T 0172/02 ("Inhalationspulver/BOEHRINGER") of 18.11.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T017202.20041118
Datum der Entscheidung: 18 November 2004
Aktenzeichen: T 0172/02
Anmeldenummer: 92924673.4
IPC-Klasse: A61K 9/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Inhalationspulver und Verfahren zu ihrer Herstellung
Name des Anmelders: Boehringer Ingelheim International GmbH, et al
Name des Einsprechenden: Sofotec GmbH & Co. KG
SkyePharma AG
AstraZeneca
Chiesi Farmaceutici S.p.A.
Orion Corp. Ltd. Patent Dept.
Scherer R.P. Ltd.
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 67
European Patent Convention 1973 Art 69
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 100
European Patent Convention 1973 Art 102
European Patent Convention 1973 Art 108
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
European Patent Convention 1973 R 29
European Patent Convention 1973 R 55(c)
Schlagwörter: Zukässigkeit der während der mündlichen Verhandlung eingereichten Anträge (ja):"bona fide"
- Versuch der Beschwerdeführerin Einwendungen der Kammer während der mündlichen Verhandlung Rechnung zu tragen
Hauptantrag: Klarheit (nein), Erweiterung des Schutzbereichs (ja)
Hilfsanträge 1 und 2: Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ durch Aufnahme einer speziellen Ausführungsform eines in den Erstunterlagen generell definierten Merkmals aus einem Beispiel in die Ansprüche (ja), Klarheit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0002/80
T 0004/80
T 0201/83
T 0017/86
T 0301/87
T 0227/88
T 0789/89
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0412/03
T 0888/08
T 2619/11

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 0 663 815 (das "Patent") wurde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) am 18. März 1998 mit 9. Patentansprüchen auf die am 5. Dezember 1992 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 92 924 673.4 erteilt, die eine Priorität einer älteren deutschen Anmeldung (DE 4 140 689) vom 10. Dezember 1991 in Anspruch nahm. Das Patent betrifft "Inhalationspulver und Verfahren zu ihrer Herstellung". Die unabhängigen Ansprüche des Patents in der erteilten Fassung hatten folgenden Wortlaut:

"1. Inhalationspulver aus mikronisiertem Wirkstoff und mindestens einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff, der gröbere Anteile mit einer mittleren Teilchengröße von 20 µm oder mehr und feinere Anteile mit einer mittleren Teilchengröße von 10 µm oder weniger enthält, wobei das Gewichtsverhältnis der feineren zu den gröberen Hilfsstoffanteilen zwischen 1:99 und 95:5 liegt, und ggf. weiteren Hilfsstoffen, insbesondere Geschmackskorrigenzien, mit der Maßgabe, daß in einer Mischung, welche aus 20 Gewichtsteilen kristalliner Laktose (1-10 µm mit mindestens 50 Gew.-% im Intervall 2-6 µm) als feinerer Hilfsstoffanteil, 19.9 Gewichtsteilen kristalliner Laktose (32-63 µm) als grober Hilfsstoffanteil, als auch einem Wirkstoff besteht, der Wirkstoff nicht 0.1 Gewichtsteile Isoprenalinsulfat von 1-10 µm mit mindestens 50 Gew.-% im Intervall 2-6 µm sein darf.

8. Verfahren zur Steuerung bzw. Optimierung des inhalationsfähigen Anteils von Inhalationspulvern, dadurch gekennzeichnet, daß man den auf eine Teilchengröße unter 10 µm, vorzugsweise unter 6 µm mikronisierten Wirkstoff mit Hilfsstoff mischt, wobei der Hilfsstoff aus einem Anteil mit einer mittleren Teilchengröße <10 µm und einem Anteil mit einer mittleren Teilchengröße >20 µm besteht, und wobei das Gewichtsverhältnis der Teilchensorten zwischen 1:99 und 95:5, vorzugsweise zwischen 5:95 und 70:30, insbesondere zwischen 10:90 und 50:50 liegt, mit der Maßgabe, daß in einer Mischung, welche aus 20 Gewichtsteilen kristalliner Laktose (1-10 µm mit mindestens 50 Gew.-% im Intervall 2-6 µm) als feinerer Hilfsstoffanteil, 19.9 Gewichtsteilen kristalliner Laktose (32-63 µm) als grober Hilfsstoffanteil, als auch einem Wirkstoff besteht, der Wirkstoff nicht 0.1 Gewichtsteile Isoprenalinsulfat von 1-10 µm mit mindestens 50 Gew.-% im Intervall 2-6 µm sein darf.

9. Verfahren zur Herstellung eines Aerosols für die Inhalation, dadurch gekennzeichnet, daß man ein Inhalationspulver nach Anspruch 1 bis 7 nach Anspruch 8 hergestelltes Inhalationspulver mittels eines für die Pulverinhalation geeigneten Geräts der vom Patienten eingeatmeten Luft beimischt."

II. Gegen das erteilte europäische Patent wurden von sechs Einsprechenden unabhängig voneinander Einsprüche eingelegt:

- Einsprechende 01 und Beschwerdegegnerin 01 ist die Sofotec GmbH & Co. KG, Rechtsnachfolgerin der Astra Medica AG;

- Einsprechende 02 und Beschwerdegegnerin 02 ist die Skye Pharma AG;

- die Einsprechende 03 und Beschwerdegegnerin 03, AstraZeneca, hat mit Schreiben vom 14. September 2004 den Einspruch zurückgenommen und mitgeteilt, daß sie sich aus dem Beschwerdeverfahren zurückziehen und auch an der für 18. November 2004 angesetzten, mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer nicht mehr teilnehmen werde; gemäß der Entscheidung in der Sache T 789/89 (ABl. EPA, 1994, 482) hat die Rücknahme des Einspruchs zur Folge, daß die Beschwerdegegnerin 03 hinsichtlich der Sachfragen nicht mehr am Verfahren beteiligt ist;

- Einsprechende 04 und Beschwerdegegnerin 04 ist die Chiesi Farmaceutici S.p.A;

- die Einsprechende 05, Orion Corporation, hat mit Schreiben vom 21. November 2001 den Einspruch bereits im Verlauf des erstinstanzlichen Einspruchsverfahrens zurückgezogen;

- der Einspruch der Einsprechenden 06, R. P. Scherer Limited, gilt wegen Nichtzahlung der Einspruchsgebühren als nicht eingelegt.

III. Die Einsprechenden beantragten im Verfahren vor der Einspruchsabteilung den Widerruf des Patents im gesamten Umfang, gestützt auf folgende Einspruchsgründe:

a) Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52 (4), 54 und 56 EPÜ wegen Ausschlusses von der Patentierbarkeit, mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit,

b) Artikel 100 b) EPÜ in Verbindung mit Artikel 83 EPÜ wegen fehlender Ausführbarkeit und

c) Artikel 100 c) EPÜ in Verbindung mit Artikel 123 (2) EPÜ wegen unzulässiger Änderungen.

IV. Von den zahlreichen Entgegenhaltungen, die während des Einspruchsverfahrens eingeführt wurden, wird in der vorliegenden Entscheidung auf die nachfolgend angeführten Entgegenhaltungen Bezug genommen; die von der Einspruchsabteilung gewählte Numerierung wird beibehalten:

(1) FR-M-8.142

(2) DE-A-1 792 207

(3) DE-A-1 792 799

(4) GB-A-1 242 211

(14) US-A-3 957 965

V. Im der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, die für den 22. November 2001 angesetzt war, beantragte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage eines mit Fax vom 21. November 2001 eingereichten Anspruchbegehrens mit 7 Patentansprüchen als Hauptantrag. Für den Fall, daß dieser Hauptantrag als verspätet eingereicht nicht zum Verfahren zugelassen werden sollte, beantragte sie die Einsprüche zurückzuweisen, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage des am 24. November 1999 mit Schreiben vom 23. November 1999 eingereichten 1. Hilfsantrags mit 9 Patentansprüchen. Anspruch 1 dieses Hilfsantrags lautete folgendermaßen:

"1. Inhalationspulver erhältlich dadurch, daß mikronisierter Wirkstoff mit mindestens einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff und ggf. weiteren Hilfsstoffen, insbesondere Geschmackskorrigenzien, vermischt wird, dadurch gekennzeichnet, daß der mindestens eine physiologisch unbedenkliche Hilfsstoff durch Mischen von gröberen Hilfsstoffanteilen mit einer mittleren Teilchengröße von etwa 20 µm oder mehr mit feineren Hilfsstoffanteilen mit einer mittleren Teilchengröße von etwa 10 µm oder weniger erhalten wird wobei das Gewichtsverhältnis der feineren zu den gröberen Hilfsstoffanteilen zwischen 1:99 und 95:5 liegt."

VI. In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zum Schluß, daß die mit Fax vom 21. November 2001 als Hauptantrag eingereichten geänderten Ansprüche 1 bis 7 nicht zum Verfahren zugelassen werden sollten, da diese Ansprüche erst am Tag vor der mündlichen Verhandlung, ohne ausreichende Begründung für das verspätete Vorbringen, eingereicht wurden und zudem das in den Ansprüchen 1 und 7 neu eingeführten Merkmal, wonach die Obergrenze für die mittlere Teilchengröße im allgemeinen unter 150 µm liegen soll, prima facie Fragen zur Klarheit aufwerfe.

Hinsichtlich des nachgereihten Antrags, die Einsprüche zurückzuweisen, vertrat die Einspruchsabteilung die Ansicht, daß der Stand der Technik gemäß der Entgegenhaltung (2) und deren Patentfamilienmitglieder (1), (3), (4) und (14) keine zufällig neuheitsschädliche Vorwegnahme darstelle und der auf diesem Stand der Technik beruhende Disclaimer in den Ansprüchen 1 und 8 des erteilten Patents (siehe I oben) daher zu einer Verletzung von Artikel 123 (2) EPÜ Anlaß gebe.

Hinsichtlich des am 24. November 1999 mit Schreiben vom 23. November 1999 eingereichten Hilfsantrags (siehe V oben) kam die Einspruchsabteilung zum Schluß, daß dieser die Bestimmungen des Artikel 123 (3) EPÜ verletze. In diesem Zusammenhang stellte sie fest, daß das in Anspruch 1 des erteilten Patents vom Schutzumfang mittels Disclaimer ausgenommene Inhalationspulver (siehe I oben) durch Stoffparameter, nämlich durch die Aufzählung der einzelnen Bestandteile, welche dieses Inhalationspulver enthält, und deren Gewichtsanteile und deren Teilchengrößen strukturell genau definiert sei und nicht bloß durch ein Verfahren zu dessen Herstellung, wie im Anspruch 1 des Hilfsantrags. Daraus ergebe sich die Möglichkeit, daß ein nach Anspruch 1 des Hilfsantrags erhältliches, nunmehr beanspruchtes Inhalationspulver durch den Disclaimer vom Umfang der erteilten Ansprüche ausgeschlossen gewesen sei, sofern zu dessen Herstellung die gleichen Inhaltsstoffe in den gleichen Konzentrationen und Teilchengrößen, wie im Disclaimer angegeben, verwendet werden, was nach dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag ohne weiteres möglich sei.

VII. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die unterlegene Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 6. Februar 2002, eingegangen am 7. Februar 2002, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt und innerhalb der in Artikel 108 EPÜ vorgesehenen Frist die Beschwerde begründet. Mit der Beschwerdebegründung vom 22. April 2002 hat die Beschwerdeführerin einen Anspruchsatz mit 8 Ansprüchen als neuen Hauptantrag und einen weiteren Anspruchsatz mit 8 Ansprüchen als neuen Hilfsantrag eingereicht. Die Beschwerdegegnerinnen haben hierzu Stellung genommen.

VIII. In Vorbereitung auf die für 18. November 2004 angesetzte mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat die Beschwerdeführerin in der Eingabe vom 18. Oktober 2004 den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrag zurückgenommen, den damals eingereichten Hilfsantrag (siehe VII oben) zum neuen Hauptantrag gemacht und neue Hilfsanträge 1 bis 3 eingereicht.

IX. Die Anhörung vor der Kammer fand in Anwesenheit von Vertretern der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerinnen 01, 02 und 04 statt. Im Verlaufe dieser Verhandlung reichte die Beschwerdeführerin mehrmals geänderte Ansprüche ein. Nach einer ausführlichen Diskussion aller im Verlaufe des gesamten Beschwerdeverfahrens eingereichten Anträge in Hinblick auf deren Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Artikel 84, 123 (2) und (3) EPÜ, hielt die Beschwerdeführerin von den zahlreichen, im schriftlichen und mündlichen Beschwerdeverfahren eingereichten Anträgen zuletzt lediglich folgenden neuen Hauptantrag und die folgenden neuen Hilfsanträge 1 und 2 aufrecht. Die unabhängigen Ansprüche des geltenden Hauptantrags lauten wie folgt:

"1. Inhalationspulver aus mikronisiertem Wirkstoff und einem Hilfsstoffgemisch aus mindestens einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff, das aus einem feineren Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 10 µm oder weniger und einem gröberen Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 20 µm oder mehr in einem Gewichtsverhältnis von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 erhalten wird.

8. Verfahren zur Steuerung bzw. Optimierung des inhalationsfähigen Anteils von Inhalationspulvern, dadurch gekennzeichnet, daß man den auf eine Teilchengröße < 10 µm, vorzugsweise < 6 µm mikronisierten Wirkstoff mit einem Hilfsstoffgemisch mischt, das aus einem feineren Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße <10 µm und einem gröberen Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße >20 µm in einem Gewichtsverhältnis von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 erhalten wird."

Die unabhängigen Ansprüche des geltenden Hilfsantrags 1 lauten wie folgt:

"1. Inhalationspulver aus mikronisiertem Wirkstoff und mindestens einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff, der gröbere Anteile mit einer mittleren Teilchengröße von 20 µm oder mehr und feinere Anteile mit einer mittleren Teilchengröße von 10 µm oder weniger enthält, wobei das Gewichtsverhältnis der feineren zu den gröberen Hilfsstoffanteilen zwischen 1:99 und 50:50 liegt, wobei der Wirkstoff Ipratropiumbromid und der Hilfsstoff Lactose oder Glucose ist.

8. Verfahren zur Steuerung bzw. Optimierung des inhalationsfähigen Anteils von Inhalationspulvern, dadurch gekennzeichnet, daß man den auf eine Teilchengröße unter 10 µm, vorzugsweise unter 6 µm mikronisierten Wirkstoff mit Hilfsstoff mischt, wobei der Hilfsstoff aus einem Anteil mit einer mittleren Teilchengröße <10 µm und einem Anteil mit einer mittleren Teilchengröße >20 µm besteht, und wobei das Gewichtsverhältnis der Teilchensorten zwischen 1:99 und 95:5, vorzugsweise zwischen 5:95 und 70:30, insbesondere zwischen 10:90 und 50:50 liegt, wobei der Wirkstoff Ipratropiumbromid und der Hilfsstoff Lactose oder Glucose ist."

Der Anspruch 1 des geltenden Hilfsantrags 2 lautet wie folgt:

"1. Inhalationspulver aus Ipratropiumbromid als mikronisiertem Wirkstoff und einem Hilfsstoffgemisch aus Glucose oder Lactose, das aus einem feineren Anteil mit einer mittleren Teilchengröße von 10 µm oder weniger und einem gröberen Anteil mit einer mittleren Teilchengröße von 20 µm oder mehr in einem Gewichtsverhältnis von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 erhalten wird."

X. Die Argumente der Beschwerdeführerin, soweit diese für die geltenden Anträge von Bedeutung sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Ansprüche des Hauptantrags erfüllten das Erfordernis der Klarheit, da der Fachmann ohne erheblichen Aufwand erkennen könne, für welchen Gegenstand in den Patentansprüchen Schutz begehrt werde. Die Ansprüche enthielten alle jene technischen Merkmale, welche die verschiedenen Ausführungsformen der beanspruchten Erfindung widerspiegelten und seien durch die Beschreibung gestützt.

Das Gewichtsverhältnis von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 sei durch die Angabe der Bereiche zwischen 1:99 und 95:5, vorzugsweise zwischen 5:95 und 70:30, insbesondere zwischen 10:90 und 50:50, in den Erstunterlagen ausreichend gestützt. Durch die Beschränkung des Gewichtsverhältnisses von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 werde die dem Disclaimer im erteilten Anspruch 1 entsprechende zweite Ausführungsform in Tabelle 1 des Beispiels 2 der Entgegenhaltungen (1) bis (4) und (14) vom Anspruchsbereich ausgenommen, so daß insoweit kein Erweiterung des Schutzbereichs vorliege und Artikel 123 (3) EPÜ ebenfalls Genüge getan sei.

Die Beschwerdeführerin habe sich in den Hilfsanträgen 1 und 2 zur Aufnahme von Merkmalen aus Beispiel 2 der Erstunterlagen veranlaßt gesehen, da die Kammer zum ersten Mal während der mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben habe, daß sie in der Angabe des Gewichtsverhältnisses von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 in den unabhängigen Ansprüchen keinerlei Einschränkung der Produktansprüche sehe und nach wie vor Artikel 123 (3) EPÜ als durch den Hauptantrag verletzt ansehe. Die Ansprüche der Hilfsanträge genügten den Erfordernissen der Artikel 84, 123 (2) und 123 (3) EPÜ, da sich die vorgenommene Beschränkung auf die Hereinnahme von Merkmalen aus Beispiel 2 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung in die geltenden Ansprüche stütze und weiterreichend sei, als jene, die durch den Disclaimer im erteilten Patent erreicht wurde.

XI. Die von den Beschwerdegegnerinnen vorgetragenen Argumente, soweit sie für die vorliegenden Anträge von Bedeutung sind, können wie folgt zusammengefaßt werden:

Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags verletzten Artikel 123 (2) EPÜ, da das Merkmal "Hilfsstoffgemisch "aus mindestens einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff" in den Erstunterlagen in dieser Form nicht offenbart sei. Die Beschränkung des Gewichtsverhältnisses von feinerem zu gröberem Hilfsstoff auf einen Bereich zwischen 1:99 und 50:50 in den unabhängigen Ansprüchen des Hauptantrags sei ebenfalls nicht durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt, da hier die Untergrenze des breitesten offenbarten Bereichs mit der Obergrenze des engsten offenbarten Bereichs zu einem neuen Bereich kombiniert worden sei. Außerdem könne dieser neue Bereich den Einwand der Erstinstanz nach Artikel 123 (3) EPÜ nicht ausräumen, da das Gewichtsverhältnis von feinerem zu gröberem Hilfsstoff in der zweiten Ausführungsform in Tabelle I des Beispiels 2 der Entgegenhaltungen (1) bis (4) und (14) rein rechnerisch 50,125:49,875 betrage und der Fachmann diese Verhältnis, nachdem in (2) ein Verhältnis nach Gew.-Teilen von 20:19,9 angegeben sei, von vorne herein auf 50:50 aufrunde. Zudem erfüllten die geänderten Ansprüche nicht die Voraussetzungen von Artikel 84 EPÜ.

Die Hilfsanträge seien schon deshalb nicht gewährbar, da die vorgeschlagenen Änderungen in den unabhängigen Ansprüchen dieser Anträge, entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin, in Beispiel 2 der Erstunterlagen keine ausreichende Grundlage fänden und daher gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstießen.

XII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an die erste Instanz zur Weiterbehandlung der Angelegenheit auf Basis des heute [d. h. in der mündlichen Verhandlung] eingereichten Hauptantrags oder hilfsweise der heute [d. h. in der mündlichen Verhandlung] eingereichten Hilfsanträge 1 oder 2.

Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin oder, hilfsweise, die Zurückverweisung an die erste Instanz.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Im vorliegenden Fall erachtet die Kammer die folgende Vorbemerkungen zu den für diese Entscheidung relevanten Bestimmungen des Übereinkommens als zweckmäßig:

2.1. Beantragt der Patentinhaber, wie hier, im Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren Änderungen der Ansprüche oder anderer Teile des Patents in der erteilten Fassung, so ist nach Artikel 102 (3) EPÜ und Artikel 111 (1) EPÜ die Beschwerdekammer dafür zuständig und damit auch befugt, sämtliche Bestimmungen des EPÜ zur Prüfung heranzuziehen. Diese Befugnis ist damit umfassender als die in Artikel 102 (1) und (2) EPÜ vorgesehene, die ausdrücklich auf die Prüfung der in Artikel 100 EPÜ genannten Einspruchsgründe beschränkt ist.

2.2. Werden an einem Patent sachliche Änderungen vorgenommen, so ist die Kammer auch befugt, auf alle dadurch entstehenden Gründe und Fragen einzugehen, auch wenn diese von den Einsprechenden nicht gemäß Regel 55c) EPÜ konkret vorgebracht wurden oder nicht vorgebracht werden konnten. Wenn im Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren Änderungen am Patent vorgenommen werden, muß nach Artikel 102 (3) EPÜ also vom Amts wegen geprüft werden, ob es dadurch zu einem Verstoß gegen ein Erfordernis des Übereinkommens, einschließlich des Artikel 84 EPÜ kommt (T 227/88, ABl. EPA, 1990, 292; T 301/87, ABl. EPA 1990, 335).

3. Der geltende Hauptantrag und beide Hilfsanträge wurden erst in einem sehr späten Stadium des Beschwerdeverfahrens während oder sogar erst gegen Ende der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereicht. Die Kammer hat sich im Verlauf dieser Verhandlung im Rahmen ihrer in Punkt 2 oben näher erläuterten Zuständigkeit und Befugnis aus rechtlichen und faktischen Gründen veranlaßt gesehen, die Beschwerdeführerin zusätzlich zum Vorbringen der Beschwerdegegnerinnen mit weitergehenden Fragen und Einwendungen betreffend die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Änderungen der Ansprüche in den im schriftlichen Verfahren und den während der Anhörung zeitlich vor den geltenden Anträgen eingereichten Haupt- und Hilfsanträgen zu konfrontieren.

3.1. Die Kammer wertet die geltenden Anträge daher als bona fide Versuch, mit dem die Beschwerdeführerin den Einwendungen der Kammer während der mündlichen Verhandlung Rechnung tragen wollte. Dies ist für die Kammer ein hinreichender Anlaß, die extrem spät eingereichten Anträge in Ausübung ihres Ermessens dennoch zum Beschwerdeverfahren zuzulassen. Da die Beschwerdegegnerinnen dem nicht widersprochen haben, sind weitere Ausführungen zu diesem Punkt nicht erforderlich.

Hauptantrag

4. Das beanspruchte Inhalationspulver enthält im wesentlichen einen inhalierfähigen, mikronisierten Wirkstoffanteil und Träger- oder Hilfsstoffe zur Optimierung und Steuerung des inhalierfähigen Wirkstoffanteils im Inhalationspulver. Im Hauptantrag wurden im geänderten Anspruch 1 im Vergleich mit Anspruch 1 der Erstunterlagen und Anspruch 1 des erteilten Patents die Hilfsstoffe definiert als Hilfsstoffgemisch aus mindestens einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff, das aus einem feineren Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 10 µm oder weniger und einem gröberen Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 20 µm oder mehr in einem Gewichtsverhältnis von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 erhalten wird (siehe IX oben).

4.1. Nach Artikel 84 EPÜ müssen die Patentansprüche deutlich und knapp gefaßt ein und den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Grundsätzlich ist das Schutzbegehren in den Patentansprüchen durch technische Merkmale anzugeben. Außerdem sollte jeder einzelne Anspruch und die Ansprüche in ihrer Gesamtheit in sich widerspruchsfrei sein (T 4/80, ABl. EPA 1982, 149; T 2/80, ABl. EPA 1981, 431). Eine klare Fassung der Patentansprüche ist aus Gründen der Rechtssicherheit unabdingbar; den Wettbewerbern soll eine brauchbare Basis für die Beurteilung der Frage and die Hand gegeben werden, ob eine Benutzungshandlung das Patent verletzt. Im europäischen System ist die Klarheit der Ansprüche auch wegen der in den meisten Vertragsstaaten verlangten Übersetzung der Ansprüche erforderlich, wenn Schutz aus der europäischen Patentanmeldung nach Artikel 67 EPÜ beansprucht wird oder nach Artikel 69 EPÜ der Schutzbereich des Patents bestimmt wird. Den nur ein klar und deutlich gefaßter Anspruch kann zuverlässig übersetzt werden und den Schutzbereich eindeutig festlegen.

4.2. Den obigen Erfordernissen entspricht zumindest der Anspruch 1 des Hauptantrags auf Grund der Änderungen in diesem Anspruch gegenüber dem erteilten Patent nicht. Denn einerseits scheint dem Wortlaut dieses Anspruchs Genüge getan, wenn das beanspruchte Inhalationspulver aus mikronisiertem Wirkstoff und "einem Hilfsstoffgemisch aus nur mindestens einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff" besteht. Andererseits wird jedoch widersprüchlich dazu gefordert, daß dieses Hilfsstoffgemisch aus [nur] mindestens einem physiologisch unbedenklichen Hilfsstoff aus (a) einem ersten feineren, hinsichtlich seiner Eigenschaften nicht näher gekennzeichneten Hilfsstoff mit beliebigen Eigenschaften, sofern dieser nur einer mittlere Teilchengröße von 10 µm oder weniger aufweist, und (b) einem zweiten gröberen, hinsichtlich seiner Eigenschaften ebenfalls nicht näher gekennzeichneten Hilfsstoff mit beliebigen Eigenschaften, sofern dieser nur einer mittlere Teilchengröße von 20 µm oder mehr aufweist, in einem Gewichtsverhältnis von (a) feinerem zu (b) gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 erhalten wird.

4.3. Die Beschwerdeführerin ist dem Einwand der Kammer und der Beschwerdegegnerinnen betreffend den oben genannten Widerspruch und die mangelnde Klarheit des Anspruchs im allgemeinen mit einem Argument begegnet, welches nach Ansicht der Kammer nur dahingehend verstanden werden kann, daß der Fachmann "bei einigem gutem Willen" aus der Fassung des Anspruchs wohl doch erkennen könne, für welchen Gegenstand die beschwerdeführende Patentinhaberin beabsichtige Schutz zu begehren. Ob dieses Argument zutreffend ist oder nicht kann dahingestellt bleiben, den Erfordernissen von Artikel 84 in Verbindung mit den ergänzenden Bestimmungen in Regel 29 EPÜ (Form und Inhalt der Patentansprüche) ist in Hinblick auf die einleitenden Ausführungen in 4.1 oben nur dann Genüge getan, wenn der Gegenstand für den Schutz begehrt wird in den Ansprüchen durch Angabe der technischen Merkmale der Erfindung klar, deutlich, eindeutig und widerspruchsfrei definiert ist. Diesen Erfordernissen genügt Anspruch 1 des Hauptantrags aus den oben angeführten Gründen nicht.

4.4. Hinsichtlich des in Anspruch 1 eingeführten, ebenfalls geänderten Gewichtsverhältnisses von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 ist die Beschwerdeführerin im schriftlichen Beschwerdeverfahren und auch noch im Verlaufe der mündlichen Verhandlung vor der Kammer offensichtlich irrtümlicherweise davon ausgegangen, daß sie durch die Angabe des Gewichtsverhältnisses von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 ein technisches Merkmal in die unabhängigen Ansprüche aufgenommen habe, welches eine weitergehende Beschränkung des Schutzumfangs als der Disclaimer in den Ansprüchen 1 und 8 des erteilten Patents bewirke (siehe I oben). Obwohl der Hauptantrag bereits wegen Verletzung der Bestimmungen von Artikel 84 EPÜ aus den in Punkten 4.1 bis 4.3 oben genannten Gründen nicht gewährbar ist, sieht sich die Kammer wegen des breiten Raums, den die Diskussion über die tatsächliche Bedeutung des oben genannten Merkmals (Gewichtsverhältnisses) in der mündlichen Verhandlung eingenommen hat und der Tatsache, daß nahezu alle im Verlauf des Beschwerdeverfahrens eingereichten unabhängigen Ansprüche das Gewichtsverhältnis von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 als vermeintlich beschränkendes technisches Merkmal enthielten, zu einer Stellungnahme zu diesem Merkmal in dieser Entscheidung veranlaßt. Schließlich hat der Ausgang dieser Diskussion die Kammer dazu veranlaßt, der Beschwerdeführerin noch gegen Ende der mündlichen Verhandlung Gelegenheit zur Einreichung der geltenden Hilfsanträge 1 und 2 zu geben.

4.5. Die Angabe des oben genannten Gewichtsverhältnisses von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 begründet in Wahrheit keinerlei Einschränkung der Produktansprüche (sei es daß das Produkt strukturell oder durch ein Verfahren zu seiner Herstellung definiert ist), weil im Patent mangels geeigneter, weiterreichender Angaben völlig offen bleibt, nach welchen Kriterien im fertigen Hilfsstoffgemisch, welches hinsichtlich der Verteilung der Teilchengrößen über den gesamten Bereich ein Kontinuum darstellt, einerseits der Anteil an feinerem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 10 µm oder weniger und andererseits der Anteil an gröberem Hilfsstoff mit einer mittleren Teilchengröße von 20 µm oder mehr festgelegt und bestimmt werden kann und soll. Diese Ausführungen gelten selbstverständlich auch für einen "product by process"- Anspruch mit dem Merkmal, daß das Hilfsstoffgemisch aus [durch Vermischen] einem[s] feineren Hilfsstoff[s] mit einer mittleren Teilchengröße von 10 µm oder weniger und einem[s] gröberen Hilfsstoff[s] mit einer mittleren Teilchengröße von 20. µm oder mehr in einem Gewichtsverhältnis von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 erhalten wird.

4.6. Auch aus dem zuletzt angeführten Grund verletzt Anspruch 1 des Hauptantrags die Bestimmungen von Artikel 84 i. V. m. Regel 29 EPÜ, wonach der Gegenstand für den Schutz begehrt wird in den Ansprüchen durch Angabe der technischen Merkmale der Erfindung klar, deutlich und eindeutig anzugeben ist. Patentansprüche sind generell nicht deutlich gefaßt, wenn sie den Schutzbereich nicht genau erkennen lassen.

4.7. Oben wurde gezeigt, daß die Angabe des Gewichtsverhältnisses von feinerem zu gröberem Hilfsstoff zwischen 1:99 und 50:50 im vorliegenden Fall keinerlei Einschränkung der Ansprüche begründet. Daraus folgt, daß Anspruch 1 des Hauptantrags auch Artikel 123 (3) EPÜ verletzt, da das im Anspruch 1 des erteilten Patents durch Disclaimer vom Schutzumfang ausgenommene Inhalationspulver vom Anspruch 1 des geltenden Hauptantrags mangels entsprechender Einschränkung mitumfaßt wird.

4.8. Aus allen oben angeführten Gründen ist der Hauptantrag nicht gewährbar.

Hilfsanträge 1 und 2

5. In beiden Hilfsanträgen wurden die unabhängigen Ansprüche im Vergleich mit den Ansprüchen der Erstunterlagen und des erteilten Patents auf Inhalationspulver mit Ipratropiumbromid als mikronisiertem Wirkstoff und Glucose oder Lactose als Hilfsstoff beschränkt.

5.1. In Artikel 123 (2) EPÜ heißt es: "Eine europäische Patentanmeldung oder ein europäisches Patent [darf] nicht in einer Weise geändert werden, daß der Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht." Da ein Gegenstand durch seine wesentlichen technischen Merkmale offenbart und bestimmt wird, darf er in seinem Umfang durch Hinzufügung eines alternativen oder eines einschränkenden Merkmals weder erweitert noch eingeschränkt werden, wenn der Gegenstand durch Hinzufügung dieses Merkmals über den Inhalt der Anmeldung "hinausgeht", d. h. nicht darin enthalten oder daraus herleitbar ist. Der Normzweck von Artikel 123 (2) EPÜ besteht darin, Änderungen auszuschließen, mit denen die Anmelderin oder Pateninhaberin Gegenstände beanspruchen könnte, die von der Anmeldung in der eingereichten Fassung nicht gestützt sind. Dabei ist zu beachten, daß auch eine Einschränkung eine unzulässige Erweiterung des Gegenstandes der Anmeldung darstellen kann (T 201/83, ABl. EPA, 1984, 481; T 17/86, ABl. EPA 1989, 297).

5.2. Im vorliegenden Fall schlägt die Anmeldung nach den Erstunterlagen ein Inhalationspulver vor, welches sowohl hinsichtlich des darin enthaltenen mikronisierten Wirkstoffs als auch des oder der Hilfsstoffe keiner Einschränkung unterliegt, abgesehen davon, daß diese physiologisch unbedenklich sein sollen und die feinere Anteile des Hilfsstoffs eine mittlere Teilchengröße im extrem breiten Bereich von 10 µm oder weniger und die gröberen Anteile des Hilfsstoffs eine mittlere Teilchengröße in dem nach oben völlig offenen Bereich von 20 µm oder mehr aufweisen sollen. Die Anmeldung in der eingereichten Fassung enthält zwei Beispiele, wobei in Beispiel 2 Kapseln beschrieben sind, die 0,04 mg Ipratropiumbromid mit einer mittleren Teilchengröße von < 6 µm als Wirkstoff und als Hilfsstoffe Glucose mit einer durchschnittlichen Teilchengröße von 35 µm (G I) einerseits und 8 µm (G III) andererseits in Gewichtsverhältnissen von G III : G I von 0:100, 5:95, 10:90, 25:75 und 50:50 enthalten.

5.3. Die Aufnahme von Ipratropiumbromid als Wirkstoff in den Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 stellt zwar hinsichtlich des allgemeinen Merkmals "mikronisierter Wirkstoff" in den Patentansprüchen in der ursprünglich eingereichten Fassung eine Beschränkung dar, verstößt aber dennoch gegen Artikel 123 (2) EPÜ, da Ipratropiumbromid als Wirkstoff in den gesamten Erstunterlagen (Beschreibung und Ansprüche) nur in Beispiel 2 und dort ausdrücklich nur in Zusammenhang mit folgenden nicht in den geänderten Anspruch 1 aufgenommenen speziellen Merkmalen offenbart ist:

- einer mittleren Teilchengröße Wirkstoffs von < 6 µm,

- einer Menge des Wirkstoffs von 0,04 mg,

- Glucose als einzigem Hilfsstoff,

- einer durchschnittlichen Teilchengröße des feineren Hilfsstoffanteils von 8 µm,

- einer durchschnittlichen Teilchengröße des gröberen Hilfsstoffanteils von 35 µm.

5.4. In Anlehnung an die in T 201/83 (loc. cit.) entwickelten Grundsätze kann nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern die Beschränkung eines generellen Merkmals in einem ursprünglich eingereichten Anspruch auf eine einzig und allein in einem Beispiel beschriebene spezielle Ausführungsform diese Merkmals nach Artikel 123 (2) EPÜ zulässig sein, sofern der Fachmann ohne weiteres erkennen kann, daß die übrigen (nicht in den Anspruch aufgenommenen) speziellen Merkmale dieses Beispiels mit der (in den Anspruch aufgenommenen) speziellen Ausführungsform dieses einen Merkmals nicht so eng verbunden sind, daß sie die Wirkung der im Beispiel beschriebenen erfindungsgemäßen Ausführungsform als Ganzes in erheblichem Ausmaß bestimmen. Im vorliegenden Fall ist jedoch aus der Beschreibung klar herleitbar, daß der in Beispiel 2 als inhalierbar ausgebrachte Wirkstoffanteil einerseits von der Art des Wirkstoffs (hier Ipratropiumbromid) und andererseits von allen weiteren in 5.2 oben erwähnten speziellen Merkmalen des Beispiels in erheblichem Ausmaß bestimmt wird.

5.5. Nach den obigen Ausführungen stellen daher die Änderungen in Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 eine durch die Erstunterlagen nicht gestützte Beschränkung dar, so daß ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vorliegt.

5.6. Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß aus den in den Punkten 4.1 und 4.5 oben angeführten Gründen die Ansprüche der Hilfsanträge 1 und 2 auch gegen Artikel 84 EPÜ verstoßen.

5.7. Aus den genannten Gründen sind die Hilfsanträge 1 und 2 ebenfalls nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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