European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T027011.20130606 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 Juni 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0270/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06112481.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61Q 5/06 A51K 8/81 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kosmetische Zubereitungen enthaltend eine Kombination aus einem Copolymer und mindestens einem nichtionischen Polymer | ||||||||
Name des Anmelders: | Beiersdorf Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Hauptantrag: Neuheit (nein) - alle Merkmale des beanspruchten Gegenstandes im Stand der Technik nach Art. 54(3) eindeutig offenbart Hilfsantrag 1: Klarheit (nein) - Markenname im Disclaimer Hilfsantrag 2: Zurückverweisung - bei Prüfung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigte die Prüfungsabteilung zu Unrecht die vor ihr eingereichten Vergleichsversuche nicht |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 29. November 2010 über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 06 112 481.4 mit der europäischen Veröffentlichungsnummer 1 712 255.
II. Anspruch 1 des Hauptantrages, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde lag, lautet wie folgt:
"Kosmetische Zubereitung enthaltend eine Kombination aus
a) einem Copolymer gebildet aus den Monomeren N-Vinylpyrrolidon (VP), N-Vinylimidazol (VI), Methacrylamid (MAM) und quaternisiertem N-Vinylimidazol (QVI),
b) mindestens einem nichtionischen Polymer,
c) Cetyltrimethylammoniumchlorid (Cetrimonium chloride; CAS 112-02-7)."
Der Anspruch 1 des Hilfsantrages 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrages durch folgenden Disclaimer:
"mit Ausnahme von Rezepturen enthaltend
2,00 Gew.-% Cetrimoniumchlorid,
7,00 Gew.-% Polyquarternium-46,
0,1-1 Gew.-% eines Copolymers gebildet aus den Monomeren N-Vinylpyrrolidon (VP), N-Vinylimidazol (VI), Methacrylamid (MAM) und quaternisiertem N-Vinylimidazol (QVI) im Verhältnis (60/5/30/5), (55/5/35/5), (55/8/29/8) oder (55/10/29/6),
0,20 Gew.-% Ceteareth-25,
0,50 Gew.-% Panthenol,
0,05 Gew.-% Benzophenon-4,
0,20 Gew.-% Dow Corning 949®Cationic
15,00 Gew.-% Ethanol 96%ig,
0,20 Gew.-% Hydroxyethylcellulose,
6,00 Gew.-% Propan/Butan,
ad 100 Gew.-% Wasser,
die mit Milchsäure oder Phosphorsäure auf einen pH-Wert von 5 bis 6 eingestellt sind"
Der Anspruch 1 des Hilfsantrages 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrages nur dadurch, dass in der Komponente b) ein oder mehrere nichtionische Polymere aus der Gruppe der Homopolymere des Vinylpyrrolidons, des Vinylcaprolactams, aus der Gruppe der Copolymerisate aus Vinylpyrrolidon und Vinylacetat, aus der Gruppe der Terpolymere aus Vinylpyrrolidon, Vinylacetat und Propionat, aus der Gruppe der Polyvinylcaprolactame, Polyvinylamide, aus der Gruppe der Copolymerisate aus Vinylpyrrolidon und Dimethylaminoethylmethacrylat, aus der Gruppe der Terpolymere aus Vinylcaprolactam, Vinylpyrrolidon und Dimethylaminomethacrylat, aus der Gruppe der Terpolymere aus Vinylpyrrolidon, Vinylimidazol und Methacrylamid oder aus der Gruppe der Terpolymere aus Vinylpyrrolidon, Vinylimidazol und Vinylcaprolactam gewählt werden.
III. In der angefochtenen Entscheidung wurden der Hauptantrag wegen mangelnder Neuheit, der Hilfsantrag 1 wegen mangelnder Klarheit und die Hilfsanträge 2 bis 5 wegen mangelnder erfinderischen Tätigkeit zurückgewiesen. Unter anderen wurden folgende Druckschriften zitiert:
(1) "Wässrige Zubereitungen enthaltend wenigstens ein wasserlösliches oder wasserdispergierbares Copolymer mit kationogenen Gruppen" IP.com Journal. IP.Inc. West Henrietta, NY, US, 7. März 2005 und
(2) WO-A-2005/123014.
Insbesondere seien die Beispiele "Styling Mousse 3" und "Styling Mousse 4" der Druckschrift (2) neuheitsschädlich für den Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 des Hauptantrages. Die Verwendung des Warenzeichens "Dow Corning 949®Cationic" im Disclaimer des Anspruchs 1 des Hilfsantrages 1 mache diesen unklar. Der Gegenstand der Hilfsanträge 2 bis 5 sei nicht erfinderisch. Da die Anmeldung in der ursprünglichen Fassung die Verantwortlichkeit des Cetyltrimethylammoniumchlorids für eine Verbesserung der Schaumeigenschaften der Zubereitungen nicht lehre, könnten die diesbezüglichen Vergleichsversuche bei der Formulierung der objektiven technischen Aufgabe gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik (1) nicht in Betracht gezogen werden. Die Aufgabe könne daher lediglich als Bereitstellung alternativer Zubereitungen angesehen werden. Es liege im Rahmen des routinemäßigen Vorgehens des Fachmannes, Cetyltrimethylammoniumchlorid, das eine übliche und erwünschte Zutat in schäumenden kosmetischen Zubereitungen sei, der Zubereitungen gemäß Druckschrift (1) beizufügen.
IV. Der Beschwerdeführer (Anmelder) argumentierte, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 des Hauptantrages neu sei, da die Zusammensetzung der Zubereitungen gemäß "Styling Mousse 4" der Druckschrift (2) nicht unmittelbar und eindeutig aus diesem Dokument hervorgehe. Denn die Zusammensetzung des Produktes Dow Corning 949®Cationic sei nicht eindeutig. Ein nicht eindeutiger Stand der Technik könne nicht neuheitsschädlich sein. Dieser Sachverhalt sei indirekt von der Prüfungsabteilung anerkannt worden, da sie den Hilfsantrag 1, der diese Rezepturen aus dem Anspruch 1 mittels Disclaimer entfernte, als unvereinbar mit den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ angesehen habe. Die Verwendung dieser Marke im Anspruch 1 des Hilfsantrages 1 solle jedoch erlaubt werden, da die neuheitsschädlichen Zusammensetzungen der Druckschrift (2) ansonsten nicht mittels Disclaimer ausgeschlossen werden könnten. In Bezug auf die erfinderische Tätigkeit der Hilfsanträge 2 bis 5 argumentierte der Beschwerdeführer, dass die Aufgabe der vorliegenden Erfindung gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik (1) in der Bereitstellung einer Zubereitung mit feinblasigerem und stabilerem Schaum bestanden habe. Diese Aufgabe werde durch den Zusatz von Cetyltrimethylammoniumchlorid gelöst, wie durch die im Prüfungsverfahren eingereichten Vergleichsversuche nachgewiesen worden sei. Es sei gängige Praxis der Beschwerdekammern solche Beweismittel auch nach dem Anmeldedatum zuzulassen, um die erfinderische Tätigkeit zu begründen.
V. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage einer der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Haupt- und Hilfsanträge 1 bis 5 zu erteilen.
VI. Am Ende der mündlichen Verhandlung, die am 6. Juni 2013 stattfand, verkündete die Kammer die Entscheidung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
2. Neuheit
2.1 Die Prüfungsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 gegenüber der Offenbarung der Druckschrift (2), die zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ gehöre, nicht neu sei.
2.2 Die Kammer schließt sich der Argumentation und dem Ergebnis der Prüfungsabteilung an. Die Druckschrift (2) (siehe Seiten 68 bis 70) offenbart Beispiele von "Styling Mousse 3" beziehungsweise "Styling Mousse 4", nämlich SM24, SM25, SM26, SM29, SM30, SM31, SM32, SM35, SM36, SM37, SM40, SM41, SM42 und SM43, die jeweils einen Copolymer gebildet aus den Monomeren N-Vinylpyrrolidon (VP), N-Vinylimidazol (VI), Methacrylamid (MAM) und quaternisiertem N-Vinylimidazol (QVI), namentlich den Copolymeren S2, S3, S4, S7, S8, S9 und S10, ein nichtionisches Polymer, nämlich Hydroxyethylcellulose, und Cetyltrimethylammoniumchlorid enthalten. Damit sind alle Merkmale der Ansprüche 1 und 9 des Hauptantrages in der Druckschrift (2) offenbart.
2.3 Der Beschwerdeführer argumentierte, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu sei, da die Zusammensetzung der Zubereitungen wie "Styling Mousse 4" nicht unmittelbar und eindeutig aus der Druckschrift (2) hervorgehe, da sie das Produkt Dow Corning 949®Cationic enthalte, dessen Zusammensetzung nicht eindeutig sei. Ein nicht eindeutiger Stand der Technik könne nicht neuheitsschädlich sein.
Die Kammer hält dieses Argument für nicht stichhaltig, da die genaue Zusammensetzung des Produktes Dow Corning 949®Cationic in den Beispielen "Styling Mousse 3 und 4" der Druckschrift (2) für die Frage der Neuheit des vorliegenden Anspruchs 1 nicht relevant ist. Die betreffenden Beispiele enthalten eindeutig alle drei Komponenten a), b) und c) der beanspruchten Zubereitungen. Da der vorliegende Anspruch 1 "offen" ist, d. h. andere Komponenten außer a), b) und c) enthalten kann, ist es ohne Belang was die betreffenden Beispiele der Druckschrift (2) überdies enthalten.
2.4 Die Druckschrift (2) offenbart daher alle Merkmale der Ansprüche 1 und 9 des Hauptantrages, so dass die Kammer aus den genannten Gründen zu dem Schluss kommt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu im Sinne von Artikel 54 (3) EPÜ ist.
Hilfsantrag 1
3. Deutlichkeit der Ansprüche (Artikel 84 EPÜ)
3.1 Die Prüfungsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 aufgrund der Verwendung des Warenzeichens "Dow Corning 949®Cationic" im Disclaimer nicht klar sei.
3.2 Artikel 84 i.V.m. Regel 43 (1) EPÜ stellt das Erfordernis auf, dass die Ansprüche deutlich sind und durch Nennung der technischen Merkmale der Erfindung den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Dieses Erfordernis gewährleistet, dass die Öffentlichkeit nicht im Unklaren darüber bleibt, welcher Gegenstand von den Ansprüchen umfasst wird und welcher nicht. Aus diesem Grundsatz der Rechtssicherheit folgt zur Überzeugung der Kammer, dass Ansprüche als nicht deutlich im Sinne von Artikel 84 EPÜ anzusehen sind, wenn sie nicht erlauben, diese Unterscheidung zu treffen (siehe T 337/95, ABl. EPA 1996, 628, Punkte 2.2 bis 2.5 der Entscheidungsgründe). Ansprüche, die ein undeutliches technisches Merkmal enthalten, schaffen indessen Unklarheit über den tatsächlich von den Ansprüchen umfassten Gegenstand. Wegen dieses Mangels an Rechtssicherheit sind solche Ansprüche somit nicht deutlich im Sinne von Artikel 84 EPÜ. Dies gilt umso mehr, wenn das unklare Merkmal für die Abgrenzung des beanspruchten Gegenstandes vom Stand der Technik wesentlich ist (siehe T 728/98, ABl. 2001, 319, Leitsatz I).
3.3 Im vorliegenden Fall enthält der Anspruch 1 die Marke "Dow Corning 949®Cationic" in einem Disclaimer, der eingeführt worden ist, um die Neuheit gegenüber einem Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ, nämlich der Druckschrift (2) (siehe Punkt 2 oben) herzustellen. Der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern zufolge ist die Verwendung einer Marke in einem Anspruch jedoch als unklar anzusehen, da es ungewiss ist, ob die Bedeutung der Marke bis zum Ende der Patentlaufzeit unverändert bleibt (siehe z.B. Zwischenentscheidung T 762/90 vom 23. Januar 1991, Punkt 4.1.1 der Entscheidungsgründe, nicht veröffentlicht im ABl. EPA). Da im vorliegenden Fall keine gegenteilige Nachweise vorgebracht worden sind, schließt sich die Kammer der Argumentation der Prüfungsabteilung an, dass die Marke "Dow Corning 949®Cationic" einer Mischung entspricht, die jederzeit variiert werden könnte. Damit hat diese Marke keine klar umrissene Bedeutung und demzufolge der Gegenstand des Anspruchs 1 auch nicht.
3.4 Aus den folgenden Gründen kann das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Stützung der Deutlichkeit des Anspruchs die Kammer nicht überzeugen.
3.4.1 Der Beschwerdeführer verwies auf die Entscheidung T 623/91 (nicht veröffentlicht im ABl. EPA), worin eine Zusammensetzung unter Bezugnahme auf einen Markennamen per Disclaimer ausgeschlossen worden sei, ohne gegen Artikel 84 EPÜ zu verstoßen.
In dem der zitierten Entscheidung zugrundeliegenden Fall wurden jedoch Nachweise vorgebracht (siehe Punkt 2.1 der Entscheidungsgründe), dass bei einer Änderung des Bereichs der betreffenden chemischen Zusammensetzung aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Handelsbezeichnung geändert würde. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer jedoch nie so argumentiert und die Kammer hat keinen Grund anzunehmen, dass die Bedeutung der Marke Dow Corning 949®Cationic bis zum Ende der Patentlaufzeit unverändert bleibt.
3.4.2 Der Beschwerdeführer trug außerdem vor, dass die Verwendung dieser Marke im Anspruch 1 des Hilfsantrages 1 gleichwohl erlaubt werden solle, da es ansonsten nicht möglich sei, die neuheitsschädlichen Zusammensetzungen der Druckschrift (2) mittels Disclaimer auszuschließen.
Es gibt jedoch kein Anrecht auf die Verwendung eines Disclaimers in einem Anspruch. Ein Disclaimer kann zulässig sein, wenn er u. a. dazu dient, die Neuheit wiederherzustellen, indem er einen Anspruch gegenüber einem Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ abgrenzt; ein Anspruch, der einen Disclaimer enthält, muss jedoch die Erfordernisse der Klarheit und Knappheit nach Artikel 84 EPÜ erfüllen (siehe G 1/03, ABl. EPA 2004, 413, Leitsätze II.1 und II.4). Das bedeutet u. a., dass ein Disclaimer nicht zulässig ist, wenn die erforderliche Beschränkung einfacher durch positive ursprünglich offenbarte Merkmale gemäß Regel 43 (1) EPÜ Satz 1 ausgedrückt werden kann (siehe G 1/03, Punkt 3 der Entscheidungsgründe, vorletzten Absatz). Im vorliegenden Fall kann die Neuheit sehr wohl durch positive Merkmale hergestellt werden (siehe z.B. Anspruch 1 des Hilfsantrages 2, Punkt 4 unten).
3.5 Da aus den genannten Gründen das technische Merkmal der "Dow Corning 949®Cationic" undeutlich ist, schafft dieser Begriff Unklarheit darüber, welcher Gegenstand vom Schutzbegehren tatsächlich umfasst wird und welcher nicht. Wegen dieses Mangels an Rechtssicherheit erfüllt der Anspruch 1 somit nicht das Erfordernis der Deutlichkeit gemäß Artikel 84 EPÜ. Deshalb ist der Hilfsantrag 1 des Beschwerdeführers nicht gewährbar.
Hilfsantrag 2
4. Neuheit
Die Kammer sieht keine Veranlassung von der erstinstanzlichen positiven Entscheidung in Bezug auf Neuheit des Gegenstandes des Hilfsantrages 2 abzuweichen. Aufgrund der Präzisierung der nichtionischen Polymere b) ist der Gegenstand des Hilfsantrages 2 neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift (2), weil diese Druckschrift diese bestimmten Polymere b) nicht in Kombination mit dem Copolymer a) und Cetyltrimethylammoniumchlorid c) offenbart. Der Gegenstand des Hilfsantrages 2 ist neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift (1), weil diese Cetyltrimethylammoniumchlorid nicht offenbart.
5. Erfinderische Tätigkeit und Zurückverweisung
5.1 Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit verwendete die Prüfungsabteilung den Aufgabe-Lösungs-Ansatz. Dieser Ansatz besteht zunächst darin den nächstliegenden Stand der Technik zu ermitteln und demgegenüber die objektive technische Aufgabe zu bestimmen, die im gesamten Umfang des Anspruchs 1 erfolgreich gelöst wird. Hierzu müssen die technischen Ergebnisse bzw. Wirkungen beurteilt werden, die mit der beanspruchten Erfindung gegenüber dem ermittelten nächstliegenden Stand der Technik erzielt werden (siehe z.B. T 1/80, ABl. 1981, 206 und T 248/85, ABl. 1986, 261 und Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 6. Aufl. 2010, Abschnitt I.D.2, Punkt c)).
5.2 Die Prüfungsabteilung lehnte es jedoch ab, bei der Formulierung der objektiven technischen Aufgabe die Vergleichsversuche des Beschwerdeführers in Betracht zu ziehen. Denn diese beträfen eine Lehre, die nicht aus der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung abzuleiten sei, nämlich dass die Verwendung von Cetyltrimethylammoniumchlorid mit verbesserten Schaumeigenschaften verbunden sei. Darüber hinaus sei aus der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung nicht ableitbar, dass Cetyltrimethylammoniumchlorid "ein wesentliches Merkmal" der beanspruchten Zubereitung sei, insbesondere weil auch andere Ausführungsarten als "erfindungsgemäß vorteilhaft" beschrieben worden seien.
5.3 Der Aufgabe-Lösungs-Ansatz erfordert jedoch nicht, dass in der Anmeldung beschrieben werden muss, welches Merkmal für genau welchen Vorteil bzw. technischen Effekt verantwortlich ist (siehe z.B. T 818/93, Punkt 5.2, 4. Absatz, der Entscheidungsgründe, nicht veröffentlicht im ABl. EPA). Um die Erfordernisse der erfinderischen Tätigkeit zu erfüllen, muss sich einzig der beanspruchte Gegenstand für den Fachmann in nicht naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben (Artikel 56 EPÜ). Es ist gängige Praxis, Merkmale aus den Unteransprüchen bzw. aus der Beschreibung in einen unabhängigen Anspruch aufzunehmen, um Patentfähigkeit herzustellen und die mit diesen Merkmalen verbundenen Wirkungen und Vorteile als Grundlage für eine (Neu)formulierung der technischen Aufgabe heranzuziehen (siehe z.B. T 39/93, Punkt 5 der Entscheidungsgründe, ABl. 1997, 134). Es gibt keine Bestimmung, wonach der Teil des ursprünglich beanspruchten Gegenstandes, der am Ende der Prüfung tatsächlich als patentfähig angesehen wird, in der ursprünglichen Anmeldung gesondert hervorgehoben bzw. als ein wesentliches Merkmal der Erfindung beschrieben werden soll.
5.4 In der vorliegenden Anmeldung werden alle darin beschriebenen Ausführungsarten als erfindungsgemäß dargestellt. Der beanspruchte Gegenstand musste nach von der Prüfungsabteilung erhobenen Einwänden auf eine bestimmte Ausführungsart eingeschränkt werden, nämlich Zubereitungen enthaltend Cetyltrimethylammoniumchlorid, um Neuheit und erfinderische Tätigkeit herzustellen. Ob diese eingeschränkte Ausführungsart in der Anmeldung gesondert hervorgehoben worden ist bzw. ob andere Ausführungsarten als "erfindungsgemäß vorteilhaft" beschrieben worden sind, ist zur Beurteilung ihrer erfinderischen Tätigkeit irrelevant.
5.5 Vor der Prüfungsabteilung formulierte der Beschwerdeführer die technische Aufgabe gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik (1) als Bereitstellung von kosmetischen Zubereitungen mit feinblasigerem und stabilerem Schaum. Diese Aufgabe wird fast wortwörtlich auf Seite 3, Zeilen 24 bis 26 der ursprünglichen Anmeldung wiedergeben. Zum Beleg für die erfolgreiche Lösung dieser Aufgabe durch die Bereitstellung der anspruchsgemäßen Cetyltrimethylammoniumchlorid enthaltenden Zubereitungen hat der Beschwerdeführer vor der ersten Instanz auf Vergleichsversuche abgestellt, die die Prüfungsabteilung nicht berücksichtigt hat. Um die objektive technische Aufgabe zu bestimmen, müssen jedoch die technischen Ergebnisse bzw. Wirkungen, die mit der beanspruchten Erfindung gegenüber dem ermittelten nächstliegenden Stand der Technik erzielt werden, beurteilt werden (siehe Punkt 5.1 oben).
5.6 Somit wird festgestellt, dass noch keine vollständige erstinstanzliche Prüfung auf der Grundlage der von der Kammer entwickelten Grundsätze, d. h. anhand der Ermittlung der objektiven technischen Aufgabe und ihrer Lösung, stattgefunden hat. Diese inkorrekte Ausführung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes der Prüfungsabteilung führt dazu, dass die Analyse der erfinderischen Tätigkeit auf eine falsche Grundlage basiert, nämlich ohne Berücksichtigung der am 7. September 2007 und am 24. September 2010 eingereichten Vergleichsversuche D3 bzw. V1 und V2 zur Bestimmung der objektiven technischen Aufgabe gegenüber der Druckschrift (1). Dies hat zur Folge, dass die Angelegenheit für weitere Prüfung an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist (Artikel 111 (1) EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung auf Basis des Hilfsantrages 2 zurückverwiesen.