European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T025905.20090326 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 26 März 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0259/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97928252.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | C07C 57/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Entsorgung von bei der Acrylsäure- oder Methacrylsäure-Herstellung anfallenden Nebenkomponenten | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Rohm and Haas Company | ||||||||
Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) - alternatives Verfahren - nicht vom Stand der Technik nahegelegt |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die am 24. Februar 2005 eingegangene Beschwerde des Beschwerdeführers (Patentinhabers) richtet sich gegen die am 14. Dezember 2004 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher das europäische Patent Nr. 925 272 widerrufen wurde.
II. Die Einspruchsabteilung zog in ihrer Entscheidung unter anderem die folgenden Druckschriften an:
(1) "Permit application papers for BASF Freeport Account No. BL-0021-O, EAA permit file number 9513, submitted to the TEXAS COMMISSION ON ENVIRONMENTAL QUALITY", Seiten 6 bis 19 (August 1984) und
(2) "Permit application papers for BASF Freeport Account No. BL-0021-O, EAA permit file number 9513A, submitted to the TEXAS COMMISSION ON ENVIRONMENTAL QUALITY", Seiten 4-1 bis 4-3, 6-1, Table 4-1, Table 4-2, Table 1(a) und Figure 6-1 (Dezember 1994).
In der angefochtenen Entscheidung wurde festgestellt, dass die Druckschriften (1) und (2) vor dem Prioritätstag der Öffentlichkeit zugänglich gewesen seien und damit vorveröffentlichten Stand der Technik im Sinne des Artikels 54(2) EPÜ darstellten. Da keine der Druckschriften alle technischen Merkmale des Verfahrens gemäß Streitpatente offenbare, sei die Neuheit anzuerkennen. Jedoch habe ausgehend von Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik der Gegenstand des Anspruchs 1 durch eine Kombination mit Druckschrift (2) nahegelegen.
III. Der Beschwerdeführer reichte während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 26. März 2009 einen neuen Antrag mit den Ansprüchen 1 bis 9 ein, dessen Anspruch 1 wie folgt lautete:
"1. Verfahren zur Entsorgung von bei der Acrylsäure- oder Methacrylsäure-Herstellung anfallenden Nebenkomponenten, dadurch gekennzeichnet, daß gasförmige leichtsiedende Nebenkomponenten (1) verbrannt werden, wobei in Wasser gelöste leicht- oder mittelsiedende Nebenkomponenten (2) in die Verbrennungsstufe der Nebenkomponenten (1) zugeführt werden, wobei die leichtsiedenden Nebenkomponenten einen niedrigeren Siedepunkt als die Acrylsäure oder Methacrylsäure besitzen und die mittelsiedenden Nebenkomponenten in etwa den gleichen Siedepunkt wie Acrylsäure oder Methacrylsäure besitzen, wobei die Acrylsäure oder Methacrylsäure hergestellt wird durch
(a) katalytische Gasphasenoxidation (12) von Propen oder Isobuten und/oder Acrolein oder Methacrolein,
(b) Absorption (14) des in Stufe (a) entstehenden Reaktionsprodukts in einem Lösungsmittel und
(c) Abtrennung der Acrylsäure oder Methacrylsäure aus dem beladenen Lösungsmittel der Stufe (b) durch Extraktion und/oder Destillation (19, 20, 21, 22),
wobei vor der Absorption (14) in Stufe (b) ein Teil des Lösungsmittels verdampft wird (13) und von dem verbleibenden flüssigen Lösungsmittel ein Teil, gegebenenfalls nach Lösungsmittelverdampfung, als schwersiedende Nebenkomponente (3) entsorgt wird, und
nach der Absorption (14) des Reaktionsprodukts in Stufe (b) verbleibendes, nicht absorbiertes Reaktionsprodukt abgekühlt wird (15), wobei das erhaltene wäßrige Kondensat, gegebenenfalls nach anschließender Extraktion, als Nebenkomponente (2) und wenigstens ein Teil des erhaltenen Gasstroms als Nebenkomponente (1) entsorgt werden."
IV. Der Beschwerdeführer zog seinen im schriftlichen Verfahren vorgebrachten Einwand, dass die Druckschriften (1) und (2) der Öffentlichkeit zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatentes nicht zugänglich waren, in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zurück. Er brachte vor, dass in keiner der Druckschriften (1) und (2) ein Verfahren beschrieben sei, bei dem der wässrige Strom der aus der Extraktion anfallenden Nebenkomponenten, entsprechend den streitpatentgemäßen Nebenkomponenten (2), in die Verbrennungsstufe der gasförmigen Nebenkomponenten (1) zugeführt werde. Auch sei den Druckschriften (1) und (2) nicht zu entnehmen, dass vor der Absorption ein Teil des Lösungsmittels verdampft und nach der Absorption nicht absorbiertes Reaktionsprodukt abgekühlt werde. Daher sei das Verfahren gemäß dem geltenden Anspruch 1 neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.
V. Der Beschwerdegegner trug vor, dass aus den Figuren B-3 und B-4 der Druckschrift (1) hervorgehe, dass sowohl die bei der Extraktion anfallenden wässrigen Nebenkomponenten, entsprechend den Nebenkomponenten (2) des Streitpatentes, als auch die gasförmigen Nebenkomponenten, entsprechend den Nebenkomponenten (1) des Streitpatentes, in denselben Brenner überführt würden. Da das heiße Reaktionsgas, welches sowohl Reaktionsprodukte, als auch die verschiedenen Nebenkomponenten enthalte, beim Eintritt in die Absorptionskolonne zwangsläufig auch einen Teil des in der Absorptionskolonne vorliegenden Lösungsmittels verdampfe und die Temperatur im Richtung des Kopfes der Absorptionskolonne abnehme, seien in Druckschrift (1) auch implizit jene beiden Reaktionsschritte offenbart, welche das Verdampfen eines Teils des Lösungsmittels vor der Absorption, sowie das Kondensieren von nicht absorbierten Reaktionsprodukt nach der Absorption beträfen. Daher sei der Gegenstand des Anspruchs 1 von Druckschrift (1) neuheitsschädlich getroffen. Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit brachte der Beschwerdegegner vor, dass die einzelnen streitpatentgemäßen Verfahrensschritte bereits aus den Druckschriften (1) und (2) bekannt gewesen seien und deren Kombination nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beitragen könne.
VI. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der geltende Antrag betrifft eine Kombination erteilter, im Einspruchsverfahren angegriffener Ansprüche, ist jedoch erst während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht worden. Damit gilt dieser Antrag formal als verspätet. Gleichwohl tragen die vorgenommenen Änderungen nicht zu einer geänderten Diskussion der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit bei, so dass sich durch die vorgenommenen Änderungen kein neuer Sachverhalt ergibt. Der Beschwerdeführer hat die Verspätung auch nicht gerügt. Die Kammer übt daher ihr Ermessen pflichtgemäß dahingehend aus, diesen Antrag in das Verfahren zuzulassen.
Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
3. Die vorgenommenen Änderungen betreffen das Hinzufügen des Merkmals ", wobei die Acrylsäure oder Methacrylsäure hergestellt wird durch [...] als Nebenkomponenten (1) entsorgt werden." an das Ende des erteilten Anspruchs 1. Diese Passage findet sich mit identischem Wortlaut als Kennzeichen des ursprünglichen Anspruchs 9, der dem erteilten Anspruch 10 entspricht. Daher sind die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.
Da das Hinzufügen weiterer technischer Merkmale eine Beschränkung des Schutzbereichs des erteilten Anspruchs 1 bewirkt, sind auch die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ erfüllt.
Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
4. Der Beschwerdegegner hat die Druckschrift (1) als neuheitsschädlich gegenüber dem geltenden Anspruch 1 angezogen.
4.1 Im schriftlichen Beschwerdeverfahren hat der Beschwerdeführer gerügt, dass die im Einspruchsverfahren zitierten Druckschriften (1) und (2) der Öffentlichkeit zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatentes nicht zugänglich waren. Indessen hat der Beschwerdeführer die öffentliche Zugänglichkeit der Druckschriften (1) und (2) während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ausdrücklich nicht mehr in Abrede gestellt, so dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.
Da sich die Parteien darin einig waren, dass der Inhalt der Druckschrift (2) gegenüber dem Inhalt der Druckschrift (1) keine zusätzlichen Informationen enthält, wurde zur Argumentation nur Druckschrift (1) herangezogen.
4.2 Der Offenbarungsgehalt einer Druckschrift wird durch das festgelegt, was ihr direkt und unmittelbar zu entnehmen ist. Daher können gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern zur Ermittlung des Offenbarungsgehaltes einer Druckschrift auch nicht einzelne separate Merkmale daraus miteinander kombiniert werden, welche von ihr selbst nicht direkt miteinander verknüpft sind.
4.3 Der geltende Anspruch 1 betrifft ein Verfahren zur Entsorgung von bei der Herstellung von Acrylsäure oder Methacrylsäure anfallenden Nebenkomponenten, wobei die Acrylsäure oder Methacrylsäure durch katalytische Gasphasenoxidation hergestellt wird. Das nach der Gasphasenoxidation erhaltene Reaktionsprodukt enthält leichtsiedende gasförmige Nebenprodukte mit einem niedrigeren Siedepunkt als Acrylsäure oder Methacrylsäure, von denen wenigstens ein Teil als Nebenkomponente (1) verbrannt wird, sowie mittelsiedende Nebenkomponenten, die etwa den gleichen Siedepunkt wie Acrylsäure oder Methacrylsäure aufweisen. Das bei der Gasphasenoxidation erhaltene Reaktionsprodukt wird in einem Lösungsmittel absorbiert, wobei vor der Absorption des Reaktionsproduktes ein Teil des Lösungsmittels verdampft wird. Nach der Absorption wird nicht absorbiertes Reaktionsprodukt abgekühlt und kondensiert, wobei ein wässriges Kondensat von leichtsiedenden und mittelsiedenden Nebenkomponenten (2) erhalten wird. Diese in Wasser gelösten Nebenkomponenten (2) werden in die Verbrennungsstufe der gasförmigen leichtsiedenden Nebenkomponenten (1) zugeführt.
4.4 Druckschrift (1) betrifft ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung von Acrylsäure durch katalytische Gasphasenoxidation, sowie die Isolierung des Reaktionsproduktes und die Entsorgung von anfallenden Nebenprodukten. Die vom Beschwerdegegner angezogene Figur B-3 betrifft eine schematische Darstellung der Aufarbeitung des aus dem Reaktor erhaltenen Rohproduktes, welches aus dem Reaktor direkt der Absorptionskolonne zugeführt wird. Am Kopfende der Kolonne wird Abgas durch eine Leitung mit der Bezeichnung "waste gas to heat recovery" der Wärmerückgewinnung zugeführt. Am oberen Ende der Absorptionskolonne wird seitlich ein Teil des Kolonneninhalts durch eine Leitung in einen Settler überführt. Von diesem ausgehend führen zwei unterschiedliche Leitungen zu einem Boiler, wobei die oben aus dem Settler abzweigende Leitung mit "to boiler", die seitlich aus dem Settler abzweigende Leitung mit "waste water to boiler" gekennzeichnet ist. Der Boiler selbst ist dieser schematischen Darstellung nicht zu entnehmen.
Die Figur B-4 zeigt eine schematische Darstellung der Rückstandsentsorgung und der Wärmerückgewinnungseinheit. Die schematische Darstellung zeigt mehrere ankommende Leitungen, die an verschiedenen Stellen in einen Boiler einmünden. Die Leitungen tragen Bezeichnungen wie "waste gas from absorption column", "misc. waste streams" und "waste water". Der Beschreibung ist zu entnehmen, dass im Boiler unter anderem das Abgas aus der Absorptionskolonne und das Abwasser aus dem Settler verbrannt werden (siehe Seite 11, vierter Absatz von unten). Da jedoch an keiner Stelle der Beschreibung zu entnehmen ist, dass das Abwasser aus dem Settler, welches der anspruchsgemäßen Nebenkomponente (2) entspricht, in die Verbrennungsstufe der gasförmigen Nebenkomponenten zugeführt wird, ist zumindest dieses anspruchsgemäße Merkmal nicht unmittelbar und eindeutig dem Offenbarungsgehalt dieser Druckschrift zu entnehmen.
4.4.1 Der Beschwerdegegner brachte vor, dass in der schematischen Darstellung von Figur B-4, eine Leitung gezeigt sei, die mit der Bezeichnung "waste gas from absorption column" den streitpatentgemäßen Nebenkomponenten (1), sowie eine Leitung mit der Bezeichnung "waste water", die den streitpatentgemäßen Nebenkomponenten (2) entspreche. Da beide Leitungen in den als eine Einheit dargestellten Boiler mündeten, würde der Fachmann hieraus entnehmen, dass die Nebenkomponenten (1) und (2) auch gemeinsam verbrannt würden.
Indessen betrifft Figur B-4 lediglich die rein schematische Darstellung einer technischen Produktionsanlage, die jedoch keinerlei Rückschlüsse, weder auf das darin durchzuführende Verfahren, noch auf einzelne Verfahrensschritte, noch auf die gesamte Verfahrensführung zulässt. Darüber hinaus ist durch die vereinfachte und undifferenzierte Darstellung des Boilers in Figur B-4 nicht offenbart, dass diese schematische Darstellung nur eine einzige Brennkammer umfasst. Somit offenbart Druckschrift (1) weder die Zuführung der Nebenkomponenten (2) in die Verbrennungsstufe der gasförmigen Nebenkomponenten (1), noch deren gemeinsame Verbrennung. Folglich kann dieses Argument des Beschwerdegegners nicht überzeugen.
4.4.2 Der Beschwerdegegner brachte ebenfalls vor, dass Druckschrift (1) implizit auch das Verdampfen eines Teils des Lösungsmittels offenbare, denn durch das Zuführen der heißen Reaktionsgase aus dem Reaktor in die Absorptionskolonne, wie in Figur B-3 dargestellt, finde zwangsläufig eine Verdampfung eines Teils des Lösungsmittels statt.
Indessen ist es unbeachtlich, ob, wie vom Beschwerdegegner vorgebracht, beim Zuführen der heißen Reaktionsgase in die Absorptionskolonne in Druckschrift (1) ein Teil des Lösungsmittels verdampft wird oder nicht, denn gemäß geltendem Anspruch 1 findet diese Verdampfung eines Teils des Lösungsmittels vor der Absorption in Stufe (b) statt und nicht während oder zu Beginn der Absorption. Darüber hinaus ist die tatsächliche Reaktionsführung aus der rein schematischen Darstellung der Produktionsanlage nicht zu entnehmen, so dass dieses Verfahrensmerkmal weder explizit, noch implizit in Druckschrift (1) offenbart ist. Daher kann auch dieses Argument des Beschwerdegegners nicht durchgreifen.
4.4.3 Der Beschwerdegegner argumentierte weiter, dass die Druckschrift (1), insbesondere Figur B-3, implizit offenbare, dass das nach der Absorption in Stufe (b) verbleibende nicht absorbierte Reaktionsprodukt abgekühlt werde. Der Fachmann wisse, dass im Zuge eines Absorptionsvorganges die Temperatur des Gemisches absinke, so dass am Kolonnenkopf in Figur B-3 eine niedrigere Temperatur herrsche als beim Eintritt des Reaktionsgemisches in die Absorptionskolonne. Auch werde in der Nähe des Kolonnenkopfes gekühltes Lösungsmittel zugegeben.
Indessen ist festzustellen, dass durch die Zugabe von gekühltem Lösungsmittel in der Nähe des Kopfes der Absorptionskolonne allenfalls eine Abkühlung des Reaktionsproduktes während der Absorption erfolgen kann. Das Merkmal des geltenden Anspruchs 1, nämlich dass nach der Absorption in Stufe (b) verbleibendes nicht absorbierte Reaktionsprodukt abgekühlt wird, ist dadurch weder explizit, noch implizit offenbart. Folglich kann auch dieses Argument des Beschwerdegegners nicht überzeugen.
4.5 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass Druckschrift (1) das streitpatentgemäße Verfahren nicht offenbart. Das gleiche gilt auch für Druckschrift (2), deren Informationsgehalt, wie von beiden Parteien eingeräumt, nicht über den von Druckschrift (1) hinausgeht. Das beanspruchte Verfahren ist somit neu (Artikel 54 EPÜ).
Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
5. Gemäß Artikel 56 EPÜ beruht eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Für die Beantwortung dieser Frage ist es nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern erforderlich, den nächstliegenden Stand der Technik festzustellen, demgegenüber die Aufgabe zu ermitteln, die erfindungsgemäß aus objektiver Sicht gestellt und gelöst wird, und die Frage des Naheliegens der anmeldungsgemäßen Lösung dieser Aufgabe für den Fachmann angesichts des Standes der Technik zu klären (siehe u. a. T 1/80, ABl. EPA 1981, 206, Punkte 3, 6, 8, 11 der Entscheidungsgründe; T 24/81, ABl. EPA 1983, 133, Punkt 4 der Entscheidungsgründe; T 248/85, ABl. EPA 1986, 261, Punkt 9.1 der Entscheidungsgründe).
5.1 Beide Parteien haben Druckschrift (1) als nächstliegenden Stand der Technik angesehen
5.2 Druckschrift (1) offenbart ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung von Acrylsäure und zur Entsorgung von bei der Acrylsäure-Herstellung anfallenden Nebenkomponenten (siehe Punkt 4.4 supra).
5.3 Entsprechend der Ausführungen des Beschwerdeführers war die Aufgabe des Streitpatentes, ausgehend von Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik, ein hinsichtlich seiner Effizienz verbessertes Verfahren zur Entsorgung von bei der Acrylsäure- und oder Methacrylsäure-Herstellung anfallenden Nebenkomponenten bereitzustellen.
5.4 Als Lösung schlägt das Streitpatent gemäß geltendem Anspruch 1 ein Verfahren vor, bei dem vor der Absorption des Reaktionsproduktes ein Teil des Lösungsmittels verdampft wird, nach der Absorption nicht absorbiertes Reaktionsprodukt abgekühlt und kondensiert wird und das dabei anfallende wässriges Kondensat von leichtsiedenden und mittelsiedenden Nebenkomponenten (2) in die Verbrennungsstufe der gasförmigen leichtsiedenden Nebenkomponenten (1) zugeführt wird.
5.5 Da weder Versuche vorliegen, anhand derer die gegenüber dem Stand der Technik behauptete Verbesserung der Effizienz des Verfahrens belegt, noch anderweitig glaubhaft gemacht wurde, kann diese Verbesserung nicht anerkannt werden. Folglich kann die unter Punkt 5.3 supra formulierte ambitionierte Aufgabe nicht als erfolgreich gelöst betrachtet werden.
Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern können Vorteile, auf die sich der Patentinhaber-Beschwerdeführer gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik beruft, die aber nicht hinreichend belegt sind, bei der Ermittlung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe und damit für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen werden (siehe T 20/81, ABl. EPA 1982, 217, Punkt 3 der Entscheidungsgründe). Nachdem im vorliegenden Fall die Verbesserung der Effizienz des Verfahrens nicht glaubhaft eintritt, ergibt sich die Schlussfolgerung, dass die Erfindung, wie sie im geltenden Anspruch 1 definiert ist, keine erfolgreiche Lösung dieser technischen Aufgabe darstellt, mit der Folge, dass die behauptete Verbesserung der Effizienz des Verfahrens bei der Festlegung der objektiven Aufgabenstellung des Streitpatentes und der Beurteilung dessen erfinderischer Qualität unberücksichtigt bleibt.
5.6 Infolgedessen ist die technische Aufgabe weniger anspruchsvoll umzuformulieren. Ausgehend von Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik liegt dem Streitpatent somit lediglich die objektive technische Aufgabe zugrunde, ein alternatives Verfahren zu Entsorgung von bei der Acrylsäure- und oder Methacrylsäure-Herstellung anfallenden Nebenkomponenten bereitzustellen.
5.7 Dass die anspruchsgemäß vorgeschlagene Lösung die in Punkt 5.6 supra formulierte objektive technische Aufgabe löst, ist glaubhaft und wird vom Beschwerdegegner nicht bestritten.
5.8 Es bleibt daher zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregung bot, die unter Punkt 5.6 supra genannte Aufgabe durch die Bereitstellung des anspruchsgemäßen Verfahrens zu lösen.
5.9 Als einziger druckschriftlicher Stand der Technik wurde von den Parteien die Druckschrift (1) angezogen, die im Vergleich zu Druckschrift (2) ausführlichere Informationen enthält. Da unstrittig die Druckschrift (2) keine über den Inhalt von Druckschrift (1) hinausgehenden Informationen enthält, muss auf Druckschrift (2) nicht weiter eingegangen werden, so dass zur Frage des Naheliegens ausschließlich auf Druckschrift (1) Bezug genommen wird.
Wie oben unter Punkt 4.4 ausgeführt, lehrt Druckschrift (1) nicht, dass zur Bereitstellung eines alternativen Verfahrens als Lösung das wässrige Kondensat von leichtsiedenden und mittelsiedenden Nebenkomponenten (2) in die Verbrennungsstufe der gasförmigen leichtsiedenden Nebenkomponenten (1) zugeführt wird. Daher hatte der Fachmann aus Druckschrift (1) keine Anregung, diesen Verfahrenschritt zur Lösung der unter Punkt 5.6 supra genannten technischen Aufgabe einzusetzen. Hinsichtlich der beiden weiteren Verfahrensmerkmale, die ebenfalls als Bestandteil der streitpatentgemäßen Lösung vorgeschlagen wurden, nämlich dass vor der Absorption des Reaktionsproduktes ein Teil des Lösungsmittels verdampft wird und nach der Absorption nicht absorbiertes Reaktionsprodukt abgekühlt und kondensiert wird, ist es unerheblich, ob diese Verfahrensmerkmale von Druckschrift (1) nahegelegt werden oder nicht, da bereits der oben genannte Verfahrensschritt, nämlich die Zuführung des wässrigen Kondensats von leichtsiedenden und mittelsiedenden Nebenkomponenten (2) in die Verbrennungsstufe der gasförmigen leichtsiedenden Nebenkomponenten (1) von Druckschrift (1) nicht nahegelegt ist und daher bereits aus diesem Grund das Verfahren gemäß dem geltenden Anspruch 1 insgesamt nicht nahegelegen hat.
5.9.1 Der Beschwerdegegner brachte vor, dass dem Fachmann Brenner bekannt gewesen seien, die über Mehrfachdüsen verfügen und somit zum Einbringen verschiedenster Materialströme in Brennkammern geeignet seien. Im Rahmen seiner Routinetätigkeit hätte der Fachmann diese auch zur gemeinsamen Entsorgung von bei der Acrylsäure- und oder Methacrylsäure-Herstellung anfallenden Nebenkomponenten, nämlich von in Wasser gelösten mittelsiedenden Nebenkomponenten und von gasförmigen leichtsiedenden Nebenkomponenten (1), eingesetzt.
Indessen ist es unerheblich, dass die vom Beschwerdegegner angesprochenen technischen Mittel dem Fachmann bekannt gewesen sind, da Druckschrift (1) dem Fachmann keine Anregung bot, das daraus bekannte Verfahren mittels der Verfahrensmaßnahme abzuändern, dass eine gemeinsame Verbrennung durch Zuführung der in Wasser gelösten mittelsiedenden Nebenkomponenten (2) in die Verbrennungsstufe der gasförmigen leichtsiedenden Nebenkomponenten (1) erfolgt. Dies wäre aber eine notwendige Voraussetzung, denn erst diese Verfahrensmaßnahme würde den Fachmann veranlassen, das bekannte technische Mittel zur Umsetzung einer derartigen, jedoch nicht naheliegenden Verfahrensmaßnahme einzusetzen. Weiterhin sind die vom Beschwerdegegner genannten Brenner weder im Zusammenhang mit der Acrylsäureherstellung, noch mit der gemeinsamen Verbrennung von verschiedensten, dabei anfallenden Nebenkomponentenströmen offenbart. Daher kann auch dieses Argument des Beschwerdegegners nicht überzeugen.
5.9.2 Der Beschwerdegegner brachte weiter vor, dass der Fachmann angesichts der technischen Aufgabe, ein alternatives Verfahren bereitzustellen, alle beliebigen Änderungen in Betracht ziehe.
Indessen fehlt im angezogenen Stand der Technik jeglicher Hinweis auf jedes einzelne der drei kennzeichnenden Verfahrensmerkmale, die das Streitpatent gemäß dem geltenden Anspruch 1 als Lösung vorschlägt. Da Druckschrift (1) keinen dieser Verfahrensschritte lehrt, ergibt sich hieraus auch keine Anregung für den Fachmann, diese als Lösung der technischen Aufgabe in Betracht zu ziehen, weshalb das Argument des Beschwerdegegners nicht durchgreifen kann.
5.9.3 Darüber hinaus brachte der Beschwerdegegner vor, dass sich aus der Kombination der drei Verfahrensmerkmale, welche als Lösung der technischen Aufgabe vorgeschlagen wurden, kein technischer Vorteil ergebe.
Indessen ist jedoch festzustellen, dass angesichts der technischen Aufgabe, die in Punkt 5.6 supra als Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zu Entsorgung von bei der Acrylsäure- und oder Methacrylsäure-Herstellung anfallenden Nebenkomponenten definiert wurde, das Erzielen eines technischen Vorteils unbeachtlich ist, so dass auch dieses Argument des Beschwerdegegners nicht durchgreift.
5.10 Die Kammer kommt daher zum Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 dem Fachmann durch keine der angezogenen Druckschriften (1) und (2), weder einzeln noch in Kombination nahegelegt wird und damit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
Die Ansprüche 2 bis 9 betreffen weitere Ausführungsformen des Gegenstandes des Anspruchs 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf Basis der während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereichten Ansprüche 1 bis 9 und einer daran angepassten Beschreibung aufrechtzuerhalten.