T 0006/80 (Reflektorzwischenlage) of 13.5.1981

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1981:T000680.19810513
Datum der Entscheidung: 13 Mai 1981
Aktenzeichen: T 0006/80
Anmeldenummer: 78100662.2
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: A
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: OJ | Published
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: MAN
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: Bestandteil des Standes der Technik einer in einem Dokument offenbarten Vorrichtung ist auch eine über die darin angeführte Wirkungsweise hinausgehende Wirkungsweise eines Elementes, die sich für den Fachmann zweifelsfrei beim Lesen des Dokumentes ergibt.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Kennzeichnendes Merkmal - ungenügende Konkretisierung
Nicht angeführte Wirkungsweise einer bekannten Vorrichtung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0058/91
T 0175/91
T 0607/91
T 0021/92
T 0620/94
T 0931/98
T 0886/11

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 14. August 1978 eingegangene europäische Patentanmeldung Nr. 78 100 662.2 (Veröffentlichungsnummer: 0 000 913) mit beanspruchter Priorität vom 26. August 1977 und mit der Bezeichnung "Reflektor für Sonnenkollektoren" wurde durch Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 2. Juli 1980 gemäß Artikel 97 Absatz 1 EPÜ zurückgewiesen. Dieser Entscheidung liegt ein einziger Anspruch in der Fassung vom 3. März 1980 zugrunde, der folgenden Wortlaut hat:

"Reflektor für Sonnenkollektoren mit einer einseitig verspiegelten Glasplatte, deren Plattendicke unterhalb der für eine selbsttragende Glasplatte erforderlichen Glasstärke liegt und die mit ihrer verspiegelten Seite auf einen Stützkörper aufgeklebt ist, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen der Glasplatte und dem Stützkörper eine Folie eingeklebt ist."

II. Die Zurückweisung wird damit begründet, daß der Gegenstand des Anspruches nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Es sei nämlich aus dem Patentdokument DE-A-2 152 642 ein Reflektor bekannt, von dem sich der Patentanspruch lediglich dadurch unterscheide, daß zwischen der Glasplatte und dem Stützkörper anstelle einer flexiblen Zwischenlage eine Folie eingeklebt ist. Eine solche sei jedoch aus dem Patentdokument US-A-3 906 927 bekannt, mit der ein ganz ähnlicher Zweck verfolgt werde, so daß die Lehre des Patentanspruchs, ohne daß es einer erfinderischen Tätigkeit bedurft hätte, gefunden werden konnte.

III. Gegen diese Entscheidung legte die Anmelderin am 31. Juli 1980 Beschwerde ein. Der Eingang von Gebühr und Begründung erfolgte rechtzeitig. Sie macht geltend, daß die Folie gemäß US-A-3 906 927 lediglich eine den Stützkörper verstärkende Funktion habe, und somit keine Anregung zur Lösung des der Anmeldung zugrundeliegenden Problems gebe, das darin bestehe, eine gute Anpassung bei großflächigen Spiegelplatten an beliebige Stützkörper zu gewährleisten.

Die Anmelderin beantragt, ein europäisches Patent aufgrund des einzigen Patentanspruchs vom 3. März 1980 mit angepaßten Unterlagen vom 9. Oktober 1980 zu erteilen.

Hilfsweise wird mit Schreiben vom 30. September 1980 beantragt, ein europäisches Patent mit einem neuen Anspruch gemäß Unterlagen vom 9. Oktober 1980 zu erteilen. Dieser Anspruch hat folgenden Wortlaut:

"Reflektor für Sonnenkollektoren mit einer einseitig verspiegelten Glasplatte, bei der die Plattendicke unterhalb der für eine selbsttragende Glasplatte erforderlichen Glasstärke liegt, wobei die Glasplatte mit ihrer verspiegelten Seite auf einem Stützkörper auf eklebt ist, dadurch gekennzeichnet, da zwischen der Glasplatte (11) und dem Stützkörper (13) eine Folie (12) vorgesehen ist, die mit der einen Seite mit einem ersten Klebstoff mit der Verspiegelung der Glasplatte und mit der anderen Seite mit einem zweiten Klebstoff mit dem Stützkörper verklebt ist."

IV. Mit Bescheid vom 22. Dezember 1980 ist vom Berichterstatter der Beschwerdekammer darauf hingewiesen worden, daß es dem Fachmann auch aus dem in der angefochtenen Entscheidung nicht genannten Patentdokument CH-A-571 199 geläufig sei, für Sonnenkollektoren eine flexible Folie vorzusehen, die eingelegt zwischen einer dünnen verspiegelten Glasplatte und einem Stützkörper, ebenfalls der Anpassung der Glasscheibe an die diese stützende Unterlage dient. Ferner habe die Folie nach US-A-3 906 927 neben ihrer verstärkenden Funktion auch noch den Zweck zu erfüllen, Deformationen und Brüche der Glasscheibe zu vermeiden. Zudem vermisse man im Anspruch konkrete strukturelle Unterscheidungsmerkmale, die zu einer anderen oder besseren Funktion des anmeldungsgemäßen Reflektors führen könnten. Ferner könne sich der als Hilfsantrag neu eingereichte Anspruch nicht auf eine erfinderische Tätigkeit stützen, weil es für den Fachmann selbstverständlich sei, die den jeweiligen Materialpaarungen am besten entsprechenden Klebstoffe auszuwählen, was der US-A-3 906 927 zu entnehmen sei. Zudem werde davon ausgegangen, daß die Ausführungsform, bei der die Folie weggelassen ist, nicht mehr Gegenstand der Anmeldung sei.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106-108 und Regel 64 EPÜ: sie ist daher zulässig.

2. Die geltende Anspruchsfassung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden und durch die ursprünglichen Unterlagen ausreichend gestützt.

3. Der Anmeldung soll nach Auffassung der Anmelderin die Aufgabe zugrunde liegen, eine gute Anpassung zwischen Glasplatte und Stützkörper zu gewährleisten.

4. Die Anmelderin anerkennt, daß der durch die DE-A-2 152 642 bekannt gewordene Lichtleitkörper dem Oberbegriff des Anspruchs entspricht, wie sie ebenso anerkennt, daß die CH-A-571 199 einen Sonnenkollektor offenbart, der hinsichtlich der interessierenden Merkmale gleich ist. Hingegen sieht sie es als nachteilig an, daß die bekannten Zwischenschichten wegen deren zu großer Dicke zu geringe Anpssungsfähigkeit aufweisen und die Glasscheibe vor Überbelastungen, die zur Beschädigung (Bruch) führen können, nicht geschützt ist.

5. Die im Prüfungsverfahren als nächstliegender Stand der Technik in den Vordergrund gestellte DE-A-2 152 642 beschreibt und zeigt in Fig. 3 einen elastischen Verbundkörper, der auf einem Trägerkörper höherer Formbeständigkeit fixiert ist. Dieser Verbundkörper, bestehend aus der biegsamen, dünnen, nicht selbsttragenden und verspiegelten Glasscheibe und einer mit ihr verklebten etwas stärkeren biegsamen Acrylglasscheibe. wird in elastisch verformter, der gewünschten Leitfläche des Trägerkörpers angepaßter Stellung fixiert, indem er unter elastischer Verformung in Kontakt mit der Haftfläche des Trägerkörpers fixiert und durch feste Verbindung mit diesem in dieser Stellung gehalten wird. Demgegenüber ist die Verwendung einer Folie neu.

6. Schon in dem genannten Patentdokument wird die Glasscheibe in der gewölbten Leitfläche mittelbar unter Biegespannung gehalten. Der Fachmann erkennt somit hieraus, daß die bekannte Acrylglasscheibe bereits im Stande ist, der Forderung der Anpassung Rechnung zu tragen. Zudem ist aus der CH-A-571 199, die auch nach Auffassung der Anmelderin der DE-A-2 132 642 entspricht, für den Fachmann ersichtlich, daß eine flexible Materiallage zwischen der dünnen verspiegelten großflächigen Glasscheibe und dem Trägerkörper es gestattet, die Biegung des Spiegelglases in die gewünschte gekrümmte parabolische Form ohne Bruch vorzunehmen. Die flexible Zwischenlage schützt also das Spiegelglas wie beim Anmeldungsgegenstand wirksam vor Überbeanspruchung.

7. Es kann somit festgehalten werden, daß die flexible Zwischenlage gemäß dem Stand der Technik die der Folie im Kennzeichen des Anspruches zukommende Funktion übernehmen kann. Um darzutun, daß die Folie nach der Anmeldung diese Funktion in wirksamerer Weise zu erfüllen vermöchte, bedürfte es konkreterer Angaben über die Dimensionierung und Materialeigenschaften dieser Folie. In der Anmeldung findet sich hierüber lediglich ein knapper Hinweis, daß die Folie aus Metall und/oder Glasfaser bestehe und der Spiegel, umfassend die Glasscheibe, die Verspiegelungsschicht und den Lacküberzug, dünn sei. Daraus können keine hinreichenden Rückschlüsse auf die Natur der Folie gezogen werden. Der Hinweis, daß durch geeignete Wahl der Folienstärke ein optimales Verhältnis von Zug- und Schubspannung eingestellt werde, macht deutlich, daß der Fachmann im Stande ist, die geeignete Wahl der Zwischenschichteigenschaften zu treffen und somit hierzu keine erfinderische Tätigkeit erforderlich ist.

8. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Anspruch nicht schon deshalb wegen mangelnder Abgrenzung der Folie gegenüber der bekannten Zwischenschicht neuheitsschädlich getroffen ist; denn die Verwendung einer Folie anstelle einer elastischen Zwischenlage anderer Art kann keine erfinderische Tätigkeit mehr darstellen im Hinblick auf die US-A-3 906 927. Aus dieser entnimmt der Fachmann den Vorschlag, eine Glasfaserlage zwischen dem Spiegelglas und dem Stützkörper einzukleben. Eine aus Glasfasern bestehende Zwischenlage erwähnt die Anmelderin selbst als geeignete Folie (siehe Beschreibung vom 9. Oktober 1980, Seite 3 unten).

9. Die US-A-3 906 927 offenbart einen wabenartig aufgebauten kompakten Stützkörper hoher Steifigkeit, der nicht nur wegen des Erfordernisses der Feineinstellung, sondern auch zwecks Einstellung und Festlegung der Spiegelkrümmung, unter Vermeidung der Bruchgefahr biegsam bleiben soll, und bei dem ferner der Bruch des reflektierenden Materials auch bei Krümmung unter dem Einfluß von Fremdkräften vermieden werden soll. Es besteht für den Fachmann somit kein Zweifel, daß die Folie neben der Verstärkung des Stützkörpers auch noch dem Schutz des reflektierenden Materials dient. Zudem kann die Glasfaserzwischenlage - um ein optimales Verhältnis bei Beanspruchung auf Biegung zu erreichen - in der Stärke durch eine oder mehrere Lagen Glasfasern angepaßt werden, so daß durch geeignete Wahl der Folienstärke auch bei dieser Ausführung ein optimales Verhältnis der Spannungen erreicht werden kann.

10. Ferner ergibt sich aus einem Vergleich der Merkmale der US-A-3 906 927 mit denjenigen des geltenden Anspruches, daß der einzige Unterschied darin besteht, daß anstelle einzelner paralleler, verspiegelter Glasstreifen eine Glasplatte verwendet wird. Da die Glasstreifen unter Beanspruchung auch eine Biegung in deren Längsrichtung erleiden können, erkennt der Fachmann, daß in diesem Fall die Wirkung der Glasfaserzwischenlage zur Vermeidung von Überbeanspruchungen ebenfalls auftritt. Die aus der DE-A-2 152 642 bzw. CH-A-571 199 bekannte Zwischenlage als eine Folie auszubilden, erfordert im Hinblick auf die aus der US-A-3 906 927 entnehmbaren Lehre somit vom Fachmann keine erfinderische Tätigkeit mehr (Artikel 56), und demzufolge kann die Anmeldung auf Grund von Artikel 52 Absatz 1 nicht zu einem Patent führen.

11. Die Anmelderin hat der Entfernung von Beschreibungsteilen von einer nicht mehr vom Patentanspruch erfaßten Ausführungsform zugestimmt. Erläuterungen der Anmelderin zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit solcher Ausführungsformen können daher bei der Würdigung der erfinderischen Tätigkeit der noch erfaßten Ausführungsformen nicht berücksichtigt werden.

12. Der gemäß Hilfsantrag vom 9. Oktober 1980 beantragte Anspruch enthält lediglich in der ursprünglichen Beschreibung enthaltene Merkmale und geht nicht über den Rahmen des ursprünglich Offenbarten hinaus.

13. Dieser Anspruch bezieht sich auf unterschiedliche Klebstoffe, die zwischen der Folie und den an dieser anliegenden Teilen verwendet werden. Für einen Fachmann ist es jedoch selbstverständlich, jenen Klebstoff auszuwählen, der mit der jeweiligen Materialpaarung die besten gewünschten Klebeeigenschaften ergibt, was sich aus der US-A-3 906 927 entnehmen läßt. Auch dort werden die Glasstreifen mit einem Klebstoff an ihre Unterlage gebunden, der sich von dem zwischen Glasfasermatte und Stützkörper angewendeten Klebstoff unterscheidet. In der Wahl des passenden Klebstoffes zum Verkleben der Folie kann deshalb die nach Artikel 58 EPÜ erforderliche erfinderische Tätigkeit nicht mehr beruhen und der Anspruch dementsprechend nicht gewährt werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen und die angefochtene Entscheidung der Prüfungsabteilung aufrechterhalten.

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