T 0891/97 (Gerüststoffkombination/HENKEL) of 1.3.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T089197.20020301
Datum der Entscheidung: 01 März 2002
Aktenzeichen: T 0891/97
Anmeldenummer: 91918052.1
IPC-Klasse: C11D 3/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Gerüststoff für Waschmittel
Name des Anmelders: Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
Name des Einsprechenden: (01) The Procter & Gamble Company
(02) Joh. A. Benckiser GmbH
(03) Clariant GmbH Werk Knapsack
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 54(3)
Schlagwörter: Ausführbarkeit (ja)
Neuheit (nein) - überlappende Bereiche
Einführung eines Hilfsantrags in der mündlichen Verhandlung - nicht zugelassen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0127/85
T 0051/90
T 0633/97
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0929/00

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 0 554 287 in geänderter Form.

II. Der angefochtenen Entscheidung lag als erster Hilfsantrag ein Satz von 7 Ansprüchen zugrunde, dessen unabhängiger Anspruch 1 wie folgt lautete:

"1. Phosphatfreie Gerüststoffkombination enthaltend Zeolith in Mengen von 60 bis 96 Gew.-%, kristallines Schichtsilikat der Formel (I) NaMSi(x)O(2x+1)·yH(2)O, wobei M Natrium oder Wasserstoff bedeutet, x eine Zahl von 1,9 bis 4 und y eine Zahl von 0 bis 20 ist, in Mengen von 2. bis 25 Gew.-% und polymeres Polycarboxylat in Mengen von 2 bis 16 Gew.-%, wobei das Gewichtsverhältnis kristalline Schichtsilikate (I) zu polymeren Polycarboxylaten 3:1 bis 1:3 beträgt und die Gerüststoffkombination frei von Phosphonat ist."

Dieser Anspruch 1 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 insofern, als die beanspruchte Gerüststoffkombination "frei von Phosphonat" ist, welches Merkmal bereits Gegenstand des erteilten Anspruchs 2 war.

Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 5 dieses Anspruchssatzes ist ein Wasch- und Reinigungsmittel, das die Gerüststoffkombination des Anspruchs 1 enthält. Die Ansprüche 2 bis 4 bzw. 6 und 7 sind weitere Ausgestaltungen des Mittels nach Anspruch 1 bzw. nach Anspruch 5.

III. In drei Einspruchschriftsätzen war der Widerruf des Patents in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes und im Hinblick auf Artikel 100 b) EPÜ wegen mangelnder Ausführbarkeit beantragt worden.

IV. In der Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde unter anderem folgendes im Einspruchsverfahren genannte Dokument zugrunde gelegt:

(4): EP-A-0 405 122.

Die Einspruchsabteilung stellte insbesondere fest, daß die Ansprüche gemäß dem Hauptantrag (die erteilten Ansprüche) den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ nicht genügten.

Im Hinblick auf den damaligen ersten Hilfsantrag (Hauptantrag der Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin) stellte sie außerdem fest

- es sei nicht glaubhaft gemacht worden, daß eine Gerüststoffkombination nach dem Anspruch 1 nicht herstellbar sei;

- es müsse eine vielstufige Auswahl aus der Lehre des Dokuments (4) getroffen werden, um zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen;

- der gemäß dem ersten Hilfsantrag beanspruchte Gegenstand sei neu und erfinderisch und genüge den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.

V. Gegen diese Entscheidung haben die Beschwerdeführerinnen 01, 02 und 03 (Einsprechende 01, 02 und 03) Beschwerde eingelegt.

VI. Die Beschwerdeführerinnen vertraten sowohl mündlich als auch schriftlich die Auffassung, daß der Anspruch 1 unklar sei, da er nicht spezifiziere:

- wieviel Wasser die wesentliche Komponente Zeolith enthalten könne;

- ob der angegebene Konzentrationsbereich das mögliche Hydratationswasser berücksichtige;

- welche optionellen Komponente noch Teil der beanspruchten Gerüststoffkombination sein können.

Auch sei Natriumcarbonat keine optionelle Komponente der beanspruchten Gerüststoffkombination, wie die Beschwerdegegnerin behaupte.

Da es unklar sei, welche Komponenten und welche Konzentrationen der Wortlaut des Anspruchs 1 umfasse, sei die beanspruchte Erfindung nicht so deutlich offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen könne.

Die Beschwerdeführerinnen vertraten unter anderem die Auffassung, daß der beanspruchte Gegenstand angesichts dreier Entgegenhaltungen nicht neu sei. Insbesondere überlappe die Lehre des Dokuments (4) deutlich mit dem beanspruchten Gegenstand.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat unter anderem geltend gemacht, daß

- der Wortlaut des Anspruchs 1 angesichts der Beschreibung klar sei;

- ein Fachmann die beanspruchte Gerüststoffkombination herstellen könne und daher die beanspruchte Erfindung ausführbar sei;

- nur eine mehrfache Auswahl aus der Lehre des Dokuments (4) zum beanspruchten Gegenstand führen könne und daher der beanspruchte Gegenstand gegenüber diesem Stand der Technik neu sei.

VIII. In der am 1. März 2002 abgehaltenen mündlichen Verhandlung ersuchte die Beschwerdegegnerin, einen neuen Satz von 7 Ansprüchen als Hilfsantrag in das Verfahren einzuführen.

Die Ansprüche 1 und 5 dieses Anspruchssatzes unterscheiden sich von den entsprechenden Ansprüchen des Hauptantrags insofern, als die oberste Konzentrationsgrenze für das kristalline Schichtsilikat in der Gerüststoffkombination in den Ansprüchen 1 und 5 von 25 auf 15 Gew.-% herabgesetzt wurde.

Die Kammer lehnte die Einführung dieses Hilfsantrags ab.

IX. Die Beschwerdeführerinnen beantragen, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

X. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen.

XI. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

Entscheidungsgründe

1. Ansprüche 1 bis 7 in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung

Ansprüche 1 und 5 dieses Anspruchssatzes unterscheiden sich von den entsprechenden unabhängigen Ansprüchen der erteilten Fassung insofern, als die beanspruchte Gerüststoffkombination frei von Phosphonat ist.

Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß die Bedingungen des Artikels 123 EPÜ in dieser Hinsicht erfüllt sind. Da diesbezüglich keine Einwände erhoben worden sind, ist unter den gegebenen Umständen eine nähere Begründung nicht erforderlich.

2. Mangelnde Offenbarung (Artikel 83 EPÜ)

2.1. Gemäß dem Anspruch 1 des Streitpatents enthält die beanspruchte Gerüststoffkombination Zeolith in Mengen von 60 bis 96 Gew.-%, kristallines Schichtsilikat in Mengen von 2 bis 25 Gew.-% und polymeres Polycarboxylat in Mengen von 2 bis 16 Gew.-%, wobei das Gewichtsverhältnis kristalline Schichtsilikate (I) zu polymeren Polycarboxylaten 3:1 bis 1:3 beträgt und die Gerüststoffkombination frei von Phosphonat ist.

Wie von allen Parteien eingeräumt, sind Zeolithe handelsübliche Gerüststoffe, die in der Regel ca. 18 bis 22. % Wasser enthalten; die Beschreibung des Streitpatents bestätigt, daß die gemäß Anspruch 1 einzusetzenden Zeolithe handelsübliche hydratisierte Produkte sind (Seite 2, Zeile 51).

Die im Anspruch 1 angegebene Zeolithkonzentration bezieht sich daher auf handelsübliche Wasser enthaltende Zeolithe und nicht auf wasserfreie Zeolithe.

Der Wortlaut des Anspruchs ist daher nach Auffassung der Kammer in dieser Hinsicht klar und kann kein Hindernis zur Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung sein.

2.2. Aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 ist außerdem zu entnehmen, daß andere optionelle Gerüststoffe von der beanspruchten Gerüststoffkombination umfaßt werden.

Die Beschwerdegegnerin hat erklärt, daß die beanspruchte Gerüststoffkombination amorphe Silikate oder andere organische Gerüststoffe enthalten kann (siehe auch Seite 3, Zeilen 26 bis 30 des Streitpatents); im Gegenteil dazu wird Natriumcarbonat, das als zusätzliche Komponente des Wasch- und Reinigungsmittels ebenfalls in der Beschreibung des Streitpatents auf Seite 3, Zeilen 44 bis 45 erwähnt wird, nicht als Teil der Gerüststoffkombination angesehen.

Die Beschwerdeführerinnen haben in dieser Hinsicht beanstandet, daß Natriumcarbonat üblicherweise als Gerüststoff anzusehen sei und der Wortlaut des Anspruchs 1 den Einsatz solcher Komponente als Teil der beanspruchten Gerüststoffkombination nicht ausschließe. Da jedoch Natriumcarbonat (wie von der Beschwerdegegnerin behauptet) nicht der Gerüststoffkombination angehören solle, sei für den Fachmann unklar, welche zusätzlichen Komponente von der beanspruchten Gerüststoffkombination umfaßt werden. Der Fachmann könne daher die beanspruchte Erfindung nicht in ihrem gesamten Umfang ausführen.

2.3. Die Beschwerdeführerinnen haben nicht geltend gemacht, daß die beanspruchte Gerüststoffkombination, mit oder ohne Natriumcarbonat, für einen Fachmann nicht herstellbar sei. Die Kammer kann auch keine Umstände erkennen, die Zweifel an der Herstellbarkeit solcher Gerüststoffkombinationen begründen könnten.

Daher betrifft die Frage, ob Natriumcarbonat der beanspruchten Gerüststoffkombination angehört oder nicht, nach Auffassung der Kammer die Auslegung und daher die Klarheit des Anspruchs und nicht die Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung.

Da Artikel 84 EPÜ jedoch kein Einspruchsgrund im Sinne des Artikels 100 EPÜ ist und diese Unklarheit bereits in der erteilten Fassung des Anspruchs 1 enthalten war, kann dieser Einwand von der Kammer nicht berücksichtigt werden.

Zwar können Einwände gegen die Klarheit der Ansprüche für das Einspruchsverfahren relevant sein, wenn die Interpretation eines unklaren Wortlauts die Entscheidung über die Streitfragen nach Artikel 100 EPÜ beeinflussen kann (siehe T 0127/85, ABl. EPA 1989, 271, Punkt 2.1 der Entscheidungsgründe).

Im vorliegenden Fall kann aber die Interpretation, ob Natriumcarbonat der beanspruchten Gerüststoffkombination angehöre oder nicht, die Feststellung der Neuheit des beanspruchten Gegenstand nicht beeinflussen (siehe Punkt 3 unten). Eine Auslegung des Wortlauts des Anspruchs 1 ist daher in dieser Hinsicht nicht erforderlich.

3. Neuheit

3.1. Anspruch 1 bezieht sich auf eine phosphat- und phosphonatfreie Gerüststoffkombination, die Zeolith in Mengen von 60 bis 96 Gew.-%, kristallines Schichtsilikat der Formel (I) NaMSi(x)O(2x+1)·yH(2)O, wobei M Natrium oder Wasserstoff bedeutet, x eine Zahl von 1,9 bis 4 und y eine Zahl von 0 bis 20 ist, in Mengen von 2 bis 25. Gew.-% und polymeres Polycarboxylat in Mengen von 2. bis 16 Gew.-% enthält, wobei das Gewichtsverhältnis kristalline Schichtsilikate (I) zu polymeren Polycarboxylaten 3:1 bis 1:3 beträgt.

Grundsätzlich ist nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA eine Druckschrift nur dann neuheitsschädlich, wenn sie den fraglichen Anspruchsgegenstand der Öffentlichkeit (in der Person des Fachmanns) unmittelbar und zweifelsfrei zugänglich macht.

3.2. Dokument (4), eine europäische Patentanmeldung mit einem Anmeldedatum vom 18. Mai 1990, war am 2. September 1991 veröffentlicht worden, während dem Streitpatent ein gültiges Prioritätsdatum vom 26. Oktober 1990 zukommt. Daher ist der Inhalt des Dokuments (4) nach Artikel 54 (3) EPÜ als Stand der Technik für alle in ihm und im Streitpatent gemeinsam benannten Vertragsstaaten, d. h. alle im Streitpatent benannten Vertragsstaaten, zur Frage der Neuheit zu berücksichtigen.

Dokument (4) offenbart eine binäre Gerüststoffkombination, die aus 20 bis 80 Gew.-% Zeolith und 20 bis 80 Gew.-% kristallinem Natriumschichtsilikat besteht. Das entspricht einem Gewichtsverhältnis von Zeolith zu Schichtsilikat von 4:1 bis 1:4. Das verwendete Schichtsilikat entspricht außerdem der Formel des Streitpatentes (siehe Seite 2, Zeilen 31 bis 33 und 53. bis 54; Anspruch 1).

Daher offenbart dieses Dokument unter anderem explizit eine Gerüststoffkombination, die aus 80 % Zeolith und 20. % kristallinem Schichtsilikat besteht.

Dieses Dokument lehrt außerdem, daß die binäre Gerüststoffkombination bevorzugt in Mengen von 5 bis 60. Gew.-%, bezogen auf das Waschmittel, und vorzugsweise in Mengen von 10 bis 30 Gew.-% eingesetzt werden kann (Seite 2, Zeilen 34 bis 36 und Ansprüche 2 und 3).

Schließlich lehrt Dokument (4), daß die binäre Gerüststoffkombination bevorzugt zusammen mit einem inkrustationsverhindernden Polycarboxylat, das, wie von der Beschwerdegegnerin eingeräumt, dem polymeren Polycarboxylat des Streitpatents entspricht, als Cobuilder in Mengen bis 2 Gew.-%, bezogen auf das fertige Waschmittel, eingesetzt werden kann (Seite 2, Zeilen 29 bis 30 und 34 bis 35 in Verbindung mit Zeilen 43 bis 44 und Anspruch 8).

Die Verwendung der binären Kombination Zeolith/Schichtsilikat mit einem Gewichtsverhältnis von 4:1 in einer Menge von z. B. 10 bis 30 Gew.-% des fertigen Waschmittels zusammen mit einem polymeren Polycarboxylat in Mengen von 2 %, ebenfalls bezogen auf das gesamte Waschmittel, ist daher in diesem Dokument zweifelsfrei und unmittelbar offenbart, ohne daß es hierzu einer mehrfachen Auswahl aus der Lehre dieses Dokuments bedarf.

Es bleibt daher zu entscheiden, ob diese technischen Informationen unmittelbar und zweifelsfrei eine unter dem Wortlaut des Anspruchs 1 fallende Gerüststoffkombination offenbaren.

3.3. Da die Konzentrationen des Zeolith und Schichtsilikat im Dokument (4) auf die binäre Gerüststoffkombination und die Konzentration von Polycarboxylat auf das Waschmittel bezogen sind, müssen alle Konzentrationen auf der gleichen Basis umgerechnet werden.

Wenn diese Konzentrationen der einzelnen Komponenten auf die Mischung Zeolith/Schichtsilikat/Polycarboxylat bezogen werden, so ergibt eine entsprechende Umrechnung die folgenden Konzentrationen:

Zeolith: 66.67 bis 75 %

Schichtsilikat: 16.67 bis 18.75 %

Polycarboxylat: 6.25 bis 16.67 %.

Das Gewichtsverhältnis Schichtsilikat/Polycarboxylat liegt daher im Bereich von 3:1 bis 1:1.

Die oben für die Gerüststoffgemische des Dokuments (4) angegebenen Konzentrationsbereiche überlappen demzufolge weitgehend mit jenen, die für die beanspruchten Gerüststoffkombinationen angegeben werden, für welche im Anspruch keine weiteren, gegebenenfalls unterscheidungskräftigen Merkmale genannt werden.

Daher offenbart Dokument (4) unmittelbar und zweifelsfrei einen Teil des jetzt beanspruchten Gegenstandes. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher nicht mehr neu.

3.4. Da der Antrag der Beschwerdegegnerin bereits aus diesem Grund zurückgewiesen werden muß, ist unter den gegebenen Umständen nicht erforderlich, die anderen entgegengehaltenen Dokumente und die restlichen Ansprüche hier zu besprechen.

4. Verfahrensfragen

4.1. Die Beschwerdegegnerin hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragt, einen neuen Satz von 7 Ansprüchen als Hilfsantrag ins Verfahren einzuführen.

Die Ansprüche 1 und 5 dieses Antrags unterscheiden sich von den entsprechenden Ansprüchen der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Anspruchsfassung nur insofern, als die obere Grenze für das kristalline Schichtsilikat in der Gerüststoffkombination von 25 auf 15. Gew.-% herabgesetzt ist.

Diese geänderte obere Konzentrationsgrenze findet eine Stützung in der Beschreibung des Streitpatents (Seite 3, Zeile 6), jedoch war dieses Merkmal weder in den erteilten Ansprüchen, noch in jenen der von der Einspruchsabteilung als zulässig angesehenen Fassung enthalten.

4.2. Da die Neuheitseinwände der Beschwerdeführerinnen bereits aus den Beschwerdebegründungen bekannt waren, hatte sie mehr als 4 Jahre Zeit, um Hilfsanträge anzubieten und diesen Einwänden Rechnung zu tragen. Somit hätten die Beschwerdeführerinnen ihrerseits ausreichend Zeit gehabt, die Neuheitseinwände angesichts der geänderten Ansprüchen entweder weiter zu begründen oder fallen zu lassen.

Da die Beschwerdegegnerin diesen Antrag erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer gestellt hat, muß die Entscheidung über seine Zulässigkeit berücksichtigen

- ob die Änderung unmittelbar als geeignet erscheint, die Neuheitseinwände auszuräumen und

- ob den Beschwerdeführerinnen unter Beachtung der Notwendigkeit eines effizienten Verfahrensablaufs eine Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung zuzumuten war (siehe z. B. die im ABl. EPA nicht veröffentlichte T 0633/97, Punkt 2.2 der Entscheidungsgründe und T 0051/90, Punkt 2 der Entscheidungsgründe).

4.3. Die geänderte obere Grenze für den Gehalt an Schichtsilikat sollte nach Auffassung der Beschwerdegegnerin bewirken, daß der Schichtsilikatgehalt der beanspruchten Gerüststoffkombination außerhalb des im Dokument (4) offenbarten Bereichs fällt und daher die Neuheit des Anspruchsgegenstands gegenüber dieser Entgegenhaltung hergestellt wird.

Obwohl die Kammer zustimmt, daß die obere Grenze des geänderten Konzentrationsbereichs für Schichtsilikat (15 Gew.-%) kleiner als die untere Grenze des unter Punkt 3.3 oben dargestellten Bereichs ist, muß berücksichtigt werden, daß sich die Lehre des Dokuments (4) nicht auf den oben unter Punkt 3.3 dargestellten Bereich beschränkt.

Vielmehr betrifft seine Lehre noch andere und breitere Konzentrationsbereiche und umfaßt z. B. Waschmittel mit einem ebenfalls bevorzugten Gehalt an der binären Gerüststoffkombination Zeolith/Schichtsilikat von 5 bis 60. % (siehe Punkt 3.2 oben); außerdem können die Kombinationen des Dokuments (4), wie auch die Mittel des Streitpatents, andere optionelle Gerüststoffe enthalten, die die Konzentrationen der restlichen Komponenten zwangsläufig beeinflussen würden.

Um feststellen zu können, ob der geänderte Anspruchssatz die Neuheitseinwände ausräumen kann, hätten nicht nur alle diese Möglichkeiten bei den notwendigen Umrechnungen der in Dokument (4) angegebenen Werten berücksichtigt werden müssen, sondern ähnliche Umrechnungen hätten auch im Hinblick auf die Lehren der anderen als neuheitsschädlich von den Beschwerdeführerinnen entgegengehaltenen Dokumente durchgeführt werden müssen.

Daraus ergibt sich, daß nicht unmittelbar erkennbar ist, ob die eingeführte Änderung der oberen Konzentrationsgrenze des Schichtsilikates die Neuheitseinwände ausräumen kann.

4.4. Da die geänderte obere Grenze für den Schichtsilikatsgehalt nicht in der von der Einspruchsabteilung als zulässig angesehenen Anspruchsfassung enthalten war und die Relevanz dieser spezifischen Grenze für die Realisierung der beanspruchten Erfindung von der Beschwerdegegnerin weder im Streitpatent, noch schriftlich vor der mündlichen Verhandlung angesprochen worden war, mußten die Beschwerdeführerinnen durch eine solche Einschränkung des beanspruchten Gegenstandes in der mündlichen Verhandlung überrascht werden.

Eine Stellungnahme zu dieser Änderung, mit der auch eine völlig neue Situation für eine allfällige Diskussion der erfinderischen Tätigkeit geschaffen worden wäre, war unter diesen Umständen den Beschwerdeführerinnen in der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten.

Daher hätte eine Diskussion über die Neuheit des geänderten Anspruchs in der mündlichen Verhandlung zwingend und mit unvorhersehbaren Konsequenzen den Verfahrensabschluß verzögert, da die Berücksichtigung dieses neuen Anspruchs 1 (wie oben erläutert) von der Notwendigkeit einer Umrechnung aller aus dem Dokument (4) und aus den anderen gegen die Neuheit zitierten Dokumenten bekannten Konzentrationsbereichen erheblich erschwert gewesen wäre.

4.6. Bei dieser Sachlage war die Einführung dieses neuen Hilfsantrags in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht zuzulassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Entscheidung der ersten Instanz wird aufgehoben.

Das Patent wird widerrufen.

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