T 0174/02 () of 25.11.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T017402.20041125
Datum der Entscheidung: 25 November 2004
Aktenzeichen: T 0174/02
Anmeldenummer: 93919017.9
IPC-Klasse: A61N 1/365
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schaltung zur Messung der Impedanz im Herzen
Name des Anmelders: Biotronik GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: St. Jude Medical AB
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
Schlagwörter: Neuheit (nein, Hauptantrag)
Klarheit (verneint, Hilfsanträge)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0301/87
T 0161/89
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 12. Februar 2002 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr eingelegte Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die am 18. Dezember 2001 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchs- abteilung, den Einspruch zurückzuweisen. Die Beschwerde- begründung wurde am 24. April 2002 eingereicht. Die bei der eingereichten Begründung fehlende Unterschrift wurde nach entsprechender Aufforderung durch die Geschäfts- stelle der Kammer am 18. September 2002 nachgeholt.

II. Die Beschwerdeführerin hat im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren das Patent unter anderem auf Grund des Artikels 100 a) in Verbindung mit den Artikeln 52 (1) und 54 (1) und (2) EPÜ) angegriffen, wobei sie unter anderem auf das folgende Dokument Bezug genommen hat:

D18: EP-A-0 399 063.

III. Die Parteien wurden auf ihren Antrag zu einer mündlichen Verhandlung geladen, die am 25. November 2004 stattfand.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte als Hauptantrag die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang.

Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis der folgenden Unterlagen:

Hilfsantrag 1:

Ansprüche: 1 bis 7, eingereicht am 20. Oktober 2004

Beschreibung: Spalten 1 bis 5 in der erteilten Fassung

Zeichnung: Figuren 1 bis 5 in der erteilten Fassung

Hilfsantrag 2:

Ansprüche: 1 bis 6, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2004

Beschreibung: Spalten 1 und 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2004

Spalten 3 bis 5 in der erteilten Fassung

Zeichnung: Figuren 1 bis 5 in der erteilten Fassung

Hilfsantrag 3:

Ansprüche: 1 bis 5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2004

Beschreibung: Spalten 1 und 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2004 Spalten 3 bis 5 in der erteilten Fassung

Zeichnung: Figuren 1 bis 5 in der erteilten Fassung

VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"1. Schaltung zur Erfassung der Impedanz im Herzen über eine in der Herzkammer angeordnete Schrittmacher- elektrode mit einer mit der Schrittmacherelektrode verbundenen, durch Schaltungsmittel in ihrer Stromrichtung umschaltbaren Stromquelle und mindestens einer Vorrichtung zur Messung der an der Schrittmacherelektrode anliegenden Spannung, dadurch gekennzeichnet, daß ein für die Impedanz im Herzen repräsentativer Wert aus der Differenz der an der Schrittmacherelektrode zu zwei unterschiedlichen Meßzeitpunkten anliegenden Spannungen ermittelt wird, wobei der Schrittmacherelektrode zu diesen Zeitpunkten jeweils betragsmäßig gleiche, jedoch entgegengesetzt gerichtete Ströme aufgeprägt werden."

Die Ansprüche 2 bis 7 sind abhängige Ansprüche.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet wie folgt:

"1. Schaltung zur Erfassung der Impedanz im Herzen über eine in der Herzkammer angeordnete Schrittmacher- elektrode mit einer mit der Schrittmacherelektrode verbundenen, durch Schaltungsmittel in ihrer Stromrichtung umschaltbaren Stromquelle und mindestens einer Vorrichtung zur Messung der an der Schrittmacherelektrode anliegenden Spannung, dadurch gekennzeichnet, daß ein für die Impedanz im Herzen repräsentativer Wert aus der Differenz der an der Schrittmacherelektrode zu zwei unterschiedlichen Meßzeitpunkten anliegenden Spannungen ermittelt wird, wobei der Schrittmacherelektrode zu diesem [sic!] Zeitpunkten jeweils betragsmäßig gleiche, jedoch entgegengesetzt gerichtete Ströme in Form von zwei kurz aufeinanderfolgenden Rechteckimpulsen entgegengesetzter Polarität aufgeprägt werden, die jeweils ein Impulspaket bilden."

Die Ansprüche 2 bis 7 sind abhängige Ansprüche.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lautet wie folgt:

"1. Schaltung zur Erfassung der Impedanz im Herzen über eine in der Herzkammer angeordnete Schrittmacher- elektrode mit einer mit der Schrittmacherelektrode verbundenen, durch Schaltungsmittel in ihrer Stromrichtung umschaltbaren Stromquelle und mindestens einer Vorrichtung zur Messung der an der Schrittmacherelektrode anliegenden Spannung, dadurch gekennzeichnet, daß jeweils ein für die Impedanz im Herzen repräsentativer Wert aus der Differenz der an der Schrittmacherelektrode zu zwei unterschiedlichen Meßzeitpunkten anliegenden Spannungen ermittelt wird, wobei der Schrittmacherelektrode zu diesen Zeitpunkten jeweils betragsmäßig gleiche, jedoch entgegengesetzt gerichtete Ströme in Form von zwei einzelnen, mit einem zeitlichen Abstand kurz aufeinander folgenden Rechteckimpulsen entgegengesetzter Polarität aufgeprägt werden, die zusammen ein Impulspaket bilden, wobei der zeitliche Abstand zwischen den Impulspaketen groß gegenüber dem zeitlichen Abstand zwischen den einzelnen Rechteckimpulsen innerhalb eines Impulspaketes ist."

Die Ansprüche 2 bis 6 sind abhängige Ansprüche.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 lautet wie folgt:

"1. Schaltung zur Erfassung der Impedanz im Herzen über eine in der Herzkammer angeordnete Schrittmacher- elektrode mit einer mit der Schrittmacherelektrode verbundenen, durch Schaltungsmittel in ihrer Stromrichtung umschaltbaren Stromquelle und mindestens einer Vorrichtung zur Messung der an der Schrittmacherelektrode anliegenden Spannung, dadurch gekennzeichnet, daß jeweils ein für die Impedanz im Herzen repräsentativer Wert aus der Differenz der an der Schrittmacherelektrode zu zwei unterschiedlichen Meßzeitpunkten anliegenden Spannungen ermittelt wird, wobei der Schrittmacherelektrode zu diesen Zeitpunkten jeweils betragsmäßig gleiche, jedoch entgegengesetzt gerichtete Ströme in Form von zwei einzelnen, mit einem zeitlichen Abstand kurz aufeinander folgenden Rechteckimpulsen entgegengesetzter Polarität aufgeprägt werden, die zusammen ein Impulspaket bilden, wobei der zeitliche Abstand zwischen den Impulspaketen groß gegenüber dem zeitlichen Abstand zwischen den einzelnen Rechteckimpulsen innerhalb eines Impulspaketes ist, und wobei eine Impulsfolge aufeinanderfolgende Impulspakete entgegengesetzter Polarität enthält."

Die Ansprüche 2 bis 5 sind abhängige Ansprüche.

VII. Die Beschwerdeführerin stützte ihren Antrag im wesentlichen auf die folgenden Argumente:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei durch die Lehre z. B. des Dokuments D18 neuheits- schädlich vorweggenommen. Die Entscheidung der Vorinstanz basiere auf einer unangebracht engen Interpretation des Anspruchswortlautes. Weder definiere der Anspruch technische Mittel zum individuellen Messen der Spannung an der Schrittmacherelektrode zu zwei verschiedenen Zeitpunkten, noch Mittel zur Bestimmung einer Differenz zwischen diesen Spannungen. Der Anspruch verlange lediglich, daß ein für die Impedanz im Herzen repräsentativer Wert aus der Differenz der an der Schrittmacherelektrode zu zwei unterschiedlichen Meßzeitpunkten anliegenden Spannungen ermittelt werde, wobei der Schrittmacherelektrode zu diesen Zeitpunkten jeweils betragsmäßig gleiche, jedoch entgegengesetzt gerichtete Ströme zugeführt werden. Eine derartige Funktionsweise zeige jedoch auch die aus D18 bekannte Schaltung, bei der die Impedanz im Herzen durch Anlegen einer Serie von bipolaren Rechteckstromimpulsen und Messung der Differenz der auftretenden positiven und negativen Spannungswerte bestimmt werde.

Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge verwendeten unklare Begriffe und erfüllten daher nicht das Erfordernis des Artikels 84 EPÜ. Darüber hinaus umfaßten die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 2 und 3 technische Sachverhalte, die über den Umfang der ursprünglichen Offenbarung hinausgingen.

VIII. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 vor allem dadurch vom Stand der Technik, daß bei ihm zwei individuelle Spannungsmessungen zu unterschiedlichen, unabhängig voneinander vorgewählten Meßzeitpunkten vorgenommen werden, um anschließend die Differenz der so ermittelten Spannungen zu bilden. So prägten die Schaltungsmittel der beanspruchten Schaltung zu einem ersten vorbestimmten Meßzeitpunkt zunächst dem Herzen einen in die eine Richtung fließenden Strom auf, mäßen den auftretenden Spannungsabfall an der Elektrode, kehrten nach einer kurzen Wartezeit zu einem zweiten unabhängig vorbestimmten Meßzeitpunkt die Stromrichtung um, mäßen daraufhin erneut den hervorgerufenen Spannungsabfall, und bildeten schließlich die Differenz der beiden Spannungen. Demgegenüber verwende die aus D18 bekannte Schaltung eine Wechselstromquelle, so daß dort eine kontinuierliche Spannungsmessung erfolge, aus der sich schließlich eine Meßkurve für die Impedanz ergebe, aber eben keine diskrete Ermittlung eines einzelnen Impedanzwertes. Die Funktionsweise der beanspruchten Schaltung stelle somit einen speziellen, sich von der Funktion der aus D18 bekannten Schaltung unterscheidenden Weg der Differenzbildung dar, selbst wenn die bekannte Ermittlung der Spitzen- Spitzenamplitude der gemessenen Spannung dasselbe Ergebnis liefern sollte. Die beanspruchte Funktionsweise impliziere zudem das Vorsehen von Schaltungsmitteln in Form von Schaltern zum gezielten Umschalten der Stromrichtung einer umschaltbaren Stromquelle, welche nicht vergleichbar seien mit der gemäß D18 verwendeten Wechselstromquelle, da bei Letzterer die Stromrichtung nicht individuell umschaltbar sei. Der Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents und dem Stand der Technik werde noch deutlicher, wenn man gemäß dem erteiltem Anspruch 3 berücksichtige, daß die beiden Stromimpulse eines Impulspakets nicht wie bei einem Wechselstromsignal unmittelbar aufeinanderfolgten sondern kurz aufeinander, d. h. mit einem, wenn auch kleinen, zeitlichen Abstand.

Die Änderungen am Wortlaut der Ansprüche 1 der Hilfsanträge bewegten sich im Rahmen der erteilten und ursprünglich eingereichten Unteransprüche. So stelle der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 eine Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 3 dar, Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 basiere auf den erteilten Ansprüchen 1, 3 und 4, und Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 basiere auf den erteilten Ansprüchen 1 und 3 bis 5. Diese Ansprüche gäben dem Fachmann eine klare Lehre. So verstehe der Fachmann die Angabe "kurz aufeinanderfolgende Rechteckimpulse" im Lichte der Beschreibung ohne weiteres dahingehend, daß zwar die Impulse durch einen kleinen zeitlichen Abstand getrennt seien, um Polarisierungspotentiale, die durch die Impedanzmessung selbst hervorgerufen würden, abklingen zu lassen. Dieser Abstand sei aber eben kurz gegenüber dem zeitlichen Abstand zwischen Impulspaketen. Im Gegensatz zum Stand der Technik sei dadurch eine Einzelmessung mit einem einzigen, aus zwei Stromimpulsen bestehenden Impulspaket möglich, wodurch sich der Energieverbrauch erheblich senken lasse. In diesem Kontext verstehe der Fachmann auch ohne weiteres die Bedeutung des Merkmals, daß die Einzelmessungen in einem im Vergleich zum Abstand der Impulse eines Impulspaketes großen zeitlichen Abstand erfolgten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ und ist damit zulässig.

2. Hauptantrag

Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 (Artikel 52 (1), 54. (1) und (2) EPÜ)

2.1. Von den Parteien unbestritten zeigt Dokument D18 eine Schaltung, welche als Bestandteil eines Herzschritt- machers dazu dient, eine Herzaktivität zu detektieren, indem sie die Impedanz im Herzen über die dort angeordnete Schrittmacherelektrode erfaßt (vgl. insbesondere die Figuren 2 und 3 mit zugehöriger Beschreibung). Zu diesem Zweck ist die Schrittmacher- elektrode mit einer Wechselstromquelle verbunden, welche der Elektrode eine zeitlich begrenzte Folge von mit zur Nullinie symmetrischen Rechteckstromimpulsen konstanter Amplitude aufprägt. Der über der Impedanz entstehende Spannungsabfall wird mittels eines Differenzverstärkers verstärkt, wobei der gemessene Spannungsabfall ein Maß für die im Herzen auftretende Impedanz ist. Das Ausgangssignal des Differenzverstärkers wird schließlich noch einer phasenrichtigen Demodulation mit der Wechselstromfrequenz unterzogen, woraus sich ein Signal resultiert, welches in seinem Verlauf dem Impedanz- verlauf des Herzens entspricht. Wie sich aus den Angaben in Spalte 15, Zeilen 29-44 ergibt, hat die Ausgestaltung der bekannten Schaltung den Vorteil, daß das der Impedanz des Herzens entsprechende elektrische Signal ausschließlich auf Grundlage desjenigen Spannungsabfalls über der Impedanz ermittelt wird, der infolge des von der Stromquelle abgegebenen Wechselstromes auftritt. Nachteilige Auswirkungen infolge des Umstandes, daß unmittelbar nach einem Stimulationsimpuls das Herzmuskelgewebe im Bereich der Kontakte der bipolaren Schrittmacherelektrode unterschiedliche Potentiale aufweist, können demnach nicht auftreten.

2.2. Strittig dagegen ist zwischen den Parteien, welchen Schaltungsaufbau der erteilte Anspruch 1 explizit oder implizit definiert.

Dabei sind insbesondere drei Aspekte strittig, nämlich, ob die bekannte Messung mittels einer Folge von Wechselstromimpulsen als Einzelmessungen entsprechend aufgefaßt werden kann, welche unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Meßzeitpunkten durchgeführt werden, ob die bekannte Schaltung einen Einzelwert der Impedanz ermittelt, und ob die bekannte Schaltung überhaupt die zu diesem Zweck erforderlichen Schalter zum Umschalten der Stromrichtung aufweist.

2.3. Was den Aspekt der Meßzeitpunkte anbetrifft, so ist zunächst festzustellen, daß der Wortlaut des vorliegenden Anspruchs Schaltungsmittel zur individuellen Ermittlung von Meßspannungen zu unabhängig wählbaren Meßzeitpunkten mittels zeitlich beabstandeter Stromimpulse gar nicht zwingend vorschreibt. Der Anspruch verlangt lediglich, daß ein für die Impedanz repräsentativer Wert ermittelt wird und zwar aus zu zwei unterschiedlichen Meßzeitpunkten an der Schrittmacher- elektrode anliegenden Spannungen. Bedingt durch die für elektrische Impedanzmessungen allgemein angewandte Meßpraxis ist der Begriff "Zeitpunkt" dabei nicht streng mathematisch zu verstehen, sondern bezeichnet ein Zeitintervall, in dessen Verlauf der Elektrode ein Meßstrom aufgeprägt wird, und sich das an der Elektrode anliegende Spannungssignal aufbaut. Zeitliche Lage und Abstand der "Meßzeitpunkte" sind nur insoweit vorgeschrieben, als zu ihnen der Elektrode betragsmäßig gleiche, jedoch entgegengesetzt gerichtete Ströme aufgeprägt sein müssen. Nicht anders funktioniert jedoch die aus D18 bekannte Schaltung. Der der Elektrode aufgeprägte Wechselstrom besteht aus einer periodischen Abfolge von Rechteckimpulsen abwechselnd entgegen- gesetzter Stromrichtung (vgl. den in Figur 2 angedeuteten Wechselstromverlauf Q). Aus den Halbperiode für Halbperiode (also für die zeitlich aufeinanderfolgenden Stromimpulse) an der Elektrode anliegenden Spannungen wird mittels des Differenz- verstärkers ein mit R bezeichnetes Signal ermittelt, dessen einzelne Werte gemäß den Angaben in Spalte 14, Zeilen 3 bis 7 den Impedanzverlauf im Herzen widerspiegeln und damit einen für die unterschiedlichen Meßzeitpunkte jeweils repräsentativen Wert der Impedanz darstellen.

Hinsichtlich des zweiten der vorgenannten Aspekte stellt die Kammer fest, daß die bloße Verwendung des unbestimmten Artikels in der Angabe "daß ein für die Impedanz ... repräsentativer Wert ... ermittelt wird" im erteilten Anspruch 1 für sich genommen nicht als eine definitive Beschränkung des Anspruchsgegenstandes auf eine Schaltung zur Durchführung nur einer einzigen diskreten Messung eines Impedanzwertes aufgefaßt werden kann. Weitere Angaben, die eine derartige enge Auslegung des Anspruchsgegenstandes stützen könnten, fehlen. Insbesondere enthält der Anspruch 1, entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin, keinerlei Angaben dazu, daß die Impedanzermittlung mittels einzelner Impulspakete zu erfolgen hätte, geschweige denn, daß ein Paket aus zwei zeitlich beabstandeten Rechteckimpulsen zu bestehen habe.

Schließlich ist im Hinblick auf den dritten der vorgenannten Aspekte zu berücksichtigen, daß der erteilte Anspruch 1 keinerlei Vorschriften enthält, die eine konkrete bauliche Ausgestaltung der Schaltungsmittel zum Umschalten der Stromrichtung der Stromquelle beträfen. So verlangt der Anspruch insbesondere keine Ausbildung dieser Schaltungsmittel etwa in Form eines Netzwerks von Einzelschaltern, wie dies in Figur 5 des Patents angedeutet ist. In der Tat definiert Anspruch 1 in der erteilten Fassung die Bestandteile der beanspruchten Schaltung im wesentlichen durch deren Funktionsweise. In diesem Zusammenhang ist der Umstand von Bedeutung, daß als Stromquelle bei Herzschrittmachern in aller Regel eine Batterie Verwendung findet. Der von diesem bereitgestellten Gleichstrom muß zwangsläufig auch bei der bekannten Schaltung erst in den zur Messung verwendeten Rechteckwechselstrom umgewandelt werden. Die dabei verwendete Oszillatorschaltung bewirkt dabei gezielt eine periodische Umkehrung der Stromrichtung und arbeitet daher als ein Schaltungsmittel, durch das die Stromrichtung der Stromquelle umschaltbar ist.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß in keinem der von der Beschwerdegegnerin angeführten Aspekte ein konkreter Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents und der aus D18 bekannten Schaltung zu erkennen ist, und daß die Funktionsweise der bekannten Schaltung zur Erfassung der Impedanz im Herzen als unter den Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 fallend anzusehen ist.

2.4. Aus den genannten Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung nicht neu gegenüber der aus D18 bekannten Schaltung zur Erfassung der Impedanz im Herzen.

Damit steht aber der Einspruchsgrund des Artikels 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52 (1) und 54 (1) und (2) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung entgegen.

Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.

3. Hilfsantrag 1

3.1. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)

3.1.1. Werden im Beschwerdeverfahren an Patentansprüchen Änderungen vorgenommen, so sind auf Artikel 84 EPÜ gestützte Einwände gegen diese Änderungen zulässig (vgl. T 301/87 ABl. 1990, 335).

3.1.2. Anspruch 1 verlangt, daß der Schrittmacherelektrode entgegengesetzt gerichtete Ströme "in Form von zwei kurz aufeinanderfolgenden Rechteckimpulsen entgegengesetzter Polarität aufgeprägt werden, die jeweils ein Impulspaket bilden".

3.1.3. Im vorliegenden Fall ist die Angabe "kurz aufeinanderfolgend" eine relative Angabe. Derartige Angaben entsprechen nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern nur dann dem Erfordernis der Klarheit eines Patentanspruchs, wenn sie in dem jeweiligen Fachgebiet eine allgemein anerkannte und ausreichend genaue Bedeutung aufweisen (vgl. z. B. T 161/89). Der Zweck des Anspruchs, die Öffentlichkeit genau darüber zu informieren, was unter Schutz gestellt ist, erfordert es nämlich, daß nur klare technische Merkmale verwendet werden, so daß ein Dritter genau weiß, was er tun darf und zu unterlassen hat.

3.1.4. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, da der unbestimmte Begriff "kurz" nicht die Grenzen des Bereiches der zeitlichen Abstände erkennen läßt, die als unter die beanspruchte Lehre fallend anzusehen wären. So ist unter den Parteien schon strittig, ob mit der fraglichen Angabe überhaupt ein von Null verschiedener zeitlicher Abstand der beiden Impulse eines Impulspakets zwingend vorgeschrieben ist. Dieser Mangel ist um so gravierender, als es sich bei der in Frage stehenden Angabe nicht um ein lediglich beschreibendes, beiläufiges Merkmal handelt sondern um dasjenige Merkmal, das den Gegenstand des Patents vom Stand der Technik unterscheiden soll.

Das Argument der Beschwerdegegnerin, der Fachmann verstehe insbesondere im Hinblick auf die Patentbeschreibung in Spalte 2, Zeile 39 bis Spalte 3, Zeile 7, daß die beiden Impulse eines Impulspakets zwar einen von Null verschiedenen zeitlichen Abstand aufwiesen, der aber so kurz gewählt sei, daß sich bei ihnen die äußere, nicht vom Meßstrom hervorgerufene Spannung nur wenig ändere, und Momentanwerte der sich zeitlich ändernden Impedanz im Herzen messen ließen, kann nicht überzeugen. Abgesehen davon, daß ist es grundsätzlich nicht hilfreich ist, zur Erläuterung einer relativen Angabe, wie "kurz aufeinanderfolgend", auf einen weiteren unbestimmten Ausdruck in der Beschreibung zu verweisen, nämlich daß sich eine Größe "nur wenig ändert", erfährt der fachkundige Leser aus der Patentbeschreibung schon nicht, warum die beiden Impulse überhaupt beabstandet sein sollten. Immerhin erhöht jeder zeitliche Abstand zwischen den Impulsen erkennbar das Risiko einer Meßungenauigkeit aufgrund der sich ständig ändernden Impedanz und Potentialverhältnisse im Herzen. Schließlich ist auch auf den Umstand zu verweisen, daß die Patentbeschreibung nicht ein einziges konkretes Beispiel für einen zeitlichen Abstand der Impulse eines Impulspaketes nennt. Die von der Beschwerdegegnerin in diesem Zusammenhang angebotene Erläuterung, der zeitliche Abstand der Impulse diene der Erhöhung der Meßgenauigkeit, indem die durch die Meßströme selbst hervorgerufenen Gewebepolarisierungen abklingen könnten, findet in der Patentbeschreibung keinerlei Stützung.

3.1.5. Aus den vorstehenden Gründen erfüllt der geänderte Anspruch 1 nicht das Erfordernis der Klarheit im Sinne des Artikels 84 EPÜ.

3.2. Der Hilfsantrag 1 ist daher nicht gewährbar.

4. Hilfsanträge 2 und 3

4.1. Zulässigkeit

Gemäß Artikel 114 (2) EPÜ braucht eine Kammer, verspätet vorgebrachte Tatsachen oder Beweismittel nicht zu berücksichtigen. Hierunter zählen auch in einem späten Stadium des Beschwerdeverfahrens, wie etwa der mündlichen Verhandlung, erstmals vorgelegte Anträge einer Partei.

Im vorliegenden Fall hat die Kammer in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens entschieden, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträge 2 und 3 der Beschwerdegegnerin ins Verfahren zuzulassen. Ausschlaggebend waren für die Kammer die Umstände, daß diese Anträge keine wesentlichen materiellen Änderungen enthalten gegenüber dem Inhalt vorausgehender, in Reaktion auf den Ladungsbescheid einen Monat vor der Verhandlung vorgelegter Hilfsanträge, welche sie ersetzen, und daß mit ihnen der Beschwerdegegnerin Gelegenheit gegeben wurde, erstmalig in der Verhandlung erhobene Klarheitseinwände auszuräumen.

4.2. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)

Die vorliegenden Ansprüche 1 enthalten die unbestimmte Angabe "kurz aufeinanderfolgend" und darüber hinaus mit der Angabe "groß gegenüber" einen weiteren unbestimmten Ausdruck.

Damit gelten für die vorliegenden Ansprüche 1 dieselben Klarheitseinwände unter Artikel 84 EPÜ, wie sie vorstehend zum Hilfsantrag 1 dargelegt sind.

4.3. Die Hilfsanträge 2 und 3 sind somit ebenfalls nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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