European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1992:T002192.19920221 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 21 Februar 1992 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0021/92 | ||||||||
Anmeldenummer: | 88100270.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 71/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verpackung aus Karton oder dgl. für mehrere Behälter wie Dosen, Flaschen usw. | ||||||||
Name des Anmelders: | Unilever N.V. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Inventive step (no) Communication pursuant to article 110(2) EPC (no) Erfinderische Tätigkeit (verneint) Zwischenbescheid (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 88 100 270.3 mit der Veröffentlichungsnummer 0 276 671 wurde durch Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 13. August 1991 zurückgewiesen.
II. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Gegenstand des einzigen, am 8. November 1990 eingereichten Patentanspruchs im Hinblick auf die Dokumente
(D1) DE-A-2 132 818 und
(D2) EP-A-0 072 089 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Anmelderin) am 17. Oktober 1991 unter gleizeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Sie reichte mit der Beschwerdebegründung vom 18. Dezember 1991 einen neuen Patentanspruch als Grundlage eines Hilfsantrags ein.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des am 8. November 1990 eingereichten Patentanspruchs (Hauptantrag), hilfsweise auf der Grundlage des Patentanspruchs vom 18. Dezember 1991 zu erteilen.
Der am 8. November 1990 eingereichte Patentanspruch gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
"Verpackung aus Karton oder dgl. für mehrere Behälter wie Dosen, Flaschen usw., mit einer Deckwand (2), zwei Seitenwänden (21, 22), einem Boden sowie Stirnwänden, wobei die Seitenwände über Schrägflächen (5, 6) einerseits an der Deckwand (2) angelenkt sind und andererseits je einen Abschnitt (23, 24) des Bodens tragen, während an den stirnseitigen Kanten der Seitenwände Stirnwand- Klappen (27, 28, 29, 30) angeformt sind, die einander im aufgerichteten Zustand der Verpackung teilweise überlappen, dadurch gekennzeichnet, daß die Stirnwand- Klappen (27, 28, 29, 30) an ihrem unteren Rand Lappen (31, 32, 33, 34) tragen, welche auf der Innenseite des Bodens aufliegen, und daß an der Deckwand (2) stirnseitig je eine Klappe (7, 8) angeformt ist, zwischen der und der benachbarten Schrägfläche (5, 6) je eine durch eine Faltlinie (13, 14, 15, 16) halbierte Zwickelfläche (9, 10, 11, 12) eingeschlossen ist, wobei die Klappe die Stirnwand-Klappen wenigstens geringfügig übergreift."
Der einzige Patentanspruch gemäß Hilfsantrag lautet wie folgt:
"Verpackung aus Karton für mehrere Behälter wie Dosen, Flaschen usw., mit einer Deckwand (2), zwei Seitenwänden (21, 22), einem Boden sowie Stirnwänden, wobei die Seitenwände über Schrägflächen (5, 6) einerseits an der Deckwand (2) angelenkt sind und andererseits je einen Abschnitt (23, 24) des Bodens tragen, während an den stirnseitigen Kanten der Seitenwände Stirnwand- Klappen (27, 28, 29, 30) angeformt sind, die einander im aufgerichteten Zustand der Verpackung teilweise überlappen und die an ihrem unteren Rand Lappen (31, 32, 33, 34) tragen, welche auf der Innenseite des Bodens aufliegen, sowie mit je einer an der Deckwand (2) stirnseitig angeformten Klappe (7, 8), die über eine Zwickelfläche zusätzlich an der benachbarten Schrägfläche angelenkt ist, dadurch gekennzeichnet, daß die zwischen den an der Deckwand (2) angelenkten Klappen (7, 8) und den benachbarten Schrägflächen (5, 6) vorgesehenen Zwickelflächen (13, 14, 15, 16) halbiert sind."
V. Zur Stützung ihrer Anträge machte die Beschwerdeführerin folgendes geltend:
a) Eine Verpackung mit den im Oberbegriff des Patentanspruchs gemäß Hilfsantrag angegebenen Merkmalen sei aus Dokument D1 bekannt, bei der durch die unteren Lappen die beiden Stirnwände gut gesichert werden. Diese Verpackung habe jedoch den Nachteil, daß die oberen Lappen und damit die Stirnwände stark nach innen gezogen werden, wodurch lediglich nach oben hin stark verjüngte Flaschen in diese Verpackung eingestellt werden könnten.
b) Demgegenüber liege der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Verpackung der genannten Art zu schaffen, bei der die Stirnwände ohne eine zusätzliche Verklebung sicher verschlossen bleiben, die dabei aber auch für Dosen oder dgl. zylindrische Behälter geeignet sei.
c) Diese Aufgabe werde gemäß der Erfindung dadurch gelöst, daß die zwischen den an der Deckwand angelenkten Lappen und den benachbarten Schrägflächen vorgesehenen Zwickflächen jeweils durch eine Faltlinie halbiert sind.
Durch die Anordnung dieser Faltlinien könne der obere Lappen senkrecht oder mit einer geringen Neigung verlaufen, so daß der Innenraum der Verpackung beliebig gestaltet werden könne.
d) Aus dem Dokument D2 seien zwar derartige Faltlinien bekannt, die ganze Verpackung sei jedoch mit der erfindungsgemäßen Verpackung nicht vergleichbar, so daß von dort auch keine Anregungen für die erfindungsgemäße Lösung ausgehen könnten.
Damit müsse aber der vorliegenden Erfindung auch eine ausreichende erfinderische Tätigkeit zugestanden werden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 EPÜ sowie der Regel 64; sie ist zulässig.
2. Neuheit - Haupt- und Hilfsantrag
2.1. Aus Dokument D1, insbesondere Figuren 1, 2 und 3 sind folgende durch den Anspruchswortlaut definierten Merkmale des Patentanspruchs gemäß Haupt-und Hilfsantrag bekannt:
Eine Verpackung aus Karton für mehrere Behälter wie Dosen und Flaschen mit einer Deckwand, zwei Seitenwänden (12, 14), einem Boden sowie Stirnwänden, wobei die Seitenwände über Schrägflächen einerseits an der Deckwand angelenkt sind und andererseits je einen Abschnitt (11, 15) des Bodens tragen, während an den stirnseitigen Kanten der Seitenwände (12, 14) Stirnwand-Klappen (60, 61, 88, 95) angeformt sind, die einander im aufgerichteten Zustand der Verpackung teilweise überlappen und die an ihrem unteren Rand Lappen (53, 55, 84, 91) tragen, welche auf der Innenseite des Bodens aufliegen, wobei an der Deckwand stirnseitig je eine Klappe (117, 123) angeformt ist, zwischen der und der benachbarten Schrägfläche je eine Zwickelfläche (118, 119, 123, 125) eingeschlossen ist, und wobei jeweils die Klappe die betreffenden Stirnwand- Klappen übergreift.
Wie in der angefochtenen Entscheidung dargelegt und von der Beschwerdeführerin bestätigt, unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs gemäß Hauptantrag, bzw. derjenige des zwar weiter abgegrenzten aber hinsichtlich seines technischen Inhalts identischen Patentanspruchs gemäß Hilfsantrag, von der aus Dokument D1 bekannten Verpackung dadurch:
"daß die zwischen den an der Deckwand angelenkten Lappen und den benachbarten Schräflächen vorgesehenen Zwickelflächen jeweils durch eine Faltlinie halbiert sind."
2.2. Auch durch das in der Zurückweisungsentscheidung genannte weitere Dokument D2 ist der Gegenstand des Patentanspruchs gemäß Haupt- oder Hilfsantrag ebenfalls nicht bekannt geworden. Dies folgt schon daraus, daß die Stirnwand- Klappen der dort beschriebenen Verpackung an ihrem unteren Rand keine Lappen tragen, welche auf der Innenseite des Bodens aufliegen.
2.3. Die Gegenstände der Patentansprüche gemäß Haupt- und Hilfsantrag sind somit gegenüber diesem Stand der Technik neu.
3. Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag/Hilfsantrag
3.1. Im Prüfungsverfahren wie auch in der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin das Dokument D1 als nächstkommenden, den Ausgangspunkt für die beanspruchte Erfindung bildenden Stand der Technik betrachtet, von dem ausgehend die zu lösende Aufgabe formuliert wurde; vgl. Punkt V a), b).
Die Beschwerdeführerin hat in dieser Hinsicht vorgebracht, daß die bekannte Verpackung nach dem Dokument D1 den Nachteil habe, daß die oberen Lappen (gemeint sind dabei offenbar die Klappen (117, 123) und damit die Stirnwände stark nach innen gezogen werden.
Daher ist nach Ansicht der Beschwerdeführerin die bekannte Verpackung nach Dokument D1 nicht für zylindrische Dosen oder Behälter geeignet. Wie aus der Figur 5 von Dokument D1 hervorgeht, verläuft die obere Klappe mit einer deutlichen Neigung, so daß nur Flaschen, die einen relativ langen, verjüngten Hals haben, dort verpackt werden können. In der angefochtenen Patentanmeldung wird im Zusammenhang mit dem unter Punkt 2.1 genannten Unterscheidungsmerkmal darauf hingewiesen, daß durch das Vorhandensein von Zwickelflächen und die Überlappung durch die oberen Klappen die Stirnwand-Klappen einen zusätzlichen Halt erhalten.
Ausgehend von dem Stand der Technik gemäß Dokument D1 liegt dem Gegenstand des Patentanspruchs die unter Punkt V b) genannte Aufgabe zugrunde.
3.2. Übereinstimmend mit der angefochtenen Entscheidung ist die Kammer der Auffassung, daß die Lösung dieser Aufgabe, nämlich das Anbringen einer Faltlinie, durch die die Zwickelflächen halbiert werden, dem Fachmann durch das Dokument D2 nahegelegt worden ist.
3.2.1. Dokument D2 beschreibt (vgl. insbesondere Fig. 1 und 2) nämlich eine Verpackung aus Karton für mehrere Flaschen mit einer Deckwand, zwei Seitenwänden einem Boden sowie Stirnwänden, wobei die Seitenwänden über Schrägflächen einerseits an der Deckwand angelenkt sind und andererseits je einen Abschnitt des Bodens tragen, während an den stirnseitigen Kanten der Seitenwände Stirnwand-Klappen angeformt sind, die einander im aufgerichteten Zustand der Verpackung teilweise überlappen, sowie mit je einer an der Deckwand stirnseitig angeformten Klappe, die über eine Zwickelfläche zusätzlich an der benachbarten Schrägfläche angelenkt ist.
3.2.2. Außerdem sind, wie es aus der Fig. 1 von Dokument D2 ersichtlich ist, die Zwickelflächen je durch eine Faltlinie halbiert. Im aufgerichteten Zustand kann damit der obere Lappen mit einer relativ geringen Neigung gegenüber einer senkrechten Ebene verlaufen, wie es aus der Figur 2 zu entnehmen ist. Obwohl dort nicht ausdrücklich angegeben ist, daß eine solche Verpackung auch für zylindrische Flaschen oder Behälter, d. h. Flaschen ohne relativ lange stark verjüngten Hälse geeignet ist, kann der Fachmann diesen Effekt ohne weiteres aus dem Dokument D2 ableiten.
Nach geltender Rechtsprechung bildet ein Effekt auch dann einen Bestandteil des Standes der Technik, wenn er, obwohl nicht ausdrücklich offenbart, sich für den Fachmann beim Lesen eines Dokuments zweifelsfrei ergibt (vgl. Entscheidung T 6/80 EPA ABl. 1981, 434).
Durch die Halbierung der Zwickelflächen mittels einer Faltlinie wird somit in Dokument D2 dasselbe bezweckt wie im vorliegenden Fall, so daß die Übertragung dieses Merkmals auf die Verpackung nach Dokument D1 als naheliegend angesehen werden muß, und zwar unabhängig davon, daß die Verpackung nach Dokument D2 in einigen Merkmalen nicht mit derjenigen nach Dokument D1 übereinstimmt.
3.3. Zur Substantiierung des Vorhandenseins einer erfinderischen Tätigkeit begnügte sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich Dokument D2 mit der lapidaren Festellung, die dortige Verpackung sei "nicht vergleichbar mit der erfindungsgemäßen". Ohne nähere Begründung, aus der die Nichtvergleichbarkeit erkennbar wird, ist diese Feststellung als eine bloße Behauptung zu werten, die zur Stützung der Ansicht der Beschwerdeführerin nichts beitragen kann.
Diese Behauptung steht im übrigen in einem gewissen Widerspruch zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Prüfungsverfahren. In ihrer Eingabe vom 6. November 1990 hat die Beschwerdeführerin das Dokument D2 als nächstkommenden, den Ausgangspunkt für die beanspruchte Erfindung bildenden Stand der Technik berücksichtigt, auf den sich der Oberbegriff des Patentanspruchs gemäß Hauptantrag bezieht und von dem ausgehend die zu lösende Aufgabe formuliert wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdeführerin somit der Auffassung, daß die aus Dokument D2 bekannte Verpackung mit der erfindungsgemäßen vergleichbar war.
3.4. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Patentanspruchs gemäß Haupt-und Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht. Die betreffenden Patentansprüche können somit nicht die Basis für die Erteilung eines Patents bilden.
4. Wie schon vorstehend ausgeführt wurde, sind der der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegende Patentanspruch gemäß Hauptantrag und der der Zurückweisungsentscheidung zugrundeliegende Patentanspruch völlig gleich. Der Patentanspruch nach dem Hilfsantrag unterscheidet sich nur formell vom Patentanspruch gemäß Hauptantrag.
Da die Kammer ihre ablehnende Haltung zur erfinderischen Tätigkeit in der vorliegenden Entscheidung auf dieselben Dokumente und Argumente stützt wie die angefochtene Entscheidung und auch die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung nichts vorgebracht hat, das über die in der letzten Erwiderung vom 19. März 1990 im Prüfungsverfahren vorgetragenen Argumente hinausgeht, war es weder erforderlich noch zweckmäßig, einen Zwischenbescheid zu erlassen (Art. 110 (2)). Vielmehr konnte unmittelbar entschieden werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.