European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1983:T006282.19830623 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 23 Juni 1983 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0062/82 | ||||||||
Anmeldenummer: | 78200119.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Querstromlüfter | ||||||||
Name des Anmelders: | Int.Stand. Electric Corp. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit inventive step |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die am 27. Juli 1978 unter Beanspruchung der Priorität der Voranmeldung in Deutschland vom 10. August 1977 angemeldete, unter der Nummer 0 001 129 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 70 200 119.2 wurde von der Prüfungsabteilung 115 mit der Entscheidung vom 29. September 1981 zurückgewiesen. Der Entscheidung lag die am 13. August 1980 eingegangene Fassung der Patentansprüche 1 bis 11 zugrunde.
II. In der Entscheidung führt die Prüfungsabteilung aus, daß der Gegenstand des Patentanspruches 1 und der Ansprüche 2 bis 11 weder für sich, noch in Verbindung miteinander, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Zur Begründung bezüglich der Ansprüche 1 und 2 verweist sie auf die Veröffentlichung US-A-3 255 957 und auf die Zeitschrift "Machine Design" vom 13. Juli 1972, Seiten 119 und 121, und bezüglich der Ansprüche 3-11 zusätzlich auf die FR-A-2 200 033, DE-A-2 155 443 und DE-A-2 447 389.
III. Gegen die Entscheidung vom 29. September 1981 erhob die Beschwerdeführerin unter Entrichtung der Beschwerdegebühr am 26. November 1981 Beschwerde und begründete diese mit einem fristgerecht eingegangenen Schriftsatz. Sie meint, der Fachmann könne dem Stand der Technik keine Einweise entnehmen, entsprechend der Erfindung zu verfahren, insbesondere seien bisher keine Querstromlüfter für den Einsatz in einer Atmosphäre mit hoher Temperatur zur Förderung heißer Gase mit Temperaturen von 80°C und mehr bekannt geworden, und zudem sei ein aus reinem "Teflon" bestehendes Gegenlager nicht brauchbar. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein europäisches Patent zu erteilen.
IV. Mit den Bescheiden vom 25. Juni 1982 und 22. März 1983 ist der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, aus welchen Gründen eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nicht möglich erscheine, worauf diese mit Schriftsatz vom 25. April 1983 drei neue Sätze Ansprüche mit drei je eine neue Einleitung aufweisenden Beschreibungen als Haupt- und Hilfsanträge I und II vorlegte. Der neu gefaßte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
1. Verwendung eines an sich bekannten, aus einem bei hohen Temperaturen formstabilem und reibverschleißfestem Kunststoff spritzgegossenem Gleitlagers als Gegenlager der Lüfterwalze eines Querstromlüfters für den Einsatz in einer Atmosphäre mit hoher Temperatur.
Betreffend die auf ein Gegenlager aus geeigneten Kunststoffen und besondere Ausführungsformen des Gegenlagers gerichteten, auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11, wird auf die Akte verwiesen.
Gemäß Hilfsantrag I soll der Erteilung des Patentes folgender Patentanspruch 1 zugrunde gelegt werden:
1. Gegenlager für die Lüfterwalze eines Querstromlüfters aus einem reibverschleißfesten Kunststoff, dadurch gekennzeichnet, daß das Gegenlager aus Poyamid 6.6 besteht.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II lautet wie folgt:
1. Gegenlager für die Lüfterwalze eines Querstromlüfters aus einem reibverschleißfesten Kunststoff, dadurch gekennzeichnet, daß es aus einer rotationssymmetrischen becherförmigen Lagerkappe (5) und einer rotationssymetrischen topfförmigen Lagerbuchse (6) mit zentraler Axialbohrung besteht, welche ineinandergesteckt kraft- und/oder formschlüssig miteinander verbunden sind und aus einem spritzgießförmigen Kunststoff bestehen.
Die Beschwerdeführerin beantragt nunmehr, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent mit den Unterlagen gemäß Hauptantrag oder einem der Hilfsanträge sowie der ursprünglichen Zeichnung zu erteilen.
V. Am 23. Juni 1983 hat eine auf Antrag der Beschwerdeführerin anberaumte mündliche Verhandlung stattgefunden.
VI. Wegen des Wortlautes der ursprünglichen Patentansprüche und Beschreibung wird auf die Veröffentlichung Nr. 0 001 129 verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Die Prüfung der am 27. April 1983 eingegangenen Patentansprüche ergibt, daß diese durch den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen hinreichend gestützt und die Änderungen zulässig sind. Sie genügen somit den Erfordernissen der Art. 84 und 123 (2) EPÜ und sind daher insoweit nicht zu beanstanden.
3. Mit der in Anspruch 1 nach dem Hauptantrag angegebenen Verwendung eines an sich bekannten Kunststoff-Gleitlagers als Gegenlager in einem Querstromlüfter soll die Aufgabe gelöst werden, ein in engen Toleranzen herstellbares Gegenlager zu schaffen, das bei höheren Umgebungstemperaturen als 80°C gute Formstabilität und Reibungsverschleißfestigkeit besitzt, im Geraüschverhalten einem Sinter-Metall-Gleitlager nicht nachsteht und eine deutlich höhere Lebensdauer als dieses gewährleistet.
4. Von den Druckschriften, auf die sich die angefochtene Entscheidung stützt, befaßt sich nur die US-A- 3 255 957 mit einem Querstromlüfter, dessen Lüfterwalze ein Gegenlager in Form eines Gleitlagers aus einem Kunststoff besitzt. Ein Hinweis zu dessen Verwendung in einer Atmosphäre hoher Temperatur fehlt ebenso wie ein solcher auf die Spritzgießbarkeit des Kunststofflagers.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu (Art. 54 EPÜ).
5. Daher ist noch zu prüfen, ob die Verwendung eines Kunststofflagers gemäß Anspruch 1 sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
5.1 In einer Ausführungsform des Querstromlüfters für ein Raumheizgerät nach der US-A- 3 255 957 als nächstliegendem Stand der Technik ist die Verwendung einer, aus reibungsverschleißfestem Kunststoff ("Teflon") gefertigten Gegenlagerbüchse für einen Lüfterläufer bekannt geworden. "Teflon" ist das Warenzeichen für Tetrafluoräthylen, das wegen seines äußerst geringen Reibungswiderstandes als besonders geeigneter Ersatz für metallische Lagerbüchsen erwähnt ist.
Da der bekannte Lüfterläufer zur Beaufschlagung eines nachgeschalteten Heizers mit Kaltluft dient, braucht ein derartiges Kunststofflager lediglich den Anforderungen hinsichtlich der verlangten Reibungseigenschaften und hohen Laufruhe zu genügen.
5.2 Die erfindungsgemäße Aufgabe, den Querstromlüfter u.a. in einer Umgebungstemperatur von über 80°C einsatzfähig zu machen, wird nun durch die Merkmale des Anspruches 1 gelöst, indem ein an sich bekanntes spritzgegossenes, bei hohen Temperaturen formstabiles und reibungsverschleißfestes Kunststoffgleitlager als Gegenlager des Läufers verwendet wird.
5.3 Nachdem die Verwendung von Kunststoffgegenlagern in Querstromlüftern zur Förderung von Raumtemperatur aufweisender Luft bereits bekannt ist, andererseits aber gemäß der Beschreibungseinleitung derartige Lüfter mit Sintermetall-Kapillar-Lagern bei Hochtemperatur-Einsatz in den letzten Jahren vor dem Prioritätsdatum oft nicht zu befriedigen vermochten; ist von der Beschwerdeführerin weder ein Bedürfnis nach einem Gegengleitlager aus Kunststoff, noch ein solches nach einem hochtemperatureinsatzfähigen Gleitlager aufgedeckt worden.
Die Stellung einer derartigen Aufgabe war für den Fachmann auch keineswegs abwegig, sondern durchaus im Rahmen der üblichen Tätigkeit den Einsatzbereich eines Gerätes zu erweitern, nachdem die Nachteile der bisher verwendeten Lager im Hochtemperatureinsatz erkannt waren. Das Erfinderische kann somit nicht in der Aufgabenstellung zu sehen sein.
5.4 Bei hohen Temperaturen, d.h. im vorliegenden Fall bei solchen über 80°C, formstabile und reibungsverschließfeste sowie spritzgegossenen Gleitlager aus Kunststoffen, sind u.a. aus der Zeitschrift "Machine Design", 13. Juli 1972 Seiten 119-122, bekannt geworden, so daß in der geltenden Anspruchsfassung derartige Lager zu Recht als bekannt vorausgesetzt und diese zutreffend nur mehr auf die Verwendung für den näher bezeichneten Zweck gerichtet ist.
5.5 Die unter 5.2 genannte Aufgabe gibt jedoch dem Querstromgebläsebauer den Hin weis, ausgehend von der US-A- 3 255 957, die Lösung auf dem Gebiet der hochtemperaturbeständigen Lager zu suchen, so daß der hier maßgebende Fachmann der zur Lösung dieser Aufgabe berufene Fachmann ist. Daher sind das Können und allgemeine Fachwissen des Lagerfachmannes bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zugrunde zu legen.
Diesem Fachmann ist es geläufig, anstelle der herkömmlichen Sintermetall-Kapillar-Lager an sich bekannte Kunststofflager insbesondere dann zu verwenden, wenn die genannten gebräuchlichen Lager bei hohen Einsatztemperaturen nicht mehr zu befriedigen vermögen. In diesem Fall zieht der Fachmann ein für einen Einsatz über 80°C geeignetes, wie z.B. im "Machine Design'' offenbartes Lager in Betracht, das neben dem geringen Reibungsverschleiß auch formstabil und spritzgießbar ist. Ein derartiges Vorgehen liegt durchaus im Rahmen des fachmännischen Könnens, nachdem durch den genannten Stand der Technik der Weg gewiesen wurde, einerseits das fremdgeschmierte Metall-Gegenlager zu verlassen und sich nach geeigneten Kunststofflagern umzusehen. Auch tritt bei der Verwendung eines derartigen Lagers in einem Querstromlüfter in keiner Weise ein überraschender Effekt ein, erbringt doch das Kunststofflager lediglich die aufgrund seiner Eigenschaften von vornherein zu erwartenden Wirkungen.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der in der US-A-3 255 957 erwähnte ''Teflon''-Kunststoff tatsächlich nicht spritzgießbar ist, oder ob es sich um einen ebenfalls unter diesem Warenzeichen vertriebenen spritzgießbaren Copolymer handelt. Zudem trägt dieses Merkmal nicht zur Lösung der gestellten Aufgabe bei, da hierdurch nicht die Herstellbarkeit in engen Toleranzen gefördert wird - das Gegenteil ist nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung der Fall - , sondern es dient, wie der Fachmann weiß (siehe z.B. "Machine Design" 13. Juli 1972, Seite 121, Kol. 2, oben), zufolge Wegfalls der Notwendigkeit jeder Nachbearbeitung voraussehbar lediglich der Verbilligung, d.h. ein unerwartetes Ergebnis vermag auch dieses Merkmal nicht zu erbringen.
Für den Fachmann lag es daher nahe, auf die Verwendung von an sich bekannten Kunststofflagern als Gegenlager für Querstromgebläse für Hochtemperatureinsatz vorzuschlagen.
5.6 Die Überwindung von technischen Vorurteilen setzt voraus, daß die gemachten Vorschläge in den beteiligten Fachkreisen allgemein als nicht durchführbar galten. Dies muß in vorliegendem Fall im Hinblick auf die nicht belegte Ablehnung der Werkstoffachleute und die Darlegungen in der Zeitschrift "Machine Design'' jedoch verneint werden. Haushaltsgeräte- oder Wärmespeicherofenhersteller, die sich gegen die Neuerung ausgesprochen haben, sind als auf dem Kunststofflagergebiet nicht sachverständig zu betrachten, so daß deren Bedenken schon aus diesem Grund nicht als Vorurteile der Fachwelt zu werten sind. Da zudem die ablehnende Haltung dieser Abnehmerkreise mangels Fachwissen auf dem Spezialgebiet. der Kunststofflager nicht technisch zu begründen ist, ist nicht auszuschließen, daß sie von der allgemein diesen Kreisen eigenen geringen Risikofreudigkeit bei der Einführung neuer Zulieferteile in deren Produkte herrührt.
Es bestand ferner auch kein über einen langen Zeitraum unbefriedigtes Bedürfnis, da erst in den letzten Jahren vor der Anmeldung die Anforderungen an Querstromlüfter bezüglich Einsatztemperatur gestiegen sind.
5.7 Aus den vorstehenden Gründen kommt dem Gegenstand von Anspruch 1 die gemäß Art. 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ vorgeschriebene erfinderische Tätigkeit nicht zu. Der Patentanspruch 1 ist deshalb nicht gewährbar.
5.8 Nachdem der unabhängige Anspruch 1 als nicht gewährbar erkannt wird, ist die Anmeldung gemäß Hauptantrag ''in toto" nicht gewährbar, so daß sich eine weitere Prüfung der übrigen Ansprüche 2-11 erübrigt.
6. Im auf ein Gegenlager für eine Lüfterwalze eines Querstromgebläses gerichteten Patentanspruch 1 des Hilfsantrages I hat die Beschwerdeführerin im Oberbegriff als Lagermaterial einen aus der US-A-3 255 957 bekannt gewordenen reibungsverschleißfesten Kunststoff aufgeführt, und beansprucht im Kennzeichen das aus dieser Vorveröffentlichung nicht entnehmbare Gegenlagermaterial Polyamid 6.6. Da nun einerseits aus der US-A-3 255 957 Kunststofflager als Gegenlager bereits offenbart sind, anderseits Lager aus dem Polyamid 6.6 entsprechenden Nylon 6.6 aus "Machine-Design", 23. Januar 1975, Seite 116, für den Einsatz bei Temperaturen über 90°C angegeben sind und lediglich das mit diesem Material zu erwartende Resultat sich einstellt, muß dessen Wahl als nahegelegt betrachtet werden. Auch der von der Beschwerdeführerin vorgelegte nachveröffentlichte Prospekt "Kunststoffgleitlager" der Fa. Deutsche Star Kugelbalter AG, Schweinfurt, enthält keine dies in Frage stellende Gesichtspunkte, denn er belegt lediglich den größeren Verschleiß und die reduzierte Lebensdauer bei 80°C übersteigender Lagertemperatur, denen auch das beanspruchte Polyamid 6.6 unterliegt. Zudem sind im Anspruch 1 auch keine Merkmale angeführt, die dem Polyamid 6.6 Lagereigenschaften vermitteln könnten, um es für den Hochtemperatureinsatz geeigneter zu machen, so daß die in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Auffassung gemachten Ausführungen, wonach weitere Maßnahmen konstruktiver Art hierzu Hilfestellung leisten sollen, nicht zu einer anderen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit führen können.
7. Der Oberbegriff des gleichfalls auf den ein Gegenlager für die Lüfterwalze eine Querstromgebläses aus einem reibungsverschleißfesten Kunststoff gerichteten Anspruch 1 des Hilfsantrages II geht von der US-A-3 255 957 als dem Stand der Technik aus, dessen Merkmale in Verbindung miteinander nicht mehr neu sind.
Da andererseits auch bereits aus der DE-A-2 155 443 die Merkmale des Kennzeichens bekannt sind, nämlich eine topfförmige Büchse mit zentraler Achsialbohrung und eine in dieser formschlüssig einsteckbare, becherförmige, rotationssymetrische Lagerkappe aus spritzgießförmigem Kunststoff vorzusehen, schließt sich die Kammer der im Bescheid der Prüfungsabteilung zum Ausdruck gebrachten, bis anhin unwidersprochenen Auffassung an, wonach die Anwendung eines Lagers gemäß dem Kennzeichen in einem Querstromlüfter nach der aus der US-A-3 255 957 bekannten Art, ohne weiteres im Rahmen des von einem Fachmann voraussetzbaren Könnens liegt und somit naheliegend ist.
8. Aus den vorstehend genannten Gründen beruhen die Gegenstände der Ansprüche 1 gemäß Hilfsanträge I und II nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ). Diese Ansprüche können deshalb auch nicht gewährt werden (Art. 52 (1) EPÜ).
9. Die Ansprüche 2 - 10 und 2 - 6 der entsprechenden Hilfsanträge I und II sind auf die entsprechenden nicht gewährbaren Patentansprüche 1 dieser Anträge rückbezogen und teilen deshalb deren Rechtsschicksal.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.