T 0694/07 () of 25.11.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T069407.20081125
Datum der Entscheidung: 25 November 2008
Aktenzeichen: T 0694/07
Anmeldenummer: 03024693.8
IPC-Klasse: C03B 33/03
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Bewegen und Positionieren von Glastafeln
Name des Anmelders: Tecnopat AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 76(1)
Schlagwörter: Offenbarung des Gegenstands der Teilanmeldung in der Stammanmeldung (Haupt- und Hilfsantrag - verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0416/86
T 0514/88
T 0211/95
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 03 024 693.8 Beschwerde eingelegt. Diese Patentanmeldung ist eine Teilanmeldung zu der Stammanmeldung Nr. 03 702 174.8, die als WO 2004/035493 A1 veröffentlicht wurde.

Die Prüfungsabteilung entschied, dass die in den Ansprüchen 1 bis 18 des Hauptantrags bzw. den Ansprüchen 1 bis 18 des Hilfsantrags, beide mit Schreiben vom 7. September 2006 eingereicht, der Teilanmeldung vorgenommenen Änderungen nach Artikel 76(1) EPÜ unzulässig sind, da sie über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglichen Fassung, wobei Bezug auf die WO 2004/035493 A1 genommen wurde, hinausgehen.

II. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Vorrichtung zum Bewegen von Glastafeln (g) und Glastafel-Zuschnitten beim Teilen von Glastafeln (g) auf einer Vorrichtung zum Teilen von Glastafeln (g) mit wenigstens einer Trennvorrichtung (A` B) und mit beidseits der Trennvorrichtung (A, B) angeordneten, als Tisch ausgebildeten, Auflageflächen (I, II, III) für die zu teilende Glastafel (g) und für nach dem Teilen derselben erhaltene Glastafel-Zuschnitte und mit wenigstens einer Einrichtung zum Fördern von Glastafeln (g) oder einem Glastafel-Zuschnitt auf dem Tisch (I,II, III), dadurch gekennzeichnet, dass im Bereich von am Rand der Tische (I, II, III) vorgesehenen Anlagekanten (21, 45) für Glastafeln oder Glastafel-Zuschnitte eine Fördereinrichtung (20) für Glastafeln (g) oder Glastafel-Zuschnitte vorgesehen ist, dass die Fördereinrichtung ein Endlosförderband (20) umfasst, dass ein Trum (22) des Förderbandes (20) die Anlagekante (21, 44, 45) bildet, und dass eine Vorrichtung (30, 31) zum kraftschlüssigen Kuppeln einer Glastafel (g) oder eines Glastafel-Zuschnittes mit dem Trum (22) des Endlosförderbandes (20) vorgesehen ist."

III. Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch das Merkmal

"dass eine Vorrichtung (30, 31) zum kraftschlüssigen Kuppeln einer Glastafel (g) oder eines Glastafel-Zuschnittes mit dem Trum (22) des Endlosförderbandes (20) vorgesehen ist und dass die Vorrichtung zum kraftschlüssigen Kuppeln wenigstens einen an der nach oben weisenden Fläche einer Glastafel (g) oder eines Glastafel-Zuschnitts angreifenden Mitnehmer (31) aufweist, mit dem die Glastafel (g) oder der Glastafel-Zuschnitt gegen das die Anlagekante (21, 45) bildende Trum (22) des Förderband (20) hin belastbar ist", welches das Merkmal

"und dass eine Vorrichtung (30, 31) zum kraftschlüssigen Kuppeln einer Glastafel (g) oder eines Glastafel-Zuschnittes mit dem Trum (22) des Endlosförderbandes (20) vorgesehen ist"

ersetzt.

IV. Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 22 der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung definiert eine "Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 21 mit wenigstens einer Trennvorrichtung (A, B), mit wenigstens einer als Tisch ausgebildeten Auflagefläche (I, II, III) und mit wenigstens einer Einrichtung zum Fördern von Glastafeln (g) auf dem Tisch (I, II, III), dadurch gekennzeichnet, dass der wenigstens eine Tisch (I, II, III) in Richtung auf eine Anlagekante (21, 44, 45) hin abfallend ausrichtbar ist oder ausgerichtet ist".

V. Mit Bescheid vom 17. September 2008, der als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung vor der Kammer beigefügt war, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung im Hinblick auf den Anspruch 1 des Haupt- bzw. Hilfsantrags mit.

Bezüglich der Zulässigkeit der in den Ansprüchen 1 vorgenommenen Änderungen in Hinblick auf Artikel 76(1) EPÜ führte die Kammer unter anderem aus, dass die unabhängigen Vorrichtungsansprüche 1 beider Anträge derzeit keine "(Förder)mittel" definieren, mit denen die Glastafeln an der Referenzlinie (Anlagekante 21) angelegt und damit ausgerichtet werden sollen (speziell offenbart ist nur das Gleiten lassen durch entsprechende Neigung der Auflagefläche und des Reibungskoeffizienten, durch Rollen bzw. durch ein Luftkissen; siehe Seite 2, Zeilen 14 bis 38; Seite 5, Zeilen 15 bis 18 der Stammanmeldung wie ursprünglich eingereicht), so dass ein Verstoß gegen die Erfordernisse von Artikel 76(1) EPÜ vorzuliegen scheint. Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach das Merkmal der kippbaren Auflageflächen für den Quertransport nicht wesentlich ist, sei zwar zutreffend aber nicht relevant für die Tatsache, dass die Erfindung durchgängig als die Kombination von richtigem Anliegen der Glastafel an der Anlagekante und danach Fördern der Glastafel zur Trennvorrichtung dargestellt wurde. Die Stammanmeldung nenne nicht umsonst die Erfindung ein "Verfahren und Vorrichtung zum Bewegen und Positionieren von Glastafeln". Gerade das richtige und genaue Anlegen an die Anlagekante war diesem Positionieren zuzuschreiben.

Gerade durch die Streichung der Merkmale, die das richtige Anliegen der Glasplatte an die Anlagekante bewirken, wurde die ursprüngliche Erfindung verallgemeinert zu "Verfahren und Vorrichtung zum Bewegen von Glastafeln" und somit die ursprünglich gestellte Aufgabe verallgemeinert. Die Ansprüche 1 beider Anträge schienen somit die Erfordernisse von Artikel 76(1) EPÜ nicht zu erfüllen.

VI. Am 25. November 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

In der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis des Anspruchssatzes nach dem Hauptantrag oder nach dem Hilfsantrag, jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 7. September 2006, zu erteilen

Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

VII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Das Weglassen des Merkmals "Schrägstellen" stelle keinen Verstoß gegen Artikel 76(1) EPÜ dar. Der Fachmann könne der Stammanmeldung entnehmen, dass die Auflagefläche zum Querfördern mit Hilfe des Förderbandes nicht geneigt sein müsse (siehe Stammanmeldung, Seite 2, Zeilen 14 bis 16; Seite 3, Zeilen 13 und 14 und Zeilen 19 bis 26; Seite 5, Zeilen 2 bis 4, und Zeile 20 bis Seite 6, Zeile 5; Seite 8, Zeilen 19 und 20; Seite 9, Zeilen 15 und 16). Der Fachmann entnehme diesen Passagen sofort und eindeutig, dass die Auflagefläche nur bei Bedarf geneigt werde bzw. dass die Neigung der Auflagefläche zwar die bevorzugte Ausführungsform aber eben nicht die einzig mögliche Ausführungsform sei. Es sei für den Fachmann offensichtlich, dass das Querfördern der Glastafel mit Hilfe des Förderbandes funktionell unabhängig von der vorherigen, änderbaren Ausrichtung der Auflagefläche zum Heranfördern der Glastafeln an das Förderband sei (siehe Seite 6, Zeilen 6 bis 20). Die zu lösende Aufgabe der Teilanmeldung sei das definierte Weiterfördern zur Trennstelle. Der Fachmann werde sein Hintergrundwissen in die Offenbarung der Stammanmeldung hineinlesen und erkennen, dass zwei Komponenten der Vorrichtung vorliegen, welche unabhängig voneinander funktionierten.

Die technisch funktionelle Abhängigkeit des Querförderns einer Glastafel von der vorherigen Ausrichtung der Auflagefläche zum Heranfördern sei für den Fachmann auch aus dem Grund nicht ersichtlich, weil eine solche Abhängigkeit darin begründet sein müsste, dass das Fördern der Glastafel durch die (vorherige) Ausrichtung der Auflagefläche wesentlich beeinflusst werde. Die technische Abhängigkeit wäre nur dann gegeben, wenn die unterschiedlich möglichen Ausrichtungen der Auflagefläche unterschiedliche Ausgestaltungen des nachfolgenden Förderns der Glastafel zwingend zur Folge hätten (strikte Notwendigkeit). Dies sei aber nicht der Fall. Die Anlagekraft einer Glastafel mit z.B. 500 kg (ca. 5000 N) beträgt bei einer Neigung von 2 cm auf 3 bis 5 m (Seite 6, Zeilen 3 bis 5; d.h. eine Steigung von 0,4 bis 0,67%) 33 bis 20 N (ca. 3,3 bis 2 kg). Mit derart kleinen Anlagekräften und folglich Reibungskräften ließe sich eine vernünftige Beschleunigung bzw. Verzögerung der Glastafel beim Querfördern und eine exakte Positionierung der Glastafel niemals erzielen. Daher seien zum Festlegen einer Glastafel am Förderband in der Stammanmeldung Kupplungs-Sauger beschrieben, welche die Glastafel mit dem Förderband kuppeln, so dass eben durch diese Kupplungs-Sauger das Festlegen der Glastafel bewirkt werde. Daher stelle auch das Querfördern einer Glastafel und die vorherige Ausrichtung der Auflagefläche eine zeitliche Abfolge von Merkmalen dar, die technisch und funktionell unabhängig voneinander sein könnten.

Daraus erkenne der Fachmann, dass die die Aufgabe lösende Wirkung in Bezug auf das Querfördern der Glastafel auch ohne das Merkmal der Neigung der Auflagefläche erzielt werde. Da weiters das Querfördern der Glastafel technisch und funktionell unabhängig von einer Neigung der Auflagefläche vor dem Fördern der Glastafel sei, könne die Auffassung, dass die Neigung der Auflagefläche für das nachfolgende Fördern der Glastafel ein wesentliches Merkmal darstelle, nicht geteilt werden.

Das Weglassen des Merkmals "Neigung der Auflagefläche" wäre nur dann nicht zulässig, wenn dadurch ein neuer Gegenstand hinzugefügt werden würde bzw. wenn für den Fachmann offensichtlich wäre, dass die ursprüngliche Offenbarung der Stammanmeldung die Bedingung einschließt, dass die Ausrichtung der Auflagefläche untrennbar mit dem nachfolgenden Fördern der Glastafel verknüpft ist, da es anders nicht möglich sei. Das sei nicht der Fall. Das Weglassen des genannten Merkmals aus der Kombination von Merkmalen im Patentanspruch 1 der Stammanmeldung stehe somit im Einklang mit Art 76(1) EPÜ, da jeder Schritt (Heranfördern durch Schrägstellung und Querfördern mit und ohne Schrägstellung) für sich durch die ursprüngliche Offenbarung der Stammanmeldung neuheitsschädlich vorweggenommen ist. Da die Neuheitsprüfung und die Prüfung auf Wesentlichkeit auf dem gleichen Grundsatz beruhen (siehe T 0514/88), wobei die Frage der Neuheit und Wesentlichkeit in diesem Fall verneint werden müsse, sei die eingangs gestellte Kernfrage, ob der Teilanmeldungsgegenstand mit der ursprünglichen Offenbarung der Stammanmeldung vereinbar sei, zu bejahen.

In Übereinstimmung mit den Prüfungsrichtlinien des EPA (C-VI, 9.1.4) und den Grundsätzen der Entscheidung T 0211/95 genüge es, wenn sich der beanspruchte Gegenstand der Teilanmeldung unmittelbar und eindeutig als eine separate Einheit der Stammanmeldung ableiten lasse bzw. in dieser irgendwo offenbart worden sei. In der vorliegenden Teilanmeldung gehe es aber um die zweite Komponente einer Doppelerfindung der Stammanmeldung. Es handele sich um eine einfachere Variante, bei der die Glasplatte mittels Hand (z.B. auf einem Luftpolster oder mittels Förderrollen) gefördert bzw. positioniert werden könne. Das Streichen des Merkmals der Neigung der Auflagefläche aus Anspruch 1 verstößt deshalb nicht gegen das EPÜ, weil die Ausrichtung der Auflagefläche in der ursprünglichen Offenbarung nicht als wesentlich für das nachfolgende Fördern einer Glastafel entlang der Anlagekante beschrieben sei und weil die Ausrichtung der Auflagefläche als solches für die Funktion der Erfindung unter Berücksichtigung der technischen Aufgabe, die sie lösen solle, nicht unerlässlich sei (es wurde vielmehr gezeigt, dass die Schrägstellung für das Querfördern bedeutungslos sei), und weil das Streichen dieses Merkmals keine Angleichung anderer Merkmale erfordere. Diese Argumentation gelte analog für Anspruch 1 des Hilfsantrags.

Als weiteres Argument führte die Beschwerdeführerin aus, dass, ausgehend von der Stammanmeldung als nächstliegenden Stand der Technik, es klar keine erfinderische Tätigkeit bedürfe, zu erkennen, dass die Vorrichtung auch ohne das vorherige Schrägstellen der Auflagefläche(n) funktionieren könne. Dies sei ein weiteres Indiz dafür, dass das Weglassen dieses Merkmals in der Teilanmeldung zulässig sei.

Der Vorrichtungsanspruch 1 des Haupt- bzw. des Hilfsantrags erfülle daher die Erfordernisse von Artikel 76(1) EPÜ.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 76(1) EPÜ)

1.1 Anspruch 1 des Hauptantrags

Anspruch 1 des Hauptantrags basiert auf einer Kombination der Ansprüche 22, 24, 25, 26, 28 und 1, sowie Seite 3, Zeilen 28 bis 40 der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, wobei die Merkmale von Anspruch 22 "dass der wenigstens eine Tisch (I, II) in Richtung auf eine Ablagekante (21, 44, 45) hin abfallend ausrichtbar ist oder ausgerichtet ist", der auf den Verfahrensanspruch 1 rückbezogen war und ein entsprechendes Merkmal "einer Auflagefläche (I, II), die zur horizontalen in Richtung auf eine Auflagekante (21, 45) abfallend geneigt ist, bis in eine durch die Anlagekante (21, 45) definierte Stellung gleiten gelassen wird" aufwies, weggelassen wurden.

Das Weglassen dieser Merkmale verletzt die Erfordernisse von Artikel 76(1) EPÜ, wie nachfolgend dargelegt wird.

1.1.1 Durch das "Schrägstellen" der Auflagefläche des ersten Tisches I der Vorrichtung wird erreicht, dass die Glastafel bis zur Referenzlinie (d.h. bis zur Anlagekante 21) gleitet, womit die Glastafel durch Anliegen bezüglich dieser Anlagekante ausgerichtet ist. Es erfolgt also ein erstes Positionieren der Glastafel, die dann mittels der Schlitten (bzw. Sauger) gegen ein Fördermittel gedrückt wird und von diesem in Richtung dieser Referenzlinie zur Trennstelle A befördert werden kann (siehe Stammanmeldung, Seite 2, Zeilen 14 bis 20 und Zeile 40 bis Seite 3, Zeile 5).

Dieses erste Positionieren aufgrund des "Schrägstellens" der Auflageflächen wird von der Kammer als wesentliches Merkmal der Erfindung der Stammanmeldung angesehen. In der Stammanmeldung wird nämlich sowohl die "erfindungsgemäße Verfahrensweise" (Seite 2, Zeile 40 bis Seite 3, Zeile 11) als auch die "erfindungsgemäße Vorrichtung" (Seite 3, Zeilen 19 bis 26 und Zeilen 28 bis 31) ausschließlich so beschrieben, dass erst nach der Positionierung der Glastafeln an die Referenzlinie der Transport derselben zur Trennvorrichtung stattfindet.

1.1.2 Für den Fachmann ist daher offensichtlich, dass der zweite Schritt des Transports der Glastafel mit einer Fördereinrichtung 20, die ein Endlosförderband umfasst, zur Trennvorrichtung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags erst erfolgen kann, wenn die erste Teilaufgabe, d.h. die Positionierung, gelöst wurde. Diese Positionierung wird in der Stammanmeldung aber nur im Zusammenhang mit dem "Schrägstellen" der Auflageflächen beschrieben.

Der Stammanmeldung liegt im Übrigen die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Bewegen und Positionieren von Glastafeln im Zusammenhang mit dem Zerteilen derselben anzugeben, die ein genaues, rasches und einfaches Bewegen der Glastafeln beim Positionieren derselben erlauben und die ohne aufwändige Fördermittel für das Bewegen und Positionieren der zu teilenden Glastafeln oder weiter zu teilender Glastafel-Zuschnitte auskommen (siehe Seite 1, Zeile 26 bis Seite 2, Zeile 2).

Daher ist allen Argumenten der Beschwerdeführerin, wonach zwei völlig unabhängige Aufgaben in der Stammanmeldung für den Fachmann erkennbar wären, nicht beizupflichten.

1.1.3 Im Übrigen muss in diesem Zusammenhang für die Zulässigkeit von Änderungen klar danach unterscheiden werden, ob bestimmte Ausführungsformen in einer Stammanmeldung explizit oder implizit offenbart werden, und ob eine bestimmte Ausführungsform durch die Offenbarung der Stammanmeldung nahegelegt wird. Es kann durchaus sein, dass für den Fachmann für naheliegend erachtet wird, dass er das Positionieren der Glastafel auch mit anderen Mitteln als dem "Schrägstellen" durchführen kann, ohne dass jedoch eine explizite oder implizite Offenbarung dafür in der Stammanmeldung vorhanden ist. Letztere ist jedoch notwendig, um die vorliegenden Änderungen gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags unter Artikel 76(1) EPÜ zuzulassen.

1.1.4 Auch die zitierte Entscheidung T 0211/95 ist nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar, da die entscheidende Kammer in der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Stammanmeldung eine getrennte Offenbarung des Teilanmeldungsgegenstandes feststellen konnte, während eine derartige separate Offenbarung im vorliegenden Fall nicht gegeben ist bzw. aus den bereits gegebenen Gründen für den Fachmann auch nicht unmittelbar und eindeutig aus der Stammanmeldung herleitbar ist. Daher sind auch die entsprechenden Argumente der Beschwerdeführerin nicht stichhaltig.

1.1.5 Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach das Merkmal der kippbaren Auflageflächen für den Quertransport nicht wesentlich ist, ist zwar zutreffend, ist aber nicht relevant für die - siehe oberen Punkt 1.1.1 - Tatsache, dass die Erfindung in der Stammanmeldung durchgängig als die Kombination von richtigem Anliegen der Glastafel an der Anlagekante (durch "Schrägstellen") und dem anschließenden Fördern der Glastafel zur Trennvorrichtung dargestellt wurde. Die Stammanmeldung nennt nicht umsonst die Erfindung ein "Verfahren und Vorrichtung zum Bewegen und Positionieren von Glastafeln"; gerade das richtige und genaue Anlegen an die Anlagekante ist diesem Positionieren zuzuschreiben.

Gerade durch die Streichung dieser Merkmale, die das richtige Anliegen der Glasplatte an die Anlagekante bewirken, wird die ursprüngliche Erfindung verallgemeinert zu einem "Verfahren und Vorrichtung zum Bewegen von Glastafeln" und somit wird auch die ursprünglich gestellte Aufgabe einfacher dargestellt bzw. verallgemeinert. Dabei impliziert auch die von der Beschwerdeführerin für die Teilanmeldung genannte Aufgabe, nämlich ein "definiertes Weiterfördern zur Trennstelle", dass zunächst eine Positionierung der Glastafel an das Fördermittel erfolgen muss.

Damit ist aber auch offensichtlich, dass das Argument der Beschwerdeführerin, wonach das Streichen dieser Merkmale keine Angleichung anderer Merkmale erfordern würde (siehe auch Entscheidung der Einspruchsabteilung, Punkt 3 der Entscheidungsgründe, letzter Absatz), von der Kammer nicht akzeptiert werden kann, weil das Positionieren der Glastafel an das Fördermittel bei der Anlagekante eine Voraussetzung für den zweiten Schritt "Weiterfördern zur Trennstelle" darstellt.

1.1.6 Nach dem Vorrichtungsanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist es nunmehr egal, wie die Glastafel bis zum Anliegen an die Referenzlinie bzw. die Anlagekante befördert wird.

Die Stammanmeldung offenbart für das Befördern der Glastafeln zur Anlagekante mittels Gleiten aufgrund der Schwerkraft durch das "Schrägstellen" allerdings nur drei spezifische strukturelle Mittel: entweder durch die Wahl des Winkels der Neigung der Auflagefläche und/oder der Wahl des Reibungskoeffizienten zwischen Glastafel und Oberfläche der Auflagefläche, mittels Rollen oder mittels Luftkissen (siehe Seite 2, Zeilen 22 bis 28; Seite 5, Zeilen 15 bis 18 und Zeilen 27 bis 30).

Damit ist offensichtlich, dass durch das Weglassen des Merkmals der Schrägstellung der Auflagefläche eine unzulässige Erweiterung der Offenbarung der Stammanmeldung zustande kommt, da nunmehr auch andere ursprünglich nicht offenbarte Mittel, z.B. Glaskugeln als Rollkörper oder hydraulische Bewegungsmittel mit Kupplungs-Sauger, umfasst sind (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 5. Auflage 2006, Kapitel III.A.2.3, insbesondere T 0416/86, ABl. EPA 1989, 309).

Die Argumente der Beschwerdeführerin, wonach keine unzulässige Erweiterung vorliege, können daher nicht akzeptiert werden.

1.1.7 Aus den Ausführungen in den Punkten 1.1.1 bis 1.1.4 oben ergibt sich, dass Anspruch 1 des Hauptantrags die Erfordernisse von Artikel 76(1) EPÜ nicht erfüllt. Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.

1.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags

1.2.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags lediglich dadurch, dass die Merkmale des Anspruches 29 der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Form zusätzlich aufgenommen wurden (siehe Punkt III oben). Anspruch 1 des Hilfsantrags weist daher den identischen Mangel wie Anspruch 1 des Hauptantrags auf.

1.2.2 Die Schlussfolgerung für Anspruch 1 des Hauptantrags gilt daher mutatis mutandis für Anspruch 1 des Hilfsantrags.

Somit ist auch der Hilfsantrag in Hinblick auf Artikel 76(1) EPÜ nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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