T 1188/09 () of 7.4.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T118809.20110407
Datum der Entscheidung: 07 April 2011
Aktenzeichen: T 1188/09
Anmeldenummer: 01983474.6
IPC-Klasse: F03D 7/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Windenergieanlage
Name des Anmelders: Wobben, Aloys
Name des Einsprechenden: REpower Systems AG
Vestas Wind Systems A/S
GE Wind Energy GmbH
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
Schlagwörter: Vorlage an die Grosse Beschwerdekammer (zurückgewiesen)
Zulässigkeit der Beschwerde (ja)
Unzulässige Erweiterung des Anspruchs 1 wie erteilt (nein)
Zurückverweisung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0123/85
T 0528/93
T 0190/99
T 0407/02
T 1018/02
T 0420/03
T 0386/04
T 0218/07
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1261/13
T 0143/14
T 1270/18

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat am 28. Mai 2009 gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 24. März 2009 das Patent zu widerrufen, Beschwerde eingelegt, am 3. Juni 2009 die Beschwerdegebühr entrichtet, und am 3. August 2009 eine Beschwerdebegründung eingereicht.

II. Der Einspruch ist auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100(a), (b) und (c) EPÜ 1973 gestützt worden. Das Patent wurde aufgrund unzulässiger Erweiterung widerrufen.

III. Anspruch 1 des Patents wie erteilt lautet wie folgt:

1. Windenergieanlage mit einem Rotor mit wenigstens einem eine Längsachse aufweisenden Rotorblatt und einer Verstelleinrichtung zur Einstellung des Pitchwinkels des Rotorblattes, wobei der innere Bereich des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel (10) bildet, die zur Pitchwinkelverstellung um die Längsachse des Rotorblattes drehbar ist und wobei die Verstelleinrichtung wenigstens zwei Antriebe aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass die Antriebe (12) derart angeordnet sind, dass durch sie jeweils ein Drehmoment um die Längsachse des Rotorblattes an verschiedenen Stellen der Rotorblattwurzel (10) in das Rotorblatt eingeleitet werden kann."

IV. Am 7. April 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung über den Hauptantrag zurückzuverweisen, soweit diesem keine Einwendungen nach Artikel 100 (c) EPÜ mehr entgegenstehen, hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an die Einspruchsabteilung zur weiteren Erörterung der Hilfsanträge A bis C, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, weiter hilfsweise im Umfang der Hilfsanträge D bis O, eingereicht mit Schriftsatz vom 7. März 2011, soweit einem dieser Hilfsanträge keine Einwendungen nach Artikel 100 (c) EPÜ mehr entgegenstehen.

Sie hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Es sei ständige Rechtsprechung, dass die Patentinhaberin als einzige Beschwerdeführerin stets zur erteilten Fassung zurückkehren könne. Somit sei der in der Beschwerdebegründung gestellte Antrag zulässig. Die Dokumente D26 bis D36 seien eingereicht worden, um zu zeigen, dass "der innere Bereich des Rotorblattes" ein für den Fachmann stets anerkannter Fachbegriff sei. Für einen Fachmann könne der Ausdruck "wobei der innere Bereich des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel (10) bildet" nur "zum Achszapfen hin" bedeuten, es gebe keine andere technisch sinnvolle Auslegung.

Auch die Begriffe "Längsachse", "Drehmoment", sowie der Ausdruck "ein Drehmoment um die Längsachse des Rotorblattes" einleiten, würde der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen implizit entnehmen. Aus dem ursprünglichen Anspruch 1 sei klar, dass die Drehmomente auch nicht "gleichzeitig" in die Rotorblattwurzel eingeleitet werden müssten.

VI. Die Beschwerdegegnerinnen I, II und III (Einsprechende I, II und III) haben dem widersprochen und im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung sei nicht zulässig, weil die Patentinhaberin ihr Patent im Einspruchsverfahren nur in beschränktem Umfang verteidigt habe.

Die Dokumente D26 bis D36 seien verspätet, zum Teil nachveröffentlicht und sollten daher nicht in das Verfahren aufgenommen werden.

Dem Merkmal "wobei der innere Bereich des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel (10) bildet" könne die Bedeutung "die Rotorblattwurzel wird im Innenraum des Rotorblattes gebildet" zukommen. Diese Auslegung sei aber nicht ursprünglich offenbart.

Auch die Begriffe "Längsachse", "Drehmoment", sowie der Ausdruck "ein Drehmoment um die Längsachse des Rotorblatte … eingeleitet werden kann", seien nicht ursprünglich offenbart. Des Weiteren sei den ursprünglichen Unterlagen lediglich zu entnehmen, dass die Kraft zum Verstellen des Rotorblattes an mehreren Stellen gleichzeitig in die Blattwurzel eingeleitet werde. Gemäß dem erteilten Anspruch 1 brauchten die jeweiligen Drehmomente nicht mehr "gleichzeitig" eingeleitet zu werden. Somit sei Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unzulässig erweitert worden.

Die Beschwerdegegnerinnen I, II und III haben beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin III hat zusätzlich beantragt folgende Rechtsfrage der Großen Beschwerdekammer vorzulegen:

"Kann ein Patentinhaber den Gegenstand eines Hauptantrags, den er vor der Einspruchsabteilung aus dem Verfahren gezogen hat, (vorliegend: Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung) im Beschwerdeverfahren weiterverfolgen?"

Da diese Rechtsfrage von den Beschwerdekammern unterschiedlich beurteilt worden sei, sei eine Vorlage an die Grosse Beschwerdekammer gerechtfertigt.

Entscheidungsgründe

1. Vorlage an die Grosse Beschwerdekammer:

Die Beschwerdegegnerin III hat vorliegend beantragt, die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde im Wege einer Vorlage nach Art. 112(1)(a) EPÜ durch die Große Beschwerdekammer prüfen zu lassen. Diesem Antrag kann die Kammer aus den sich nachstehend unter Punkt 2. ergebenden Gründen nicht stattgeben.

2. Zulässigkeit der Beschwerde:

2.1 Die Beschwerdegegnerinnen stützen sich für ihre Ansicht, die Beschwerde sei unzulässig, darauf, dass der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren verteidigte Anspruchssatz gegenüber dem erteilten Patent eine Beschränkung dargestellt habe. Über den Anspruchssatz des Patents wie erteilt habe die Einspruchsabteilung nicht entschieden, und der Patentinhaber könne, nachdem er im Einspruchsverfahren eine beschränkte Fassung vorgelegt habe, im Beschwerdeverfahren nicht mehr das Patent in einer breiteren Fassung, nämlich der erteilten, verteidigen.

2.2 Nach gefestigter Rechtsprechung der Beschwerdekammern kann der Patentinhaber im Einspruchsverfahren nicht durch Erklärung teilweise auf sein Patent verzichten und mit der Erklärung eines solchen Verzichts seinem Patent unwiderruflich einen beschränkten Inhalt geben (Entscheidung T 123/85, ABl. 1989, 336, Punkt 3.1.1 der Gründe). Aus diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung weiter hergeleitet, dass es dem beschwerdeführenden Patentinhaber, dessen im Einspruchsverfahren nur in beschränkter Fassung verteidigtes Patent widerrufen wurde, nicht verwehrt sein könne, in der Beschwerde dessen Aufrechterhaltung in der erteilten Fassung anzustreben. So heißt es in Punkt 1.2 der Entscheidung T 407/02 vom 12. November 2003:

"Umgekehrt ist es nach herrschender Meinung selbst dem Patentinhaber, der sein Patent im Einspruchsverfahren nur beschränkt verteidigt hat, grundsätzlich (d. h. soweit nicht im Einzelfall das Verbot der reformatio in peius eingreift oder ein Verfahrensmissbrauch vorliegt) nicht verboten, im Beschwerdeverfahren wieder zu einer breiteren einschließlich der erteilten Fassung seines Patentbegehrens zurückzukehren, weil zwischenzeitliche Einschränkungen des Patentbegehrens keinen Verzicht auf Teile des Patents bedeuten, sondern nur als Formulierungsversuche anzusehen sind, die das Patent gegenüber Einwänden abgrenzen sollen (Benkard/Günzel, EPÜ, München 2002, Artikel 107, Rdnr. 17). Die Einsprechenden müssen also in jedem Fall damit rechnen, dass der Patentinhaber, dessen Patent durch die Einspruchsabteilung widerrufen wurde, sein Patent im Beschwerdeverfahren im erteilten Umfang verteidigt."

Die kurz danach ergangene Entscheidung T 1018/02 vom 9. Dezember 2003 ist dem ausdrücklich gefolgt (Punkt 2.4 der Gründe). Die Entscheidung T 386/04 vom 9. Januar 2007 hat diese Auffassung nochmals bekräftigt und dargelegt, dass vermeintlich entgegenstehende Entscheidungen stets Sachverhalte betrafen, bei denen die Anspruchsänderung einem Verfahrensmißbrauch gleichgekommen war (Punkt 1 der Gründe). Die Kammer nimmt dort auch zu der vermeintlich abweichenden und von den Beschwerdegegnerinnen vorliegend angezogenen Entscheidung T 528/93 vom 23. Oktober 1996 Stellung. Die von den Beschwerdegegnerinnen vorliegend ebenfalls zitierte Entscheidung T 420/03 vom 10. Mai 2005 befasst sich mit der Frage, ob es nach Ablauf der Beschwerdebegründung noch zulässig sein soll, die zuvor nicht angegriffene abweichende Kostenverteilung durch die Einspruchsabteilung zu rügen, also eine ganz andere Frage.

2.3 Vorliegend sieht die Kammer weder einen Grund von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen, noch eine Divergenz zwischen den Entscheidungen der Beschwerdekammern in dieser Sache, die eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer erforderlich machte.

Die Beschwerde ist damit zulässig.

3. Unzulässige Erweiterung:

3.1 Anspruch 1 gemäß Hauptantrag enthält, unter anderen, folgende Ausdrücke und Begriffe:

"wobei der innere Bereich des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel (10) bildet", "Längsachse", "Drehmoment", sowie "ein Drehmoment um die Längsachse des Rotorblattes … eingeleitet werden kann".

3.2 In der angefochtenen Entscheidung erkannte die Einspruchsabteilung im Begriff "der innere Bereich des Rotorblattes" keine etablierte Begrifflichkeit auf dem Gebiet der Windenergieanlagen und stellte fest (Hervorhebungen hinzugefügt): "Nunmehr im Rahmen des Gegenstandes des Patents erscheint der Ausdruck, dass "der innere Bereich des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel (10) bildet" im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Rotorblätter sehr oft insbesondere in ihrem nabennahen Bereich hohl ausgebildet sind, am ehesten zu bedeuten, dass im (hohlen) Innenraum des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel gebildet ist".

Die angefochtene Entscheidung bewertet das Merkmal, dass "der innere Bereich des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel (10) bildet" als explizit nicht offenbart und mindestens eine "technisch logische" Auslegung umfassend, die weder explizit in der ursprünglichen Offenbarung enthalten, noch implizit aus ihr zu entnehmen sei, so dass die Einführung dieses Merkmals eine unzulässige Erweiterung darstelle.

3.3 Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen. Im erteilten Anspruch 1 wird nicht das Merkmal, dass "im Inneren des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel gebildet ist" sondern das Merkmal, dass "der innere Bereich des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel (10) bildet" beansprucht.

Die Kammer geht daher von der eindeutigen, wörtlichen Bedeutung des beanspruchten Ausdrucks aus, dass der innere Bereich des Rotorblattes die Rotorblattwurzel bildet, nicht jedoch, dass im Inneren des Rotorblattes eine Rotorblattwurzel gebildet ist. Daher scheidet nach Ansicht der Kammer die vorstehend genannte alternative Auslegung der Einspruchsabteilung bzw. der Beschwerdegegnerinnen aus rein sprachlicher Sicht aus.

3.4 Des Weiteren sollte der Fachmann bei der Prüfung eines Anspruchs unlogische oder technisch unsinnige Auslegungen ausschließen. Er sollte versuchen zu einer Auslegung des Anspruchs zu gelangen, die technisch sinnvoll ist und bei der die gesamte Offenbarung des Patents berücksichtigt wird (T 190/99, Orientierungssatz; T 218/07, Abschnitt 3.2.3).

Es ist unbestritten, dass ein Fachmann mit dem Begriff "Rotorblattwurzel" vertraut ist. Die Rotorblattwurzel wird als der von der Rotorblattspitze ausgehend am gegenüberliegenden Ende des Rotorblattes liegende Bereich verstanden.

Im vorliegenden Fall macht die Auslegung des Begriffs "der die Rotorblattwurzel bildende innere Bereich" als "Rotorblattinneres" technisch keinen Sinn, weil einerseits für einen Fachmann das Innere eines Rotorblatts keine Rotorblattwurzel bilden kann, und andererseits das Innere eines Rotorblatts weder das der Rotorblattspitze gegenüberliegende Ende des Rotorblattes noch den am gegenüberliegenden Ende der Rotorblattspitze liegenden Bereich des Rotorblatts bilden kann.

Es wurde auch vorgetragen, dass sich in D25 der in Figur 7.7 gezeigte innere Bereich des Rotorblatts zwischen Blattspitze und Nabensektion befinde. Diese Druckschrift macht jedoch auch deutlich, dass unter dem Innenbereich eines Rotorblatts niemals der innere Hohlraum verstanden wird, sondern der Teil des Rotorblatts, der relativ nah zur Drehachse liegt, wobei die Rotorblattspitze den äußeren Bereich des Rotorblatts bildet. Die dort nicht dargestellte Blattwurzel gehört offensichtlich zu dem inneren Bereich des Rotorblatts, weil sie sich am gegenüberliegenden Ende der Rotorblattspitze befindet und mithin der innerste Abschnitt des Rotorblatts bildet.

Es ist weiter ausgeführt worden, dass es vorstellbar sei, dass ein an der Nabe angebrachtes Teil in das Rotorblatt hineinrage und im Innenraum dieses befestigt sei. In diesem Fall wäre dann die Rotorblattwurzel im inneren Hohlraum gebildet. Eine solche Interpretation ist jedoch weder durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt noch realistisch, da in diesem Fall die Wurzel eigentlich nicht mehr ein Teil des Rotorblatts, sondern der Nabe wäre.

Aus alldem folgt, dass der Fachmann die Begriffe "der innere Bereich des Rotorblattes, der die Rotorblattwurzel bildet" und "der äußere Bereich des Rotorblatts" ausschließlich im Bezug auf die Drehachse versteht.

Der Fachmann schließt mithin die theoretisch in Betracht kommende Interpretationsmöglichkeit des Begriffs "der die Rotorblattwurzel bildende innere Bereich des Rotorblattes" als "Rotorblattinneres" aus, weil sie aufgrund seines Wissens und seines Verständnisses nicht in Betracht kommen kann und auch wegen der Tatsache, dass, wie von der Einspruchsabteilung bestätigt, keine explizite oder implizite Stütze für eine solche Interpretationsmöglichkeit in der ursprünglichen Offenbarung vorliegt.

3.5 Es wurde weiter vorgetragen, dass

- die Erfindung nicht auf einen besondern Typ von Windenergieanlagen beschränkt sei, und

- in den ursprünglichen Unterlagen keine Längsachse des Rotorblattes vorkomme, so dass das Profil des Rotorblattes völlig unbestimmt sei und daher nicht zwangläufig eine Längsachse besitze.

Die ursprüngliche Beschreibungseinleitung (WO-A-02/40862) lautet jedoch wie folgt "Die vorliegende Erfindung betrifft eine Windenergieanlage mit einem Rotor mit wenigstens einem Rotorblatt und einer Verstelleinrichtung für das Rotorblatt.

Solche Windenergieanlagen sind im Stand der Technik seit langem bekannt und werden auch in der Fachliteratur beschrieben. So z. B. bei Erich Hau in "Windkraftanlagen"."

Die genannte Veröffentlichung entspricht D25.

D25 offenbart also für die Erfindung gattungsgemäße Windenergieanlagen.

D25 beschreibt Windenergieanlagen mit einem am Ende eines Mastes befindlichen Generator, der von einem Rotor mit einer Nabe mit wagerechter Drehachse, angetrieben wird und mindestens ein Rotorblatt trägt.

Somit wird die Art von Windenergieanlagen, die gattungsgemäß für die Erfindung sind, klar definiert.

Dass die Rotorblätter einer solchen Windenergieanlage eine Längsachse haben, steht für den Fachmann zweifellos fest.

3.6 Die Beschwerdegegnerinnen haben weiter vorgetragen, dass der Ausdruck "Drehmoment" in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht vorkomme.

Es ist jedoch der ursprünglichen Anmeldung (WO-A-02/40862), Figur 1 und der Seite 3, letzter Absatz, zu entnehmen, dass die Verstellantriebe (12) über Zahnräder die Rotorblattwurzel (10) antreiben. Es wird daher zwangläufig auch ein Drehmoment in die Rotorblattwurzel eingeleitet.

3.7 Es ist auch bemängelt worden, dass in den Anmeldungsunterlagen nicht offenbart und es auch nicht selbstverständlich sei, wie durch D16, Figur 6 belegt, dass zur Pitchwinkelverstellung das Drehmoment um die Längsachse des Rotorblattes eingeleitet werde.

Obwohl Figur 1 der Anmeldung eine stark vereinfachte Darstellung der Rotorblattwurzel ist, kann daraus entnommen werden, dass diese im Schnitt kreisrund ist und die Rotorblattwurzel um ihre Achse gedreht wird. Die Rotorblattwurzel muss rund sein, weil ansonsten während der Rotation die Antriebe (12) nicht mit der Verzahnung (14) in Eingriff bleiben könnten. Entsprechend wird auf Seite 3, vorletzter Abschnitt angegeben: "Die Rotorblattwurzel selbst weist eine Außenverzahnung 14 an ihrem äußeren Umfang auf" und weiter "Die Verstellantriebe greifen über eine Verzahnung bevorzugt an einer Kugeldrehverbindung, die als Drehlager für das Rotorblatt eingebaut ist, an und verstellen hierüber das Rotorblatt". Da die Rotorblattwurzel also das Drehlager trägt, besteht für den Fachmann kein Zweifel, dass die besagte Drehachse der Rotorblattwurzel mit der Längsachse des Rotorblattes übereinstimmt.

Es ist vorgetragen worden, die Rotationsachse müsse nicht mit der Längsachse des Rotorblattes übereinstimmen, wie zum Beispiel aus D16: WO-A-99/23384 ersichtlich.

In D16 (Figur 6; Anspruch 19) trägt jedoch nicht die Rotorblattwurzel, wie in der vorliegenden Erfindung, das Drehlager, dieses wird durch die Nabe getragen, wobei das Rotorblatt an einer um einen Winkel geneigten Stirnfläche des Drehlagers angebracht ist. Es handelt sich somit um eine mit der vorliegenden Erfindung nicht vergleichbare Ausführungsform.

3.8 Ferner ist beanstandet worden, dass in der ursprünglich eingereichten Beschreibung, auf Seite 2, Absatz 2 angegeben wird, dass "die erforderliche Kraft zum Verstellen des Rotorblattes bzw. der Rotorblätter an mehreren Stellen gleichzeitig in die Blattwurzel eingeleitet werden", der erteilte Anspruch 1 jedoch nicht fordere, dass die Antriebe "gleichzeitig" ein Drehmoment in das Rotorblatt einleiten.

Der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 lautet jedoch wie folgt: "Windenergieanlage mit einem Rotor mit wenigstens einem Rotorblatt und einer Verstelleinrichtung für das Rotorblatt, dadurch gekennzeichnet, dass die Verstelleinrichtung mehr als einen Antrieb (12) aufweist". Dieser Anspruch bildet somit eine Grundlage, um im Anspruch 1 wie erteilt mehrere Antriebe zu beanspruchen, ohne dass diese "gleichzeitig" wirken müssten.

3.9 Folglich enthält der Patentanspruch 1 wie erteilt keine unzulässige Erweiterung und entspricht somit Artikel 123(2) bzw. 100(c) EPÜ.

4. Zulassung der Dokumente D26 bis D33:

Diese Dokumente sind einen Monat vor der mündlichen Verhandlung eingereicht worden und stellen somit eine Änderung des Vorbringens im Sinn des Artikels 13 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) dar.

Da diese Druckschriften für die vorliegend zu entscheidende Frage keine besondere Relevanz haben, hat die Kammer von ihrem Ermessen gemäß Artikel 13 (1) VOBK Gebrauch gemacht, um diese Druckschriften nicht in das Verfahren aufzunehmen.

5. Zurückverweisung:

Das Beschwerdeverfahren dient in erster Linie dazu, die angefochtene Entscheidung auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen. Da die angefochtene Entscheidung ausschließlich den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ behandelt, ohne über die weiteren erhobenen Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) und 100 b) EPÜ zu entscheiden und aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Parteien sich für eine Zurückverweisung an die erste Instanz ausgesprochen haben, hält die Kammer es für geboten von ihrem Befugnis nach Artikel 111(1) EPÜ Gebrauch zu machen und die Sache an die erste Instanz zur weiteren Prüfung insbesondere der Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 wie erteilt zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Der Antrag auf Vorlage an die Grosse Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde ist zulässig.

3. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

4. Die Sache wird zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen.

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