European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1989:W001189.19891009 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 October 1989 | ||||||||
Aktenzeichen: | W 0011/89 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | C11D 17/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
Download und weitere Informationen: |
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | nicht veröff. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.02 | ||||||||
Leitsatz: | Eine Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Recherchengebühren gemäß Artikel 17 (3) a) PCT muß zum Nachweis, daß eine Gruppe von Erfindungen eine einzige erfinderische Idee nicht verwirklicht, auch eine Auseinandersetzung mit der Aufgabe der Erfindung enthalten, wenn nicht ohne weiteres ersichtlich ist, daß die in der Aufforderung aufgezählten technischen Sachverhalte vernünftigerweise nicht unter eine Gesamtaufgabe subsumiert werden können. Fehlt eine notwendige Auseinandersetzung mit der Aufgabe der Anmeldung, so ist die Aufforderung rechtsunwirksam und sind die zusätzlich gezahlten Recherchengebühren zurückzuzahlen. | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Uneinheitlichkeit Hervorhebung von Worten durch Unterstreichung bei Aufzählung Begründungsmangel Aufforderung auch sachlich nciht gerechtferigt |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin hat am 13. Januar 1989 beim Europäischen Patentamt die internationale Anmeldung PCT/EP ... eingereicht.
II. Am 8. Mai 1989 richtete das Europäische Patentamt als zuständige Internationale Recherchenbehörde (IRB) an die Anmelderin eine Aufforderung gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT, in der die Anmeldung als unheitlich bewertet wird.
Zur Begründung wurde in dieser Aufforderung außer einer erstgenannten Erfindung gemäß den Patentansprüchen 1 bis 8 und 10 noch eine weitere Erfindung gemäß dem Patentanspruch 9 aufgezählt, wobei die erste Erfindung eine "Verwendung eines Faservlieses als Schmutzfänger" und die weitere Erfindung ein "einseitig mit Folie versehenes Faservlies als Dosiermittel für flüssiges Waschmittel" betreffe.
Außer der Hervorhebung durch Unterstreichung der Worte "Schmutzfänger" und "Dosiermittel" bei der Aufzählung der in der Anmeldung festgestellten Erfindungen, enthält die Aufforderung keine weiteren Angaben im Sinne einer Begründung.
III. Die Anmelderin hat daraufhin am 29. Mai 1989 mit Fernschreiben die geforderte weitere Recherchengebühr unter Widerspruch entrichtet und zu dessen Begründung lediglich ausgeführt, auch der Gegenstand des Anspruchs 9 falle unter die Aufgabe, in einfacher Weise den Waschprozeß zu verbessern. Hilfsweise wurde darin außerdem die Ansicht geäußert, daß der Betrag der zusätzlichen Gebühr überhöht sei, weil die sachlichen Gebiete derart nah beieinander angeordnet seien.
Am 31. Mai 1989 hat die Anmelderin ein Schriftstück nachgereicht, das den Inhalt des Fernschreibens bestätigt.
Entscheidungsgründe
1. Gemäß Artikel 154 (3) EPÜ sind die Beschwerdekammern des EPA zuständig, über den Widerspruch des Anmelders gegen die Festsetzung zusätzlicher Gebühren zu entscheiden.
2. Der Widerspruch entspricht Regel 40.2 c) PCT; er ist daher zulässig.
3. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Angabe von Gründen in einer Aufforderung zur Zahlung gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT ein wesentliches Erfordernis für die Rechtswirksamkeit einer solchen Aufforderung (siehe W 4/85 und W 7/86 - ABl. EPA 1987, 63 und 67; W 9/86 - ABl. EPA 1987, 459; W 7/85 - ABl. EPA 1988, 211).
In der grundlegenden Entscheidung W 4/85 vom 22. April 1986 sind die Mindestanforderungen für eine ausreichende Begründung angegeben. Danach müssen in einer logischen Gedankenführung die tragenden Erwägungen für die Feststellung der Nichteinheitlichkeit der Anmeldung aufgezeigt werden, um der Anmelderin und der Rechtsmittelinstanz die Nachprüfung dieser Feststellung zu ermöglichen. Lediglich in einfach gelagerten Fällen kann es ausreichend sein, die betreffenden Gegenstände nur aufzuzählen, sofern aus der Aufzählung ohne weiteres ersichtlich ist, daß in der Anmeldung nicht eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklicht ist. In der späteren Entscheidung W 7/86 vom 6. Juni 1986 wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es sich hierbei nur um Ausnahmefälle handeln kann, die insbesondere auf dem Gebiet der Chemie selten sind.
4. Eine solche Ausnahme ist im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen nicht gegeben:
4.1 Die Hervorhebung der Worte "Schmutzfänger" und "Dosiermittel" bei der Aufzählung der als verschieden gewerteten Erfindungen vermittelt lediglich den Eindruck der Nichteinheitlichkeit, wenn die Patentansprüche isoliert, d. h. nicht im Zusammenhang mit der aus der Beschreibung abgeleiteten Aufgabe betrachtet werden. Die Frage, ob im vorliegenden Fall eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklicht wurde oder nicht, kann aber ohne Berücksichtigung dieser Aufgabe nicht sinnvoll beurteilt werden. Daran fehlt es in der vorliegenden Aufforderung. Die Aufforderung behauptet lediglich die Uneinheitlichkeit, ohne die Erfindung nach Aufgabe und Lösung zu analysieren. Diese Unterlassung führt dazu, daß völlig offenbleibt, ob die Sachverhalte der beiden in der Aufforderung erwähnten Erfindungsgruppen sich tatsächlich so stark voneinander unterscheiden, daß keinerlei technischer Zusammenhalt oder technische Wechselwirkung feststellbar ist. Die Aufforderung der IRB ist allein schon deshalb nicht rechtswirksam, weil sie keine gedanklich nachvollziehbare Begründung enthält, warum in diesem konkreten Fall ein technischer Zusammenhang oder eine technische Wechselwirkung fehlt. Von einer Auseinandersetzung mit der Aufgabe könnte allenfalls dann abgesehen werden, wenn bereits aus der Aufzählung der in der Aufforderung genannten technischen Sachverhalte ohne weiteres ersichtlich ist, daß sie vernünftigerweise nicht unter eine Gesamtaufgabe zu subsumieren sind.
4.2 Im Gegenteil ist in der Beschreibung erwähnt, daß der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde liegt, in einfacher Weise den Waschprozeß zu verbessern. Gelöst wird diese Aufgabe durch die Zugabe eines Faservlieses, welches als Schmutzfänger in die Waschlauge oder dergleichen eingebracht wird. Der Einsatzbereich des Faservlieses läßt sich dadurch vergrößern, daß es einseitig eine flüssigkeitsundurchlässige Folie aufweist. Dadurch erfüllt das Faservlies eine Doppelfunktion: einerseits dient es zur Dosierung von Waschmittel und andererseits als Schmutzfänger. Ein derartiges flüssigkeitsspeicherndes Faservlies erfüllt gleichzeitig bzw. verzögert die Aufgabe eines Schmutzfängers (vgl. Seite 1, Zeilen 12 bis 18; Seite 3, Zeilen 9 bis 11 und 31 bis 34; Seite 6, Zeilen 17 bis 22).
Demnach erfüllt auch das flüssigkeitsspeichernde Faservlies gemäß Anspruch 9 die Funktion eines Schmutzfängers. Aber selbst ohne diese ausdrückliche Angabe in der Beschreibung dürfte ein derartiges ausschließlich als Dosiermittel für flüssiges Waschmittel beschriebenes Faservlies ebenfalls die hier gestellte Aufgabe lösen, nämlich in einfacher Weise den Waschprozeß zu verbessern. Der technische Zusammenhalt der beanspruchten Erfindung ist somit gewährleistet.
Im übrigen dürfte die IRB durch Nichtbeanstandung der von Anspruch 1 abhängigen Sachansprüche 6 und 7 anerkannt haben, daß das flüssigkeitsspeichernde Faservlies lediglich eine besondere Ausführungsform der in Anspruch 1 beanspruchten Grundform ist, die ebenso wie letztere die Funktion eines Schmutzfängers erfüllt. Da aber für die Dosierung des Waschmittels nur die weitere Erkenntnis genützt wird, daß ein solches Faservlies als Flüssigkeitsspeicher geeignet ist, ohne daß dadurch eine andere Aufgabe als die Verbesserung des Waschprozesses gelöst werden soll, sind dessen beide Verwendungen zwangsläufig Teil eines einzigen erfinderischen Konzepts.
Wie aus dem Recherchenbericht hervorgeht, ist kein Dokument gegen das Faservlies gemäß Anspruch 6 angeführt worden, so daß dieser Anspruch zumindest in diesem Stadium als gewährbar gilt. Es ist daher nicht ersichtlich, warum im Zusammenhang mit einem gültigen Sachanspruch nicht auch in der gleichen Anmeldung zwei oder mehrere Verwendungen mitbeansprucht werden könnten.
Bei dieser Sachlage muß die Kammer davon ausgehen, daß im vorliegenden Fall das Erfordernis einer einzigen allgemeinen erfinderischen Idee im Sinne der Regel 13.1 PCT erfüllt ist.
5. Aus den oben dargelegten Gründen folgt, daß die Aufforderung vom 8. Mai 1989 nicht rechtswirksam ist und die entrichtete zusätzliche Recherchengebühr daher zurückzuzahlen ist. Ausführungen zu der lediglich hilfsweise vorgetragenen Ansicht der Anmelderin, daß der Betrag der zusätzlichen Gebühr überhöht sei, erübrigen sich.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der zusätzlich entrichteten Recherchengebühr wird angeordnet.