European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1982:T000781.19821214 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 Dezember 1982 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0007/81 | ||||||||
Anmeldenummer: | 78100161.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | A | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | Ciba-Geigy | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.01 | ||||||||
Leitsatz: | Der Umfang der Beschwerde i.S.v. Regel 64(b) EPÜ ist ausreichend angegeben, wenn durch die angefochtene Entscheidung eine europäische Patentanmeldung zurückgewiesen worden ist und in der Beschwerdeschrift zum Ausdruck kommt, daß hiergegen schlechthin Beschwerde erhoben wird. In einem solchen Fall kann zunächst davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer in der Sache denjenigen Antrag aufrechterhält, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde lag. | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Beschwerde - Angabe ihres Umfangs | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
Sachverhalt und Anträge
I. Die am 15. Juni 1978 eingegangene und am 24. Januar 1979 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 78 100 161.5 (Veröffentlichungsnummer 0 000 331), für welche die Priorität der schweizerischen Voranmeldung vom 23. Juni 1977 in Anspruch genommen wird, wurdedurch Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts vom 21. Oktober 1980 zurückgewiesen.
Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Anmeldungsgegenstand im beanspruchten Umfang - d.h. der am 5. Dezember 1979 eingegangene Hauptanspruch betreffend ein Verfahren zum Massefärben von linearen Polyamiden gekennzeichnet durch die Verwendung von Salzen aus 1 : 2 Chromkomplexen von Monoazofarbstoffen und gewissen speziellen Aminen mit 1-18 C-Atomen wie auch dessen Unteransprüche - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Ein Verfahren, das bis auf die verwendeten Aminkomponenten mit dem anspruchsgemäßen Verfahren übereinstimmt, sei bereits in GB-A- 1 264 191 beschrieben, wobei die im Hauptanspruch genannten "speziellen Amine" nicht als erfinderische Auswahl aus den organischen Basen des Standes der Technik angesehen werden könnten, da die "speziellen Amine" gerade die gängigsten "organischen Basen" umfaßt hätten und der Fachmann aus FR-A- 2 032 391 gewußt habe, daß anspruchsgemäße Farbstoffe mit den "speziellen Aminen" zum Färben von Polyamiden bis zu Temperaturen von 200°C geeignet seien. Daher sei es für ihn naheliegend, in erster Linie als "organische Basen" die bekannten "speziellen Amine" einzusetzen, insbesondere da diese auch leicht zugänglich und allgemein handelsüblich seien.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin mit einem am 28. November 1980 eingegangenen Schriftsatz unter Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde erhoben. In der Beschwerdeschrift ist die Nummer der europäischen Patentanmeldung 78 100 161.5 angegeben und ausgeführt, daß Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluß vom 21. Oktober 1980 eingelegt werde. Weitere Angaben darüber, in welchem Umfang eine Änderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung begehrt wird, wurden innerhalb der Beschwerdefrist nicht gemacht.
III. Nachdem die Kammer mit Schriftsätzen vom 24. September 1981 und - nach Erwiderung der Beschwerführerin am 22. Januar 1982 - vom 4. Juni 1982 Beanstandungen vorbrachte, die der Erteilung eines Patents im Wege standen, hat die Beschwerdeführerin am 26. August 1982 eine Neufassung der Anmeldung vorgelegt. Nachdem einige am 26. Oktober 1982 telefonisch vereinbarte Änderungen in den Unterlagen vorgenommen wurden, hat der endgültige Hauptanspruch folgenden Wortlaut:
1. Verfahren zum Färben linearer Polyamide mit Farbstoffsalzen von 1 : 2 Chromkomplexen von Monoazofarbstoffen durch Vermischen von Polyamidteilchen mit dem Farbstoff in Abwesenheit von Wasser, Entfernung von allfällig vorhandenem Lösungsmittel, Erhitzen der farbstoffhaltigen Polyamidteilchen zum Schmelzen und Verformen der Schmelze zu Fasern, dadurch gekennzeichnet, daß man Salze der Formel
FORMEL
verwendet, worin
R1 eine Alkyl- bzw. Alkylengruppe mit 1-18 C-Atomen, eine Cycloalkyl- oder Cyclalkylengruppe mit 5-6 C-Atomen,
R3 n H-Atom, eine Alkyl- bzw. Alkylengruppe mit 1-18 C-Atomen oder eine Cycloalkylgruppe mit 5-6 C-Atomen,
R2, R4, R6 und R7 Wasserstoffatome, Alkylgruppen mit 1 bis 18 Kohlenstoffatomen oder Cycloalkylgruppen mit 5 bis 6 Kohlenstoffatomen,
P und q = 0 oder 1, wobei q = 0 ist, wenn R3 für ein Wasserstoffatom steht, t = p + q + 1
m und t = 1 bis 3,
r = m-1 und n = m : t bedeuten
X eine an die Farbstoffkomponente, aber nicht an Cr gebundene -COO - oder eine -SO3 - Gruppe
X1 und X2 H-Atome, Alkyl, Alkoxy- oder Alkylsulfonylgruppen mit 1-6 C-Atomen, Alkanoylaminogruppen mit 2-6 C-Atomen oder Gruppen der Formel
SO2NNR' bedeuten, worin R ein H-Atom, eine Alkylgruppe mit 1-6 C-Atomen, eine Hydroxyalkylgruppe mit 2-6 C-Atomen, eine Alkoxyalkylgruppe mit 3-8 C-Atomen oder einen gegebenenfalls durch Halogenatome, Alkylgruppen mit 1-4 C-Atomen substituierten Phenylrest, R' ein H-Atom, eine alkylgruppe mit 1-6 C-Atomen oder eine Hydroxyalkylgruppe mit 2-6 C-Atomen,
Y1 und Y2 H-oder Halogenatome oder Alkylgruppen mit 1-6 C-Atomen bedeuten und worin
X1 und Y1 oder
X2 und Y2 zusammen einen ankondensierten Benzolring bilden,
Z und Z1 ein O-Atom oder ein -COO-Gruppe bedeuten, und worin die Reste
FORMEL
bedeuten, wobei
Q eine Methyl- oder Carbamoylgruppe oder eine Alcoxycarbonylgruppe mit 2-6 Atomen,
W1 ein H- oder Halogenatom, eine Methyl- oder Sulfamoylgruppe,
W2 ein H- oder Halogenatom und
W3 ein H-Atom, eine Alkanoylaminogruppe mit 2-6 C-Atomen sind.
Dieser Patentanspruch unterscheidet sich grundsätzlich dadurch von dem zur Zeit der Beschwerdeerhebung gültigen und von der Prüfungsabteilung zurückgewiesenen Hauptanspruch, daß sowohl die Azofarbstoffkomponente als auch die Aminkomponente eingeschränkt sind, die letztere auf aliphatische und cycloalipathische Amine.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Art. 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ. Der Regel 64 Buchst. b) entspricht die Beschwerde auch insoweit, als in einer Beschwerdeschrift der Umfang anzugeben ist, in dem eine Änderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung begehrt wird. Der Inhalt der angefochtenen Entscheidung ist schlechthin die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung in ihrer letztgültigen Fassung. Die Ausdrucksweise, dagegen "Beschwerde einzulegen" ist daher so zu verstehen, daß die Aufhebung einer Entscheidung in vollem Umfang und die Erteilung des europäischen Patents mit den letzgültigen Unterlagen der europäischen Patentanmeldung begehrt wird. Die Beschwerde ist daher zulässig....
2. Der geltende Hauptanspruch enthält eine Zusammenfassung der in den ursprünglichen Patentansprüchen 3 und 6 aufgeführten, von der Beschreibung gestützten Merkmale, unter Einschränkung der Aminokomponente, wie oben erwähnt. Sein Gegenstand geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
3. Im ersten Teil (Oberbegriff) des Hauptanspruchs hat die Anmelderin alle Merkmale des Gegenstands aufgenommen, die durch CH-A- 524 011 und GB-A- 1 264 191 in Verbindung miteinander bekannt geworden sind. Der Gegenstand unterscheidet sich vom Inhalt dieser Druckschriften durch das im kennzeichnenden Teil des Hauptsanspruchs aufgeführte Merkmal, daß Farbstoffsalze einer bestimmten oben angegebenen Formel, die spezifische Monoazofarbstoff- und Aminokomponenten aufweisen, verwendet werden. Der Gegenstand ist gegenüber den von der Prüfungsabteilung sowie der Beschwerdekammer berücksichtigten Druckschriften neu.
4. Nach Beschränkung des Hauptanspruchs auf diese spezifische Farbstoffsalze werden neben den zwei obengenannten Patentschriften folgende Literaturstellen als der am nächsten kommende Stand der Technik erachtet: DE-A- 743 848, US-A- 2 814 614, FR-A- 3 032 891. Der Inhalt dieser Literaturstellen wurde von der Anmelderin in der neuen, endgültigen Beschreibungseinleitung erörtert.
5. Farbstoffsalze, die gemäß der Erfindung verwendet werden, werden in DE-A- 743 848, US-A- 2 814 614 und FR-A 2 032 891 beschrieben. Insofern in diesen Druckschriften vom Färben von Polyamiden die Rede ist, sind nur Polyamidfasern betroffen. Dabei handelt es sich um ein anderes Färbeverfahren als das erfindungsgemäße Färben in der Masse. In US-A 2 814 614 wird lediglich das Spinnfärben von Acetylcellulose erwähnt; dies findet aber bei niedrigen Temperaturen statt.
6. Färbeverfahren unter Verschmelzung von Polyamidteilchen mit Farbstoffsalzen von 1 : 2 Chromkomplexen von Monoazofarbstoffen und gegebenenfalls organischen Basen werden beschrieben in CH-A 524 011 und GB-A- 1 264 191. Diese Patentschriften befassen sich aber hauptsächlich mit Azofarbstoffalkalisalzen. Aminsalze sind nicht explizit beschrieben, nur Rhodamin- und Diäthylammoniumsalze, welche außerhalb der vorliegenden Ansprüche liegen, sind erwähnt, aber nicht verwendet. Gemäß FR-A- 2 032 391 sind Aminsalze tatsächlich eingesetzt worden bei Applikationstemperaturen von maximal 200° C beim Färben von Polyamidfasern. Beim Spinnfärben gemäß der ungefähr zur selben Zeit veröffentlichten CH-A- 524 011 und GB-A- 1 264 191 wurden aber nur Alkalisalze tatsächlich eingesetzt. Der Gedanke, die Verwendbarkeit von Aminsalzen im allgemeinen zu überprüfen, dürfte sich dem Fachmann noch anbieten. Die Untersuchung der Fähigkeit beliebiger Arten von Aminsalzen zum Spinnfärben erscheint allerdings schon weniger naheliegend. Außerdem betrifft die Anmeldung eine Auswahl spezieller Amine. Obschon sie als handelsüblich gelten, kann ihre Auswahl vom Gesichtspunkt der thermischen Stabilität her schon deswegen nicht naheliegend sein, weil Aussagen bezüglich der thermischen Stabilität der Farbstoffsalze unterschiedlicher Amine sehr spekulativ wären. Außerdem gibt es noch viele andere handelsübliche Amine. Aufgrund dieser Überlegungen werden die jetzigen Ansprüche für gewährbar erachtet.
7. Aus den vorgelegten Gründen hält die Kammer die Beschwerde für begründet. Dies bedeutet aber nicht, daß die Entscheidung der Prüfungsabteilung nicht begründet war. Die von der Prüfungsabteilung zu beurteilenden Patentansprüche waren viel weitgehender als die jetzt gültigen. Außerdem hätte auch die Prüfungsabteilung eine spezielle Auswahl von Aminsalzen nicht abgelehnt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 21. Oktober 1980 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Auflage, ein europäisches Patent aufgrund der am 28. August 1982 eingegangenen Unterlagen mit den nachfolgend telefonisch vereinbarten Änderungen zu erteilen:
In Patentanspruch 1, Zeile 1 wird nach "linearer Polyamide" eingefügt: "mit Farbstoffsalzen von 1 : 2 Chromkomplexen von Monoazofarbstoffen"
und in Zeile 5 "als Farbstoffe" gestrichen;
auf Seite 13 lautet Zeile 1: "Durch Ausspinnen gemäß Beispiel 71...";
auf Seite 6 wurden die Warenzeichen ("Perlon", Nylon 6) ("Rilsan") und ("Nylon" 6,6) in den zwei vorletzten Zeilen gestrichen.