European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T113308.20110712 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 12 Juli 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1133/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04024052.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | G02B 5/18 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Beugungsgitter für elektromagnetische Strahlung sowie Verfahren zur Herstellung | ||||||||
Name des Anmelders: | Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. |
||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Weg zur Ausführung der beanspruchten Erfindung nicht ersichtlich. | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 04 024 052.5 (Veröffentlichungsnummer: EP 1 645 893) wurde von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.
II. Die Zurückweisung wurde von der Prüfungsabteilung damit begründet, dass die Herstellung der gemäß einem Hauptantrag und einem Hilfsantrag beanspruchten Gegenstände nicht so vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne, soweit die Ansprüche überhaupt klar waren. Hilfsweise begründete die Prüfungsabteilung ihre Entscheidung auch damit, dass Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu und die Gegenstände des Haupt- und Hilfsantrags nicht erfinderisch seien. Es wurde auf Druckschriften D1 bis D8 verwiesen.
III. Zur Offenbarung gemäß Art. 83 EPÜ führte die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung aus, dass Versuche für den Fachmann ein übliches Mittel seien, sich über technische Sachverhalte ein genaueres Bild zu machen. Das gelte insbesondere dann, wenn der Fachmann sich um die Ausführung einer beschriebenen Erfindung bemühe. Er beschränke sich nicht auf die reine Lektüre von Beschreibung, Ansprüchen und Zeichnungen, sondern werde auch Versuche durchführen, um sich eine zusätzliche Orientierung über die Erfindung oder eine Präzisierung der in ihr enthaltenen Angaben zu verschaffen. Es müsse jedoch ein Anlass bestehen, der einem Fachmann einen Versuch nahelege. Dieser Anlass sei in dem vorliegenden Fall dadurch gegeben, dass die zur Erzielung der sinusförmigen Oberfläche notwendigen Verfahrensbedingungen bzw. -parameter beim konkret eingesetzten Abscheidungsprozess festgelegt werden müssten (siehe z. B. T 312/88).
Die Versuche dürften dabei weder das übliche Maß überschreiten (T 68/85), noch dürften die entsprechenden Versuche unzumutbar sein (T 18/89). Auch diese beiden Kriterien seien im vorliegenden Fall erfüllt: Zunächst sei hierbei wesentlich, dass sich die Intensität des üblichen Maßes nach dem jeweiligen Fachgebiet und dem jeweils zuständigen Fachmann richte. Tatsächlich sei es bei der Vielzahl der konkret möglichen Beschichtungsverfahren (CVD-Verfahren, PVD-Verfahren, Sputter-Verfahren, wie beispielsweise das auf Seite 8, im letzten Absatz der Beschreibung erwähnte Magnetron-Sputtern, ...) für den Fachmann notwendig, zur Erzielung der konkreten Sinusstruktur je nach Verfahren unterschiedliche Prozessparameter einzustellen. Da deren Wahl, z. B. der Temperatur, der Prozessgase etc., jedoch stark von dem konkret eingesetzten Beschichtungsverfahren abhänge, sei eine genaue Angabe von speziellen Prozessparametern, die in einer spezifischen Beschichtungsanlage einzustellen seien, weder zielführend noch notwendig.
Die Zumutbarkeit der Versuche bedeute nicht, dass die Anmeldung dem Fachmann den besten und einfachsten Weg zu offenbaren hätte. Ein langer und beschwerlicher Weg, der aber eindeutig zum Erfolg führe, könne zumutbar sein (T 412/93). Auch sei der Fachmann an gelegentliche Fehlschläge beim Testen einer technischen Lehre gewöhnt (T 14/83).
Zur Stützung dieser Aussagen wurde von der Beschwerdeführerin ein von Herrn Prof. Dr. Johann W. Bartha, TU Dresden erstelltes Gutachten als Anlage zur Beschwerdebegründung vorgelegt.
IV. Zur Vorbereitung der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung hat die Kammer in einer vorläufigen Mitteilung u. a. auch zur Ausführbarkeit Stellung genommen und es in diesem Zusammenhang für sachdienlich gehalten, die folgende Druckschrift in das Verfahren einzuführen:
D9: WO 2007/036182
V. Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 26. Mai 2011 geänderte Ansprüche 1 bis 9 eingereicht und sich mit der Stellungnahme der Kammer auseinander gesetzt, insbesondere auch, was die Ausführbarkeit anbelangt.
VI. In der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2011 hat die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der zuletzt eingereichten Ansprüche 1 bis 9 zu erteilen. Der Anspruch 1 lautet:
1. Beugungsgitter für elektromagnetische Strahlung,
bei dem auf einer Oberfläche eines Substrates (1) eine Oberflächenstruktur, die aus äquidistant angeordneten, parallel zueinander ausgerichteten linienförmigen Strukturelementen (2) gebildet ist, ausgebildet ist, und
bei dem die gesamte Oberfläche des Substrates (1) und der Strukturelemente (2) mit mindestens einer weiteren Schicht (3) beschichtet ist, wobei die Schicht oder die Schichten (3) eine gleichmäßige in Wellenform konturierte sinusförmige Oberfläche mit alternierend angeordneten Wellenbergen und Wellentälern bildet oder bilden,
wobei die Strukturelemente (2) einen rechteck-, trapezförmigen oder zumindest teilweise in Form einer Ellipse ausgebildeten Querschnitt aufweisen und wobei die von der Schicht oder den Schichten (3) ausgebildete gleichmäßige sinusförmige wellenförmige Oberflächenkontur eine andere Oberflächentopologie aufweist als die von den Strukturelementen (2) ausgebildete Oberflächenkontur.
Der Anspruch 9 betrifft ein entsprechendes Verfahren zur Herstellung eines derartigen Beugungsgitters.
Am Ende der mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Nach Artikel 83 EPÜ "Offenbarung der Erfindung" ist die Erfindung in der Anmeldung "so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann". In der Ausführungsordnung bezieht sich die den Inhalt der Beschreibung betreffende Regel 27 (1) e) EPÜ 1973 (jetzt: Regel 42 (1) e) EPÜ 2000) auf die Offenbarung der Erfindung, wie auch aus den dem Artikel und der Regel hinzugefügten wechselseitigen Verweisungen hervorgeht. Nach diesen Vorschriften "ist wenigstens ein Weg zur Ausführung der beanspruchten Erfindung im Einzelnen anzugeben; dies soll, wo es angebracht ist, durch Beispiele und gegebenenfalls durch unter Bezugnahme auf Zeichnungen geschehen".
2. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch die Regel 29 (3) EPÜ 1973 (jetzt: Regel 43 (3) EPÜ 2000), die "besondere Ausführungsarten" der Erfindung definiert, auf die sich (abhängige) Patentansprüche beziehen, während die (unabhängigen) Patentansprüche die wesentlichen Merkmale der Erfindung wiedergeben.
3. Aus dem in den genannten Regeln niedergelegten Erfordernis, wenigstens einen Weg zur Ausführung der Erfindung im Einzelnen anzugeben, folgt unmittelbar, dass die Erfindung als nicht so deutlich und vollständig offenbart im Sinne von Artikel 83 gilt, wenn dieser Weg zur Ausführung nicht ersichtlich ist.
4. Die vorliegende Anmeldung ist, wie es allgemein üblich ist und der Ausführungsordnung des EPÜ entspricht, in der Beschreibung so abgefasst, dass zunächst das technische Gebiet der Beugungsgitter im allgemeinen und solcher für den Einsatz in Mikrospektrometern sowie ein diesbezüglicher allgemeiner Stand der Technik angegeben werden. Dann finden sich allgemeine Ausführungen zu Herstellungsverfahren mit den ihnen eigenen Nachteilen und der daraus entwickelten Aufgabe der Erfindung, d.h. effiziente Beugungsgitter in miniaturisierter Form zur Verfügung zu stellen, die kostengünstig und in hohen Stückzahlen herstellbar sind. Die darauf folgende Darstellung der Erfindung ist wiederum sehr allgemein gehalten. Zunächst werden die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale in einzelnen Sätzen wiederholt und teilweise erläutert. Es bilde sich unabhängig von der Oberflächenkontur der einzelnen Strukturelemente eine wellenförmige Oberflächenkontur bei der Beschichtung durch Ausnutzung eines Verrundungseffekts, siehe Anmeldebeschreibung, S.5, Z.2-8. Dabei sei die Querschnittsgeometrie der Strukturelemente "in begrenztem Maße unerheblich". "So können Strukturelemente - so der Wortlaut auf S.5, Z.10-28 - "rechteckige oder trapezförmige Querschnittsformen mit entsprechenden Kantenbereichen aufweisen. Auch zumindest teilweise ellipsenförmige Querschnittsformen, die beispielsweise durch Unterätzung ausgebildet werden können, sind bei der Ausbildung der Oberflächenkontur ohne weiteres beherrschbar. Vorteilhaft sollte(n) die zumindest eine oder mehrere übereinander ausgebildete Einzelschicht(n) eine sinusförmige Oberfläche bilden."
5. In diesem Stile folgen, siehe S.5, Z.30 - S.7, Z.13, weitere Angaben hinsichtlich einer Vielzahl von Ausführungen des Gitters (stichwortartig aufgezählt):
- planares Substrat "für Einsatz in einem vorgegebenen Spektralbereich";
- Transmissions- oder auch Reflexionsgitter mit einer oder mehreren "die jeweilige elektromagnetische Strahlung reflektierenden Schichten" (Metalle oder Metalllegierungen, z. B. Al, Ag, Au oder eine entsprechende Legierung),
- Interferenz ausnutzende Multischichtsysteme (lambda/4-Schichten);
- Herstellung mit Photolithographie;
- mit heutiger Technik können linienförmige Strukturelemente von mehr als 5000 auf 1 mm erhalten werden;
- PCD- oder CVD-Verfahren: "Für die Ausbildung der Schicht mit wellenförmiger Oberflächenkontur können an sich bekannte PVD- oder CVD-Verfahren eingesetzt werden";
- Großformatiges Beugungsgitter oder Vielzahl kleinformatiger Beugungsgitter jeweils in einem technologischen Schritt gleichzeitig bearbeitbar (Kostenreduktion);
- Mit erfindungsgemäßen Beugungsgittern werden Parameter wie spektrale Auflösung herkömmlicher Gitter erreicht.
Bei der Vielzahl von Möglichkeiten für die Auswahl geeigneter Materialien, Dimensionierungen und Verfahrensparametern, die in dem sich auf Ausführungsarten beziehenden Beschreibungsteil lediglich angedeutet werden, fehlen jedoch konkrete Angaben, die als der o. g. mindestens eine Weg zur Ausführung der beanspruchten Erfindung im Einzelnen angesehen werden könnte.
6. Dieser Weg ist auch nicht dem sich auf die einzige Figur beziehenden Beschreibungsteil ab S.8, Z.20 entnehmbar. Zwar sind dort Materialien (Si für das Substrat, Al für die Beschichtung) und Verfahren (Photolithographie und Ätzen) genannt, aber die Dimensionen der Strukturelemente fehlen wie auch die Bedingungen, insbesondere des Magnetronsputterverfahrens, mit denen eine sinusförmige Oberflächenkontur erreicht wird.
7. Die Beschwerdeführerin hat sich insbesondere auf das o. g. Gutachten von Prof. Bartha berufen, aus dem hervorgehe, dass der Fachmann in der Lage sei, eine sinusförmige Oberfläche mittels bekannter Verfahren der Oberflächenmikromechanik herzustellen, wenn als Lösungsweg offenbart ist, auf einem Substrat zunächst eine Schicht rechteckförmig, trapezförmig oder ellipsenförmig zu strukturieren und dann darauf zur Verrundung eine oder mehrere weitere Schichten abzuscheiden. Der Fachmann wähle aus den angegebenen Verfahren, von denen manche die gegebene Substrattopographie im Wesentlichen abbildeten und andere diese Topographie planarisierten, das prinzipiell geeignete aus. Für ein bestimmtes Abscheideverfahren existierten verschiedene technische Lösungen in Form von Anlagen verschiedener Hersteller. Die konkreten Parameterwerte seien für jeden Anlagentyp in der beschriebenen Weise zu ermitteln. Die Ermittlung dieser Werte und gegebenenfalls deren Anpassung, die erforderlich sei aufgrund von stets in minimaler Form auftretender Veränderungen der Anlage, seien ein wesentlicher Bestandteil der Aufgaben von Prozessingenieuren. Erfahrungsgemäß könnten zum Erzielen eines bestimmten Ergebnisses die Parameterwerte selbst bei identischen Anlagen ein und desselben Herstellers signifikant variieren. Die Betrachtung müsse jedoch noch weiter gefasst werden. Neben den spezifischen Eigenschaften der Anlage müsse auch berücksichtigt werden, welche exakte Form der Untergrund habe, aus welchem Material er bestehe und ggf., welche Eigenschaften die Oberfläche habe, auf die abzuscheiden sei. Zusammenfassend beeinflussten daher bereits die zur Verfügung stehenden und gewählten Prozesse vor der eigentlichen Abscheidung die in der Optimierungsphase zu bestimmenden Parameter. Da es keine Standard-Ausstattung für Reinräume gebe, in denen oberflächenmikromechanische Prozesse durchgeführt werden können, werde die konkrete Prozessfolge im Allgemeinen vom jeweiligen Reinraum abhängen. Zusammenfassend gelte, dass ein Fachmann anhand der vorlegenden Beschreibung der Erfindung mit seinem Wissen und seiner Erfahrung in den Stand versetzt werde, das vorgegebene sinusförmige Oberflächenprofil zu erzielen. Die dafür notwendigen Versuche stellten für den Fachmann keine übermäßige Belastung dar.
8. Die Ausführungen von Prof. Bartha haben die Kammer noch in ihrer Ansicht bestärkt, dass es in Fällen wie dem vorliegenden, in dem es anscheinend einerseits so viele Variationsmöglichkeiten hinsichtlich des verwendeten Verfahrens und seiner Parameter sowie andererseits Unwägbarkeiten hinsichtlich des Einflusses der jeweiligen Umgebung mit den unterschiedlichen Gegebenheiten gibt, besonders wichtig ist, tatsächlich verwendete Bedingungen anzugeben, die zum Erfolg geführt haben. Eigentlich ist es nämlich überraschend, dass die Auswahl der Materialien, Formen und Verfahren in einem multidimensionalen Optimierungsprozess mit zu erwartender Nicht-Linearität so unkritisch hinsichtlich der Erzeugung eines sinusförmigen Profils der Oberfläche sein sollte. Hier wäre es auch wichtig gewesen, einen konkreten Fall zu schildern und an dem Ergebnis zu demonstrieren, welche Abweichungen das Profil von einer idealen Sinuskurve aufweist. Hierzu finden sich nämlich ebenfalls keinerlei Angaben in der vorliegenden Anmeldung.
9. Was die in dem Gutachten von Prof. Bartha und in der Beschwerdebegründung angesprochenen Versuche zur Ermittelung geeigneter Parameter und Bedingungen anbelangt, möchte die Kammer zu den hierzu von der Beschwerdeführerin genannten Entscheidungen der Beschwerdekammern Stellung nehmen. Nach T 312/88, siehe Gründe 3.3, ist es der "Normzweck von Artikel 83 EPÜ", sicherzustellen, "dass der Fachmann die Erfindung ohne eigene Ermittlungen oder unzumutbarer Versuche wiederholen kann. Das Ausmaß zumutbarer Versuche ist jedenfalls dann überschritten, wenn damit die Lösung der bestehenden Aufgabe erst aufgefunden werden muss". Im vorliegenden Fall ist als Aufgabe genannt, effiziente Beugungsgitter in miniaturisierter Form zur Verfügung zu stellen, die kostengünstig und in hohen Stückzahlen herstellbar sind. Die Lösung erfolgt durch die Beschichtung eines mit äquidistanten Strukturelementen versehenen Substrats, was ein sinusförmiges Oberflächenprofil ergibt. Genau dazu dienen die Versuche, nämlich Parameter und Bedingungen zu ermitteln, die das sinusförmige Profil ergeben. Nach T 312/88 i. V. m. T65/85 und T 18/89 ist daher das Ausmaß der Versuche überschritten. Die hierzu weiter genannte Entscheidung T 412/93 (Erythropoietin/KIRIN-AMGEN), nach der ein relativ großer Aufwand hinsichtlich der Versuche zu treiben ist, wenn nur klar ist, dass sie trotz möglicher Fehlschläge (T 14/83) eindeutig zum Erfolg führen, liegt auf dem relativ jungen Gebiet der Gentechnologie, deren Methoden soweit von den in dem traditionellen Gebiet der Beugungsgitter verwendeten entfernt sind, dass die wechselseitige Übertragbarkeit begrenzt ist. Die hinsichtlich der Inkaufnahme von gelegentlichen Fehlschlägen o. g. Entscheidung T 14/83 (Vinylchlorid resins) ist in der jüngeren Entscheidung T 412/93 nicht zitiert worden, was darauf hindeutet, dass das jeweilige Fachgebiet bei der Anwendbarkeit von Entscheidungen eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt.
10. Die in Abschnitt IV oben genannte internationale Anmeldung D9 ist erst nach dem Anmeldetag der vorliegenden Anmeldung angemeldet bzw. veröffentlicht worden und wurde daher von der Kammer lediglich gutachtlich in Betracht gezogen. Einer der in D9 genannten Erfinder (H. Schenk) ist auch in der vorliegenden Anmeldung als Erfinder genannt.
11. D9, siehe die Figuren mit sie erläuternder Beschreibung, betrifft wie die vorliegende Anmeldung ein Beugungsgitter mit sinusförmiger Oberfläche, für dessen Herstellung auf einem Substrat angeordnete Strukturelemente mit einer weiteren Schicht bedeckt werden, in der sich eine sinusförmige Oberflächenkontur ausbildet. Aus dem allgemeinen Beschreibungsteil von D9, siehe insbesondere S.5, Z.10 bis S.6, Z.33, gehen Details hinsichtlich der Auswahl eines geeigneten Materials und seiner plastischen Verformbarkeit unter einem bestimmten Energieeintrag hervor. Dieser Energieeintrag geht auf den Befund zurück, dass sich nicht alle Materialien ohne Weiteres für das vorliegende Verfahren hinsichtlich des Verrundungseffekts eignen. Noch konkretere Angaben finden sich in der Figurenbeschreibung von D5 auf den Seiten 11 und 12. Die Tatsache, dass in D9 solche Angaben für notwendig bzw. sinnvoll gehalten wurden, lässt ebenfalls daran zweifeln, dass die vorliegende Anmeldung, die zeitlich vor D9 liegt, auf solche Angaben verzichten konnte. Die Kammer bezweifelt auch, dass diese zusätzlichen Informationen am Anmeldetag zum normalen Fachwissen auf dem relevanten Gebiet gehörten.
12. Die Beschwerdeführerin hat zu Bedenken gegeben, dass es extrem schwierig wäre, allgemeingültige Bedingungen für die verwendeten sehr unterschiedlichen Verfahren anzugeben. Daher wäre es für Fachleute in diesem Fachgebiet selbstverständlich, dass immer Versuche durchgeführt werden müssten. In der Druckschrift D9 werde eine alternative Möglichkeit für die Ausbildung und Herstellung von Beugungsgittern beschrieben, die sich von dem vorliegenden Verfahren dadurch unterscheide, dass die sinusförmige Oberfläche nicht gleichzeitig bei der Beschichtung der Strukturelemente ausgebildet wird. In D9 werde ein zusätzlicher Verfahrensschritt verwendet, nämlich einen zusätzlichen Energieeintrag durchzuführen, um eine plastische Verformung einer der Schichten zu erhalten. Die zusätzlichen D9 entnehmbaren Informationen seien daher für das vorliegende Beugungsgitter nicht erforderlich gewesen.
13. Diese Argumente können die Kammer jedoch ebenfalls nicht überzeugen. Zunächst erscheint es sehr wichtig bei einer Erfindung mit vielen Varianten, diese nicht nur anzudeuten, sondern möglichst viele detailliert zu beschreiben, um dem Fachmann zu vermitteln, dass die Erfindung in der ganzen beanspruchten Breite in die Tat umgesetzt werden kann. Im vorliegenden Fall ist noch nicht einmal ein solcher Weg zur Umsetzung ersichtlich und auch nicht nachträglich, z. B. anhand von Experimenten, aufgezeigt worden. Der Hinweis auf den in D9 zusätzlichen Verfahrensschritt zum Erhalten der sinusförmigen Oberfläche geht ebenfalls fehl, da die Struktur der in dem vorliegenden Anspruch 1 definierten Schicht auch mittels des in D9 verwendeten Verfahrens herstellbar wäre. D9 wurde im übrigen von der Kammer nur eingeführt, um deutlich zu machen, dass in einem vergleichbaren Fall deutlich mehr Angaben gemacht wurden, die die Umsetzung der dort beschriebenen Erfindung im Sinne des geforderten wenigstens einen Wegs zur Ausführung im Einzelnen ermöglichen.
14. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die vorliegende Anmeldung die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Artikel 83 EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.