T 1692/23 () of 9.5.2025

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2025:T169223.20250509
Datum der Entscheidung: 09 Mai 2025
Aktenzeichen: T 1692/23
Anmeldenummer: 11157920.7
IPC-Klasse: B65G 69/28
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 536 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Betrieb einer Überladebrücke
Name des Anmelders: Novoferm GmbH
Name des Einsprechenden: Hörmann KG Antriebstechnik
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 112(1)(a)
European Patent Convention R 106
European Patent Convention R 121
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 012(6) (2020) Sent 2
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 015(1)
European Patent Convention Art 112a(2)(c)
European Patent Convention Art 113
European Patent Convention Art 117(1)(e)
Schlagwörter: Überprüfung der Beweiswürdigung und Beweiserhebung - (ja)
Verspätet eingereichte Beweismittel - zugelassen (nein)
Neuheit und erfinderische Tätigkeit
Neuheit - (ja)
Vorlage an die Große Beschwerdekammer - (nein)
Rüge - Einwand zurückgewiesen (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/21
G 0002/21
J 0005/11
J 0006/14
T 0375/00
T 0598/13
T 1057/15
T 1604/16
T 1418/17
T 0041/19
T 1138/20
T 1991/23
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende legte form- und fristgerecht Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 364 938 zurückgewiesen wurde.

II. Der Einspruch richtete sich gegen das Patent im gesamten Umfang und stützte sich auf die Einspruchsgründe mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 100 a) EPÜ.

III. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Beschwerdekammer den Beteiligten ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, derzufolge die Beschwerde zurückzuweisen wäre.

IV. Zu dieser Mitteilung nahm die Einsprechende mit Schriftsatz vom 4. April 2025 inhaltlich Stellung, reichte eine Vorlagefrage an die Große Beschwerdekammer ein und erhob eine Rüge gemäß Regel 106 EPÜ.

V. Am 9. Mai 2025 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Die Einsprechende reichte eine zweite Vorlagefrage ein. Wegen der Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen. Die Entscheidung wurde am Schluss der Verhandlung verkündet.

VI. Diese Entscheidung nimmt auf folgende Dokumente Bezug:

OV1: Offenkundige Vorbenutzung einer Ladebrückenanordnung gemäß OV1-1 bis OV1-15 und D11 mit einer Vorschub-Ladebrücke der Firma MEERHOFF GmbH Verladetechnik versehen mit einer Laderampensteuerung UDL2 der Firma M-tec, Eigentümer: Uniklinikum AöR Leipzig;

OV1-1: 19 Fotos von der Laderampenanordnung und deren Teile;

OV1-2: Video 1, Dateiname OV1-2_video_1.mov;

OV1-3: Video 2, Dateiname OV1-3_video_2.mov;

OV1-4: Video 3, Dateiname OV1-4_video_3.mov;

OV1-5: Fotografie, die den Anschluss der Messgeräte an der Steuerungsplatine beim Aufnehmen des Videos 3 nach Anlage OV1-4_video_3.mov zeigt;

OV1-6: Video 4, Dateiname OV1-6_video_4.mov;

OV1-8: E-Mail von Herrn Sven Jark vom 2. November 2018;

OV1-15: E-Mail des Zeugen Jark vom 17. Mai 2021;

D11: Montage- und Betriebsanleitung der M-Tech Laderampensteuerung UDL2, ausgeliefert mit der in den Fotografien und Videos gezeigten Steuerung für die offenkundig vorbenutzte Ladebrückenanordnung;

OV2: Offenkundige Vorbenutzung der Laderampensteuerung UDL2 gemäß D11 der Firma M-tec;

OV1-16: Dokumentation über die durch die Wartungsfirma Hörmann KG Verkaufsgesellschaft am Uniklinikum Leipzig durchgeführten Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen,

OV1-17: Dokumentation Beweisaufnahme Benutzung einer weiteren, vor 2010 vertriebenen UDL2 in Apeldoorn, NL, OV1-18: Montage- und Bedienungsanleitung der in OV1-17 dokumentierten Steuerung,

OV1-19: in OV1-17 unter 1. genanntes Video: VID_20230331_111907.mp4,

OV1-20: in OV1-17 unter 2. genanntes Video: VID_20230331_112028.mp4,

OV1-21: in OV1-17 unter 3. genanntes Video 20230331_112430.mp4,

OV1-22: in OV1-17 unter 4. genanntes Video 20230331_113700_unter_LB.mp4,

OV1-23: Eidesstattliche Versicherung von Herrn Peter Menke vom 27.03.2023 mit Anlage OV1-1.

VII. Anspruch 1 des Patents in erteilter Fassung (Hauptantrag) lautet (Merkmalsgliederung entsprechend Punkt I.26 der angefochtenen Entscheidung hinzugefügt):

M1.1) Verfahren zum Betrieb einer Überladebrücke zum Be- und Entladen von Nutzfahrzeugen oder Containern, wobei die Überladebrücke

M1.2) eine von einem Rampenantrieb bewegbare Überladerampe,

M1.3) wobei der Rampenantrieb eine Hydraulikanordnung mit einem Motor und zumindest einem Magnetventil umfasst,

M1.4) Ein- und/oder Ausgabeelemente und

M1.5) eine Steuerung, an die der Rampenantrieb sowie die Ein- und/oder Ausgabeelemente angeschlossen sind, umfasst,

M1.6) wobei in einem Bereitschaftsmodus eine erste an die Steuerung angeschlossene Gruppe von elektrischen Einrichtungen, die den Rampenantrieb umfasst, von einer Spannungsversorgung getrennt wird,

M1.7) wobei die erste Gruppe von elektrischen Einrichtungen nach einer Aktivierung aus dem Bereitschaftsmodus in einen Betriebsmodus an die zugeordnete Spannungsversorgung angeschlossen wird, dadurch gekennzeichnet, dass

M1.8) in dem Bereitschaftsmodus eine zweite an die Steuerung angeschlossene Gruppe von elektrischen Einrichtungen, die zumindest einen Teil der Ein- und/oder Ausgabeelemente umfasst, betriebsbereit ist,

M1.9) wobei die zweite Gruppe von elektrischen Einrichtungen Überwachungssensoren umfasst,

M1.10) und dass die Überladerampe durch eine Betätigung eines Eingabeelementes oder durch ein Steuersignal mittels des Rampenantriebes in eine Ruheposition verfahrbar ist,

M1.11) wobei nach der Betätigung des Eingabeelementes oder nach dem Steuersignal der Übergang in den Bereitschaftsmodus nach einer vorgegebenen Zeitverzögerung erfolgt.

VIII. Anspruch 6 des Patents in erteilter Fassung (Hauptantrag) lautet (Merkmalsgliederung entsprechend Punkt I.26 der angefochtenen Entscheidung hinzugefügt):

M6.1) Überladebrücke zum Be- und Entladen von Nutzfahrzeugen oder Containern mit

M6.2) einer von einem Rampenantrieb bewegbaren Überladerampe,

M6.3) Ein- und/oder Ausgabeelemente und

M6.4) einer Steuerung, an die der Rampenantrieb sowie die Ein- und/oder Ausgabeelemente angeschlossen sind, M6.5) wobei die Steuerung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5 eingerichtet ist.

IX. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) beantragte

die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Hilfsweise beantragte sie, der Großen Beschwerdekammer eine erste Rechtsfrage vorzulegen, wie auf Seiten 2 und 11 des Schriftsatzes vom 4. April 2025 angegeben, sowie eine zweite Rechtsfrage, wie in der mündlichen Verhandlung schriftlich eingereicht (siehe Anhang zum Protokoll).

Die Beschwerdeführerin erhob außerdem eine Rüge gemäß Regel 106 EPÜ gemäß den 6 Punkten wie im Schriftsatz vom 4. April 2025 auf Seite 2 angegeben.

X. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) beantragte

die Zurückweisung der Beschwerde,

d. h. die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag),

hilfsweise, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung,

die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf Basis eines der Anspruchssätze gemäß Hilfsanträgen 1, 1bis, 2 und 3, eingereicht erstmals im Einspruchsverfahren und erneut mit der Beschwerdeerwiderung.

Weiterhin beantragte sie, die mit der Beschwerdebegründung neu eingereichten Dokumente nicht in das Verfahren zuzulassen.

XI. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Beteiligten, das sich im Wesentlichen auf

- die Beweiswürdigung und Beweiserhebung durch die Einspruchsabteilung,

- die Zulassung der Beweismittel OV1-16 bis OV1-23 und des Angebots von Herrn Peter Menke als Zeugen zur Bestätigung von OV1-23,

- die Einspruchsgründe mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit von Artikel 100 a) EPÜ,

- die Anträge auf Vorlage der zwei Rechtsfragen vom 4. April 2025 und vom 9. Mai 2025 sowie

- die mit Schriftsatz vom 04. April 2025 seitens der Beschwerdeführerin nach Regel 106 EPÜ erhobene Rüge

bezog, wird im Detail in den Entscheidungsgründen diskutiert.

Entscheidungsgründe

1. Beweiswürdigung

1.1 Die Beschwerdeführerin wandte sich gegen die Feststellungen unter Punkt II.29.1 der Gründe der angefochtenen Entscheidung, dass die Funktionsweise der Steuerung UDL2 im Jahre 2008 nicht bewiesen sei, und argumentierte, dass dies der Beweislage widerspreche, auf fehlerhafter Beweiswürdigung, auf einem fehlerhaften Beweismaß und darauf beruhe, dass vorliegende oder angebotene Beweise nicht berücksichtigt worden seien.

1.1.1 Laut der Beschwerdeführerin sei unter korrekter Würdigung der vorliegenden Beweise bewiesen, dass die gelieferte Steuerung UDL2 zwischen 2008 und 2017 unverändert geblieben sei, so dass die im Jahre 2017 dokumentierte Schaltung der Schaltung von 2008 entspreche, und dass die Videos den Stand der Anlage im Jahr 2008 wiedergäben. Aus der Gesamtschau von OV1-1, OV1-5, OV1-8, D11, der Aussagen der Zeugen Schiefner, Bräuer, Noetzig, Gündel, Pohlenz, Sonne und Jark ergebe sich,

- dass es keinen Hinweis auf eine Veränderung der Funktion der Ladebrückenanordnung von OV1 gebe,

- dass keine der an der Wartung beteiligten Personen eine solche Veränderung vorgenommen habe,

- dass eine Umprogrammierung der Funktion nicht möglich sei,

- dass alle mit der Ladebrückenanordnung und der Steuerung seit Auslieferung der Steuerung UDL2 an die Fa. Meerhoff befassten Personen aufgrund von Ausbildung und Erfahrung gar nicht in der Lage gewesen seien, einen anderen Mikroprozessor mit geänderter Funktion zu erstellen oder auszutauschen oder eine Umprogrammierung der Funktion vorzunehmen,

- dass es sich bei der in OV1-1 gezeigten Steuerung um die Originalsteuerung von 2008 handele,

- dass man den Originalzustand durch Inaugenscheinnahme überprüfen könne,

- dass eine Funktionsänderung weder zulässig noch in irgendeiner Weise sinnvoll sei, und

- dass hundertprozentig davon auszugehen sei, dass die 2017 dokumentierte Funktion der Funktion zur Einrichtung der Ladebrückenanordnung von 2008 entspreche.

Die Ausführungen der Einspruchsabteilung unter Punkt II.29.6 der Entscheidungsgründe, wonach die Funktion betreffende funktionelle Änderungen und eine Umprogrammierung des Steuerablaufs der UDL2 hätten durchgeführt werden können, berücksichtigten die klaren Zeugenaussagen hierzu nicht. Dass die einzelnen Zeugen nicht mit absoluter Sicherheit bestätigen könnten, dass keine Veränderungen vorgenommen worden seien, liege an der Natur der Sache.

1.1.2 Zudem lege die Einspruchsabteilung einen zu hohen Beweismaßstab an. Zum angelegten Beweismaß finde sich in der angefochtenen Entscheidung keine Ausführung, sodass diese in wesentlichen Punkten auch nicht begründet sei. Vorliegend sei der Beweisstandard des Abwägens der Wahrscheinlichkeit anzuwenden.

1.1.3 Ferner seien eidesstattliche Versicherungen und eine E-Mail des Zeugen Jark (OV1-15) eingereicht, aber in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt worden.

1.1.4 Auch sei gemäß Punkt II.29.10 der angefochtenen Entscheidung die offenkundige Vorbenutzung OV2 nicht berücksichtigt worden.

1.2 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin hinsichtlich einer fehlerhaften Beweiswürdigung und mangelhaften Beweisberücksichtigung nicht.

1.2.1 Dass die Zeugenaussagen, schriftlichen Beweismittel und Videos insbesondere hinsichtlich der technischen Details und hinsichtlich möglicher Änderungen der Funktionsweise der Steuerung der Ladebrücke von der Einspruchsabteilung sowohl berücksichtigt als auch gewürdigt wurden, findet sich ausdrücklich unter den Punkten II.29.1 bis II.29.7 der Entscheidungsgründe, beispielsweise bereits einleitend unter Punkt II.29.1:

"Auf Grundlage der eingereichten schriftlichen Beweismittel und Videos OV1-1 - OV1-15 und der Aussage der Zeugen Jark, Schiefner, Pohlenz, Gündel, Bräuer, Noetzig und Sonne ist es daher bewiesen,...".

Die folgenden begründeten Feststellungen der Einspruchsabteilung unter den Punkten II.29.2 bis II.29.7 der Entscheidungsgründe sind ebenso auf die Aussagen der Zeugen Jark, Schiefner, Pohlenz, Gündel, Bräuer, Noetzig und Sonne sowie die schriftlichen Beweismittel unter Würdigung dieser Beweismittel gestützt, so dass eindeutig eine Berücksichtigung und Würdigung dieser Beweismittel vorliegt.

1.2.2 Dabei sind die von der Beschwerdeführerin als angeblich unberücksichtigt beanstandeten eidesstattlichen Versicherungen sowie OV1-15 unter Punkt I.5 (siehe auch unter Punkt I.22) der angefochtenen Entscheidung als Beweismittel angeführt und somit gemäß Punkt II.29.1 der angefochtenen Entscheidung ("Auf Grundlage der eingereichten schriftlichen Beweismittel ...") als schriftliche Beweismittel berücksichtigt worden.

1.2.3 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sind OV2 und die darauf gestützten Einwände mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit anhand Dokument D11, das unstreitig Teil der OV2 ist, in der angefochtenen Entscheidung (siehe Punkte II.29, II.30, II.31) berücksichtigt worden.

Ein Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit, der sich allein auf eine angebliche offenkundige Lieferung der reinen Steuerung UDL2 (mit Platine und Steuerungsgehäuse aber ohne Bedienungsanleitung D11) stützt, wurde von der Beschwerdeführerin ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung (siehe Punkt 2.18) nicht geltend gemacht, so dass es nicht zu beanstanden ist, dass die Einspruchsabteilung OV2 in dieser Hinsicht nicht weiterverfolgte (siehe Punkt II.29.10 der angefochtenen Entscheidung).

1.2.4 Nach Überprüfung der einzelnen Aussagen der Zeugen in den jeweiligen Niederschriften über die Beweisaufnahme ist festzustellen, dass die von der Beschwerdeführerin angegriffene Beweiswürdigung der Einspruchsabteilung von den tatsächlichen Zeugenaussagen gestützt ist, siehe z. B. Niederschriften über die Beweisaufnahme der Vernehmung der Zeugen Jark (Seiten 5/43, 6/43, 7/43, 9/43 bis 11/43, 40/43, 41/43), Schiefner (Seite 3/30), Pohlenz (Seite 3/7), Gündel (Seiten 3/10, siehe dort drittletzter Absatz, 6/10, 7/10 und 9/10), Bräuer (Seiten 4/7, 5/7, 6/7, 7/7), Noetzig (Seiten 3/7 und 5/7) und Sonne (Seiten 5/16 und 11/16). Wie die Einspruchsabteilung in ihrer Begründung unter den Punkten II.29.5. bis 29.7 zutreffend festgestellt hat, vermochten die vernommenen Zeugen weder die genauen technischen Merkmale der in Rede stehenden Steuerung bei Lieferung im Jahr 2008 zu bestätigen, noch, dass zwischen der Lieferung in 2008 und dem dokumentierten Zustand von 2017 bzw. 2018 keine relevanten Änderungen stattgefunden haben.

1.2.5 Die Kammer erachtet die Beweiswürdigung der Einspruchsabteilung hinsichtlich der Berücksichtigung und Würdigung der Zeugenaussagen, schriftlichen Beweismittel und Videos zu dem streitigen Merkmal der Funktionsweise der Steuerung bei Auslieferung im Jahr 2008 als widerspruchsfrei und logisch sowie frei von Rechtsfehlern. Das Ergebnis der Beweiswürdigung wird von dem aktenkundigen Beweismaterial gestützt. Demzufolge ist die Beweiswürdigung durch die Einspruchsabteilung weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden.

1.2.6 Die Beanstandungen der Beschwerdeführerin beruhen vielmehr darauf, dass die Beschwerdeführerin aus den Aussagen der Zeugen und Beweismitteln abweichende (subjektive) Schlussfolgerungen zieht, nämlich dass die in den Jahren 2017 und 2018 vorgenommenen Dokumentationen der Ladebrückenanordnung gemäß OV1 auch deren Funktion bei Auslieferung im Jahre 2008 zeigten.

Allein das Ziehen derartiger abweichender Schlussfolgerungen in bzw. aus den Zeugenaussagen und Beweismitteln führt jedoch nicht dazu, dass diese bewiesen wären und somit die Beweiswürdigung der Einspruchsabteilung, die diese nach eigenem Ermessen und freier Überzeugung nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (siehe G 2/21 Rdnrn. 30, 45) getroffen hat, fehlerhaft wäre.

1.2.7 Dass die Einspruchsabteilung bei ihrer Entscheidung einen zu hohen Beweismaßstab anlegte, ist dabei eine reine Behauptung der Beschwerdeführerin.

Nach gefestigter Rechtsprechung entscheidet die Einspruchsabteilung die ihr vorgelegten Fragen auch auf der Grundlage der von den Beteiligten beigebrachten Beweise. Ihre Entscheidung muss nicht auf absoluter Gewissheit beruhen, sondern muss vielmehr nach generellem Abwägen der Wahrscheinlichkeit getroffen werden, d. h. auf der Grundlage, dass ein Tatsachenkomplex mit größerer Wahrscheinlichkeit richtiger ist als der andere. Dieser Grundsatz des Abwägens der Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass die einzelnen Faktoren so bewertet werden, dass die Einspruchsabteilung schließlich in die eine oder andere Richtung überzeugt ist (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern [RdB], 10. Auflage 2022, III.G.4.3.1).

Dass die Einspruchsabteilung den Beweisstandard des Abwägens der Wahrscheinlichkeit der angefochtenen Entscheidung zugrunde legte, ergibt sich somit zweifelsfrei aus den ausdrücklichen Feststellungen unter den Punkten II.29.2 und II.29.3 der angefochtenen Entscheidung, dass die Einspruchsabteilung auf der Grundlage der von der Einsprechenden beigebrachten Beweise in die eine oder andere Richtung überzeugt war ("Die Einspruchsabteilung ist davon überzeugt, dass ...").

Demnach legte die Einspruchsabteilung den Beweisstandard des Abwägens der Wahrscheinlichkeit an, so dass der diesbezügliche Einwand der Beschwerdeführerin eines Begründungsmangels der angefochtenen Entscheidung gegenstandslos ist.

1.2.8 Die Beweiswürdigung ist daher ohne erkennbaren Rechtsanwendungsfehler erfolgt, für die Kammer in allen Punkten nachvollziehbar und weist auch keine Denkfehler auf.

1.2.9 Die Kammer kommt bei rechtlicher und tatsächlicher Überprüfung der erhobenen Beweismittel (siehe auch unter Punkt 1.2.4 oben) zum gleichen Ergebnis wie die Einspruchsabteilung, dass nicht bewiesen ist, dass die gelieferte Steuerung in allen Details unverändert blieb.

Auch aus Sicht der Kammer geben insbesondere die Zeugenaussagen und die weiteren erhobenen Beweismittel den von der Beschwerdeführerin argumentierten Tatsachenvortrag nicht wieder.

1.2.10 Außerdem brachte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 4. April 2025 vor (siehe unter Punkt 1), dass es die Einspruchsabteilung versäumt habe, die Gründe, die sie von der angeblichen Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung über die ursprüngliche Funktionsweise der UDL2 überzeugt hat, in der Entscheidung darzulegen.

Entgegen dieser Meinung der Beschwerdeführerin legte die Einspruchsabteilung jedoch eindeutig die Gründe hierzu dar, indem sie ausführte, dass und weshalb nicht bewiesen sei, dass die gelieferte Steuerung in allen Details unverändert blieb (siehe angefochtene Entscheidung, Punkte II.29.1 und II.29.5. bis 29.7).

2. Beweiserhebung und rechtliches Gehör

2.1 Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass die Ablehnung ihrer Anträge auf Inaugenscheinnahme und Begutachtung durch einen Sachverständigen zum Beleg der Dokumentation zu OV1 und OV2 eine Verletzung der grundlegenden Rechte einer Partei auf freie Wahl der Beweismittel und rechtliches Gehör darstelle.

2.2 Die Einspruchsabteilung war hinsichtlich des Antrags auf Inaugenscheinnahme der Anlage in Leipzig, um zu beweisen, wie die Ladebrücke funktioniere, dass es keine Änderungen an der Schaltung gegeben habe und dass man keine Änderungen vornehmen könne, der Auffassung, diesem nicht stattzugeben, da jedenfalls der Schaltung nicht zu entnehmen gewesen wäre, wie die Schalter oder Klemmen im Jahr 2008 gesteckt gewesen seien, und bei einer Inaugenscheinnahme des heutigen Zustandes Überbrückungen ebenfalls nicht ausgeschlossen werden könnten (siehe angefochtenen Entscheidung, Punkt II.29.8).

2.3 Die Beschwerdeführerin behauptete, dass entgegen der angefochtenen Entscheidung durch Inaugenscheinnahme der Zustand aller UDL2 zu erkennen und damit nachvollziehbar wäre, ob sich diese im Originalzustand befänden. In D11 sei bereits dokumentiert wie die Verschaltung ursprünglich stattzufinden habe.

2.4 Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Einspruchsabteilung grundsätzlich verpflichtet, sich von der Relevanz der geforderten Beweismittel zu überzeugen, bevor sie über deren Annahme oder Ablehnung entscheidet, und besitzt einen Ermessensspielraum für die Zulassung angebotener Beweismittel. Geeignete Beweismittel sollten grundsätzlich ausgeschöpft werden. Sofern dagegen ein angebotenes Beweismittel nicht relevant bzw. für die abschließende Entscheidung nicht erforderlich ist, braucht es nicht berücksichtigt zu werden (siehe RdB, a.a.O, III.G.3.1.1; G 2/21 Rdnrn. 32, 42 und 43).

2.5 Die Kammer ist von der auf reinen Behauptungen beruhenden Argumentation der Beschwerdeführerin nicht überzeugt, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen für die Zulassung der Inaugenscheinnahme fehlerhaft ausübte. Vielmehr teilt die Kammer die Auffassung der Einspruchsabteilung unter Punkt II.29.8. der Entscheidung zur fehlenden Relevanz einer Inaugenscheinnahme, dass eine bloße Inaugenscheinnahme des aktuellen Zustandes der Anlage zur Ermittlung des Originalzustandes und der Funktionsweise der Schaltung im Jahr 2008 ungeeignet ist. Die Beurteilung der Einspruchsabteilung, dass es aus technischen Gründen nicht möglich ist zu erkennen, ob die Steuerung, insbesondere die Funktionsweise der Auto Return Taste, der Spannungsabfall am Magnetventil und die Zeitverzögerung, zwischenzeitlich geändert wurden, ist aus Sicht der Kammer ohne Weiteres nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.

In Anbetracht der vorliegenden untauglichen Beweiskraft einer Inaugenscheinnahme lehnte die Einspruchsabteilung dieses Beweisangebot daher zurecht ab.

2.6 Weiterhin argumentierte die Beschwerdeführerin, dass die Ausführungen unter Punkt II.29.9 der angefochtenen Entscheidung zur Ablehnung des Antrags auf Begutachtung der Anlage durch einen vom EPA bestellten Sachverständigen den Erfordernissen von Regel 121 EPÜ widersprächen.

2.7 Die Kammer ist von der Argumentation nicht überzeugt und folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung zur Ablehnung des Antrags auf Begutachtung der Anlage durch einen vom EPA bestellten Sachverständigen.

2.7.1 Demnach ist die Einspruchsabteilung im Einspruchsverfahren als zweiseitigem Verfahren aus Gründen der Unparteilichkeit grundsätzlich nicht dazu angehalten, Beweismittel beizubringen. Es obliegt hier der Einsprechenden, Beweismittel für die offenkundige Vorbenutzung beizubringen, auf die sie sich beruft (siehe RdB, a.a.O., III.G.2.4.3). Bereits im Bescheid der Einspruchsabteilung vom 21. Februar 2020 unter Punkt 1.8 wurde die Einsprechende und Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass es ihr frei stehe, eine Begutachtung durch einen Sachverständigen selbst durchzuführen.

Dass die Beschwerdeführerin bei dieser Sachlage selbst keine Begutachtung durch einen Sachverständigen beibrachte, beruht allein auf der eigenverantwortlichen Entscheidung der Beschwerdeführerin über ihre Verfahrensführung.

2.7.2 Zudem war, wie die Einspruchsabteilung in Punkt II.29.9 der Entscheidung festgestellt hat, kein Sachverständigengutachten erforderlich, da die Einspruchsabteilung mit drei technisch vorgebildeten Prüfern über die erforderlichen technischen Kenntnisse verfügte, um die entscheidungserhebliche Frage zu beurteilen, ob die Schaltung der Anlage verändert werden konnte, ohne dass dies heute aus der Anlage ersichtlich wäre (siehe auch T 375/00, Punkt 1.2.2 der Entscheidungsgründe).

2.8 Folglich liegt in keinem Fall eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Artikel 113 (1) EPÜ) der Beschwerdeführerin vor.

2.9 Die Beschwerdeführerin machte demgegenüber geltend, dass der im Verfahren vor dem EPA geltende Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht so weit gehe, dass die Ablehnung eines relevanten und angemessenen Angebots eines Beweismittels gerechtfertigt werden könnte (siehe RdB, a.a.O., III.G.4.1). Die Weigerung einer Einspruchsabteilung, rechtzeitig vorgelegte Beweismittel in Betracht zu ziehen, stelle eine Verletzung der grundlegenden Rechte einer Partei auf freie Wahl der Beweismittel und rechtliches Gehör dar (siehe RdB, a.a.O., III.G.3.3.1).

Unter Berücksichtigung der Grundsätze der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/21 (siehe insbesondere Rnr. 32) habe die Einspruchsabteilung das Beweisangebot der Inaugenscheinnahme zu Unrecht abgelehnt und damit das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin verletzt.

Zwar sei es korrekt, dass ein Entscheidungsorgan grundsätzlich verpflichtet sei, sich von der Relevanz vorgelegter Beweismittel zu überzeugen, bevor es über Ablehnung oder Zulassung des Beweismittels entscheide. Wenn relevante Merkmale fraglich seien und strittig blieben, sei jedoch ein Antrag der Einsprechenden auf Beweisaufnahme, insbesondere durch Inaugenscheinnahme, nicht grundlos und nicht auf reine Vermutungen gestützt zurückzuweisen. Nur bei ausreichender Sicherheit über den Inhalt des Beweisangebots und der daraus gewonnen Kenntnis der fehlenden Relevanz sei eine Ablehnung gerechtfertigt gewesen.

2.10 Die Kammer ist von dieser Argumentation der Beschwerdeführerin nicht überzeugt. Wie oben unter den Punkten 2.5 und 2.7 dargelegt, ist sowohl das Beweisangebot der Inaugenscheinnahme als auch das der Begutachtung durch einen Sachverständigen als ungeeignet anzusehen, um die streitige und für die Lösung des Falls wesentliche Tatsache zu beweisen, dass die gelieferte Steuerung in allen Details zwischen 2008 und 2017 unverändert blieb und damit die Einzelheiten der Schaltung 2017 auch der Schaltung von 2008 entsprachen.

Wie in der Entscheidung G 2/21 festgestellt wurde (siehe Rdnrn. 42, 43), liegt die Beweisaufnahme in jeder in Artikel 117 (1) EPÜ aufgeführten Form im Ermessen des jeweiligen Organs und wird von ihm nur angeordnet, wenn es dies für notwendig erachtet. Dabei sollten geeignete Beweisangebote, die für die Entscheidung relevant und erforderlich sind, ausgeschöpft werden. Aufgrund der festgestellten Untauglichkeit und dadurch bedingten mangelnden Relevanz der hier in Rede stehenden Beweisangebote, ist deren Ablehnung vorliegend somit zurecht erfolgt, sodass keine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin vorliegt.

3. Beweisaufnahme

3.1 Die Beschwerdeführerin bemängelte die Durchführung der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung als Videokonferenz im Hinblick auf Möglichkeiten für die Beweisaufnahme.

3.2 Die Kammer stellt hierzu fest, dass mündliche Verhandlungen vor der Einspruchsabteilung in der Regel als Videokonferenz durchgeführt werden (siehe Richtlinien für die Prüfung im EPA, E-III.1.2, Format mündlicher Verhandlungen). In Ausnahmefällen können sie auf Antrag eines Beteiligten in den Räumlichkeiten des EPA durchgeführt werden, wenn ernsthafte Gründe gegen eine Durchführung als Videokonferenz sprechen (ABl. EPA 2022, A103, ABl. EPA 2022, A106). Die Einspruchsabteilung ist im vorliegenden Fall den Anträgen auf Verhandlung in Präsenz nicht gefolgt. Dass die Beweisaufnahme durch das Format der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung beeinträchtigt und die Vorlage von weiteren Beweisen nicht möglich gewesen sei, ist eine unbewiesene, für die Kammer nicht nachvollziehbare Behauptung der Beschwerdeführerin.

Die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung G 1/21 betrifft die Durchführung der mündlichen Verhandlung vor einer Beschwerdekammer (siehe Leitsatz von G 1/21) und ist daher für die Durchführung der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht unmittelbar einschlägig. Im Übrigen hat die Große Beschwerdekammer in der vorzitierten Entscheidung festgestellt, dass eine Videokonferenz in der Regel das rechtliche Gehör der Beteiligten wahrt und damit eine angemessene Alternative zur Durchführung als Präsenzverhandlung darstellt (G1/21, Rdnrn. 43, 48).

4. Zulassung von OV1-16 bis OV1-23 in das Verfahren

4.1 Die Beweismittel OV1-16 bis OV1-23 und das Angebot von Herrn Peter Menke als Zeugen zur Bestätigung von OV1-23 wurden zum ersten Mal mit der Beschwerdebegründung eingereicht, sodass deren Zulassung in das Verfahren gemäß Artikel 12 (6) VOBK im Ermessen der Kammer steht.

4.2 Gemäß Artikel 12 (6), zweiter Satz, VOBK lässt die Kammer Beweismittel, die im Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, vorzubringen gewesen wären, nicht zu, es sei denn die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung.

4.3 Zur Rechtfertigung der Verspätung bringt die Beschwerdeführerin vor, dass diese weiteren Beweismittel zu OV1 und OV2 als Reaktion auf Ausführungen der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung eingereicht worden. Diese weiteren Belege bestätigten den bereits in der Einspruchsschrift ausgeführten und in den Zeugenaussagen bestätigten Vortrag.

Das Beweismittel OV1-23 sei der Beschwerdeführerin erst in 2023 zugänglich gewesen. Das Beweismittel sei hochrelevant, denn es belege aus erster Quelle, dass die UDL2-Steuerungen entsprechend der geltend gemachten Funktion arbeiteten. Der Beschwerdeführerin sei eine frühere Vorlage des Dokuments nicht möglich gewesen. Sie habe das Dokument zum frühest möglichen Zeitpunkt vorgelegt.

4.3.1 Die Kammer erkennt, wie auch die Beschwerdegegnerin, keinen Umstand der Beschwerdesache, der eine Zulassung der neuen Beweismittel in das Verfahren rechtfertigte. Denn es ist keine überraschende Änderung im Einspruchsverfahren zu erkennen, die die Beschwerdeführerin daran gehindert haben könnte, diese Beweismittel bereits im Einspruchsverfahren vorzulegen.

Die Beweismittel werden als weitere Belege der schon mit der Einspruchsschrift geltend gemachten OV1 und OV2 eingereicht. Die Einspruchsabteilung hatte bereits mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung ihre Zweifel mitgeteilt, ob die offenkundige Vorbenutzung hinreichend bewiesen sei und alle Merkmale des Anspruchs 1 durch OV1 oder OV2 offenbart seien. Auch im Hinblick auf die Darlegungen der Kammer unter den obigen Punkten 1 bis 3 können die Ausführungen der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung nicht als neu oder überraschend angesehen werden.

Die Beschwerdeführerin gibt auch keine Gründe an, warum der Zeuge Menke sowie OV1-23 (eidesstattliche Versicherung von Herrn Menke) nicht früher gewonnen werden konnten.

Daher hätte die Beschwerdeführerin bereits im Einspruchsverfahren, spätestens jedoch während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, ergänzende Beweismittel vorlegen können und müssen, um den frühzeitig im Verfahren vorgebrachten Zweifeln zu OV1 und OV2 zu entgegnen. Dass die Beschwerdeführerin bei dieser Sachlage keine weiteren Beweismittel einreichte, beruht allein auf der eigenverantwortlichen Entscheidung der Beschwerdeführerin über ihre Verfahrensführung.

4.3.2 Die Kammer lässt daher OV1-16 bis OV1-23 und den Antrag auf Zeugeneinvernahme (Herr Menke) in Anwendung von Artikel 12 (6), zweiter Satz VOBK, und entsprechend dem Antrag der Beschwerdegegnerin, nicht in das Verfahren zu.

5. Neuheit (Artikel 100 a) und 54 EPÜ)

5.1 Die Kammer wies in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK unter Punkt 10 auf die folgende Sach- und Rechtslage zur Neuheit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 6 in erteilter Fassung hin. Die Kammer sieht keinen Grund, von ihrer diesbezüglichen Meinung abzurücken und bestätigt diese wie folgt, auch unter Berücksichtigung der Anmerkungen hierzu unter Punkt 6 des von der Beschwerdeführerin eingereichten Schriftsatzes vom 4. April 2025.

5.2 Die Beschwerdeführerin wandte sich gegen die Feststellungen unter Punkt II.30.1 der Entscheidungsgründe zur Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1, weil OV1 und OV2 (auf D11 gestützt) die Merkmale M1.6, M1.8, M1.9 und M1.11 von Anspruch 1 nicht zeigten.

5.3 Neuheit gegenüber OV1

5.3.1 Laut der Beschwerdeführerin werde bei allen UDL2-Steuerungen, wie sie auch bei OV1 eingesetzt würden, der Motor bei Abschalten von einer Spannungsversorgung getrennt. D11, OV1-1, den Videos sowie den eidesstattlichen Versicherungen und Aussagen der Zeugen Jark und Schiefner sei zu entnehmen, dass in der Ruheposition, in der die Rampe aufliege, sowohl der Motor als auch die Magnetventile von der Spannungsversorgung getrennt seien. Das Merkmal M1.6 sei in der angefochtenen Entscheidung unzutreffend ausgelegt. Ein Unterschied zwischen Ausschalten und Trennen sei nicht ersichtlich. Merkmal M1.6 sei somit durch OV1 offenbart.

Zu Merkmal M1.8 führe die angefochtene Entscheidung keine Entscheidungsgründe an. Es sei offensichtlich, dass bei der UDL2 die Tasten betriebsbereit blieben, da diese zum Einleiten eines erneuten Betriebs aus der Ruhestellung heraus betätigt würden (siehe D11, Videos 1 bis 4, Aussagen der Zeugen Jark, Schiefner und Noetzig sowie deren eidesstattliche Versicherungen). Merkmal M1.8 sei somit durch OV1 offenbart.

Die UDL2 weise Klemmen (Y5 und Y6, siehe D11 und OV1-1, Foto 20 und OV1-5) für Überwachungssensoren auf. In D11 sei der Anschluss von Überwachungssensoren auf den Seiten 12 bis 14 als verfügbare Optionen beschrieben. D11 sei eine Montage- und Bedienungsanleitung und somit eine Anleitung für die Bedienung, also für ein Verfahren zum Betrieb der mit der Steuerung angesteuerten Ladebrücke. Da D11 Teil von OV1 sei, sei dadurch auch unmittelbar und eindeutig ein Betriebsverfahren offenbart, bei dem Überwachungssensoren an die entsprechenden Klemmen gemäß Merkmal M1.9 angeschlossen seien.

Dass die UDL2 nach Betätigung des Eingabeelements "Autoreturn" zunächst die Rampe mit dem Motor hochfahre, dann den Motor ausschalte und nach einer bestimmten Zeitverzögerung auch das Magnetventil stromlos schalte, sei durch die Videos 1 bis 4 dokumentiert. Wenn zunächst der Motor abgeschaltet und dann nach einer gewissen Zeit das Magnetventil abgeschaltet werde, sei ab der Abschaltung des Magnetventils der Rampenantrieb im Ruhemodus und stromlos. Somit sei das Merkmal M1.11 offenbart.

5.3.2 Die Kammer ist von der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht überzeugt und folgt den Entscheidungsgründen unter den Punkten II.30.1.7 bis II.30.1.9 sowie der Beschwerdegegnerin.

Die Merkmale M1.6 und M1.8 betreffen den Bereitschaftsmodus. Nach Absatz [0006] des Streitpatents, Zeilen 19 bis 23, dient der Bereitschaftsmodus dazu, den Energiebedarf und damit den Stromverbrauch zu reduzieren, ohne dass dabei die Funktionalität der Laderampe beeinträchtigt wird. Hierzu empfiehlt das Streitpatent in Absatz [0005] ein vollständiges Abschalten. Das vollständige Abschalten findet seine Entsprechung in dem Ausdruck "von einer Spannungsversorgung getrennt" im Merkmal M1.6. Daher ist ein Unterschied zwischen Ausschalten und Trennen zu sehen. Nach Merkmal M1.6 wird im Bereitschaftsmodus eine erste Gruppe von elektrischen Einrichtungen von der Spannungsversorgung getrennt. Auf Seite 8 von D11 werden die optional eingestellten Funktionen ausgeschaltet. Das Ausschalten bzw. das Abschalten über ein Relais, wie von der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 4. April 2025, Punkt 6.1 behauptet, ist jedoch nicht eindeutig als ein Trennen entnehmbar. Keiner der Zeugen konnte erklären, ob und wie eine Trennung in OV1 stattfindet. Ferner konnte keiner der Zeugen bestätigen, dass auch der Motor der Leipziger Überladenbrücke, der Teil der ersten Gruppe von elektrischen Einrichtungen ist, im Bereitschaftsmodus ausgeschaltet oder von der Spannungsversorgung getrennt wird. Seiten 12 und 13 von D11 beziehen sich auf optionale Elemente. Der Zeuge Jark bestätigte, dass die Überladebrücke ohne jegliches optionales Zubehör dem Klinikum geliefert wurde. Dass der Übergang in den Bereitschaftsmodus nicht unverzüglich erfolgt, wurde von den Videos und den Zeugen bestätigt. Es bleibt jedoch unklar, ob es sich um eine vorgegebene Zeitverzögerung gemäß M1.11 handelt, d. h. nach der Betätigung des Eingabeelementes oder nach dem Steuersignal. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Auslegung des Anspruchs 1 unter Punkt 6.1 des Schriftsatzes vom 4. April 2025 (zwei letzten Absätze) ist somit irrelevant.

Dass die streitigen Merkmale auch den Videos 1 bis 4 nach OV1-2, OV1-3, OV1-4 und OV1-6 zu entnehmen seien, ist nicht überzeugend, da entsprechend der angefochtenen Entscheidung unter Punkt II.29.1 nicht bewiesen ist, dass die Videos den Stand der Anlage im Jahr 2008 wiedergeben.

5.3.3 Da OV1 die Merkmale M1.6, M1.8, M1.9 und M1.11 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen sind, ist der Gegenstand von Anspruch 1 neu gegenüber OV1.

5.4 Neuheit gegenüber OV2

5.4.1 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die zusammen mit der Bedienungsanleitung D11 ausgehändigten Steuerungen UDL2 das Verfahren mit allen Merkmalen M1.1 bis M1.11 offenbarten. Der bestimmungsgemäße Betrieb der UDL2 gemäß OV2 (auf D11 gestützt) zum Steuern einer Ladebrücke stelle ein Verfahren zum Betrieb einer Überladebrücke zum Be- und Entladen von Nutzfahrzeugen oder Containern gemäß Merkmal M1.1 dar (insbesondere D11, Seite 7).

5.4.2 Die Kammer ist von der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht überzeugt und folgt der Beschwerdegegnerin.

Bei einem Verfahrensanspruch, wie dem vorliegenden Anspruch 1, ist das Verwendungsmerkmal "zum Betrieb einer Überladebrücke zum Be- und Entladen von Nutzfahrzeugen oder Containern" ein funktionelles Verfahrensmerkmal. Die Zweckangabe definiert die spezifische Verwendung des Verfahrens, wobei die angegebene Verwendung eine echte technische Beschränkung des Verfahrens darstellt (siehe RdB, a.a.O, I.C.5.2.5).

Das Dokument D11 ist eine Montage- und Bedienungsanleitung der Laderampensteuerung UDL2. Dabei beschreibt D11 bereits kein Verfahren zum Betrieb einer Überladebrücke zum Be- und Entladen von Nutzfahrzeugen oder Containern, entsprechend Punkt II.29.10 der angefochtenen Entscheidung. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 4. April 2025 unter Punkt 6.2 wird auf Seite 7 von D11 kein Be- und Entladen von Nutzfahrzeugen oder Containern als solches offenbart, sondern nur, dass die Rampe bzw. Laderampe auf die Ladekante des angedockten Frachtwagens absinkt. Ferner ist die Kammer der Auffassung, dass Anspruch 1 dem unter Punkt 6.2 des Schriftsatzes vom 4. April 2025 genannten Fall a) entspricht, d. h. das Verfahren ist nur verwirklicht, wenn ein Nutzfahrzeug oder ein Container beladen oder entladen wird.

5.4.3 Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher neu gegenüber der Offenbarung von OV2.

5.5 Neuheit von Anspruch 6

5.5.1 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass der Gegenstand von Anspruch 6 nicht neu gegenüber der jeweiligen Offenbarung von OV1 und OV2 sei, weil die UDL2 zum Durchführen des Verfahrens nach Anspruch 1 eingerichtet sei.

5.5.2 Die Kammer ist nicht überzeugt und folgt den Gründen unter Punkt II.30.2 der angefochtenen Entscheidung, dass nicht bewiesen worden ist, dass die Steuerung UDL2 so programmiert war, dass sie die Schritte M1.6, M1.8 und M1.11 durchführen kann. Daher ist die Steuerung UDL2 nicht zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 eingerichtet.

5.5.3 Der Gegenstand von Anspruch 6 ist somit neu gegenüber OV1 oder OV2.

5.6 Der Einspruchsgrund mangelnder Neuheit von Artikel 100 a) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung nicht entgegen.

6. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) und 56 EPÜ)

6.1 Die Kammer wies in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK unter Punkt 11 auf die folgende Sach- und Rechtslage zur erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 6 in erteilter Fassung hin. Die Kammer sieht keinen Grund, von ihrer diesbezüglichen Meinung abzurücken und bestätigt diese wie folgt, auch unter Berücksichtigung der Anmerkungen hierzu unter Punkt 6 des von der Beschwerdeführerin eingereichten Schriftsatzes vom 4. April 2025.

6.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gegenüber OV1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Auch sei der Gegenstand von Anspruch 6 durch OV2 aufgrund der Lehre von D11 nahegelegt.

6.3 Die Kammer folgt hierzu den Entscheidungsgründen unter Punkt II.31.1 sowie der Beschwerdegegnerin.

Wie oben unter den Punkten 5.3 und 5.5 ausgeführt, unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 gegenüber OV1 durch die Merkmale M1.6, M1.8, M1.9 und M1.11, und nach OV2 ist die Steuerung UDL2 nicht zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 eingerichtet.

Die Beschwerdeführerin legte nicht dar, dass sich die den Gegenstand von Anspruch 1 gegenüber OV1 bzw. den Gegenstand von Anspruch 6 gegenüber OV2 unterscheidenden Merkmale in naheliegender Weise ergäben.

6.4 Der Einspruchsgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit von Artikel 100 a) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung nicht entgegen.

7. Erste Vorlagefrage

7.1 Die Beschwerdeführerin beantragte, der Großen Beschwerdekammer die folgende, erste Rechtsfrage vorzulegen:

"Wenn ein Einsprechender sich zum Nachweis einer offenkundigen Vorbenutzung rechtzeitig, wie z.B. bereits während der Einspruchsfrist, auf das Beweismittel der Begutachtung durch einen Sachverständigen gemäß Art. 117(1)e EPÜ in Verbindung mit R. 121 EPÜ beruft, darf das Angebot dieses Beweismittels allein aus dem Grund abgelehnt werden, dass eine Einspruchsabteilung im Einspruchsverfahren als zweiseitigem Verfahren aus Gründen der Unparteilichkeit grundsätzlich nicht dazu angehalten sei, Beweismittel beizubringen?"

7.2 Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass die Klärung der Rechtsfrage, ob die Begutachtung durch einen neutralen Sachverständigen wegen drohendem Verstoß gegen die Unparteilichkeit zurückgewiesen werden kann, eine Frage grundsätzlicher Bedeutung sei.

7.3 Gemäß Artikel 112 (1) a) EPÜ kann eine Beschwerdekammer auf Antrag eines am Beschwerdeverfahren Beteiligten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, eine Frage an die Große Beschwerdekammer verweisen, wenn die Beschwerdekammer eine Entscheidung hierzu für erforderlich hält.

7.4 Die Kammer sieht jedoch im Hinblick auf eine fehlende Erheblichkeit der Vorlagefrage für die Entscheidung in der vorliegenden Sache keine Grundlage für die Vorlage der von der Beschwerdeführerin formulierten Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer (RdB, a.a.O., V.B.2.3.3).

7.5 Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin lehnte die Einspruchsabteilung das Angebot des Beweismittels der Begutachtung durch einen Sachverständigen nicht allein aus dem Grund der Unparteilichkeit ab. Hingegen begründete die Einspruchsabteilung unter Punkt II.29.9 der angefochtenen Entscheidung die Ablehnung auch dadurch, dass zudem hier kein Sachverständigengutachten erforderlich sei, weil sie in der Besetzung mit drei technisch vorgebildeten Prüfern selbst über die erforderlichen technischen Kenntnisse verfüge.

Damit ist die von der Beschwerdeführerin auf die alleinige Ablehnung des Angebots dieses Beweismittels aus Gründen der Unparteilichkeit gerichtete Frage für die Entscheidung in der Sache nicht relevant. Denn die Einspruchsabteilung gab dem Antrag auf Begutachtung durch einen Sachverständigen auch aus einem anderen Grund nicht statt. Somit ist die von der Beschwerdeführerin formulierte Voraussetzung "allein aus dem Grund abgelehnt werden" nicht gegeben, sodass die formulierte Frage nicht streitentscheidend ist.

Eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer ist somit für die Entscheidung des Falls im Sinne von Artikel 112 (1) a) EPÜ nicht erforderlich.

7.6 Der Antrag auf Vorlage der ersten Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer wird daher zurückgewiesen.

8. Zweite Vorlagefrage

8.1 Die Beschwerdeführerin beantragte, der Großen Beschwerdekammer die folgende, zweite Rechtsfrage vorzulegen:

"Muss der vor dem EPA anerkannt geltende Grundsatz der freien Beweiswürdigung auch Auswirkungen auf die Überprüfung im Beschwerdeverfahren haben, so dass die Beschwerdekammer die Beweiswürdigung nur aufheben und durch ihre eigene ersetzen sollte, wenn besondere Umstände vorliegen?"

8.2 Laut der Beschwerdeführerin gebe es divergierende Rechtsprechungen (siehe RdB, a.a.O., III.G.4.2.2 b)). Für eine Beschränkung der Überprüfung der Beweiswürdigung sprächen T 1418/17, T 1057/15 und T 41/19. Gegen eine solche Beschränkung sprächen T 1604/16, T 1138/20 und T 1991/23, wonach vielmehr die Beschwerdekammer zu einer vollständigen Überprüfung angefochtener Entscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht befugt sei.

8.3 Die Kammer sieht wiederum im Hinblick auf eine fehlende Erheblichkeit der Vorlagefrage für die Entscheidung in der vorliegenden Sache keine Grundlage für die Vorlage der von der Beschwerdeführerin formulierten Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer.

Selbst wenn man davon ausginge, dass es widersprüchliche Ansätze in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern gäbe, kommt die Kammer bei rechtlicher und tatsächlicher Überprüfung der erhobenen Beweismittel hier zum gleichen Ergebnis wie die Einspruchsabteilung, wie oben unter Punkt 1.2.9 dargelegt.

Die Kammer kommt also sowohl bei einer beschränkten Überprüfung der Beweiswürdigung der Einspruchsabteilung als auch bei einer vollständigen Überprüfung der erhobenen Beweismittel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zum gleichen Ergebnis wie die Einspruchsabteilung bei der Beweiswürdigung, sodass die von der Beschwerdeführerin formulierte Frage nicht entscheidungserheblich ist.

Eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer ist somit für die Entscheidung des Falls im Sinne von Artikel 112 (1) a) EPÜ nicht erforderlich.

8.4 Der Antrag auf Vorlage der zweiten Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer wird daher zurückgewiesen.

9. Rüge der angeblichen Verletzung des rechtlichen Gehörs - Regel 106 EPÜ

9.1 Die Beschwerdeführerin rügte gemäß Regel 106 EPÜ, dass die nach der vorläufigen Auffassung der Beschwerdekammer beabsichtigte Nichtberücksichtigung

- des Antrags auf Beweis durch Inaugenscheinnahme

- des Antrags auf Beweis durch Sachverständigengutachten

- des Beweismittels OV1-16

- der Beweismittel OV1-17 bis OV1-22 und/oder

- des Beweismittels OV1-23 und/oder

- das Angebot, Herrn Peter Menke als Zeuge zu vernehmen

einen schwerwiegenden Verstoß gegen Artikel 113 (1) EPÜ im Sinne von Artikel 112a (2) c)EPÜ darstelle.

9.2 Die Kammer sieht in der Ablehnung des Antrags auf Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme und des Antrags auf Beweiserhebung durch Begutachtung durch einen Sachverständigen keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wie oben unter Punkt 2 ausgeführt.

9.3 Laut der Beschwerdeführerin, weise die Beweiserhebung und Beweiswürdigung der Einspruchsabteilung schwerwiegende Mängel auf. Die Beschwerdeführerin musste darauf reagieren können. Daher seien die weiteren Beweismittel, die die in der Einspruchsschrift bereits geltend gemachten Tatsachen zu OV1 und OV2 weiter untermauern, zuzulassen. Eine Nichtzulassung stelle nach Auffassung der Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen Artikel 113 (1) EPÜ dar.

Es sei in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern anerkannt, dass eine starre Regelung, die sämtliche neuen Beweismittel im Beschwerdeverfahren ausschließen würde, sich in einigen Fällen ungerecht und unfair auswirken könnte und mit den in den Vertragsstaaten allgemein anerkannten Verfahrensgrundsätzen nicht vereinbar wäre (J 5/11, J 6/14, T 598/13). Dies gelte umso mehr für das Einspruchsverfahren. Die mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Beweismittel gemäß OV1-23 seien daher zuzulassen, um das rechtliche Gehör zu wahren.

9.4 Die Kammer sieht keine Mängel in der Beweiswürdigung und Beweiserhebung der Einspruchsabteilung, wie oben unter den Punkten 1.2 und 2 ausgeführt. Insofern ist der darauf gestützte Einwand zur Rechtfertigung einer Zulassung und bei Nichtzulassung eines Verstoßes gegen Artikel 113 (1) EPÜ gegenstandslos.

Die von der Beschwerdeführerin zitierte Rechtsprechung (J 5/11, J 6/14, T 598/13) unterlag der früheren Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern. Hinsichtlich der Zulassung der Beweismittel OV1-16 bis OV1-23 und des Angebots Herrn Peter Menke als Zeugen zur Bestätigung von OV1-23 zu vernehmen, übt die Kammer das ihr gemäß Artikel 12 (6) VOBK 2020 in der geltenden Fassung eingeräumte Ermessen dahingehend aus, die Beweismittel OV1-16 bis OV1-23 und den Antrag auf Zeugeneinvernahme nicht in das Verfahren zuzulassen (siehe unter Punkt 4 oben). Dass durch diese Ermessensentscheidung der Kammer das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin verletzt wäre, ist nicht ersichtlich. Die Frage der Zulassung der in Rede stehenden Beweismittel wurde vielmehr in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörtert.

9.5 Die Rüge gemäß den obigen sechs Punkten wird daher zurückgewiesen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Anträge auf Vorlage gemäß den zwei Fragen an die Große Beschwerdekammer werden zurückgewiesen.

3. Die Rüge gemäß den sechs Punkten auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 4. April 2025 wird zurückgewiesen.

Quick Navigation