European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2000:W001699.20000331 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 31 März 2000 | ||||||||
Aktenzeichen: | W 0016/99 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | A61K 49/00 G01N 33/58 G01N 33/533 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | B | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Optische Diagnostika zur Diagnostik neurodegenerativer Krankheiten mittels Nahinfrarot-Strahlung (NIR-Strahlung) | ||||||||
Name des Anmelders: | Institut f.Diagnostikforschung GmbH an der FU Berlin | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Feststellung der IRB nicht in Frage gestellt a posteriori vermuteter Mangel der Neuheit oder erfinderischen Tätigkeit |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die internationale Anmeldung PCT/DE 97/02559 mit der internationalen Veröffentlichungsnummer WO 98/22146 trägt das internationale Anmeldedatum 29. Oktober 1997 und beansprucht die deutsche Priorität vom 19. November 1996.
Anspruch 1 dieser Anmeldung lautet wie folgt:
"Verbindungen der allgemeinen Formel I
FORMULA (I): Fm(-Al)(-Bn)(-Wo)
worin
F ein Farbstoff-Signalmolekül ist, welches mindestens ein Absorptionsmaximum im Bereich von 600 bis 1200 nm aufweist,
A ein an ß-Amyloid-Plaques bindendes Biomolekül ist,
B ein an ß-Amyloid-Plaques bindender Farbstoff ist,
W ein an ß-Amyloid-Plaques bindendes hydrophiles, niedermolekulares Strukturelement ist,
m für die Zahl 1 oder 2 steht oder, mit der Maßgabe, daß
n und o Null bedeuten, für eine ganze Zahl 3 - 20 steht,
l und n unabhängig voneinander für eine Zahl 0, 1 oder 2 stehen,
o für eine ganze Zahl 0, 1, 2, 3, oder 4 steht, mit der Maßgabe, daß die Summe aus l, n und o 1 ist
sowie deren physiologisch verträgliche Salze."
II. Mit Aufforderung vom 22. Mai 1998 hat das Europäische Patentamt (EPA) handelnd als Internationale Recherchenbehörde (IRB) der Anmelderin mitgeteilt, daß die internationale Anmeldung fünf Erfindungen umfasse und sie aufgefordert, vier zusätzliche Recherchengebühren im Einklang mit Artikel 17 (3) a) PCT und Regel 40.1 PCT zu bezahlen.
Die IRB hat hierzu ausgeführt, daß die der Anmeldung zugrundeliegende Aufgabe in breitester Form darin gesehen werden könne, Verbindungen für die Nah-Infrarot-Diagnostik des Morbus Alzheimer zur Verfügung zu stellen.
Als einzige Gemeinsamkeit der verschiedenen Lösungen dieser Aufgabe gemäß den in der Anmeldung beanspruchten Verbindungen einer allgemeinen Formel I sei die Verwendung von Farbstoffen F in der Diagnostik des Morbus Alzheimer durch Bestimmung des ß-Amyloid-Proteins erkennbar.
Da aber der Stand der Technik nach der Entgegenhaltung
(1): "Neuron", Band 17, Nr. 3, September 1996, auf den Seiten 553 bis 565,
die Aufnahme von mit Cy3 markiertem 1-42 ß-Amyloid in Microglia vorbeschreibe, sei die Idee, Farbstoffe in der Nah-Infrarot-Diagnostik des Morbus Alzheimer durch Bestimmung des ß-Amyloid-Proteins zu verwenden, bereits bekannt.
Somit könne besagte einzige Gemeinsamkeit der Lösungen nicht mehr als besonderes technisches Merkmal im Sinne von Regel 13 PCT angesehen werden. Da auch kein anderes technisches Merkmal als sogenanntes besonderes Merkmal einen technischen Zusammenhang zwischen den Erfindungen herstelle, sei das Erfordernis der Einheitlichkeit nach Regel 13 PCT nicht erfüllt.
Um aber die Vielzahl der denkbaren Gegenstände soweit als möglich zu beschränken, werde die Anmeldung in die in Anspruch 2 genannten Farbstoffgruppen aufgegliedert.
Die mit der Aufforderung übersandte Teilrecherche wurde nur für Verbindungen, in denen "F" der Formel I für einen Cyaninfarbstoff steht und deren Verwendung zur in-vivo-Diagnostik neurodegenerativer Krankheiten mittels Nah-Infrarot Strahlung durchgeführt.
III. Die Anmelderin hat mit ihrem am 29. Mai 1998 eingegangenen Widerspruch alle geforderten zusätzlichen Gebühren entrichtet und zur Begründung geltend gemacht, "Eine Erfindung ist einheitlich, wenn das ihr zugrundeliegende Problem (Aufgabe) einheitlich ist". Und zwar werde durch die Auswahl der Farbstoffe F eine Gruppe von Erfindungen hervorgebracht, die so zusammenhingen, daß sie im Sinne von Regel 13.1 PCT eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichten. Gemäß der Beschreibung der Erfindung, insbesondere auf Seite 5, Absatz 4 bis Seite 6, Absatz 1 sowie Seite 17, Absatz 2 und 3, bestehe durch die Ausgestaltung von "F" auch der in Regel 13.2 PCT geforderte Zusammenhang in entsprechenden besonderen technischen Merkmalen. Gemäß Regel 13.4 PCT seien auch die abhängigen Ansprüche zulässig, selbst wenn die Merkmale eines abhängigen Anspruchs für sich genommen als unabhängige Erfindung gesehen werden könnten.
IV. Am 24. August 1998 hat die IRB (ISA) der Anmelderin als Ergebnis der vorherigen Überprüfung der Aufforderung zur Zahlung der zusätzlichen Recherchengebühren gemäß Regel 40.2 e) PCT mitgeteilt, daß der Einwand der Nichteinheitlichkeit aufrechterhalten werden müsse und hat die Anmelderin für die weitere Prüfung des Widerspruchs zur Zahlung einer Widerspruchsgebühr von DM 2000,- innerhalb eines Monates aufgefordert.
In der Begründung wird sinngemäß ausgeführt, daß im Einklang mit den Ausführungen der Anmelderin die bestehende Aufgabe für alle beanspruchten Lösungsalternativen zwar als einheitlich angesehen werden könne, der allen beanspruchten Alternativen gemeinsame sogenannte Farbstoffanteil "F" jedoch in der Diagnostik des Morbus Alzheimer aus der Entgegenhaltung (1) bereits bekannt sei und somit die IRB zu Recht festgestellt habe, daß der Molekülteil "F" als Farbstoffsignalmolekül in allgemeiner Form kein besonderes Merkmal im Sinne der Regel 13.2 PCT darstelle. Bei dieser Sachlage könne die vom Anmelder geltend gemachte "Ausgestaltung von F" nicht als besonderes Merkmal im Sinne der Regel 13.2 PCT angesehen werden.
V. Die Widerspruchsgebühr wurde mit dem am 7. September 1998 eingegangenen Schreiben bezahlt.
Entscheidungsgründe
1. Im Einklang mit Artikel 154 (3) EPÜ sind die Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts als zuständige höhere Behörde im Sinne von Regel 40.2 c) PCT zuständig für Entscheidungen über einen Widerspruch des Anmelders gegen eine vom Europäischen Patentamt nach Artikel 17 (3) a) des Zusammenarbeitsvertrages für die internationale Recherche festgesetzte zusätzliche Gebühr. Die Kammer hat somit die Zuständigkeit, den Widerspruch im Rahmen der voranstehend unter den Absätzen II und III aufgeführten Sachverhalte zu prüfen.
2. Der Widerspruch ist zulässig.
3. Die Kammer kann den Ausführungen der Anmelderin dahingehend zustimmen, daß es für eine Beurteilung der Einheitlichkeit der Erfindung im Rahmen von Regel 13.1 PCT - dort ausgedrückt als "eine einzige allgemeine erfinderische Idee" - erheblich ist, ob mehreren alternativen Ausführungsformen einer Erfindung, im vorliegenden Fall die Farbstoffe der sogenannten Gruppe "F", eine gemeinsame Aufgabe zugrundeliegt (vgl. W 11/89 - ABl. EPA 1993, 225 - und W 14/89, zitiert in Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 3. Auflage 1998, II.C.6.1).
Darüber hinaus kann die Kammer der Anmelderin folgen, daß nach Regel 13.2 PCT das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung als erfüllt gilt, wenn zwischen den Gruppen von Erfindungen ein technischer Zusammenhang besteht, der in "besonderen technischen Merkmalen" zum Ausdruck kommt.
Die Kammer kann aber nicht der Auffassung der Anmelderin folgen, die Ausgestaltung der Farbstoffe der Gruppe "F" begründe den für das Erfordernis der Einheitlichkeit notwendigen technischen Zusammenhang für die verschiedenen Erfindungen. Dem steht die Feststellung der IRB entgegen, daß der Stand der Technik nach der Entgegenhaltung (1) zeige, daß ein bestimmter Farbstoff, und zwar Cy3, in der Diagnostik des Morbus Alzheimer durch Bestimmung des ß-Amyloid-Proteins bereits bekannt sei.
Die Anmelderin hat in ihrem Widerspruch in keinster Weise zu dem von der IRB aufgezeigten Vergleich des in der internationalen Anmeldung beanspruchten Gegenstandes zum Stand der Technik nach der Entgegenhaltung (1) Stellung genommen und somit die Feststellung der IRB nicht in Frage gestellt.
Nach der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 1/89 (ABl. EPA 1991, 155) ist die IRB befugt, den Einwand mangelnder Einheitlichkeit in klaren Fällen auf den in der Recherche ermittelten Stand der Technik zu stützen, also zur Zahlung zusätzlicher Recherchengebühren wegen Uneinheitlichkeit a posteriori aufzufordern. Die auch für die Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes in ihren Entscheidungen verbindlichen internationalen Rechercherichtlinien zum PCT (vgl. PCT Gazette-Section IV Special Issue vom 8. Oktober 1998, Paragraph VII-9 insoweit unverändert gegenüber der vorhergehenden Fassung in PCT-Gazette vom 10. Dezember 1992) schreiben vor, daß ein Einwand mangelnder Einheitlichkeit a posteriori dann erhoben werden kann, wenn eine in der internationalen Recherche ermittelte Entgegenhaltung vermuten läßt, daß Neuheit oder erfinderische Tätigkeit mit Bezug auf einen Hauptanspruch fehlt.
Nach Auffassung der Kammer läßt die Begründung der IRB zur Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Gebühren gemäß Formblatt PCT/ISA/206 erkennen, daß die im internationalen Recherchebericht aufgeführte Entgegenhaltung (1) zu der Annahme führt, daß Neuheit oder erfinderische Tätigkeit mit Bezug auf Anspruch 1 der internationalen Anmeldung fehlt. Die Anmelderin hat dies nicht in Zweifel gezogen, sondern lediglich auf Aussagen der Beschreibung der Anmeldung zu den Vorteilen der Erfindung verwiesen, die den ermittelten Stand der Technik nicht berücksichtigen. Dagegen hat sie nichts dazu vorgetragen, in welchen gleichen oder entsprechenden besonderen technischen Merkmalen der Beitrag der verschiedenen Lösungen gerade im Hinblick auf die Entgegenhaltung (1) gesehen werden soll. Da die Kammer keine Gründe sieht, den von der IRB herangezogenen Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung (1) anzuzweifeln, kann sie zu keinem anderen Schluß gelangen, als daß die Aufforderung zur Zahlung von vier zusätzlichen Gebühren im Einklang mit Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT erfolgt ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Der Widerspruch gemäß Regel 40.2 c) PCT wird zurückgewiesen.