T 0011/87 () of 2.3.1989

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1989:T001187.19890302
Datum der Entscheidung: 02 März 1989
Aktenzeichen: T 0011/87
Anmeldenummer: 78101574.8
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 874 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished | Unpublished v2
Bezeichnung der Anmeldung: Zahnpasta
Name des Anmelders: Blendax-Werke R. Schneider Gmb
Name des Einsprechenden: Henkel
Colgate
Deguss
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 83
Schlagwörter: erfinderische Tätigkeit (nein)
Ermittlung der Aufgabe
Lösung der Aufgabe - kommerzieller Erfolg
Ausführbarkeit (anerkannt)
Kein Offenbarungsmangel, wenn Hauptanspruch eine Teilaufgabe nicht löst
Inventive step (no)
assessment of the problem from an objective viewpoint
consideration of facts, advantages
solution of the problem-docum.dateing back for a long
time; compound known for a long time
commercial success, enabling disclosure (yes)
no deficiency of disclosure, if main claim solves
part of the problem
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0020/81
T 0024/81
T 0219/83
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0715/91
T 0311/93

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 6. Dezember 1978 unter Beanspruchung der Priorität einer Voranmeldung in der Bundesrepublik Deutschland vom 22. Dezember 1977 eingereichte europäische Patentanmeldung 78 101 574.8 wurde das europäische Patent 3 023 aufgrund von 4 Patentansprüchen erteilt. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 17. September 1980 im Patentblatt 80/19 bekanntgemacht.

Gegen die Erteilung dieses Patents sind am 27. April 1981, 11. Juni 1981 und 12. Juni 1981 drei Einsprüche eingelegt worden. Unter Hinweis auf zahlreiche Dokumente, insbesondere

(3) Chem. Abstr. 81 (1974), 158641 s (4) Chem. Abstr. 75 (1971), 91249 a (4a) Kato et al., Reports of the Institute for Medical and Dental Engineering 4 (1970), S. 115-128 (5) US-A-3250680 (6) US-A-2882243 (7) DE-C-378010 (8) Kato et al., Reports of the Institute for Medical and Dental Engineering 3 (1969), S. 22-35 (9) Zeolithe-Molecular Sieves (1974), S. 139 und 162 (10) Zeolithe-Molecular Sieves (1968), S. 10 und 11 (11) Soaps, Cosmmetics, Chemical Specialities (1977), 33-38) wurden Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Patentgegenstands bestritten und der Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt. Ferner wurde vorgetragen, die beanspruchte technische Lehre sei nicht ausführbar und der Gegenstand der Patentansprüche gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

II. In einer am 6. November 1985 verkündeten und am 11. Dezember 1986 schriftlich begründeten Entscheidung hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts das angegriffene Patent widerrufen.

Der Entscheidung lagen die folgenden unabhängigen Patentansprüche zugrunde:

a) Hauptantrag "Zahnpaste auf wäßriger Basis, enthaltend ein Poliermittel und übliche Bestandteile, dadurch gekennzeichnet, daß das Poliermittel zum überwiegenden Teil aus einem synthetischen Alkalialuminiumsilikat vom Zeolith-Typ A besteht."

b) Hilfsantrag "Zahnpaste auf wäßriger Basis, enthaltend ein Poliermittel und übliche Bestandteile, dadurch gekennzeichnet, daß das Poliermittel zum überwiegenden Teil aus einem synthetischen Alkalialuminiumsilikat vom Zeolith-Typ A der empirischen Formel Na12(A1O2)12.(SiO2)12.27H2O besteht."

In der Entscheidung wird ausgeführt, daß der Gegenstand dieser Ansprüche zwar durch die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen gestützt werde und auch neu sei, jedoch keine nacharbeitbare technische Lehre enthalte, da der geltend gemachte Effekt, nämlich eine Verhinderung der Korrosion unlackierter Aluminiumtuben durch die in den obigen unabhängigen Patentansprüchen angegebenen technischen Merkmale nicht erreicht werde. Hierfür bedürfe es vielmehr zusätzlicher, in der Patentbeschreibung nicht hervorgehobener Merkmale, wie sich aus von den Einsprechenden durchgeführten Vergleichsversuchen ergebe. Das Fehlen eines erfindungswesentlichen Merkmals habe zur Folge, daß der Patentgegenstand auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

III. Die Beschwerdeführerin hat am 17. Dezember 1986 gegen diese Entscheidung Beschwerde erhoben, die am 7. März 1987 begründet wurde. Die Beschwerdegebühr wurde am 28. Februar 1987 entrichtet. Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gestellt. Mit einer Zwischenentscheidung vom 14. April 1988 hat die Kammer dem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben.

Am 2. März 1989 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden.

IV. Die Beschwerdeführerin hat zu Beginn des Beschwerdeverfahrens zwei neue Patentansprüche vorgelegt, die im wesentlichen dem Anspruch 1 gemäß dem obigen Hilfsantrag und dem hierauf rückbezogenen erteilten Anspruch 2 entsprechen. Die Lehre des angegriffenen Patents sei nicht, die Korrosion von blanken Aluminiumoberflächen durch Zahnpasta zu verhindern, sondern genau definierte synthetische Alkalialuminiumsilikate vom Zeolith-Typ A als Poliermittel in Zahnpasten einzusetzen; dies sei ohne weiteres nachvollziehbar.

Der Gegenstand des angegriffenen Patents erweise sich als erfinderische Auswahl aus dem umfänglichen Stande der Technik. Die Beispiele 1-4 belegten, daß diesen Zusammensetzungen die geltend gemachte antikorrosive Wirkung zukomme. Wenn aus den Versuchen der Beschwerdegegnerinnen etwas anderes hervorgehe, so ginge dieser Widerspruch in den Tatsachenbehauptungen gemäß der Entscheidung T 219/83 (ABl. EPA 7/1986, 211) dieser Kammer zu Lasten der Beschwerdegegnerinnen, nicht jedoch zu Lasten der Beschwerdeführerin. Jeder Patentanspruch umfasse bessere und schlechtere Ausführungsarten; der Fachmann könne aber ungeeignete Varianten ohne weiteres vermeiden, wenn er sich an den Beispielen orientiere. Im übrigen sei die Vermeidung der Korrosion blanker Aluminiumoberflächen lediglich eine Teilaufgabe im Rahmen der Gesamtaufgabe, eine Zahnpasta mit optimalen Eigenschaften vorzuschlagen, wozu insbesondere die Fluorverträglichkeit und eine der britischen Norm 5136 (Specification for Toothpastes 3.4 und 5.3) entsprechende Abrasivität des Putzkörpers gehöre. Diese beiden Ziele könnten aber mit der Zahnpasta gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 nachweislich erreicht werden (siehe Versuchsbericht vom 12. Oktober 1984). Zudem spreche der außergewöhnliche kommerzielle Erfolg einer Zahnpasta gemäß dem angegriffenen Patent für das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit; dies umso mehr als für eine solche Zahnpasta ein echter Bedarf bestand, der bisher nicht befriedigt werden konnte, obwohl Zeolith A schon lange industriell verfügbar gewesen sei und zumindest seit 1969 andere Zeolithe in dieser Hinsicht eingehend untersucht worden seien (siehe (8)), ohne daß dies zu einem kommerziell verwertbaren Produkt geführt habe. Ferner sei dem kurz vor dem Prioritätstag des angegriffenen Patents erschienenen Artikel (11) über die kommerziellen Einsatzmöglichkeiten synthetischer Zeolithe keinerlei Hinweis auf eine Verwendbarkeit von Zeolithen, insbesondere Zeolith A als Poliermittel in Zahnpasten zu entnehmen; dies zeige, daß eine solche Verwendung nicht nahegelegen haben könne.

V. Die Beschwerdegegnerinnen hielten den Einwand mangelnder ausreichender Offenbarung unter Hinweis darauf aufrecht, daß Gegenstand des angegriffenen Patents gemäß der Beschreibung, Spalte 1, Zeilen 1-6, eine Zahnpasta sei, die gegenüber blanken Aluminiumoberflächen keine Korrosionswirkung aufweise. Eine solche Zahnpasta sei jedoch in Anspruch 1 nicht offenbart. Der Gegenstand des angegriffenen Patents sei auch gegenüber (3), (5), Beispiel 4 und (7) im Hinblick auf den Umstand, daß Glycerin in DAB-Qualität bereits 14 % Wasser enthalte, nicht mehr neu. Außerdem fehle es an der erfinderischen Tätigkeit, denn aus (8) sei nicht nur die Verwendung eines ähnlichen Zeoliths als Poliermittel in einer Zahnpasta auf wässriger Basis bekannt gewesen, sondern in Figur 1 und Figur 7 Zeolith A sogar genannt.

Zum kommerziellen Erfolg wurde eingewendet, daß dieser bei Zahnpasten nicht eindeutig auf deren technischen Qualitäten beruhe, sondern auch auf andere Faktoren, z. B. einen hohen Werbeaufwand, die Verpackung und den Geschmack zurückgehen könne.

Der aus (6) bekannte Zeolith A enthalte relativ hohe Anteile grobkörnigen Materials, das sich wegen zu hoher Abrasivität als Putzkörper in Zahnpasten nicht eigne. Erst das seit etwa 1976 in industriellem Maßstab erhältliche Produkt der Beschwerdegegnerin 03, das gemäß dem angegriffenen Patent, Spalte 2, Zeile 22-31 vorzugsweise verwendet wird, weise die bereits aus (3) bekannte geeignete mittlere Teilchengröße von etwa 4 µm auf. Ein für Zahnpasta geeigneter Zeolith A sei also keineswegs schon lange Zeit verfügbar gewesen. Auch aus dem Umstand, daß in (11) die Verwendung des Zeoliths als Putzkörper in Zahnpasten nicht erwähnt worden sei, könne man nicht schließen, daß eine derartige Verwendung nicht nahegelegen habe, denn weder habe der Autor dieser Zusammenfassung das Ziel verfolgt, alle naheliegenden Anwendungsmöglichkeiten des Zeoliths A zu erfassen, noch könne dieser Autor als Durchschnittsfachmann auf dem Gebiet der Formulierung von Zahnpasten angesehen werden.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang aufgrund der folgenden Patentansprüche aufrechtzuerhalten.

"1. Zahnpasta auf wäßriger Basis, enthaltend ein Poliermittel und übliche Bestandteile, dadurch gekennzeichnet, daß das Poliermittel zum überwiegenden Teil aus einem synthetischen Alkalialuminiumsilikat vom Zeolith-Typ A der empirischen Formel Na12 (A102)12.(SiO2)12.27 H2O bzw. Na2O.A12O3.2 SiO2.4,5 H2O besteht.

2. Zahnpasta nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie das Aluminiumsilikat vom Zeolith-Typ A als alleiniges Poliermittel enthält."

Die Beschwerdegegnerinnen beantragen übereinstimmend, die Beschwerde zurückzuweisen.

Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106-108 EPÜ sowie der Regel 64. Sie ist somit zulässig.

2. Der geltende Anspruch 1 ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, da er seine Stütze in den ursprünglichen und erteilten Unterlagen findet (vgl. jeweils die Ansprüche 1 und 4 in Verbindung mit Beispiel 3). Der Einwand einer Beschwerdegegnerin, die Einführung des Begriffs "auf wäßriger Basis" verstoße gegen Art. 123 (2) EEPÜ, geht ins Leere, denn dieser Ausdruck läßt sich aus der Beschreibung, Seite 1, Zeilen 1 und 5 in Verbindung mit den Beispielen 1 bis 4 klar herleiten.

Die Beschreibung beginnt damit, daß die vorliegende Erfindung eine Zahnpasta ohne Korrosivwirkung auf blanke Aluminiumoberflächen betrifft, die als alleiniges oder überwiegendes Poliermittel synthetische Zeolithe vom Alkalialuminiumsilikat-Typ enthält. Auf diese Einführung folgt unmittelbar der Satz: "In einer Zahnpasta ist das Poliermittel neben Wasser und den Feuchthaltemitteln der quantitativ bedeutendste Bestandteil". Nachfolgend werden die bekanntesten Poliermittel aufgeführt und erläutert. Die Kammer wertet diese Aussagen so, daß sich die Erfindung auf Zahnpasten dieses Typs bezieht, in denen also Wasser eine Rolle, wenngleich eine Nebenrolle spielt. Dies wird auch durch sämtliche Beispiele mit Wasseranteilen zwischen 29,24 und 40,83 Gewichtsprozent bestätigt.

3. Auch der Einwand, der Patentgegenstand sei nicht ausreichend offenbart, greift nicht durch. Die Beschwerdegegnerinnen vertreten die auf Versuchsergebnisse gestützte Auffassung, daß das Ausbleiben des in der Beschreibungsanleitung hervorgehobenen, versprochenen antikorrisiven Effekts beim Befolgen der Lehre aus Anspruch 1 einen Offenbarungsmangel darstelle. Diese Betrachtungsweise übersieht zunächst, daß Artikel 83 EPÜ nicht auf Patentansprüche, sondern auf die Erfindung, d. h. den Offenbarungsgehalt der gesamten Anmeldung abstellt. Es ist aber nicht streitig, daß wenigstens die Zahnpastazusammensetzungen nach den Beispielen diese antikorrosive Wirkung aufweisen.

Wie die Versuchsergebnisse zeigen, waren die Beschwerdegegnerinnen darüber hinaus auch in der Lage, Zahnpasten herzustellen, wenn sie lediglich dem Anspruch 1 folgten, wenngleich mit dem Ergebnis, daß diese gegen Aluminium korrosiv waren. Nach Überzeugung der Kammer bedeutet dies jedoch nicht, daß die Lehre des Streitpatents damit ihren eigentlichen Sinn verliert, d. h. keine sinnvolle technische Aufgabe löst; denn es ist derzeit unbestritten, daß eine Zahnpasta gemäß dem Streitpatent, auch in der allgemeinen Fassung nach Anspruch 1, z. B. mit Fluorverbindungen gut verträglich ist und die Zähne gut poliert ohne den Schmelz zu schädigen. Daraus folgt, daß eine Lehre, die für den Fachmann mit einem technisch sinnvollen Ergebnis ausführbar ist, ausreichend offenbart ist, selbst wenn sie in bestimmten Bereichen den angestrebten Gesamterfolg nicht ganz erreicht.

4. Die Beschwerdegegnerinnen haben vorgetragen, der Gegenstand des angegriffenen Patents sei im Hinblick auf die Druckschriften (3), (5), (7) und (8) nicht neu. Von diesen Druckschriften beschreibt (3) eine übliche Zahnpasta, von der man im Sinne der Ausführungen in Abschnitt 2 voraussetzen kann, daß sie wasserhaltig ist. Diese Zahnpasta enthält als Poliermittel einen synthetischen Zeolith vom Faujasit-Typ der Formel Na2O.Al2O3.(2,4-2,5)SiO2.nH2O. Dieser weist bezüglich des SiO2-Gehalts deutliche Unterschiede zum Zeolith A gemäß dem angegriffenen Patent auf. Dies gilt auch dann, wenn man berücksichtigen wollte, daß Zeolith A zum Prioritätszeitpunkt des angegriffenen Patents in der Fachwelt gemäß (9) als ein Zeolith vom Faujasit-Typ bezeichnet worden ist und eine Beschwerdeführerin darauf hinweist, daß das Al2O3-SiO2-Verhältnis von 1:2 in der im angegriffenen Patentanspruch 1 enthaltenen Formel einen Idealwert darstellt, während das Al2O3-SiO2-Verhältnis handelsüblicher Zeolithe A 1:1,85 +/- 0,5 gemäß (6), Spalte 2, Zeilen 51-53 beträgt, denn selbst wenn man den Idealwert nach dem Streitpatent in diesem Sinne interpretieren und gegen den genannten Wert austauschen wollte, ergäbe sich ein Al2O3 : SiO2-Bereich von 1,35 - 2,35, der klar außerhalb des in (3) beschriebenen Bereichs liegt.

Dokument (5) betrifft eine Zahnpasta, die im wesentlichen wasserfreie synthetische Zeolithe wie Zeolith A enthält. Dies ergibt sich sowohl aus der Aufgabenstellung dieser Patentschrift, wonach eine Zahnpasta angestrebt wird, die durch Kontakt mit Feuchtigkeit ein Wärmegefühl hervorrufen soll (siehe Spalte 1, Zeilen 9-13), als auch aus der Erklärung der Wirkungsweise des Zeoliths durch exotherme Wasseraufnahme beim Gebrauch. Auf die zumindest annähernde Wasserfreiheit des Zeoliths wird ausdrücklich hingewiesen (siehe jeweils Zeile 34 und 35 in Spalte 1 und 2). Diese Zahnpasta enthält außerdem als überwiegendes Poliermittel Dicalciumphosphat und entspricht somit auch aus diesem Grunde nicht einer Zahnpasta gemäß Anspruch 1 des angegriffenen Patents.

Dokument (7) beschreibt unter anderem Zahnpasten mit Zeolithen als Poliermittel, ohne Zeolith A zu erwähnen. Das einzige Beispiel für eine Zahnpasta enthält neben staubfreiem zerriebenem Zeolith ausschließlich Glycerin und Pfefferminzöl. Es mag zutreffen, daß Glycerin in Arzneibuchqualität bis zu 14 % Wasser enthalten kann; es ist aber in (7) nicht offenbart, daß das im Beispiel erwähnte Glycerin diese Qualität hat, geschweige denn, daß es tatsächlich 14 % Wasser enthalten soll.

Eine Beschwerdegegnerin hat schließlich noch auf (8) verwiesen, da ihrer Ansicht nach auf Seite 3 der englischen Übersetzung und links oben in Figur 1 (Seite 4 der englischen Übersetzung) sowie in der Erläuterung zu Figur 7 (a.a.O., S. 16 unten) Zeolith A als Bestandteil von Zahnpasten erwähnt wird. Ein genaueres Studium der Angaben zu den verwendeten Materialien auf S. 3 der englischen Übersetzung (Zeilen 3, 4, 7 und 8) lehrt jedoch, daß es sich bei dem darin als Itado Zeolith A bezeichnenden Material um einen natürlich vorkommenden Zeolith handelt, der eine Mordenit-Struktur aufweist. Der Buchstabe dient nur zur Identifikation einer bestimmten Probe.

Der Gegenstand des angegriffenen Patents gilt daher gegenüber diesen Druckschriften als neu.

5. Der dem Gegenstand des angegriffenen Patents am nächsten kommende Stand der Technik wird in (3) beschrieben. Wie bereits in Abschnitt 4 dargelegt, unterscheidet sich der Gegenstand des angegriffenen Patents von dieser Zahnpasta dadurch, daß als Poliermittel Zeolith A anstelle des in (3) angegebenen synthetischen Zeoliths vom Faujasit-Typ verwendet wird.

Gemäß dem die Spalten 1 und 2 der Streitpatentschrift überbrückendenden Absatz soll das in der beanspruchten Zahnpasta enthaltene Poliermittel gegenüber blanken Aluminiumoberflächen keine Korrosionswirkung aufweisen, mit Fluorverbindungen gut verträglich sein und eine gute Polierwirkung haben, ohne übermäßig abrasiv zu sein. Subjektiv aus der Sicht des Patentinhabers mag daher die dem angegriffenen Patent zugrundeliegende Aufgabe darin bestanden haben, eine Zahnpasta mit diesen Eigenschaften vorzuschlagen. Von dieser Aufgabenstellung ist jedoch bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit nicht auszugehen. Es ist vielmehr zu ermitteln, welche Aufgabe gegenüber dem Stand der Technik objektiv gestellt und gelöst wurde (siehe Entscheidung T 24/81 - Metallveredelung/BASF, ABl. 1983, 133).

Hierzu läßt sich aus (3) entnehmen, daß der in der bekannten Zahnpasta als Poliermittel verwendete synthetische Zeolith mit Fluorverbindungen gut verträglich ist, da er nur eine vernachlässigbare Menge Fluorid bindet. Auch die Abrasionseigenschaften werden als denjenigen einer handelsüblichen Zahnpasta überlegen bezeichnet. Dies ist auch glaubhaft, da die Korngröße des gemäß (3) verwendeten Zeoliths mit 1-3 µm mit derjenigen des gemäß dem angegriffenen Patent vorzugsweise verwendbaren Zeoliths A von 4 µm (s. Beschreibung Spalte 2, Zeilen 22-31) vergleichbar ist. Insoweit lösen die bekannte Zahnpasta und die Zahnpasta gemäß dem angegriffenen Patent also die gleiche Aufgabe. Es würde demgegenüber daher zunächst noch die Aufgabenstellung verbleiben, eine Zahnpasta mit den aus (3) bekannten Eigenschaften bereitzustellen, die außerdem noch nicht korrosiv ist.

Diese Wirkung ist in (3) nicht erwähnt. Wie bereits im Abschnitt 3 erwähnt, zeigen die Versuchsergebnisse den Beschwerdegegnerinnen 02 und 03, daß einige vom angegriffenen Patentanspruch 1 umfaßte Zahnpasten gegenüber blanken Aluminiumoberflächen korrodierend wirken und daß folglich die geltend gemachte antikorrosive Wirkung einem wesentlichen Teil der von den angegriffenen Patentansprüchen umfaßten Zahnpasten nicht zukommt.

Die Beschwerdeführerin hat diese Versuchsergebnisse nicht widerlegt, sondern vorgeschlagen, sie in Anwendung der Entscheidung T 219/83 -Zeolithe/BASF (ABl. 1986, 211 Leitsatz I) wonach entgegengesetzte Tatsachenbehauptungen zu Lasten des Einsprechenden gehen, einfach nicht zu berücksichtigen. Dabei übersieht sie, daß die genannte Entscheidung nur für solche Fälle anwendbar ist, in denen die Kammer nicht klären kann, welche der sich widersprechenden Behauptungen zutrifft. Nur in solchen Fällen geht dieser Nachteil zu Lasten der Einsprechenden.

Im Gegensatz dazu handelt es sich im vorliegenden Falle nicht um bloße Tatsachenbehauptungen, sondern um erwiesene Tatsachen. Diese Tatsachen widersprechen auch keineswegs den von der Beschwerdeführerin zur Stütze ihrer Behauptungen vorgelegten Beweismitteln, sondern ergänzen diese nur. Sowohl die Beschwerdegegnerinnen als auch die Beschwerdeführerin kommen zu dem Ergebnis, daß keine Korrosion blanker Aluminiumoberflächen eintritt, wenn die untersuchten Zahnpasten zusätzlich zum als Poliermittel verwendeten Zeolith A noch pyrogene Kieselsäure enthalten. Die Beschwerdegegnerinnen haben aber zusätzlich nachgewiesen, daß bei Abwesenheit der pyrogenen Kieselsäure Korrosion eintritt. Dem Vortrag der Beschwerdeführerin, daß diese Zahnpasten auch noch Paraffinöl als unüblichen Bestandteil enthielten und deshalb als Beweismittel ungeeignet seien, vermag die Kammer nicht zu folgen. Paraffinöl wird in den Versuchen der Beschwerdegegnerinnen nur in untergeordneter Menge verwendet und ist allgemein als eine inerte Substanz bekannt, so daß nicht glaubhaft ist, daß die Anwesenheit dieser Substanz die Korrosion blanker Aluminiumoberflächen durch eine Zahnpasta verstärkt. Wenn die Beschwerdeführerin sich auf derartige Sachverhalte erfolgreich berufen wollte, hätte sie daher ihrerseits entsprechende Beweismittel vorlegen müssen.

Die Kammer ist daher überzeugt, daß zwar die Zahnpasten gemäß den Beispielen 1-4 blanke Aluminiumoberflächen nicht angreifen, daß aber dieser Vorteil nur einem Teil der von Patentanspruch 1 umfaßten Zahnpasten zukommt, da dessen Gegenstand nicht auf Zahnpasten mit dem für diese Eigenschaften wesentlichen Gehalt an pyrogener Kieselsäure beschränkt ist. Dieser Vorteil kann daher nach der Rechtsprechung der Kammer zur Festlegung der gegenüber (3) bestehenden und gelösten technischen Aufgabe nichts beitragen, da sich hierfür nur solche Vorteile qualifizieren, die im Anspruchsbereich auch tatsächlich eintreten, siehe die Entscheidung T 20/81; Shell-Aryloxybenzaldehyd (ABl. EPA 1982, 217).

Die dem Streitpatent gegenüber (3) zugrundeliegende technische Aufgabe kann daher darin gesehen werden, eine weitere Zahnpasta auf wässriger Basis mit einem synthetischen Zeolith als Poliermittel vorzuschlagen.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird gemäß dem angegriffenen Patent eine Zahnpasta auf wässriger Basis vorgeschlagen, deren Poliermittel zu mehr als 50 % aus Zeolith A der im angegriffenen Patentanspruch 1 angegebenen empirischen Formel besteht. Es ist nach Auffassung der Kammer ohne weiteres glaubhaft, daß diese Aufgabe auch tatsächlich gelöst wird.

6. Es ist daher nunmehr zu untersuchen, ob der Fachmann angesichts des Standes der Technik diesen Zeolith A zur Lösung dieser Aufgabe in Betracht gezogen hätte.

Dies ist nach Auffassung der Kammer der Fall, da aus (7) generell bekannt war, daß Zeolithe wegen ihrer calciumbindenden Eigenschaften als Poliermittel in Zahnpasten in Betracht kommen, wenn es gilt, eine Zahnpasta mit Wirkung gegen den hauptsächlich aus Calciumsalzen bestehenden Zahnstein herzustellen. Aufgrund dieser Eigenschaften sind in neuerer Zeit eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen an verschiedenen Zeolithen durchgeführt worden, siehe (8), (4) bzw. (4a) und (3), in denen die grundsätzliche Eignung dieser Zeolithe, z. B. Faserzeolithe vom Mordenit-Typ gemäß (8), Blätter-Zeolithe vom Clinoptilolith-Typ gemäß (4) bzw. (4a) und (8) sowie Würfel-Zeolithe vom Faujasit-Typ gemäß (3) als Poliermittel in Zahnpasten erkannt worden ist. In (11), einer im Prioritätsjahr des angegriffenen Patents veröffentlichten Zusammenfassung über die kommerzielle Verwendung synthetischer Zeolithe wird einleitend festgestellt, daß die Ankündigung einer neuen Verwendung eines synthetischen Zeoliths als Bestandteil von Waschmitteln durch einen bedeutenden Hersteller synthetischer Zeolithe das Interesse an der Verwendung synthetischer Zeolithe ganz allgemein gesteigert habe. In der mündlichen Verhandlung bestand Übereinstimmung darüber, daß diese Bemerkung sich auf das von der Beschwerdegegnerin 03 im Jahr 1976 in den Handel gebrachte Produkt bezieht, das auch gemäß dem angegriffenen Patent verwendet wird. Die Beschwerdegegnerinnen haben auch unwidersprochen vorgetragen, daß nur dieses Produkt im Gegensatz zu dem gemäß (6) schon lange verfügbaren Zeolith A genügend feinkörnig ist, um ohne weiteres als Poliermittel in Zahnpasten verwendbar zu sein. Es lag daher aus der Sicht der bestehenden Aufgabe nahe, diesen gerade erst in großen Mengen auf den Markt gekommenen Zeolith anstelle des in der wissenschaftlichen Publikation (3) verwendeten Zeoliths einzusetzen, um eine weitere zeolithhaltige Zahnpasta zu formulieren.

7. Demgegenüber sieht die Kammer in dem Umstand, daß in (11) die Verwendbarkeit synthetischer Zeolithe als Poliermittel in Zahnpasten nicht angesprochen wird, keinen Hinweis auf das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit. Die meisten der in (11), Seite 38, rechte Spalte im Kapitel "Other potential Applications" aufgeführten Möglichkeiten (Feuchtigkeitsbeseitigung, Mittel zur kontrollierten Freigabe chemischer Stoffe, Beseitigung von Verunreinigungen, Stabilisierung von Kunststoffen, Mittel gegen das Verbacken von Feststoffen) betreffen nämlich die bekannten Eigenschaften der Zeolithe, andere Stoffe zu absorbieren bzw. Kationen auszutauschen. Lediglich die potentielle Anwendung als "Functional Pigment/Extender" macht Gebrauch von der feinpulvrigen Beschaffenheit der Zeolithe. Hierzu wird nur ganz allgemein bemerkt, daß die physikalischen Eigenschaften der feinen Pulver in einer Anzahl von Anwendungen zur Verbesserung physikalischer Eigenschaften benutzt werden können. In (11) standen derartige Anwendungen, zu denen im weitesten Sinne auch diejenige als Poliermittel in Zahnpasten gerechnet werden kann, keineswegs im Vordergrund. Außerdem kann man nach Auffassung der Kammer allein aus dem Umstand, daß eine bestimmte bekannte Anwendungsart synthetischer Zeolithe in einem Übersichtsartikel nicht erwähnt wurde, nicht schließen, daß eine solche Anwendungsart von der Fachwelt als erfinderisch angesehen worden wäre.

8. Die Kammer ist auch der Frage nachgegangen, ob nicht die lange zurückliegende Veröffentlichung des Vorschlags, Zeolithe in Zahnpasten zu verwenden (vgl. (7); publiziert 1923) und das lange Bekanntsein von Zeolith A (vgl.(6), publiziert 1959) für erfinderische Tätigkeit spricht. Dies ist jedoch nicht der Fall. Einerseits zeigen nämlich die in den Jahren 1969-1973 erschienenen wissenschaftlichen Publikationen, daß die Verwendung von Zeolithen in Zahnpasten erst in neuerer Zeit wieder Bedeutung erlangt hat, andererseits ergab die mündliche Verhandlung, daß erst das kurz vor dem Prioritätstag verfügbare Produkt der Beschwerdegegnerin 03 die für die Verwendung als Poliermittel geeignete mittlere Korngröße hatte. Es liegt also kein lange bestehendes Problem vor, für dessen Lösung die Mittel ebenfalls schon lange verfügbar waren, ohne daß die Fachwelt dies erkannt hätte. Im Gegenteil, der zur Lösung der dem angegriffenen Patent zugrundeliegenden Aufgabe brauchbare Zeolith wurde kurz vor dem Prioritätstag erst verfügbar und praktisch unverzüglich von der Patentinhaberin auch genutzt.

9. Die Beschwerdeführerin meint schließlich, der unbestreitbar große kommerzielle Erfolg einer Zahnpasta nach dem angegriffenen Patent müsse als Anzeichen für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden. Hierfür wäre jedoch Voraussetzung, daß dieser kommerzielle Erfolg tatsächlich in erster Linie auf die technischen Vorteile der beanspruchten Zahnpasta zurückgeführt werden könnte. Dies ist jedoch nicht glaubhaft gemacht worden. Es mag zutreffen, daß eine Zahnpasta gut sein muß, um sich kommerziell durchzusetzen. Sie muß aber hierzu nicht notwendigerweise technisch besser sein. Gerade bei kosmetischen Produkten wie Zahnpasten ist es allgemein bekannt, daß auch ästhetische Aspekte wie Farbe, Geruch, Geschmack, Verpackung oder insbesondere auch die Werbung einen erheblichen Einfluß auf den Markterfolg haben.

10. Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß es sich bei der Zahnpasta gemäß dem angegriffenen Patent im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin um eine naheliegende Auswahl aus dem Stande der Technik handelt.

11. Der abhängige Patentanspruch 2 betrifft eine besondere Ausgestaltung der Zahnpasta nach Anspruch 1, für die die vorstehenden Erwägungen ebenfalls gelten. Es liegt auch kein Antrag vor, das Patent in diesem Umfang aufrechtzuerhalten.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation