European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1988:W001387.19880809 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 August 1988 | ||||||||
Aktenzeichen: | W 0013/87 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | B60T 8/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
Download und weitere Informationen: |
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Bezeichnung der Anmeldung: | Bremsdruckregelsystem für Fahrzeuge | ||||||||
Name des Anmelders: | - | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Einheitlichkeit abhängiger Ansprüche | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin hat am 13. Juli 1987 die internationale Anmeldung PCT/EP..... eingereicht.
II. In einer Aufforderung gemäß Artikel 17 (3) (a) PCT zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr vom 26. Oktober 1987 hat die als internationale Recherchenbehörde tätige Zweigstelle den Haag des Europäischen Patentamts der Anmelderin mitgeteilt, daß sie der Auffassung sei, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit nicht entspreche. Zur Begründung wurde angeführt, daß die Anmeldung folgende Anspruchsgruppen umfasse:
Ansprüche 1 bis 13:
Bremsdruckregelsystem für Fahrzeuge, bei dem der Bremsdruck geregelt wird gemäß dem Verlauf der Fahrzeugverzögerung.
Ansprüche 14 bis 17:
Bremsdruckregelsystem für Fahrzeuge, bei dem der Bremsdruck geregelt wird gemäß der Steigung der Fahrzeugverzögerung, dem ein Schlupfregelsystem überlagert ist.
Die im unabhängigen Anspruch 1 genannte, der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe sei nicht neu, sondern bereits gelöst, oder sie weise keine erfinderische Tätigkeit auf gegenüber dem Stand der Technik gemäß der DE-2.442.147.
Die ursprüngliche einzige allgemeine erfinderische Idee, die auch den Gegenstand der abhängigen Ansprüche einschließt, sei deshalb nicht mehr zulässig.
III. Die Anmelderin hat am 19. November 1987 die zusätzliche Gebühr unter Widerspruch entrichtet. Zur Begründung des Widerspruchs führte sie aus, bei der Regelung nach den Ansprüchen 1 bis 13 werde, wie Anspruch 1 angibt, die Steigung der Fahrzeugverzögerung (da/dt) als Regelkriterium benutzt. Die Unteransprüche 2 bis 13 enthielten Maßnahmen, um die Regelung gemäß Anspruch 1 zu verbessern.
Im Anspruch 14 werde gesagt, daß ebenfalls nach der Ableitung der Fahrzeugverzögerung (da/dt) geregelt wird, daß jedoch dieser Grundregelung eine Schlupfregelung überlagert wird, die nur bei relativ hohen Abweichungen eingreift. Dies gehe auch aus Fig. 6 mit zugehöriger Beschreibung, insbesondere Seite 8, 1. Absatz, hervor. Es sei nicht erkennbar, warum diese Verbesserung des Regelkonzepts gemäß Anspruch 1 oder einer Kombination des Anspruches 1 mit weiteren Unteransprüchen zur Uneinheitlichkeit führen soll.
Es sei nicht zulässig, in der Recherchenphase die Aufgabe der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit durch Vergleich mit dem Stand der Technik zu prüfen. Ob die Erfindung letztlich schutzfähig ist, müsse der späteren Prüfung vorbehalten werden.
Entscheidungsgründe
1. Der Widerspruch entspricht der Regel 40.2 c) PCT, da die Anmelderin die dort angegebenen Erfordernisse erfüllt hat, und zwar innerhalb der hierfür in Regel 40.3 PCT in Verbindung mit Artikel 17 (3) a) PCT vorgesehenen Frist.
2. Die Aufforderung gemäß Artikel 17 (3) a) PCT enthält eine Begründung im Sinne von Regel 40.1 PCT für die Feststellung, die Anmeldung entspreche nicht dem Erfordernis der Einheitlichkeit.
3. Mangelnde Einheitlichkeit kann unmittelbar von vornherein ersichtlich sein (a priori), d.h. bevor die Patentansprüche gegenüber dem Stand der Technik geprüft werden, oder sich erst nachträglich ergeben (a posteriori), d.h. nach Berücksichtigung des Standes der Technik -beispielsweise kann aus einem zum Stand der Technik gehörenden Dokument hervorgehen, daß mangelnde Neuheit oder mangelnde erfinderische Tätigkeit für den Gegenstand eines Hauptanspruchs vorliegt, so daß zwei oder mehrere Erfindungen oder Erfindungsgruppen übrig bleiben, die nicht mehr durch eine gemeinsame erfinderische Idee verbunden sind.
4. Im vorliegenden Fall hat die Recherchenbehörde eine ursprüngliche einzige erfinderische Idee anerkannt, aber dann einen a posteriori Einwand erhoben. Sie hat die Meinung vertreten, daß die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe (Lösung war wohl gemeint) nicht neu sei oder keine erfinderische Tätigkeit aufweise gegenüber dem Stand der Technik gemäß der DE-A- 2 422 147. Der Anspruch 1 sei deswegen voraussichtlich nicht gewährbar, und die ursprüngliche einzige allgemeine erfinderische Idee sei nicht mehr zulässig.
5. Die Kammer ist nicht davon überzeugt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruht.
6. Die DE-A- 2 422 147 beschreibt ein Antiblockierregelsystem für Fahrzeuge, bestehend aus einer Stelleinrichtung zur Variation des Bremsdrucks, einer Steuerschaltung zur Erzeugung von Steuersignalen für diese Stelleneinrichtung und einen Fühler, dessen Signale der Steuerschaltung zur Verarbeitung zugeführt werden. Außerdem sind als Fühler Meßmittel zur Bestimmung des Auftretens einer Änderung der Fahrzeuglängsverzögerung vorgesehen. Die Steuerschaltung enthält einen Signalgeber, der selbsttätig von Zeit zu Zeit Steuersignale zur Druckabsenkung abgibt. Weiterhin sind mit den Meßmitteln verbundene Schaltmittel vorgesehen, die bei Auftreten einer bestimmten Abnahme der Fahrzeuglängsverzögerung die Druckabsenkung an einem Rad oder mehreren Rädern unterbrechen und einen neuen Druckanstieg auslösen. Die erste Druckabsenkung wird vorgenommen werden wenn z.B. sich nach Bremsbeginn eine erste Verringerung der Längsverzögerung zeigt. In einem ersten Ausführungsbeispiel wird die Druckabsenkung unterbrochen, wenn sich die Fahrzeugverzögerung mit einer bestimmten Steigung ändert.
7. In der vorliegenden Anmeldung wird ebenfalls ein Bremsdruckregelsystem für Fahrzeuge beschrieben, bei dem unter Verwendung eines Fahrzeugverzögerungsgebers der Bremsdruck geregelt wird. Jedoch wird der Bremsdruckaufbau (und nicht die Bremsdruckabsenkung) gestoppt, wenn die Steigung der Fahrzeugverzögerung einen vorgegebenen kleinen Wert erreicht.
8. Die Kammer ist bei dieser Sachlage der Ansicht, daß man im Hinblick auf die DE-A- 2 422 147 nicht ohne weiteres sagen kann,daß es für den Fachmann naheliegend ist, den Bremsdruckaufbau in einem Bremsdruckregelsystem zu stoppen, wenn die Steigung der Fahrzeugverzögerung einen vorgegebenen kleinen Wert erreicht. Die endgültige Prüfung dieser Frage bleibt allerdings einer eventuellen späteren Sachprüfung vorbehalten.
9. Die Kammer vertritt daher den Standpunkt, daß von einem Wegfall der im Anspruch 1 zum Ausdruck gebrachten erfinderischen Idee derzeit nicht gesprochen werden kann, so daß die Einheitlichkeit der Erfindung über diese durch die Rückbeziehung sämtlichen Ansprüchen gemeinsame Idee gewährleistet ist. Bei dieser Sachlage braucht nicht untersucht zu werden, ob die Anmeldung bei Wegfall der erfinderischen Idee gemäß Anspruch 1 in die von der Recherchenbehörde festgestellten beiden Gegenstände auseinanderfallen würde. Die Aufforderung zur Zahlung der zusätzlichen Recherchengebühr ist daher nicht zu Recht ergangen und der Widerspruch begründet.
10. Die Kammer stimmt mit der Anmelderin insoweit zu, daß in der Recherchenphase a posteriori Einwände gegen eine Anmeldung wegen Uneinheitlichkeit nur in sehr klaren und eindeutigen Fällen erhoben werden sollten. Um einen solchen klaren Fall handelt es sich hier jedenfalls nicht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der zusätzlichen Gebühr wird angeordnet.