatz vom 12. Juni 1991 unter Einfügung des Adjektivs "flexiblen" in Zeile 1 nach "luftdurchlässigen" geänderten Anspruchs 1 und der Ansprüche 2 bis 12 des erteilten Patents (Hauptantrag),

- auf der Basis des Anspruchs 1 des während der mündlichen Verhandlung eingereichten ersten Hilfsantrags und der Ansprüche 2 bis 12 des erteilten Patents, wobei der Anspruch 1 lautet:

"1. Flächenfilter aus einem luftdurchlässigen flexiblen textilen Trägermaterial und darauf mit einem Kleber in gleichmäßiger punktförmiger Verteilung fixierten Aktivkohle-Teilchen eines Durchmessers von 0,1 bis 1 mm, wobei der Kleber ein lösungsmittelfreies Polyurethan ist, das als Paste aus 100 Teilen des vorpolymerisierten, maskierten Isocyanats Impranil 43034 und 13,5 Teilen Impranil 43035 als Vernetzer für das Isocyanat und 2 Teilen Kieselsäure einer inneren Oberfläche nach BET von 380 mittels einer Schablone als punktförmiges Muster von Kleberhäufchen in Form einer Halbkugel oder eines Kegels einer Höhe von 0,05 bis 0,5 mm und eines Durchmessers von 0,2 bis 1 mm aufgedruckt worden ist, und wobei das punktförmige Muster 30 bis 70 % der Oberfläche des Trägermaterials bedeckt.",

- auf der Basis des Anspruchs 1 des während der mündlichen Verhandlung eingereichten zweiten Hilfsantrags und der Ansprüche 2 bis 12 des erteilten Patents, wobei der Anspruch 1 lautet:

"1. Flächenfilter aus einem luftdurchlässigen flexiblen textilen Trägermaterial und darauf mit einem Kleber in gleichmäßiger punktförmiger Verteilung fixierten Aktivkohle-Teilchen eines Durchmessers von 0,1 bis 1 mm, wobei der Kleber ein lösungsmittelfreies Polyurethan ist, das als Paste aus 100 Teilen vorpolymerisiertem, maskiertem Isocyanat, 13,5 Teilen eines aromatischen Triamins als Vernetzer für das Isocyanat und 2 Teilen Kieselsäure einer inneren Oberfläche nach BET von 380 mittels einer Schablone als punktförmiges Muster von Kleberhäufchen in Form einer Halbkugel oder eines Kegels einer Höhe von 0,05 bis 0,5 mm und eines Durchmessers von 0,2 bis 1 mm aufgedruckt worden ist, und wobei das punktförmige Muster 30 bis 70 % der Oberfläche des Trägermaterials bedeckt.",

- auf der Basis der Ansprüche 1 bis 11 des während der mündlichen Verhandlung eingereichten dritten Hilfsantrags, wobei der Anspruch 1 lautet:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Flächenfilters aus einem luftdurchlässigen, flexiblen, textilen Trägermaterial und darauf mit einem Kleber in gleichmäßiger punktförmiger Verteilung fixierten Aktivkohle-Teilchen eines Durchmessers von 0,1 bis 1 mm, bei dem man eine Paste aus 100 Teilen des vorpolymerisierten, maskierten Isocyanats Impranil 43034 und 13,5 Teilen Impranil 43035 als Vernetzer für das Isocyanat und 2 Teilen Kieselsäure einer inneren Oberfläche nach BET von 380 mittels einer Schablone als punktförmiges Muster von Kleberhäufchen in Form einer Halbkugel oder eines Kegels einer Höhe von 0,05 bis 0,5 mm und eines Durchmessers von 0,2 bis 1 mm, das 30 bis 70 % der Oberfläche des Trägermaterials bedeckt, auf das Trägermaterial aufdruckt, mit den Aktivkohle-Teilchen bestreut und den Kleber vernetzt.", oder - auf der Basis der Ansprüche 1 bis 11 des während der mündlichen Verhandlung eingereichten vierten Hilfsantrags, wobei der Anspruch 1 lautet:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Flächenfilters aus einem luftdurchlässigen, flexiblen, textilen Trägermaterial und darauf mit einem Kleber in gleichmäßiger punktförmiger Verteilung fixierten Aktivkohle-Teilchen eines Durchmessers von 0,1 bis 1 mm, bei dem man eine lösungsmittelfreie Polyurethan-Paste aus 100 Teilen vorpolymerisiertem, maskiertem Isocyanat, 13,5 Teilen eines aromatischen Triamins als Vernetzer für das Isocyanat und 2 Teilen Kieselsäure einer inneren Oberfläche nach BET von 380 mittels einer Schablone als punktförmiges Muster von Kleberhäufchen in Form einer Halbkugel oder eines Kegels einer Höhe von 0,05 bis 0,5 mm und eines Durchmessers von 0,2 bis 1 mm, das 30 bis 70 % der Oberfläche des Trägermaterials bedeckt, auf das Trägermaterial aufdruckt, mit den Aktivkohle-Teilchen bestreut und den Kleber vernetzt.".

X. Zur Begründung ihres Antrages trug die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgende Argumente vor:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß den verschiedenen Anträgen gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Artikel 123 (2) EPÜ). Je nach Antrag gelte dies insbesondere bezüglich des Merkmals "mittels einer Schablone" und der Definition des Klebers als "lösungsmittelfreies Polyurethan", von denen ursprünglich nicht offenbart gewesen sei, daß sie erfindungswesentlich seien. Die Erwähnung des Merkmals "Vernetzer" stelle eine unzulässige Erweiterung dar, da nur ein aromatisches Triamin ursprünglich offenbart sei. Weitere unzulässige Erweiterungen seien die Aufnahme von nur bestimmten Bestandteilen der Zusammensetzung des Klebstoffes gemäß Beispiel 2 in dem Anspruch 1, weil die Kieselsäure wesentlich für die Viskosität sei, oder die Erwähnung der Form der Kleberhäufchen in dem Verfahrensanspruch 1, weil sich die ursprüngliche Offenbarung auf die Form der Häufchen des fertigen Produkts beziehe.

Es müsse als im Rahmen rein fachmännischen Könnens liegend angesehen werden, wenn man neben den in der Entgegenhaltung D21 genannten Klebersystemen weitere Klebersysteme ausprobiere, die in der Literatur, insbesondere D22 und D26, als für diesen Zweck geeignet beschrieben seien.

Am Prioritätstag des Streitpatentes seien bereits PU- Reaktivsysteme bekannt gewesen, die einerseits für nahezu sämtliche in Betracht kommenden Materialien geeignet und außerdem anderen Kunstharzen gerade in solchen Eigenschaften überlegen seien, die für die Textil- Veredelung bzw. Beschichtung eine maßgebliche Rolle spielten. Weiterhin sei es am Prioritätstag auch schon bekannt gewesen, PU-Reaktivsysteme mit hohem Feststoffgehalt im Siebdruckverfahren aufzutragen.

XI. Die Beschwerdegegner (Patentinhaber) vertreten demgegenüber im wesentlichen folgende Auffassung:

Gegenstand der Erfindung sei nicht etwa ein anderes Herstellungsverfahren für das aus D21 bekannte Flächenfilter, sondern dessen grundlegende Verbesserung durch eine in Form und Zusammensetzung andere Fixierung der Kugelkohle an dem textilen Trägermaterial. High- Solids-Systeme seien am Prioritätstag des Patentes als Kleber nicht bekannt gewesen und der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt, sie für andere Zwecke einzusetzen als für jene, für die sie geschaffen worden seien, nämlich als Haftstrich oder Deckstrich (vgl. D26 und D22). Haftstrich bedeute nur, daß die Streichmasse gut am Träger haften und diesen ganzflächig bedecken solle; mit Haften im Sinne von Kleben habe das nichts zu tun. Der Patentinhaber habe als erster erkannt, daß High-Solids überhaupt als Klebstoffe eingesetzt werden könnten. Das sei allein schon deshalb überraschend, weil sie eine Topfzeit von Tagen, sogar Wochen hätten und ohne Erhitzen nicht aushärten würden. Die Erfindung bestehe somit darin, diesen Klebstoff für einen ganz speziellen Zweck einzusetzen, nämlich bei Flächenfiltern für die Fixierung der Kugelkohle an dem textilen Trägermaterial. Wenn der Fachmann schon für diese spezielle Technologie ein andersartiges Produkt als Klebstoff verwende, dann wäre höchstens zu erwarten, daß er es in der gleichen Weise aufbringe, wie das bei der Herstellung von derartigen Flächenfiltern aus den Dokumenten D1 und D21 bekannt sei. Der in D1 beschriebene Rasterwalzenauftrag sei unstreitig zum punktförmigen Aufdrucken von High-Solids auf einen textilen Träger ungeeignet. Allein diese Feststellung hätte für den Fachmann genügen müssen, um Versuche des Drucks mit High- Solids einzustellen. Mit der Erfindung werde erstmalig die Möglichkeit geschaffen, Kleberhäufchen zu drucken, die bei der Härtung völlig überraschend eine Verankerung der Kugelkohle wie durch Wurzeln bewirkten, weil die High- Solids beim Erwärmen vorübergehend ein Viskositätsminimum durchliefen.

XII. Nach Beratung der Kammer wurde verkündet, daß das Beschwerdeverfahren abgeschlossen ist und die Entscheidung schriftlich folgt.

Da die erst im Beschwerdeverfahren genannten Dokumente D27 bis D36 nicht vollständig diskutiert worden waren, wurde ferner verkündet, daß die Kammer das Beschwerdeverfahren wieder eröffnen und den Parteien Gelegenheit zu weiterer Äußerung geben werde, wenn die im Beschwerdeverfahren von der Beschwerdeführerin neu erwähnten Dokumente als wichtig erscheinen sollten.

XIII. Das am 07. Oktober 1991 eingegangene Schreiben der Beschwerdegegner wird nicht berücksichtigt, weil zu diesem Zeitpunkt das Verfahren bereits abgeschlossen war.

Entscheidungsgründe

1. Über die Zulässigkeit der Beschwerde wurde schon mit der Zwischenentscheidung T 762/90 vom 23. Januar 1991 entschieden.

2. Eine Wiedereröffnung des Beschwerdeverfahrens (vgl. Ziffer XII.) ist nicht erforderlich, da sich die Dokumente D27 bis D36 nach Überprüfung durch die Kammer als nicht relevanter als die bereits im Einspruchsverfahren genannten Druckschriften erwiesen haben. Eine Diskussion dieser Dokumente ist (und war) somit nicht erforderlich.

3. Hauptantrag

3.1. Zulässigkeit der beantragten Änderungen in Anspruch 1

3.1.1. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags ist aus dem ursprünglichen Anspruch 1 hervorgegangen, dessen sachlicher Inhalt durch zusätzliche Aufnahme von in den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 4 bis 7 offenbarten Merkmalen spezifiert worden ist. Ferner wurden die Zusammensetzung und die Auftragsweise des in dem ursprünglichen Anspruch 1 genannten Klebers definiert, indem einige Merkmale des Beispiels 2 der Beschreibung, nämlich "vorpolymerisiertes maskiertes Isocyanat", "Vernetzer" und "Auftragen mittels einer Schablone", sowie das in der Beschreibung, Seite 8, Zeilen 6 bis 9, offenbarte Merkmal der Lösungsmittelfreiheit des PU- Klebers in den Anspruch 1 aufgenommen wurden.

3.1.2. In der ursprünglichen Beschreibung wird auf Seite 7, Zeilen 32 bis 36 ausgeführt, daß für die Zwecke der Erfindung sehr verschiedene polymere Bindemittel, z. B. Polyurethane, verwendet werden können. In der breiten Kategorie der Polyurethane sind gemäß Seite 8, Zeilen 6 bis 9 lösungsmittelfreie Polyurethan-Systeme, wie sie z. B. unter der Bezeichnung "High Solids" (Bayer) im Handel sind, als sehr geeignet zu betrachten. Daß es sich um vorpolymerisiertes, maskiertes Isocyanat handelt, ist dieser Bezeichnung nicht eindeutig zu entnehmen. Die eigentliche Spezifizierung des Klebers findet man im Beispiel 2, das eine Paste aus einem vorpolymerisierten maskierten Isocyanat (Impranil 43034), einem aromatischen Triamin als Vernetzer für das Isocyanat ("Impranil 43035") und anderen Bestandteilen offenbart. Die Offenbarung des Beispiels 2 ist somit auf den Fall beschränkt, daß ein aromatisches Triamin als Vernetzer verwendet wird (oder "Impranil 43035", was aber eine fehlerhafte (vgl. D26 und D23) und unklare Bezeichnung ist). Auch aus den anderen Teilen der Beschreibung ist keine Offenbarung zur Verwendung eines beliebigen Vernetzers entnehmbar.

Der Ersatz eines offenbarten speziellen Bestandteils einer chemischen Zusammensetzung ("aromatisches Triamin") durch einen umfassenden allgemeinen Ausdruck ("Vernetzer") ist als eine gemäß Artikel 123 (2) EPÜ unzulässige Änderung anzusehen, da über diesen allgemeinen Ausdruck erstmals andere Bestandteile als der offenbarte mit dem Anmeldungsgegenstand in Verbindung gebracht werden.

3.1.3. Ähnliches gilt für das Weglassen der in Beispiel 2 mitaufgeführten Kieselsäure, da nirgends angedeutet ist, daß diese auch weggelassen werden kann.

3.1.4. Da aus den vorstehend genannten Gründen der Anspruch 1 des Hauptantrages nicht den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ entspricht, ist der Hauptantrag der Beschwerdegegner nicht gewährbar.

4. Erster Hilfsantrag

4.1. Klarheit

4.1.1. Anspruch 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag enthält den Namen "Impranil 43034", der in der ursprünglichen Beschreibung im Beispiel 2 offenbart ist und einem Warenzeichen der Firma Bayer für ein Produkt zur wasch- und lösungsmittelbeständigen Beschichtung und Kaschierung von Textilien entspricht (vgl. D26).

Wie die Beschwerdegegner selber ausgeführt haben, kann dieser Name eine ganze Reihe von Produkten bezeichnen. Es können sich nämlich die Produkte derselben Nummer entsprechend der Phase ihrer industriellen Entwicklung voneinander unterscheiden, was durch Buchstaben, z. B. "CA" (vgl. D26), angegeben werden müßte. Entsprechend der Offenbarung der Druckschrift D26 entspricht die Bezeichnung "Impranil CA 43034" einem PUR-Prepolymer mit ca. 2,2 % blockierten NCO-Gruppen. Selbst diese Definition ist jedoch unklar, weil sie die chemische Zusammensetzung nicht eindeutig angibt, sondern nur eine breite Gruppe von Verbindungen benennt.

Es ist also nicht genau bekannt, was unter "Impranil 43034" zu verstehen sein soll.

Die Kammer hat darüber hinaus Bedenken gegen die Anwendung einer solchen Bezeichnung in einem Anspruch, weil es ungewiß ist, ob die Bedeutung dieses Warenzeichens, selbst soweit sie am Anmeldetag bekannt war, bis ans Ende der Laufzeit des Patents unverändert erhalten bleiben wird.

Eine weitere wesentliche Unklarheit des Anspruchs 1 besteht auch darin, daß das Produkt "Impranil 43035" als Vernetzer für das "Impranil 43034" beansprucht wird. Ein solches Produkt existiert aber nicht. Ein anderes Produkt, nämlich "Imprafix 43035", ist als Vernetzer für das erwähnte Impranil bekannt. Es ist ein aliphatisches Amin (vgl. D23). Eine Berichtigung der fehlerhaften Angabe nach Regel 88 EPÜ ist nach Auffassung der Kammer nicht möglich, denn in Beispiel 2 des Streitpatents wird der Vernetzer als aromatisches Triamin bezeichnet (was im Widerspruch zu dem aliphatischen "Imprafix 43035" steht). Es ist also nicht eindeutig erkennbar, daß von Anfang an "Imprafix 43035" gemeint war.

4.1.2. Die Beschwerdegegner haben beantragt, die Frage, ob grundsätzlich ein eingetragenes Warenzeichen in einem Anspruch verwendet werden darf, der Großen Beschwerdekammer vorzulegen.

Die Kammer vertritt die Auffassung, daß ein Warenzeichen nicht verwendet werden darf, wenn es, wie im vorliegenden Fall, zur eindeutigen Angabe der Beschaffenheit eines Gegenstands nicht geeignet ist. Dies ist nicht eine Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit von Warenzeichen in einem Anspruch, sondern Tatfrage im gegebenen Fall. Diese Auffassung entspricht auch der Praxis des Prüfungsverfahrens, wie sie in den "Richtlinien für die Prüfung im EPA", Teil C III, 4.5b angesprochen ist.

Nach Meinung der Kammer ist die Rechtslage in bezug auf dieses Problem nicht umstritten und bedarf keiner weiteren Klarstellung seitens der Großen Beschwerdekammer. Die Vorlage der Frage bei der Großen Beschwerdekammer wird somit abgelehnt.

4.1.3. Aus den vorstehend genannten Gründen ist Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unklar und entspricht somit nicht den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ. Deshalb ist der erste Hilfsantrag der Beschwerdegegner nicht gewährbar.

5. Zweiter Hilfsantrag

5.1. Zulässigkeit der beantragten Änderungen in Anspruch 1

5.1.1. Der unabhängige Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags ist aus dem ursprünglichen Anspruch 1 hervorgegangen, dessen sachlicher Inhalt durch zusätzliche Aufnahme von in den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 4 bis 7 offenbarten Merkmalen spezifiert worden ist. Ferner wurden die Zusammensetzung und die Auftragsweise des in dem ursprünglichen Anspruch 1 genannten Klebers definiert, indem einige Merkmale des Beispiels 2 der Beschreibung, nämlich "100 Teile eines vorpolymerisierten maskierten Isocyanats", "13,5 Teile eines aromatischen Triamins als Vernetzer", "2 Teile Kieselsäure" und das Auftragen mittels einer Schablone, sowie das in der Beschreibung, Seite 8, Zeilen 6 bis 9, offenbarte Merkmal der Lösungsmittelfreiheit des PU-Klebers in den Anspruch 1 aufgenommen wurden.

5.1.2. Alle Einzelmerkmale des Anspruchs 1 sind somit in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart.

Es muß noch untersucht werden, ob es zulässig ist, nur bestimmte Bestandteile einer in einem Beispiel offenbarten chemischen Zusammensetzung in den Hauptanspruch aufzunehmen. Im vorliegenden Fall offenbart das Beispiel 2 zusätzlich auch noch 3,5 Teile Sb2O3 und 6,5 Teile Dekabromdiphenyläther, die gemäß dem zweiten Hilfsantrag gestrichen wurden.

Nach Auffassung der Kammer stellt eine Abänderung einer konkret, z. B. in einem Ausführungsbeispiel beschriebenen Form der Erfindung durch Streichung einiger Merkmale jedenfalls dann keine unzulässige Erweiterung dar, wenn in den ursprünglichen Unterlagen zum Ausdruck kommt, daß die gestrichenen Merkmale des Beispiels für die Ausführung der Erfindung unwesentlich oder, anders ausgedrückt, zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe nicht erforderlich sind. Im vorliegenden Fall geht aus der ursprünglichen Beschreibung, Seite 8, Zeilen 11 bis 23 hervor, daß dem Kleber eventuell Flammschutzmittel beigemischt werden können, um das gesamte Flächenfilter schwer entflammbar zu machen, wobei Flammschutzmittel auf Basis von Antimontrioxid in Kombination mit Bromverbindungen bevorzugt werden. Dabei kommt es zu keiner wesentlichen Veränderung des Griffs des textilen Flächengebildes. Es ist somit klar, daß die Verallgemeinerung durch Beanspruchung der im Beispiel 2 offenbarten Kleberpaste ohne die Erwähnung der dort angegebenen Flammschutzmittel als zulässig anzusehen ist, weil es der ursprünglichen Offenbarung zu entnehmen ist, daß diese Flammschutzmittel im Gegensatz zu dem maskierten Isocyanat, dem Triamin und der Kieselsäure für die Zwecke der Erfindung entbehrlich sind, d. h. zu der Schaffung eines flexiblen, luftdurchlässigen, abriebfesten, wirkungsvollen Flächenfilters nichts beitragen.

5.1.3. Aus den vorstehend genannten Gründen entspricht der Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrages den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.

Auch Artikel 123 (3) EPÜ ist nicht verletzt, da gegenüber dem erteilten Anspruch 1 die genauere Definition der Kleberzusammensetzung und der Form der Kleberhäufchen nur einer Einschränkung des Schutzumfangs entspricht.

5.2. Neuheit

5.2.1. Aus der Druckschrift D21 ist ein Flächenfilter aus einem luftdurchlässigen flexiblen textilen Trägermaterial (vgl. Seite 1, Zeilen 52 bis 58; Seite 2, Zeilen 4 bis 23; Anspruch 4) und darauf mit einem Kleber in gleichmäßiger punktförmiger Verteilung fixierten Aktivkohle-Teilchen eines Durchmessers von 0,1 bis 1 mm (vgl. Seite 2, Zeilen 29 bis 42; Seite 1, Zeilen 106 bis 111 und 123 bis 126) bekannt, wobei der Kleber als punktförmiges Muster von Kleberhäufchen eines Durchmessers von 0,2 bis 1 mm aufgedruckt worden ist (vgl. Seite 2, Zeilen 38 bis 42, 99 bis 106 und 121 bis 125; Ansprüche 5 und 7) und das punktförmige Muster 30 bis 70 % der Oberfläche des Trägermaterials bedeckt (vgl. Seite 2, Zeilen 45 bis 47).

5.2.2. Davon unterscheidet sich das Flächenfilter des Anspruchs 1 durch folgende Merkmale:

(i) der Kleber ist eine lösungsmittelfreie Polyurethan- Paste aus 100 Teilen vorpolymerisiertem, maskiertem Isocyanat, 13,5 Teilen eines aromatischen Triamins als Vernetzer für das Isocyanat und 2 Teilen Kieselsäure einer inneren Oberfläche nach BET von 380, und

(ii) der Aufdruck des Klebers ist mittels einer Schablone und mit Kleberhäufchen in Form einer Halbkugel oder eines Kegels einer Höhe von 0,05 bis 0,5 mm erfolgt.

5.2.3. Aus der Entgegenhaltung D1 ist ein Flächenfilter aus einem luftdurchlässigen flexiblen textilen Trägermaterial und darauf mit einem Kleber in gleichmäßiger punktförmiger Verteilung fixierten Adsorber-Teilchen eines Durchmessers von 0,5 mm bekannt (vgl. Ansprüche 1 bis 3, 8; Spalte 4, Zeilen 13 bis 20; Spalte 5, Zeilen 27 bis 36), wobei der Kleber ein Polyurethan-Latex ist (vgl. Spalte 4, letzter Absatz), das mittels einer Rasterwalze als punktförmiges Muster von Kleberhäufchen aufgebracht worden ist.

5.2.4. Davon unterscheidet sich das Flächenfilter des Anspruchs 1 durch folgende Merkmale:

(j) der Kleber ist eine lösungsmittelfreie Paste aus 100 Teilen vorpolymerisiertem, maskiertem Isocyanat, 13,5 Teilen eines aromatischen Triamins als Vernetzer für das Isocyanat und 2 Teilen Kieselsäure einer inneren Oberfläche nach BET von 380,

(jj) der Kleber ist mittels einer Schablone mit Kleberhäufchen in Form einer Halbkugel oder eines Kegels einer Höhe von 0,05 bis 0,5 mm und eines Durchmessers von 0,2 bis 1 mm aufgedruckt worden, und

(jjj) das Muster bedeckt 30 bis 70 % der Oberfläche des Trägermaterials.

5.2.5. Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften kommen dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht näher.

5.2.6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags ist daher neu (Art. 54 EPÜ).

5.3. Erfinderische Tätigkeit

5.3.1. Ausgehend vom Stand der Technik gemäß D21 kann die dem Streitpatent zugrundeliegende objektive Aufgabe darin gesehen werden (vgl. Schreiben vom 17. Februar 1988, S. 4, letzter Abs.), ein Flächenfilter aus einem textilen Trägermaterial mit einem darauf fixierten Adsorbens so zu verbessern, daß neben optimalen Adsorptionseigenschaften hohe Flexibilität, gute Abriebfestigkeit und hohe Luftdurchlässigkeit gewährleistet sind. Ferner sollte das verbesserte Flächenfilter ein geringes Volumen besitzen und gute Waschbarkeit ohne Qualitätsverluste ermöglichen. Im Rahmen der optimalen Adsorptionseigenschaften und dementsprechend guter Schutzwirkung wird eine gleichmäßige Filterleistung mit geringer Streuung gefordert.

Diese Aufgabe liegt zum Teil bereits der Entgegenhaltung D21 zugrunde, die ein flexibles, abriebfestes, luftdurchlässiges, wirkungsvolles Flächenfilter beschreibt, das bei Schutzbekleidung - wie in dem Streitpatent - eine wichtige Anwendung findet (vgl. Seite 1, Zeilen 15 bis 24, 85 bis 99; Seite 2, Zeilen 4 bis 23). Der Wunsch nach einem kleinen Volumen und guter Waschbarkeit folgt naheliegenderweise aus der Anwendung des Flächenfilters bei einem Schutzanzug. Daß die Filterleistung gleichmäßig und mit geringer Streuung sein muß, stellt ferner eine grundsätzliche Eigenschaft eines Flächenfilters dar.

Diese Aufgabe zu stellen, erfordert somit keine erfinderische Tätigkeit.

5.3.2. Daß die Merkmale des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags die gestellte Aufgabe lösen, wird nicht bestritten.

Das wesentlichste Merkmal zur Lösung dieser Aufgabe gemäß Anspruch 1 liegt darin, daß als Klebstoff ein lösungsmittelfreies Polyurethan von jener Art verwendet wird, die als vorpolymerisiertes, maskiertes Isocyanat aufgebracht wird.

Ein solches Polyurethansystem ist aus Druckschrift D26 bekannt.

Die entscheidende Frage ist nunmehr, ob es nahelag, dieses Polyurethansystem anstelle des in Druckschrift D21 genannten Klebstoffs für die Zwecke des Streitpatents zu verwenden.

5.3.3. In Druckschrift D26 wird das genannte System als Haftstrichkomponente für die Textilbeschichtung vorgeschlagen. Die Eignung für den Auftrag auf Textilien - wie sie auch gemäß Druckschrift D21 als Filter- Trägermaterial verwendet werden - stand somit außer Frage. Entgegen der von den Beschwerdegegenern vorgetragenen Auffassung ist die Kammer darüber hinaus der Ansicht, daß kein grundsätzlicher Unterschied zwischen einer Eignung als Haftstrichkomponente und einer solchen als Kleber besteht, da in beiden Fällen die Haftung an dem darunter liegenden Gewebe und an darauf aufzubringendem Material entscheidend ist.

Im übrigen sind Polyurethane ganz allgemein als Klebstoffe im Zusammenhang mit Textilien (vgl. z. B. Druckschrift D22, insbesondere Tabelle 5/2 und die Seite 107) und insbesondere auch zur Befestigung von Adsorberteilchen auf einem textilen Trägermaterial zur Bildung von Flächenfiltern (vgl. Druckschrift D1, insbesondere Ansprüche 1 bis 3 und Spalte 4, Zeilen 65 bis 68) bekannt, und es bestand für den Fachmann keinerlei Grund zur Annahme, daß diese Eigenschaften bei auf Prepolymeren mit maskierten Isocyanatgruppen beruhenden Polyurethanen fehlen könnten. Der Fachmann wird deshalb grundsätzlich alle bekannten Polyurethan-Ausgangssysteme, und damit auch dasjenige gemäß Druckschrift D26 in Erwägung ziehen.

5.3.4. Überraschende Wirkungen, die durch die Auswahl speziell der Zusammensetzung gemäß D26 für die Befestigung der Aktivkohleteilchen gemäß D21 erzielt werden, sind nicht ersichtlich.

Die genannten Polyurethan-Prepolymeren mit maskierten Isocyanatgruppen haben zwar zweifellos Eigenschaften, die sie für die Verwendung bei der Befestigung der Aktivkohleteilchen an dem Trägermaterial gemäß Druckschrift D21 als attraktiv erscheinen lassen, nämlich eine lange Topfzeit bei dennoch relativ kurzer Aushärtezeit unter "Vernetzungs"bedingungen. Jedoch sind diese Eigenschaften bereits aus Druckschrift D26 bekannt, vgl. Seite 3 "Topfzeit" und Seite 6 "Vernetzungsbedingungen".

Die Beschwerdegegner führen in dem Schreiben vom 23. Mai 1989, Seite 6 aus, daß die Viskosität des erfindungsgemäß verwendeten Systems beim Erhitzen zunächst steil abfalle, um dann mit dem Einsetzen der Vernetzung schlagartig zu steigen.

Nach Meinung der Beschwerdegegner führt diese Eigenschaft zu einem günstigen Eindringen des Klebers in das Trägermaterial und daher einer außerordentlich hohen Endhaftung und Abriebfestigkeit.

Dagegen vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung (vgl. Schreiben vom 22. Dezember 1989, Seite 8), daß der am Anfang sehr dünnflüssige Kleber in das Trägermaterial so sehr eindränge, daß er nicht mehr zur Fixierung der Adsorberteilchen zur Verfügung stehe. Es sei ferner zu befürchten, daß die Oberfläche des Trägermaterials in weitem Bereich mit dem Kleber benetzt werde und dann nicht mehr luftdurchlässig sei.

Nach Auffassung der Kammer ist weder die eine, noch die andere, gegenteilige Aussage als allgemein für den Gegenstand des Anspruchs 1 gültig anzusehen. Ob sich das geltend gemachte Viskositätsminimum - das im übrigen beim Aushärten von Zweikomponentensystemen keine Besonderheit darstellt - günstig oder ungünstig auswirkt, hängt von einer Reihe von Parametern ab, wie z. B. der Art des Gewebematerials, der Art der verwendeten Aktivkohlekörner und der genauen Zusammensetzung des Klebstoffs, wie sie allesamt weder in Anspruch 1 noch in den übrigen Unterlagen des Streitpatents angegeben sind.

Eine über das allgemein von geeignet gewählten Polyurethansystemen zu erwartende Maß hinausgehende, überraschende Wirkung des Klebstoffes gemäß Anspruch 1 ist somit nicht glaubhaft.

5.3.5. Zur Wahl eines geeigneten Vernetzers ist der Fachmann ohne weiteres in der Lage. Der in Druckschrift D26 vorgeschlagene Vernetzer Imprafix CA 43035 ist zwar ein aliphatisches Amin (vgl. Druckschrift D23); dem Fachmann ist aber klar, daß die Vernetzungsreaktion der endständigen Isocyanatgruppen mittels der Amingruppen zustandekommt, und es von untergeordneter Bedeutung ist, ob aromatische oder aliphatische Amine gewählt werden. Besondere durch diese Wahl erzielte Wirkungen werden weder von den Beschwerdegegnern geltend gemacht, noch erscheinen sie der Kammer als gegeben.

5.3.6. Das Gleiche gilt für den Prozentsatz von 13,5 Teilen Vernetzer auf 100 Teile Paste, der von den in Druckschrift D26 für Imprafix CA 43035 empfohlenen 5,6 g auf 100 g Impranil CA 43034 abweicht. Der Fachmann ist ohne weiteres in der Lage, ein geeignetes Mischungsverhältnis aufzufinden.

5.3.7. Der Kleber gemäß Anspruch 1 enthält ferner Kieselsäure, die bekanntlich als Thixotropiermittel für Anstriche oder Rieselhilfe für zum Klumpen neigende Stoffe Anwendung findet. Somit handelt es sich bei dieser Beimischung - einschließlich der Wahl des Prozentsatzes und der inneren Oberfläche der Kieselsäure - um eine für den Fachmann ganz normale und deshalb nicht erfinderische Kompensierungsmaßnahme zur Einstellung der erforderlichen Arbeitsviskosität.

5.3.8. Das Auftragen mittels einer Schablone ist eine bekannte Technik für die musterförmige Applikation von Polymer- Anpastungen (vgl. Druckschrift D22, Seite 116). Da diese Technik auch dort für hochviskose Anpastungen genannt wird, konnte für den Fachmann kein Zweifel bestehen, daß sie auch in Verbindung mit den lösungsmittelfreien vorpolymerisierten maskierten Isocyanaten anwendbar sein würde.

Das die Form der Kleberhäufchen als Halbkugeln oder Kegel einer Höhe von 0,05 bis 0,5 mm betreffende Merkmal kann angesichts der verwendeten Methode für ihre Formung und ihrer Größe offensichtlich nur als ungefähre Beschreibung ihrer Form verstanden werden, wie sie sich bei Verwendung des bekannten Schablonendrucks ergibt.

5.3.9. Zusammenfassend ist zu folgern, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, und deshalb dieser Anspruch 1 nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ entspricht.

5.3.10. Zu dem unabhängigen Anspruch 12 sei erwähnt, daß dessen Gegenstand sich nur dadurch von dem Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet, daß das Flächenfilter nunmehr Teil eines Schutzanzuges ist. Die Verwendung von Flächenfiltern für Schutzanzüge ist aber bereits in Druckschrift D21 beschrieben und damit auch im Zusammenhang mit dem speziellen Filter nach Anspruch 1 nicht erfinderisch.

5.3.11. Insgesamt ergibt sich also, daß auch der zweite Hilfsantrag nicht gewährbar ist.

6. Dritter Hilfsantrag

6.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem dritten Hilfsantrag entspricht im wesentlichen dem des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags mit dem Unterschied, daß anstelle eines Flächenfilters nunmehr ein Verfahren zur Herstellung eines Flächenfilters beansprucht wird.

6.2. Artikel 123 (3) EPÜ steht nach Auffassung der Kammer diesem Kategorienwechsel nicht entgegen, da der neu beanspruchte Schutzbereich nichts umfaßt, was nicht schon durch den erteilten Anspruch 1 geschützt gewesen wäre. Der erteilte Anspruch 1 schützt das Flächenfilter als solches und damit auch dessen Herstellungsverfahren desselben, während der Schutz des geänderten Anspruchs 1 auf ein bestimmtes Herstellungsverfahren und sein Produkt beschränkt ist. Die Sachlage scheint insofern analog zu dem Kategoriewechsel von "Stoff" zu "Verwendung des Stoffes" zu sein, den die Große Beschwerdekammer im Fall G 002/88 (Amtsblatt EPA 1990, 93) zugelassen hat.

Jedoch enthält der Anspruch 1 gemäß dem dritten Hilfsantrag die Bezeichnungen "Impranil 43034" sowie "Impranil 43035".

Deshalb ist aus mutatis mutandis denselben Gründen, wie oben in bezug auf den ersten Hilfsantrag angegeben, der Gegenstand des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrags als unklar anzusehen. Dieser Anspruch 1 entspricht nicht den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ. Somit ist der dritte Hilfsantrag nicht gewährbar.

7. Vierter Hilfsantrag

7.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem vierten Hilfsantrag entspricht im wesentlichen dem des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags mit dem Unterschied, daß ein Verfahren zur Herstellung eines Flächenfilters anstatt eines Flächenfilters beansprucht wird. Die aufgeführten Merkmale sind in beiden Fällen im wesentlichen die gleichen (zur Zulässigkeit des Kategoriewechsels siehe oben Ziffer 6.2).

Aus mutatis mutandis denselben Gründen, wie oben zu dem zweiten Hilfsantrag angegeben, ist deshalb der Gegenstand des Anspruchs 1 des vierten Hilfsantrags als neu aber nicht erfinderisch anzusehen, so daß dieser Anspruch 1 nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ entspricht. Somit ist der vierte Hilfsantrag nicht gewährbar.

8. Aus den oben genannten Gründen genügt das europäische Patent nicht den Erfordernissen des EPÜ (Artikel 102 (3) EPÜ).

Das Patent war deshalb zu widerrufen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Das europäische Patent wird widerrufen.

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