T 0653/95 () of 25.5.1998

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1998:T065395.19980525
Datum der Entscheidung: 25 Mai 1998
Aktenzeichen: T 0653/95
Anmeldenummer: 89115441.1
IPC-Klasse: G03C 5/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Granulierter, farbfotografischer Entwickler und seine Herstellung
Name des Anmelders: Agfa-Gevaert AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 R 27(1)(b)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Lösung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0001/80
T 0024/81
T 0248/85
T 0403/89
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 11. Juli 1995 eingegangene Beschwerde richtet sich gegen die am 28. Juni 1995 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nummer 89 115 441.1 mit der Veröffentlichungsnummer 0 358 034.

II. Die Prüfungsabteilung vertrat die Auffassung, daß im Hinblick auf die Druckschriften

(1) GB-A-2 195 783

(3) GB-A-1 474 112

(4) GB-A-6 652

die Anmeldung mit den am 3. März 1994 eingereichten Ansprüchen 1 bis 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ beruhten.

III. Die Prüfungsabteilung führte in der angefochtenen Entscheidung insbesondere aus, daß es Aufgabe der Anmeldung gewesen sei, eine Zubereitung zur Verfügung zu stellen, die alle festen Bestandteile eines gebrauchsfähigen Farbentwicklers enthalte, sich in kürzester Zeit auflöse und nicht staube. Schwarzweiß-Entwicklerzubereitungen, die alle festen Bestandteile des gebrauchsfertigen Entwicklers in Pulverform enthalten, seien aus der Druckschrift (1) bekannt, allerdings mit hoher Auflösungszeit. Dieses Problem ließe sich selbstverständlich auf Farbentwickler übertragen. Es sei außerdem aus der Druckschrift (3) bekannt, Substanzen, darunter auch photographische Chemikalien, in Granulatform bereitzustellen, da diese sich im Vergleich zur Pulverform rascher auflösten und nicht staubten. Folglich habe es für den Fachmann nahegelegen, die Bestandteile der festen Farbentwicklerzubereitung in Granulat- statt in Pulverform zu verwenden, um eine kürzere Auflösungszeit sowie bessere Staubeigenschaften zu erhalten. Nachdem bekanntermaßen die Bestandteile eines Entwicklers chemisch miteinander reagieren können und im Hinblick auf die Lehre der Druckschrift (4) sei es auch für den Fachmann naheliegend gewesen, die Bestandteile der Entwicklerzubereitung nicht gemeinsam, sondern einzeln zu granulieren. Einzeln granuliert würden Interaktionen zwischen den Bestandteilen vermieden, wodurch die bessere Lagerstabilität der Zubereitung für den Fachmann vorhersehbar gewesen sei. Die Druckschrift (3) beträfe zwar Granulate allgemein, sei aber mit der Anmeldung durch die zugrunde liegende Aufgabe verbunden und spreche auch photographische Chemikalien an.

IV. Der Beschwerdeführer (Anmelder) trug in seiner am 11. Juli 1995 eingegangenen Beschwerdebegründung vor, daß der Anmeldungsgegenstand nicht nur neu sei, sondern auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Er hob insbesondere auf die Lagerstabilität der anmeldungsgemäßen Zubereitung ab. Der Beschwerdeführer stimmte zwar der Auffassung der Prüfungsabteilung im angefochtenen Zurückweisungsbeschluß dahingehend zu, daß es bekannt gewesen sei, daß Granulate im Vergleich zu Pulvern nicht staubten und sich in kürzerer Zeit auflösten und daß die Bestandteile eines farbphotographischen Entwicklers miteinander reagieren könnten und folglich nicht lagerstabil seien, widersprach aber der Auffassung der Prüfungsabteilung, die anmeldungsgemäß nicht auftretende chemische Interaktion der Bestandteile sei vorhersehbar.

Auch der Hinweis der Prüfungsabteilung auf die Druckschrift (4) gehe fehl. Dort würden die einzelnen Bestandteile eines Entwicklers zwar getrennt granuliert, dann aber in der Weise zu Tabletten gepreßt, daß die miteinander reagierende Alkali- und Entwicklerschicht durch eine mit beiden nicht reagierende Sulfitschicht getrennt würden. Die Lehre, Alkali und Schwarzweiß-Entwicklersubstanz bis zum Gebrauch getrennt zu halten, träfe auch für die Farbentwicklersubstanz zu, die nur im sauren, nicht aber im alkalischen Milieu des Entwicklerbades stabil sei. Sie hätte im Gegenteil den Fachmann davon abgehalten, die Granulate der einzelnen Bestandteile miteinander zu mischen, da dann Alkali und Entwicklersubstanz in Berührung kämen.

V. Die Kammer hat darüber hinaus die Druckschrift

(2) US-A-3 981 732

berücksichtigt, die im Prüfungsverfahren zitiert wurde.

Der Beschwerdeführer reichte die Druckschriften

(6) "Agfacolor Process AP 92, Manual for the photo processing laboratory", Seiten B/1 - B/3 (Januar 1983),

(7) "Agfacolor Selbst Verarbeitet, Der Negativ/Positiv-Prozeß", Seiten 10, 11, 36, 37 (1972),

ein, die den auf Seite 1, Absatz 2 - Seite 2, Absatz 2 der Beschreibung wiedergegebenen Stand der Technik druckschriftlich belegen sollen.

VI. Mit Schriftsatz eingegangen am 23. April 1998 reichte der Beschwerdeführer einen geänderten Anspruchssatz mit den Ansprüchen 1 bis 4 ein, die sich von denen der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden ausschließlich durch einen Rückbezug des Verfahrensanspruchs 4 auf den Stoffanspruch 1 unterscheiden. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 lauten:

"1. Granulatmischung enthaltend wenigstens drei unterschiedliche Granulate von festen Bestandteilen eines farbfotografischen Entwicklers, wobei ein Granulat das Oxidationsschutzmittel, ein Granulat die Entwicklersubstanz und ein Granulat den Alkalispender enthält und der mittlere Teilchendurchmesser der einzelnen Granulate mindestens 150 µm beträgt."

"4. Verfahren zur Herstellung einer Granulatmischung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man das Oxidationsschutzmittel, die Entwicklersubstanz und den Alkalispender eines farbfotografischen Entwicklers getrennt auf eine Teilchengröße <10 µm mahlt, anschließend gegebenenfalls unter Zusatz einer Granulierflüssigkeit und eines Bindemittels einer Pulveragglomeration unterwirft und im Vakuum trocknet, die einzelnen Granulate mischt und wasserdampfdicht verpackt."

VII. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf die Streitanmeldung auf Grundlage der am 23. April 1998 eingegangenen Ansprüchen 1 bis 4 zu erteilen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

Der geltende Anspruch 1 findet seine Stütze im ursprünglichen Anspruch 1 und, soweit es das Merkmal des mittleren Teilchendurchmessers der einzelnen Granulate von mindestens 150 µm betrifft, im ursprünglichen Anspruch 2. Die abhängigen Ansprüche 2 und 3 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 3 und 4. Der geltende Anspruch 4 basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 5 und der ursprünglichen Beschreibung Seite 1, Zeilen 17 und 18.

Die gelten Ansprüche genügen daher den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.

3. Neuheit

Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß die Granulatmischungen gemäß Anspruch 1 und das Verfahren zu ihrer Herstellung gemäß Anspruch 4 in den entgegengehaltenen Druckschriften nicht beschrieben und somit neu sind. Da deren Neuheit in der angefochtenen Entscheidung anerkannt wurde, erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.

4. Erfinderische Tätigkeit

Es verbleibt daher zu prüfen, ob der Anmeldungsgegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Gemäß Artikel 56 EPÜ beruht eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Für die Beantwortung dieser Frage ist es nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern erforderlich, den nächstliegenden Stand der Technik festzustellen, demgegenüber die Aufgabe zu ermitteln, die erfindungsgemäß aus objektiver Sicht gestellt und gelöst wird, und die Frage des Naheliegens der anmeldungsgemäßen Lösung dieser Aufgabe für den Fachmann angesichts des Standes der Technik zu klären (siehe u. a. T 1/80, ABl. EPA 1981, 206, Punkte 3, 6, 8, 11 der Entscheidungsgründe; T 24/81, ABl. EPA 1983, 133, Punkt 4 der Entscheidungsgründe; T 248/85, ABl. EPA 1986, 262, Punkt 9.1 der Entscheidungsgründe).

4.1. Als erstes ist somit der offenbarte nächstliegende Stand der Technik zu ermitteln.

4.1.1. Die Anmeldung betrifft einen festen farbphotographischen Entwickler, der ein Oxydationsschutzmittel, eine Entwicklersubstanz und einen Alkalispender enthält. Feste farbphotographische Entwickler werden in der Beschreibung auf Seite 1 Absatz 2 als zum Stand der Technik gehörend angegeben. Sie umfassen die eigentliche Entwicklersubstanz, das Oxydationsschutzmittel und den Alkalispender (Beschreibung Seite 1, Zeilen 21 - 24). Sie sind als Pulver konfektioniert und werden erst unmittelbar vor der Benutzung gemischt (Beschreibung Seite 1, Zeilen 27 und 28). Diese Offenbarung ist zum Anmeldungsgegenstand nächstliegend, da sie einerseits dieselbe Anwendungsrichtung, nämlich Entwickler in der Farbphotographie, und andererseits den gleichen Aggregatzustand, nämlich fest, betrifft.

4.1.2. Aus diesen Gründen scheiden auch die in der Beschreibung auf Seite 1 Zeile 28 - Seite 2 Zeile 7 als zum Stand der Technik gehörend angegebenen und mit (6) druckschriftlich belegten Flüssigkonzentrate als nächstliegend aus, da sie einen anderen Aggregatzustand als der Anmeldungsgegenstand, nämlich flüssig, darstellen. Im Ergebnis gilt gleiches auch für die Druckschrift (1), die in der angefochtenen Entscheidung augenscheinlich als nächstkommend angesehen wurde. Diese Druckschrift betrifft gemäß Punkt 3.2 der Gründe für die Zurückweisung und gemäß Beschreibung Seite 2, letzter Absatz, in dem deren Familienmitglied DE-A-3 733 861 gewürdigt wird, Schwarzweiß- und nicht Farbentwickler und damit eine zwar benachbarte, aber dennoch nicht dieselbe Anwendungsrichtung.

4.1.3. Der in der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung angeführte Stand der Technik ist zwar nächstliegend, aber im Gegensatz zu Regel 27 (1) b) EPÜ ist die entsprechende Druckschrift weder angegeben, noch überhaupt die Fundstelle näher bezeichnet worden. Die Beschwerdekammern haben in mehreren Entscheidungen bereits festgehalten, daß bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nach dem "Aufgabe-Lösungs-Ansatz" nur von einem im Sinne von Artikel 54 (2) EPÜ tatsächlich existierendem und nicht von einem hypothetischen Stand der Technik auszugehen ist, anderenfalls es an der Objektivität der Beurteilung fehlt (T 248/85, ABl. EPA 1986, 261, Punkt 9.2 der Entscheidungsgründe; T 403/89, Punkt 4 der Entscheidungsgründe (letztere nicht veröffentlicht im ABl. EPA)).

Der Beschwerdeführer hat nunmehr im Beschwerdeverfahren den in der Beschreibung angeführten Stand der Technik druckschriftlich belegt. So geht aus der Druckschrift (7), Seite 11, drittletzter Absatz und Seite 36, viertletzter Absatz sowie aus der Abbildung 2 auf Seite 10 hervor, daß die festen Bestandteile des farbphotographischen Filmentwicklers einzeln abgepackt sind. Bis zum bestimmungsgemäßen Gebrauch werden sie getrennt gehalten und erst unmittelbar vor der Benutzung gemischt. Die Bestandteile der beiden differenziert offenbarten farbphotographischen Filmentwickler sind NPS I-A 1, NPS I-A 2 und NPS I-B sowie PA I/60-A 1, -A 2 und Pa I/60-B. Bei den NPS-Bestandteilen handelt es sich gemäß Angaben des Beschwerdeführers, der auch gleichzeitig Hersteller dieser farbphotographischen Handelsprodukte und Herausgeber der Druckschrift (7) ist, um das Oxydationsschutzmittel Hydroxylaminsulfat, um die eigentliche Entwicklersubstanz, ein p-Phenylendiaminderivat, und um den Alkalispender. Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin ist an der Verpackung in Abbildung 2 der Druckschrift (7) zu sehen, daß diese Bestandteile als Pulver konfektioniert waren (Schriftsatz vom 22. April 1998, Seite 2 Absatz 1 und vom 27. April 1998 vorletzter Absatz).

Nachdem der in der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung angeführte nächstliegende Stand der Technik (siehe Punkt 4.1.1) tatsächlich in Form der Druckschrift (7) existent ist, wird dieser als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen.

4.2. Ausgehend von diesem Stand der Technik ist der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung die Aufgabe zu entnehmen, eine feste Zubereitung bereitzustellen, die

(a) alle Bestandteile des gebrauchsfertigen farbphotographischen Entwicklers enthält (Seite 2, Zeilen 15 - 17),

(b) sich in kürzester Zeit auflöst (Seite 2, Zeilen 19, 20),

(c) nicht staubt und rieselfähig ist (Seite 2, Zeile 22 und Seite 3 Zeile 29) und

(d) eine unbegrenzte Haltbarkeit aufweist, d. h. lagerstabil ist (Seite 3, Zeile 28 und Seite 10, Zeile 12).

Die gleichzeitig zu lösenden Teilaufgaben (a) - (d) betreffen jeweils eigenständige, nicht miteinander verbundene Eigenschaften.

Im anmeldungsgemäßen Beispiel (Beschreibung Seite 6 ff)

(a) wird ein alle festen Bestandteile enthaltender gebrauchsfertiger farbphotographischer Entwickler hergestellt;

(b) dieser löst sich in kurzer Zeit auf (Seite 9, Zeilen 25 - 30);

(c) er ist rieselfähig und nicht staubend (Seite 9, Zeilen 20, 21);

(d) er ist verpackt unbegrenzt haltbar und somit lagerstabil (Seite 10, Zeilen 12 - 16).

Die anmeldungsgemäße Aufgabe ist damit erfolgreich gelöst.

4.3. Zur Lösung der oben genannten Aufgabe werden Granulatmischungen aus den jeweiligen Granulaten von farbphotographischer Entwicklersubstanz, Oxydationsschutzmittel und Alkalispender mit einem mittleren Teilchendurchmesser der einzelnen Granulate von mindestens 150 µm gemäß geltendem Anspruch 1 vorgeschlagen.

4.4. Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die genannte Aufgabe durch die Bereitstellung der beanspruchten Granulatmischungen zu lösen.

4.4.1. Von den im Verfahren angezogenen Druckschriften betrifft einzig (2) farbphotographische Filmentwickler. Die farbphotographische Entwicklersubstanz als solche wird einzeln granuliert (Anspruch 1; Spalte 1 Zeile 11). Hierdurch wird die Löslichkeit der Entwicklersubstanz erhöht und die Staubbildung reduziert (Spalte 2, Zeilen 59 und 63; Beispiele). Die Lagerstabilität wird nicht angesprochen.

Daher vermag die Druckschrift (2) dem Fachmann eine Anregung lediglich zur Lösung der anmeldungsgemäßen Teilaufgaben (b) und (c), jedoch nicht zur Lösung der Teilaufgaben (a) und (d) zu geben.

Da in der Druckschrift (2) allein die Entwicklersubstanz offenbart wird, ist die anmeldungsgemäße Mischung, die alle Bestandteile eines gebrauchsfertigen farbphotographischen Entwicklers, d. h. Entwicklersubstanz, Oxydationsschutzmittel und Alkalispender, enthält, auch aus diesem Grunde nicht nahegelegt.

4.4.2. Die Druckschrift (3) betrifft ein allgemeines Granulationsverfahren, wobei in Anspruch 13 inter alia unbestimmte photographische Chemikalien erwähnt werden. Durch die Granulation wird die Löslichkeit erhöht und die Staubbildung reduziert (Seite 1, Zeilen 5 und 6; Seite 4, Zeilen 44 - 48). Folglich spricht die Druckschrift (3) nur die anmeldungsgemäße Teilaufgaben (b) und (c), nicht aber die Teilaufgaben (a) und (d) an; diese Druckschrift kann somit auch keine Anregung zur Lösung der letzteren geben.

4.4.3. In der Druckschrift (1) werden zwei pulverförmige Bestandteile eines Schwarzweiß-Entwicklers zu einer Pulvermischung vermischt, wobei die einzelnen Pulver eine mittlere Korngröße von unter 100 µm aufweisen (Anspruch 20). Die anmeldungsgemäße Lösung besteht hingegen nicht in der Bereitstellung einer Pulvermischung, sondern einer Granulatmischung mit einem mittleren Teilchendurchmesser der einzelnen Granulate von mindestens 150 µm. Die Druckschrift (1) kann somit die anmeldungsgemäße Lösung nicht nahelegen.

4.4.4. In der Druckschrift (4) werden die einzelnen Bestandteile eines Schwarzweiß-Entwicklers zwar getrennt granuliert, dann aber derart zu einer schichtförmigen Kapsel gepreßt, daß die Schicht aus Alkalispender und die Schicht aus Entwicklersubstanz durch eine Zwischenschicht aus Sulfit voneinander getrennt sind (Seite 1, Zeilen 19 - 30). Diese räumliche Trennung von Entwicklersubstanz und Alkalispender ist gemäß der Lehre der Druckschrift (4) notwendig, da diese beiden Bestandteile sonst vor ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch miteinander reagieren würden (Seite 1, Zeilen 7, 23, 24). Die vorzeitig miteinander reagierenden Bestandteile räumlich zu trennen, um diese Reaktion zu unterbinden, weist von der anmeldungsgemäßen Lösung weg, die Granulate der einzelnen Bestandteile miteinander zu mischen.

4.4.5. Zusammenfassend ist festzustellen, daß der im Verfahren befindliche Stand der Technik keine Anregung enthält, die beanspruchten Granulatmischungen zur Lösung der oben genannten objektiven Aufgabe anzustreben.

4.5. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung dem Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt wurde und damit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 52 (1) und 56 EPÜ beruht.

Die abhängigen Ansprüche 2 und 3 betreffen weitere Ausgestaltungen der Granulatmischungen gemäß Anspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen. Der unabhängigen Anspruch 4, der ein Verfahren zur Herstellung der Granulatmischungen nach Anspruch 1 betrifft, beinhaltet die erfinderische Idee des Anspruchs 1 und wird daher von dessen Patentfähigkeit mitgetragen.

5. Daher ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent auf Grundlage der am 23. April eingegengenen Ansprüche 1 - 4 zu erteilen ist. Allerdings ist die Beschreibung diesen geänderten Ansprüchen bisher nicht angepaßt (Artikel 84 EPÜ). Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer nunmehr die Fundstellen des in der Beschreibung angeführten nächstliegenden Standes der Technik identifiziert. Die Angabe dieser Fundstellen in der Beschreibung fehlt bisher (Regel 27 (1) b) EPÜ). Unter diesen Umständen verweist die Kammer in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 111 (1) EPÜ die Angelegenheit zur Durchführung der erforderlichen Änderungen in der Beschreibung an die erste Instanz zurück.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit den am 23. April 1998 eingegangenen Ansprüchen 1 bis 4 und einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen.

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