European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2015:T086312.20150923 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 23 September 2015 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0863/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04027737.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | C03C 8/14 C09D 5/38 C04B 41/51 C03C 17/06 B44C 1/16 C09D 179/02 B44C 1/10 C03C 8/10 |
||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Edelmetallpräparate und Lüsterpräparate für den direkten und indirekten Siebdruck | ||||||||
Name des Anmelders: | Heraeus Deutschland GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | COLOROBBIA S.p.A Cabro S.p.A |
||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Änderungen in der Beschreibung Änderungen - Änderungen veranlasst durch einen Einspruchsgrund (ja) Formulierung als product-by-process - Klarheit der Ansprüche (ja) Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - Formulierung der Aufgabe Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden 2 (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, in der festgestellt wurde, dass unter Berücksichtigung der Änderungen auf der Basis des in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten 11. Hilfsantrags das Europäische Patent Nr. 1 559 693 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genüge. Das Patent betrifft Edelmetallpräparate und Lüsterpräparate für den direkten und indirekten Siebdruck.
II. Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung waren insbesondere folgende Dokumente zitiert worden:
D1: EP-A-0857707
D10: US-B-6399282
D11: US-B-6224898
D13: US-A-4048375
D14: US-A-5811219
D15: EP-A-0972793
D16: DE-C-3616547
D17: EP-A-0514073
D18: EP-A-0863187
D19: DE-A-10146684
D44: "Edelmetallzubereitungen und Lüster", Auszug aus Veröffentlichung des Verbands der Mineralfarbenindustrie, 1998
D45c: Römpp Chemie Lexikon, 9. Auflage, 1995, "Polyaminoamide"
D47: Erklärung Dr. Greczmiel und Hesse
D54: Erklärung Mandorlo
D59: Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage, 1976, Band 12, Seiten 552 und 553
D62: Versuchsbericht Dr. Greczmiel und Hesse.
III. Auch die Einsprechende 1 legte Beschwerde ein, zog diese jedoch in der Folge zurück.
IV. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin u.a. folgende Dokumente ein:
D63: Korrigierte Version von D54
D66: Bericht und Erklärung Dr. Betti
V. Die Beschwerdeführerin reichte im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens insbesondere noch folgende Dokumente ein:
D70: Bericht und Erklärung Dr. Betti
D71: Erklärung Dr. Betti, Korrektur zu D66
D76: Bericht und Erklärung Dr. Capobianco
D91: US 5 767 176 A
D93: US 2003/0104880 A1
D99: Auszug aus dem digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, berlin-brandenburgische Akademie der Wissenschaft
D103: Bericht Dr. Betti.
VI. Mit Schreiben vom 24. August 2015 reichte die Beschwerdegegnerin den unveränderten Hauptantrag und den 1. Hilfsantrag in Reinschrift ein. Darüber hinaus reichte sie einen geänderten 2., 3. und 4. Hilfsantrag ein.
VII. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 6 des Hauptantrags, d.h. des Antrags, den die Einspruchsabteilung für gewährbar erachtet hatte, lauten wie folgt:
"1. Edelmetallpräparat oder Lüsterpräparat, enthaltend mindestens ein Polyaminoamid, das durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und Polyethylenpolyamin erhältlich ist."
"6. Verwendung eines Edelmetallpräparates oder Lüsterpräparates nach einem der vorstehenden Ansprüche für den indirekten oder direkten Siebdruck für silikatische Oberflächen wie Keramik-, Glas- oder Porzellan."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 und 7 stellen besondere Ausgestaltungen des Gegenstandes von Anspruch 1 dar.
VIII. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:
Regel 80 EPÜ
In der Beschreibung seien Textstellen in Absatz 0011 gestrichen worden, die einen Widerspruch beheben sollten. Ein solcher Widerspruch beträfe einen Einwand wegen mangelnder Klarheit. Ein derartiger Einwand sei jedoch kein Einspruchsgrund. Folglich sei die Streichung dieser Textstellen auch nicht durch einen Einspruchsgrund veranlasst.
Artikel 123(2),(3) EPÜ
Durch die genannte Streichung könne der Ausdruck "Polyaminoamide" auch so ausgelegt werden, dass Verbindungen umfasst sein sollen, bei denen keine freien Amino-Gruppen vorhanden seien. Da solche Verbindungen nicht ursprünglich offenbart seien, gehe der Gegenstand von Anspruch 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Zudem sei der unbestimmte Artikel "einem" aus der dem Absatz 0011 entsprechenden Textstelle in den ursprünglichen Unterlagen nicht in Anspruch 1 des Hauptantrags aufgenommen worden, was auch zu einem ursprünglich nicht offenbarten Gegenstand führe.
Außerdem sei der Schutzbereich von Anspruch 1 erweitert worden. Anspruch 1 wie erteilt sei nämlich im Lichte von Absatz 0011 der Beschreibung des Patents in seiner erteilten Fassung auszulegen und sei deshalb auf Verbindungen beschränkt, welche freie Amino-Gruppen aufwiesen. Anspruch 1 gemäß dem vorliegende Hauptantrag umfasse jedoch auch Polyaminoamide, bei denen keine freien Amino-Gruppen vorhanden seien, was sich insbesondere aus dem abhängigen Anspruch 2 ergebe.
Klarheit der Ansprüche
Das Erfordernis der Klarheit der Ansprüche sei nicht erfüllt, da gemäß der Rechtsprechung, insbesondere T 150/82, die Formulierung eines Produktanspruchs in der Form eines product-by-process nur dann zulässig sei, wenn die Anmeldung in der ursprünglichen Fassung keine strukturelle Definition des Produkts enthalte. Im vorliegenden Fall sei jedoch auf Seite 3 der Anmeldung eine Strukturformel offenbart. Auch vor dem Hintergrund der Entscheidung T 552/91 erfülle Anspruch 1 nicht das Erfordernis der Klarheit.
Das Erfordernis der Klarheit sei auch deshalb nicht erfüllt, weil im geänderten Absatz 0011 ein Widerspruch zwischen dem Ausdruck "einer polymeren Fettsäure, wie z.B. einer dimeren oder trimeren Säure" und dem Ausdruck "die polymere Fettsäure eine Mischung... ist" bestehe.
Ausführbarkeit
Edelmetallpräparate, die unter Anspruch 1 des Hauptantrags fielen, seien zu viskos, um verdruckt zu werden, wie dies die Versuchsberichte D54/D63, D66/D71, D70, D76 und D103 belegten. Es sei für den Fachmann jedoch nicht möglich vorab festzustellen, auf welchen Wert die Viskosität einzustellen sei und wie die Zusammensetzung verändert werden müsse, wenn unterschiedliche Polyaminoamide verwendet würden. Außerdem führten andere anspruchsgemäße Präparate zu unbefriedigenden Ergebnissen, d.h. ergeben Abziehbilder die zu dunkel und zu matt seien. Darüber hinaus sei die Abfolge von Erhitzen und Mischen wesentlich für die Erfindung, wie dies aus D76 hervorgehe. Die diesbezügliche Information fehle jedoch im Patent. Auch seien die Beispiele des Patents nicht nacharbeitbar, da das nunmehr auf dem Markt erhältliche Produkt Aradur 350 BD kein Polyaminoamid sei. Das Erfordernis der ständigen Rechtsprechung, wonach der Fachmann in der Lage sein müsse, im Wesentlichen alle unter die unabhängigen Ansprüche fallenden Ausführungsformen nacharbeiten zu können, sei somit nicht erfüllt.
Neuheit
Die Dokumente D15, D91 und D93 seien neuheitsschädlich für den Gegenstand von Anspruch 1. Insbesondere offenbarten die Abschnitte 0024 und 0025 von D93 Edelmetall- bzw. Lüsterpräparate enthaltend Polyaminoamide, welche durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und einem Polyamin, ausgewählt aus Ethylendiamin, Diethylentriamin und Triethylentetramin, erhältlich sei.
Erfinderische Tätigkeit
D15 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar.
Die Aufgabe der verbesserten Lagerungsbeständigkeit der Edelmetallpräparate bzw. Lüsterpräparate gemäß Anspruch 1 sei nicht gelöst. Insbesondere könne aus den in den Dokumente D47 und D62 beschriebenen Dehnversuchen nicht auf eine erhöhte Lagerungsbeständigkeit der verwendeten Pasten geschlossen werden. Die zu lösende Aufgabe könne im übrigen nicht darin gesehen werden, die Alterungsbeständigkeit der durch die Präparate nach Anspruch 1 des Hauptantrags erhaltenen Abziehbilder zu verbessern. Das Patent enthielte nämlich keine diesbezüglichen Versuche. Gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern und insbesondere gemäß T 1329/04 könne ein technischer Effekt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nur dann herangezogen werden, wenn dieser sich auf Daten aus dem Patent stütze. Das Beispiel GG 187/11 in D47 könne nicht nachgearbeitet werden, da das verwendete Polyamid nicht beschrieben sei. Die zu lösende Aufgabe sei somit die Bereitstellung alternativer Präparate. Die Lösung der Aufgabe sei im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen naheliegend.
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei auch ausgehend von einem der Dokumente D1, D10, D11, D13, D14, D16, D17, D18 oder D19 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen naheliegend. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich hiervon lediglich durch das verwendete Polyaminomid.
Gegen das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit spräche auch, dass die dem Streitpatent entsprechenden nationalen Anmeldungen in den USA und in China von den jeweiligen Behörden als nicht patentierbar beurteilt worden seien.
IX. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:
Regel 80 EPÜ
Die Änderungen in Anspruch 1 und in der Beschreibung seien vorgenommen worden, um dem Einwand der mangelnden Ausführbarkeit der Einspruchsabteilung zu entgegnen. Die Änderungen seien daher durch einen Einspruchsgrund nach Artikel 100 EPÜ veranlasst.
Artikel 123(2),(3) EPÜ
Die Änderungen führten nicht zu einer unzulässigen Erweiterung, da der geänderte Anspruch eine ursprünglich offenbarte, bevorzugte Ausführungsform beträfe. Gemäß den ursprünglichen Unterlagen Seite 3, Zeilen 10 bis 12, seien nämlich solche Polyaminoamide bevorzugt, die durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und Polyethylenpolyamin erhalten würden.
Klarheit der Ansprüche
Die Beschreibung des Produkts in Anspruch 1 unter Bezugnahme auf sein Herstellungsverfahren entspräche der in üblichen Fachbüchern verwendeten Formulierung, wie dies aus D45c hervorgehe. Bereits aus diesem Grunde sei das Erfordernis der Klarheit der Ansprüche nach Artikel 84 EPÜ erfüllt. Eine solche Formulierung sei insbesondere im Lichte der Entscheidungen T 12/81 und
T 552/91 zulässig.
Erfinderische Tätigkeit
Als nächstliegender Stand der Technik sei D15 anzusehen. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von D15 nicht nur durch die Verwendung eines Polyaminoamids sondern auch dadurch, dass das verwendete Polyaminoamid ausgehend von einem speziellen Polyalkylpolyamin, nämlich Polyethylenpolyamin, erhältlich sei. Die zu lösende Aufgabe bestünde darin, Edelmetallpräparate und Lüsterpräparate zur Verfügung zu stellen, die bei den erhaltenen Abziehbildern zu einer geringeren Alterung in Form von Versprödungen führen bzw. bei denen nur eine einzige Harzklasse zur Anwendung kommen, durch die aber trotzdem flexible und elastische Abziehbildern erhalten werden können. Im Lichte der Abätze 0008 bis 0010 und 0014 der Patentschrift sei es plausibel, dass diese Aufgabe gelöst sei. D47 mache es auch glaubhaft, dass diese Aufgabe gelöst sei. Das Vergleichsbeispiel GG 187/11 in D47 entspräche Beispiel 7/B von D15 und sei deshalb gewählt worden, da es gemäß D15 besonders vorteilhafte Eigenschaften besäße. Das Symbol "0" in Tabelle 1 von D47 sei als Referenzwert zu verstehen, der "durchschnittliche" oder "akzeptable" Eigenschaften darstellen solle und der auch dem Symbol "o" in der Tabelle in D62 entspräche. Die erfindungsgemäße Zusammensetzung Anton 159/3 in D62 hätte zwar nur solche akzeptable Eigenschaften ergeben. Allerdings sei dort nur ein Aradurgehalt von 4% eingesetzt worden, der einem Polyaminoamidgehalt von 2% entspräche. Aber auch dieser Versuch stelle eine Verbesserung gegenüber D15 dar, da in D15 das gleiche "akzeptable" Ergebnis nur mit einem Harzanteil erzielt würde, der um ein Vielfaches über dem in Beispiel Anton 159/3 von D62 verwendeten Gehalt läge.
X. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Beschwerde zurückzuweisen und hilfsweise das Patent auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 4, eingereicht mit ihrem Schriftsatz vom 24. August 2015 aufrecht zu erhalten.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Zulässigkeit der Änderungen nach Regel 80 EPÜ
1.1 Die geänderten Beschreibungsseiten, auf deren Grundlage die angefochtene Entscheidung erging, wurden von der Patentinhaberin (nunmehr Beschwerdegegnerin) in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht und sind als "Anlage 4" dem Protokoll der mündlichen Verhandlung beigefügt (siehe Punkt 11 des Protokolls).
In Absatz 0011 der geänderten Beschreibung wurden einige Textstellen gelöscht.
1.2 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin seien diese Löschungen unter Regel 80 EPÜ nicht zulässig.
1.3 Gemäß Regel 80 EPÜ "können die Beschreibung, die Patentansprüche und die Zeichnungen geändert werden, soweit die Änderungen durch einen Einspruchsgrund nach Artikel 100 veranlasst sind, auch wenn dieser vom Einsprechenden nicht geltend gemacht worden ist". Nach dem Wortlaut von Regel 80 EPÜ sind somit im Einspruchsverfahren nicht nur Änderungen der Ansprüche sondern auch solche der Beschreibung zulässig, sofern sie durch einen Einspruchsgrund veranlasst sind.
1.4 Laut dem Vortrag der Beschwerdegegnerin seien die Änderungen in der Beschreibung vorgenommen worden, um dem Einwand der mangelnden Ausführbarkeit der Einspruchsabteilung zu begegnen. Somit seien diese Änderungen durch einen Einspruchsgrund veranlasst.
1.5 Die Kammer stellt in diesem Zusammenhang zunächst fest, dass die Ansprüche des Hauptantrags, welche von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung als gewährbar erachtet wurden, hinsichtlich des Polyaminomids eingeschränkt sind. Das im beanspruchten Präparat enthaltene Polyaminoamid ist auf ein solches beschränkt, welches durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und Polyethylenpolyamin erhältlich ist.
Diese Einschränkung war offensichtlich durch einen Einspruchsgrund, nämlich jenem der mangelnden Offenbarung, veranlasst (vgl. insbesondere Punkte 5 und 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung). Es steht außer Streit, dass die in Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen durch einen Einspruchsgrund veranlasst sind.
1.6 Wird im Einspruchsverfahren vom Patentinhaber beantragt, das Patent mit geänderten Ansprüchen aufrecht zu erhalten, so ist die Beschreibung gemäß Artikel 101(3) iVm Artikel 84, zweiter Satz, EPÜ regelmäßig an diese Ansprüche anzupassen, um dem Erfordernis der Stütze in der Beschreibung zu genügen (vgl. T 323/05, Gründe 3). Daraus ergibt sich, dass Änderungen der Beschreibung, die darauf abzielen diese an Ansprüche anzupassen, deren Änderungen durch einen Einspruchsgrund veranlasst sind, selbst als durch einen Einspruchsgrund veranlasst anzusehen sind (vgl. auch T 1280/10, Gründe 3.1.2).
1.7 In Absatz 0011 der geänderten Beschreibung wurde die allgemeine Definition von Polyaminomid gestrichen und diese auf die in Anspruch 1 des Hauptantrags aufgenommene Definition beschränkt. Somit zielen diese Änderungen darauf ab, die Beschreibung an die geänderten Ansprüche, deren Änderungen durch einen Einspruchsgrund veranlasst sind (siehe Punkt 1.51.5 oben), anzupassen, weshalb diese Änderungen als durch einen Einspruchsgrund veranlasst anzusehen sind.
1.8 Die von der Beschwerdeführerin beanstandeten Änderungen in Absatz 0011 der Beschreibung sind daher unter Regel 80 EPÜ zulässig.
2. Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ
2.1 Gemäß dem Vortrag der Beschwerdeführerin, könne durch die Streichungen in Absatz 0011 der Ausdruck "Polyaminoamide" in Anspruch 1 auch so ausgelegt werden, dass Verbindungen umfasst sein sollen, bei denen keine freien Amino-Gruppen vorhanden seien. Da solche Verbindungen nicht ursprünglich offenbart seien, gehe der Gegenstand von Anspruch 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
2.2 Die Kammer kann sich der Beschwerdeführerin nicht darin anschließen, dass die genannten Streichungen zu einem Gegenstand führten, der ursprünglich nicht offenbart sei. Aus der Formulierung "Es handelt sich im wesentlichen..." im zweiten Absatz auf Seite 3 der ursprünglichen Beschreibung, welcher Absatz 0011 der Patentschrift wie erteilt entspricht, ergibt sich unmittelbar und eindeutig, dass unter dem Begriff "Polyaminoamid" jedenfalls solche Verbindungen zu verstehen sind, wie sie nunmehr in Anspruch 1 und Absatz 0011 genannt werden. Der Gegenstand von Anspruch 1 ergibt sich somit unmittelbar und eindeutig aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen. Aus den gleichen Gründen sind die Streichungen in Absatz 0011 unter Artikel 123(2) EPÜ nicht zu beanstanden.
2.3 Die Beschwerdeführerin trägt auch vor, dass der unbestimmte Artikel "einem" aus der entsprechenden Passage im zweiten Absatz auf Seite 3 der ursprünglichen Unterlagen nicht in Anspruch 1 des Hauptantrags aufgenommen worden sei, was auch zu einem ursprünglich nicht offenbarten Gegenstand führe.
Dieses Argument kann die Kammer nicht davon überzeugen, dass das Erfordernis von Artikel 123(2) EPÜ nicht erfüllt sei. Zum einen bezieht sich der unbestimmte Artikel "einem" im zweiten Absatz auf Seite 3 nämlich auf den Ausdruck "Polyamin" und nicht auf den Ausdruck "Polyethylen-polyamin". Zum anderen ergibt sich aus dieser Passage, dass ein bestimmtes Polyamin, nämlich "Polyethylen-polyamin" in der Kondensationsreaktion zum Einsatz kommen soll. Die Kammer kann daher keinen Grund erkennen, weshalb das Fehlen des unbestimmten Artikels vor dem Ausdruck "Polyethylenpolyamin" zu einem Gegenstand führen sollte, der nicht unmittelbar und eindeutig in der Anmeldung in ihrer ursprünglichen Fassung enthalten gewesen wäre.
2.4 Die Kammer kommt daher zum dem Schluss, dass das Erfordernis von Artikel 123(2) EPÜ erfüllt ist.
3. Hauptantrag - Artikel 123(3) EPÜ
3.1 Gemäß dem Vortrag der Beschwerdeführerin sei Anspruch 1 wie erteilt im Lichte von Absatz 0011 der Beschreibung des Patents in seiner erteilten Fassung auszulegen und sei deshalb auf Verbindungen beschränkt, welche freie Amino-Gruppen aufwiesen. Anspruch 1 gemäß dem vorliegende Hauptantrag umfasse jedoch auch Polyaminoamide, bei denen keine freien Amino-Gruppen vorhanden seien, was sich insbesondere aus dem abhängigen Anspruch 2 ergebe. Folglich sei der Schutzbereich des Patent unzulässig erweitert worden.
3.2 Die Kammer kann sich der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht anschließen.
Zunächst ist festzustellen, dass der Begriff "Polyaminoamid" in Anspruch 1 wie erteilt jedenfalls solche Verbindungen umfasst, wie sie nunmehr in Anspruch 1 genannt werden, da in Absatz 0011 der Beschreibung in ihrer erteilten Fassung diese Verbindungen als unter die Definition von "Polyaminoamid" fallend beschrieben werden.
Darüber hinaus bemerkt die Kammer, dass Anspruch 2 wie auch Anspruch 3 des vorliegenden Hauptantrags bereits in der erteilten Fassung vorhanden waren. Im Übrigen ergibt sich auch aus der Beschreibung in der erteilten Fassung, dass durch das Merkmal "Polyaminoamid" in Anspruch 1 in der erteilten Fassung auch solche Verbindungen umfasst sein sollen, bei denen die Aminogruppen "inaktiviert" bzw. "blockiert" sind, was insbesondere durch Protonierung erfolgen kann (siehe Absätze 0016 bis 0019). Somit waren in der erteilten Fassung vom Schutzbereich auch solche Präparate umfasst, welche Polyaminoamid enthalten, wobei die Aminfunktionen des Polyaminoamids inaktiviert bzw. blockiert sind und insbesondere protoniert sind.
3.3 Die Kammer kann daher nicht erkennen, weshalb die Änderungen zu einer Erweiterung des Schutzbereichs im Sinne von Artikel 123(3) EPÜ führen sollen.
4. Hauptantrag - Klarheit der Ansprüche
4.1 Gemäß dem Vortrag der Beschwerdeführerin seien die Ansprüche nicht klar, weil zum einen in Anspruch 1 eine Definition eines Produkts über sein Herstellungsverfahren ("product-by-process") verwendet werde, wobei jedoch auf Seite 3 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht eine Strukturformel offenbart sei. Dies sei nicht vereinbar mit der Rechtsprechung der Beschwerdekammern, insbesondere mit der Entscheidung T 150/82. Zum anderen widerspräche Anspruch 2 und die Passage in den Absätzen 0016 bis 0018 des erteilten Patents der ursprünglichen breiten Definition von Polyaminoamid des Patents bzw. der entsprechenden Bedeutung im allgemeinen Fachwissen.
4.2 Die Kammer ist der Ansicht, dass die "product-by-process"-Definition in Anspruch 1 im vorliegenden Fall nicht zu einem Mangel an Klarheit führt.
4.2.1 Gemäß der von der Beschwerdeführerin zitierten Rechtsprechung muss die Form eines Anspruchs für ein Erzeugnis, das durch das Herstellungsverfahren gekennzeichnet ist ("Product-by-process"-Anspruch), solchen Fällen vorbehalten bleiben, in denen das Erzeugnis durch seine Zusammensetzung, seine Struktur oder sonstige nachprüfbare Parameter nicht hinreichend ("satisfactorily") definiert werden kann (siehe T 150/82, Gründe 10, letzter Satz).
4.2.2 Es trifft zwar zu, dass auf Seite 3 der ursprünglichen Unterlagen bzw. in Absatz 0011 der Patentschrift eine Strukturformel angegeben ist. Allerdings wird in diesen Textstellen auch explizit gesagt, dass eine genaue Strukturformel für Polyaminoamide nicht angegeben werden könne. Derartige Formeln dienten nur der Illustration und beschränkten die beschriebene Stoffklasse nicht. Darüber hinaus betrifft diese Formel die ursprüngliche breite Definition von Polyaminoamiden, wohingegen in Anspruch 1 des Hauptantrags auf eine bestimmte Unterklasse von Polyaminoamiden abgestellt wird, nämlich solche, die auf Polyethylenpolyamin basieren. Für diese Stoffklasse wird in der Beschreibung keine spezielle Formel angegeben.
4.2.3 Wie sich aus den Dokumente D45c und D59 ergibt, ist die Definition von Polyaminoamiden unter Rückgriff auf ihr Herstellungsverfahren, wie es in Anspruch 1 angegeben ist, Teil des allgemeinen Fachwissens und dem Fachmann geläufig.
4.2.4 Aus den genannten Gründen ergibt sich, dass im vorliegenden Fall das beanspruchte Erzeugnis nicht hinreichend im Sinne der Entscheidung T 150/82 durch seine Zusammensetzung, seine Struktur oder sonstige nachprüfbare Parameter definiert werden kann. Darüber hinaus ist eine derartige Definition dem Fachmann geläufig und somit hinreichend klar.
4.2.5 Auch der Verweis der Beschwerdeführerin auf die Entscheidung T 552/91 vermag die Kammer nicht davon zu überzeugen, dass das Erfordernis der Klarheit nicht erfüllt sei. Zum einen ging es in dem dieser Entscheidung zugrunden liegenden Fall um die Vereinbarkeit eines ursprünglich nicht offenbarten product-by-process-Anspruchs (siehe Punkt 4 der Entscheidungsgründe). Zum anderen kam die zuständige Kammer auch in dieser Entscheidung zu dem Schluss, dass die Formulierung eines anderen, ursprünglich offenbarten Anspruchs in der Form eines product-by-process-Anspruchs mit dem Erfordernis der Klarheit vereinbar war (siehe T 552/91 supra, Gründe 5.2, 2. Absatz).
4.2.6 Folglich verstößt die product-by-process-Formulierung in Anspruch 1 nicht gegen das Erfordernis der Klarheit nach Artikel 84 EPÜ.
4.3 Die Kammer kann in Anspruch 2 und der Passage in den Absätzen 0016 bis 0018 des Patents keinen Widerspruch zur Bedeutung des Begriffs Polyaminoamid im allgemeinen Fachwissen erkennen. Die im allgemeinen Fachwissen bekannte Definition (siehe D45c) schließt nicht aus, dass die Aminfunktionen eines durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und Polyethylenpolyamin erhältlichen Polyaminoamids inaktiviert, also z.B. protoniert, sind. Im Übrigen kann dahingestellt bleiben, ob Anspruch 2 und die Absätze 0016 bis 0018 der ursprünglichen breiten Definition des Begriffs Polyaminoamids widersprechen, da diese ursprüngliche Definition in der dem Hauptantrag zugrunde liegenden Beschreibung gestrichen ist.
4.4 Auch kann die Kammer darin keinen Verstoß gegen das Erfordernis der Klarheit der Ansprüche erkennen, dass im geänderten Absatz 0011 ein Widerspruch zwischen dem Ausdruck "einer polymeren Fettsäure, wie z.B. einer dimeren oder trimeren Säure" und dem Ausdruck "die polymere Fettsäure eine Mischung... ist" bestünde.
Der erste Ausdruck schließt nämlich nicht aus, dass die verwendeten Fettsäuren auch als Gemisch vorliegen können.
4.5 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass Anspruch 1 und die Beschreibung den Erfordernissen der Klarheit der Ansprüche bzw. der Stütze in der Beschreibung gemäß Artikel 84 EPÜ genügen.
5. Hauptantrag - Ausführbarkeit
Um einen Einwand unter Artikel 83 EPÜ erfolgreich geltend zu machen, müssen insbesondere Informationslücken aufgezeigt werden, die nicht mit dem Fachwissen des Fachmanns geschlossen werden können.
5.1 Produktansprüche 1 bis 5 und 7
5.1.1 Zunächst weist die Kammer darauf hin, dass Anspruch 1 ganz allgemein ein Edelmetallpräparat oder Lüsterpräparat betrifft, das ein durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und Polyethylenpolyamin erhältliches Polyaminoamid enthält. Da derartige Polyaminoamide zweifelsohne hergestellt werden können (siehe z.B. D45c) und auch Edelmetallpräparate bzw. Lüsterpräparate im allgemeinen Fachwissen bekannt sind, kann es grundsätzlich keinen Zweifel geben, dass solche Polyaminoamide enthaltende Edelmetallpräparate bzw. Lüsterpräparate vom Fachmann zubereitet werden können.
5.1.2 Der Vortrag der Beschwerdeführerin stellt im Wesentlichen darauf ab, dass unter Anspruch 1 Präparate fielen, welche zu dickflüssig und damit nicht verdruckbar seien, zu dunklen und matten oder unbeständigen Abziehbildern oder zu solchen Abziehbildern führten, welche eine geringe Qualität aufwiesen.
5.1.3 Es werden jedoch keine dieser Eigenschaften in den Produktansprüche 1 bis 5 und 7 gefordert. Das Nichterreichen einer nicht beanspruchten Wirkung ist jedoch bei der Beurteilung der Ausführbarkeit grundsätzlich unbeachtlich (siehe T 2001/12, Gründe 3.4).
5.1.4 Daraus folgt, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 5 und 7 dem Erfordernis der ausreichenden Offenbarung nach Artikel 83 EPÜ genügt.
5.2 Verwendungsanspruch 6
5.2.1 Der Gegenstand von Anspruch 6 betrifft die Verwendung eines Edelmetall- bzw. Lüsterpräparats nach einem der Ansprüche 1 bis 5 für den indirekten und direkten Siebdruck für silikatische Oberflächen, welche z.B. aus Keramik-, Glas oder Porzellan bestehen.
5.2.2 Auch in diesem Anspruch wird nicht gefordert, dass die Verwendung der Präparate für den Siebdruck zu Abziehbildern mit einer besonderen Qualität oder Beständigkeit führen müssen. Insoweit sind die diesbezüglichen Einwände der Beschwerdeführerin aus den genannten Gründen bei der Beurteilung der Ausführbarkeit der Erfindung ebenfalls unbeachtlich.
5.2.3 In dieser Hinsicht bedarf das Argument der Beschwerdeführerin einer näherein Betrachtung, wonach unter Anspruch 1 auch solche Präparate fielen, die zu dickflüssig bzw. gelartig und damit nicht verdruckbar seien. Hierzu verweist die Beschwerdeführerin auf die in den Dokumenten D54/D63, D66/D71, D70, D76 und D103 enthaltenen Versuchsberichte.
5.2.4 Hinsichtlich D54/D63 bemerkt die Kammer, dass es zweifelhaft ist, ob die dort angeführten Versuche überhaupt belegen können, dass die untersuchten Zusammensetzungen nicht verdruckbar seien. Aus Seite 1 von D54/D63 geht nämlich hervor, dass die Zusammensetzungen durch Drucken auf Papier aufgebracht wurden und, nachdem sie getrocknet waren und vom Papier abgelöst waren, eingebrannt ("fired") wurden. Aus der Tabelle auf den Seiten 4 und 5 geht hervor, dass die erhaltenen Abziehbilder nach ihrer Beschaffenheit nach dem Einbrennen beurteilt wurden ("Appearance after firing"). Die Qualität aller Abziehbilder wurde entsprechend beurteilt. Auch wenn die Urteile teilweise negativ ausfielen (vgl. "Very bad") schließt die Kammer aus diesen Angaben, dass alle Zusammensetzungen zumindest zu einem gewissen Grad verdruckbar waren. Andernfalls hätten gar keine Abziehbilder hergestellt werden können, die dann eingebrannt wurden. Die Bemerkungen in der rechten Spalte in der Tabelle auf Seite 5 (Harz Nr. 1, "too thick after a few... weeks"; Harz Nr. 1 "but 30%", "too thick for printing and gels after a few days"; Harz Nr. 5, "nearly solid (unprintable)" scheinen sich somit auf den Zustand, also die Verdruckbarkeit, nach einer gewissen Lagerungszeit, d.h. auf die Lagerungsbeständigkeit des Präparats, zu beziehen. Es ist daher zweifelhaft, ob diese Versuche belegen können, dass die getesteten Präparate nicht verdruckbar sind, d.h. auch nicht kurz nachdem sie hergestellt worden sind.
5.2.5 In D70 konnten alle Präparate verdruckt werden. Dass einige erhaltene Abziehbilder sich in Wasser auflösen (vgl. Abschnitt "Conclusions"), ist bei der Beurteilung der Verdruckbarkeit unbeachtlich.
5.2.6 In den Versuchen nach D76 wurden die einzelnen Pasten bzw. Harze auf ihre Verdruckbarkeit untersucht und festgestellt, dass einige für das Drucken "nicht geeignet" seien (Seite 24, Punkt 6). Allerdings fanden diese Untersuchungen nach einer fünfmonatigen Lagerung statt ("after 5 months"). Aus diesen Versuchen lässt sich daher nicht der Schluss ziehen, dass diese Pasten in keinem Fall verdruckbar sind, d.h. z.B. auch nicht in einem sich an die Herstellung der Pasten anschließenden Zeitraum.
5.2.7 Gemäß D103 weisen die erhaltenen Abziehbilder eine geringe Homogenität und geringe Brillanz auf. Die hergestellten Präparate konnten jedoch verdruckt werden (siehe Abbildungen auf Seite 2).
5.2.8 Aus Tabellen 4 bis 6 von D66 geht hervor, dass einige Pasten zu einem "inhomogen" Druck bzw. der Druck "sehr schlecht" war, wobei bei letzteren auf die Abbildungen 10 und 11 verwiesen wird. In diesen Abbildungen wird jedoch angegeben, dass die dort verwendeten Pasten zumindest zu einem gewissen Grade verdruckbar sind. Zwar heißt es dort, dass das Sieb nicht vollständig mit Paste bedeckt ("not well covered by the paste") und die Goldkomponente ungleichmäßig verteilt ist ("the film gold is not homogeneous"). Diese Versuche können jedoch nicht zeigen, dass auch die dort verwendeten Pasten keinesfalls verdruckbar sind, da sie ja zumindest zu einem Teil auf das Sieb aufgebracht werden konnten. Dies trifft auch auf das Harz Nr. 11 zu (vgl. Abbildung 13).
5.2.9 Selbst wenn man zu Gunsten der Beschwerdeführerin davon ausgeht, dass eine wesentliche Anzahl der unter Anspruch 1 fallenden Präparate zu viskos sind, um beim Siebdruck verwendet zu werden, so lag es im Rahmen des allgemeinen Fachwissens, wie die Viskosität einzustellen ist, um die Eignung zur Verwendung beim Siebdruck herzustellen. So kann insbesondere die Konzentration des Polyaminoamids vermindert bzw. der Anteil an Lösungsmittel erhöht werden. Es ist aber auch möglich, den Anteil der Edelmetallkomponente zu verringern (vgl. z.B. D62, Seite 3, Versuch Anton 162/1). Dabei ist es nicht notwendig, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, dass der Fachmann vorab wissen muss, auf welchen Wert die Viskosität einzustellen ist.
5.2.10 Hinsichtlich der Verdruckbarkeit der Präparate nach Anspruch 1 ist abschließend festzustellen, dass die Beschwerdeführerin selbst eine Vielzahl von Versuchen durchgeführt hat, die zwar nach ihrem Vortrag zu unbefriedigenden Ergebnissen geführt hätten, bei denen die erhaltenen Präparate jedoch in der Tat verdruckbar waren. Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang beispielhaft auf die Versuche in D66/D71, Harze 1 bis 10 und 13 und D76, Tabelle auf Seite 14.
5.2.11 Schließlich kann auch das Argument der Beschwerdeführerin nicht überzeugen, wonach D76 belege, dass die Reihenfolge der Zugabe der Komponenten des Präparats ein wesentliches Merkmal sei, welches jedoch nicht im Streitpatent offenbart sei. Insbesondere aus der Tabelle auf Seite 14 von D76 ergibt sich nämlich, dass unabhängig von der Reihenfolge der Zugabe der Komponenten (Methode "H" oder Methode "C") Abziehbilder durch Siebdruck erhalten werden konnten. Ob die Reihenfolge auf die Qualität der erhaltenen Abziehbilder einen Einfluss hat, ist jedoch aus den unter Punkt 5.2.25.2.2 erwähnten Gründen bei der Beurteilung der Ausführbarkeit der in Anspruch 6 beanspruchten Erfindung unbeachtlich.
5.2.12 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass
der Fachmann in der Lage ist, im Wesentlichen alle unter den unabhängigen Anspruch 6 fallenden Ausführungsformen nacharbeiten zu können.
5.3 Nacharbeitbarkeit der Beispiele
Auch verfängt der Einwand nicht, wonach ein Beispiel aus dem Patent nicht nachgearbeitet werden könne, da das Produkt Aradur 350 BD zwar gegenwärtig auf dem Markt erhältlich sei, aber kein Polyaminoamid sei. Artikel 83 EPÜ erfordert nämlich nicht zwingend, dass jedes im Patent beschriebene Beispiel genau nacharbeitbar sein muss. Vielmehr muss der Fachmann in die Lage versetzt sein, im Wesentlichen alle unter die unabhängigen Ansprüche fallenden Ausführungsformen nachzuarbeiten. Dies ist, wie oben unter 5.15.1 und 5.25.2 gezeigt, der Fall.
5.4 Folglich ist das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung nach Artikel 83 EPÜ erfüllt.
6. Hauptantrag - Neuheit
6.1 Die Beschwerdeführerin trug im schriftlichen Verfahren vor, dass die Dokumente D15, D91 und D93 neuheitsschädlich seien, griff diesen Einwand während der mündlichen Verhandlung jedoch nicht mehr auf.
6.2 D15 offenbart nicht das in Anspruch 1 genannte Polyaminoamid, nämlich ein solches, das durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und Polyethylenpolyamin erhältlich ist.
6.3 Auch die Dokumente D91 und D93 können den Gegenstand der Ansprüche nicht vorwegnehmen. Diese Dokumente offenbaren nämlich weder ein Edelmetallpräparat noch ein Lüsterpräparat.
D91 betrifft wässrige Dispersionen zur Beschichtung von Papier. D93 betrifft Beschichtungen für Golfbälle. Zwar wird in D93 von "Glanz" gesprochen (Absatz 0004). Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass es sich bei den dortigen Zusammensetzungen um Lüsterpräparate im Sinne von Anspruch 1 und umso weniger um Edelmetallpräparate handelt. Der Fachmann würde unter "Lüsterpräparaten" lackartige Zubereitungen verstehen, welche wenigstens organische Verbindungen von Metallen enthalten (vgl. D44, "Lüsterpräparate", vgl. auch D99: "dünner, metallisch (sic) glänzender Überzug auf Porzellan und Keramik"). Weder D91 noch für D93 offenbaren Zusammensetzungen, welche solche organischen Verbindungen von Metallen enthalten.
6.4 Der Gegenstand der Ansprüche ist daher neu im Sinne von Artikel 54(1),(2) EPÜ.
7. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
7.1 Erfindung
Die Erfindung betrifft Edelmetallpräparate und Lüsterpräparate für den direkten und indirekten Siebdruck.
7.2 Nächstliegender Stand der Technik
Als nächstliegender Stand der Technik wurde von den Parteien Dokument D15 herangezogen. Im schriftlichen Verfahren trug die Beschwerdeführerin auch vor, dass auch die Dokumente D1, D11, D10, D13, D14, D16 bis D19 jeweils als nächstliegender Stand der Technik in Frage kämen, verfolgte diese Argumentationslinie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer jedoch nicht weiter. Die Kammer geht daher zunächst von D15 als nächstliegendem Stand der Technik aus.
D15 offenbart Edelmetallpräparate enthaltend aliphatische Polyamide mit Strukturelementen einer Dicarbonsäure und eines Diamins mit mehr als 8 C-Atomen, wobei bevorzugte Dicarbonsäurekomponenten in den Polyamiden Dimer-Fettsäuren sind (siehe Absatz 0020 von D15). D15 offenbart nicht, dass die Präparate ein Polyaminoamid enthalten, die durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und Polyethylenpolyamin erhältlich ist.
7.3 Aufgabe
7.3.1 Gemäß den Absätzen 0008, 0009 und insbesondere 0014 des Patents und dem Vortrag der Beschwerdegegnerin, bestand die Aufgabe des Patents darin, Edelmetallpräparate und Lüsterpräparate zur Verfügung zu stellen, die bei den erhaltenen Abziehbildern zu einer geringeren Alterung in Form von Versprödungen führen bzw. bei denen nur eine einzige Harzklasse zur Anwendung kommt, durch die aber trotzdem flexible und elastische Abziehbilder erhalten werden können.
7.3.2 Es trifft zwar zu, wie dies die Beschwerdegegnerin vorträgt, dass das Patent keine Versuche hinsichtlich der Dehnfähigkeit der Abziehbilder enthält. Im Patent wird jedoch die Dehnfähigkeit bzw. Elastizität und Flexibilität der Abziehbilder explizit angesprochen (siehe Absatz 0014). Ebenso wird die Rissbildung infolge von Alterung der Abziehbilder angesprochen (siehe Absatz 0008). Insofern ist es grundsätzlich zulässig bei der Formulierung der zu lösenden Aufgabe auf diese Eigenschaften abzustellen.
7.3.3 Dies steht auch nicht im Widerspruch mit der von der Beschwerdegegnerin zitierten Entscheidung T 1329/04. Gemäß dieser Entscheidung muss es aufgrund der ursprünglichen Offenbarung zumindest plausibel sein, dass die gestellte Aufgabe gelöst ist (siehe Gründe 12).
Hierzu ist zu bemerken, dass diese Frage zu unterscheiden ist vom tatsächlichen Erfolg der Lösung (siehe 7.57.5 ).
Was die Plausibilität der Lösung der Aufgabe vor dem Hintergrund der ursprünglichen Offenbarung angeht, so verweist die Kammer zunächst auf folgende Textstellen der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Patentanmeldung:
"Des weiteren neigen viele Präparate auch im gedruckten Abziehbild zur Alterung in Form von Versprödungen, die sich durch Rissbildung beim Applizieren und im Ausbrand zeigen" (Seite 2, vorletzter Absatz); "Es besteht weiter ein Bedarf nach Präparaten welche die genannten Nachteile nicht aufweisen" (Seite 2, letzter Absatz); "Es wurde gefunden, dass Edelmetallpräparate, welche Polyaminoamide enthalten... alle weiteren Anforderungen... erfüllen" (Seite 3, erster Absatz); "Ein besonderer Vorteil... ist, dass man Formulierungen ganz ohne die üblichen Zusätze natürlicher Harze... herstellen kann" (Seite 3, letzter Absatz); Das Problem bzw. die Herausforderung bei der Bereitstellung einer Abziehbilderpaste besteht aber in erster Linie darin, dass die gedruckten Abziehbilder sehr flexibel und elastisch sein müssen... Diese Eigenschaften erreichte man bislang nur mit den oben beschriebenen aufwendigen Bindemittelsystemen. Erfindungsgemäß wird dies durch Zugabe einer einzigen Harzklasse möglich" (Seite 4, erster Absatz).
Das Augenmerk der dem Patent zu Grunde liegenden Anmeldung war also von vornherein insbesondere auf die unter 7.3.17.3.1 genannte Aufgabe gerichtet. Zudem ist es für den Fachmann vor dem Hintergrund der ursprünglichen Aufgabe zumindest plausibel, dass diese Aufgabe gelöst ist, da grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Veränderung des in den Pärparaten verwendeten Harzsystems die Alterungsbeständigkeit der erhaltenen Abziehbilder beeinflussen kann.
Auch ist nicht ersichtlich, dass das allgemeine Fachwissen des Fachmanns Anhaltspunkte enthielte, die diese Plausibilität in Frage stellten. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem der genannten Entscheidung zu Grunde liegenden Fall. Dort gab es nämlich konkrete Anhaltspunkte im allgemeinen Fachwissen, die es nicht plausibel erscheinen ließen, dass die Aufgabe auch durch die beanspruchten Gegenstand gelöst wurde (T 1329/04 supra, Gründe 8).
7.4 Lösung
Gemäß Anspruch 1 wird vorgeschlagen, die Aufgabe durch ein Edelmetallpräparat oder Lüsterpräparat zu lösen, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass es mindestens ein Polyaminoamid enthält, das durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und Polyethylenpolyamin erhältlich ist.
7.5 Erfolg der Lösung
7.5.1 Von der Beschwerdegegnerin wurden in D47 Vergleichsversuche hinsichtlich der Dehnbarkeit der Abziehbilder durchgeführt. Dabei wurde die Dehnbarkeit nach beschleunigter Alterung (3 Tage bei 50**(o)C bzw. 80**(o)C) gemessen. Als Vergleichsbeispiel wurde Beispiel 7B herangezogen welches ausweislich der Tabelle auf den Seiten 6 und 7 von D15 zu einer sehr guten Dekorqualität führt. Gemäß D47 (Versuch GG 187/11) führten die Dehnversuche zu einer Dehnung mit Rissen. Im erfindungsgemäßen Versuch GG 188/11 wurde die Menge an Polyamin durch die entsprechende Menge an anspruchsgemäßem inaktiviertem Polyaminoamid (Aradur 100 BD) ersetzt. Dies führte zu einer Verbesserung der Dehnfähigkeit ("Dehnung ohne Risse"). In weiteren Versuchen (Anton 1 - 134/1 Anton 1 - 134/2) wurde das gesamte Bindemittelsystem ersetzt durch die entsprechende Menge an anspruchsgemäßem Polyaminomid, was zu einer weiteren Verbesserung der Dehnfähigkeit führte ("größere Dehnfähigkeit ohne Risse"). Diese Wirkung konnte auch durch die Hälfte der Menge an Polyaminoamid erreicht werden (Versuch Anton 1 - 135/4).
7.5.2 Hinsichtlich der Versuche in D47 trägt die Beschwerdeführerin vor, dass dort das Polyamin des Vergleichsversuchs GG 187/11 nicht angegeben sei und deshalb diese Versuche nicht nachgearbeitet werden könnten.
Dieses Argument ist nicht geeignet die Ergebnisse in D47 in Zweifel zu ziehen. Zum einen wird in D47 ein Polyamid verwendet, welches dort durch seinen Erweichungspunkt beschrieben ist, wie dies auch in D15 der Fall ist (siehe Seite 6, Zeile 7). Der Vergleichsversuch kann daher mit einem Polyamid mit dieser Eigenschaft nachgearbeitet werden.
7.5.3 Die von der Beschwerdegegnerin eingereichten Vergleichsversuche D62 zeigen, dass bei der Verwendung des beanspruchten Polyaminoamids als einzige Harzkomponente die Dehnbarkeit verbessert wird (vgl. Tabelle 1, Versuche Anton 159/1, 164/1, 162/1, 161/1, 165/1; Symbol "++"), wobei das Polyaminoamid nicht inaktiviert ist (Versuche Anton 159/1, 164/1, 162/1) oder durch NaOH bzw. oder Acetanhydrid inaktiviert ist (Versuche 161/1, 165/1). Selbst bei einem Harzanteil von nur 4% wurde eine dem Stand der Technik entsprechende Dehnbarkeit festgestellt (Versuch Anton 159/3, Symbol "o").
7.5.4 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass die Aufgabe gelöst ist. Eine Umformulierung der Aufgabe erübrigt sich somit.
7.6 Naheliegen
7.6.1 Zwar steht außer Streit, dass Polyaminoamide, die durch eine Kondensationsreaktion zwischen einer polymeren Fettsäure und Polyethylenpolyamin erhältlich sind, im allgmeinen Fachwissen bekannt waren. Der Stand der Technik gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass deren Verwendung in Edelmetall- oder Lüsterpräparaten nach D15 zu einer verbesserten Dehnfähigkeit von Abziehbildern führt, wenn diese einem Alterungsprozess unterworfen werden, bzw. dazu führt, dass bei Verwendung des Polyaminoamids als einzige Harzkomponente die Dehnfähigkeit der gemäß D15 erhaltenen Abziehbilder beibehalten werden kann. Ein derartiger Hinweis wird auch nicht von der Beschwerdeführerin vorgetragen.
7.6.2 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 6 für den Fachmann ausgehend von D15 als nächstliegenden Stand der Technik nicht nahegelegen hat.
7.7 Aus den gleichen Gründen lag es auch nicht nahe, ausgehend von den im schriftlichen Verfahren seitens der Beschwerdeführerin als für den nächstliegenden Stand der Technik in Frage kommenden Dokumenten zum Gegenstand der unabhängigen Ansprüche zu gelangen.
7.8 Der allgemeine Verweis der Beschwerdeführerin auf die Erteilungsverfahren vor den nationalen Behörden in den USA und in China kann nicht als substantiierter Einwand wegen mangelnder erfindersicher Tätigkeit gewertet werden. Die Kammer sieht auch keine Veranlassung die entsprechenden, von der Beschwerdeführerin beigebrachten Dokumente einer näheren Begutachtung zu unterziehen, da nicht ersichtlich ist, dass diese Verfahren auf Grundlage der gleichen Tatsachen und Beweismittel, insbesondere unter Berücksichtung der in den Dokumenten D47 und D62 dargestellten Vergleichsversuche, geführt wurden.
7.9 Das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ ist somit für den Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 erfüllt. Entsprechendes gilt für den unabhängigen Verwendungsanspruch 6.
7.10 Die Ansprüche 2 bis 5 betreffen besondere Ausführungsformen der Präparate nach Anspruch 1, von dem sie abhängen, und leiten ihre Patentfähigkeit von diesem ab. Dies trifft auch für Anspruch 7 zu, der gerichtet ist auf ein Abziehbild enthaltend ein Präparat nach einem der Ansprüche 1 bis 5.
8. Da der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin gewährbar ist, erübrigt sich eine Stellungnahme zu den Hilfsanträgen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.